Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.436/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_436/2013

Urteil vom 27. Juni 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Keller.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jakob Rhyner,
Beschwerdeführerin,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Fahren in fahrunfähigem Zustand, Strafzumessung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
27. Februar 2013.

Sachverhalt:

A.

 X.________ wird vorgeworfen, am 20. Februar 2012 um 00.40 Uhr in angetrunkenem
Zustand (Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,98 o/oo) einen Personenwagen
gelenkt zu haben.

B.

 Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland sprach die Beschuldigte am 27.
November 2012 des Führens eines Motorfahrzeuges in fahrunfähigem Zustand
schuldig und verurteilte sie unter Berücksichtigung des Strafmandats des
Untersuchungsamtes Altstätten vom 3. Juni 2009 (teilbedingte Geldstrafe von 80
Tagessätzen zu Fr. 160.--) zu einer Gesamtstrafe von zwölf Monaten
Freiheitsstrafe. Davon erklärte es sechs Monate als vollziehbar und schob den
Vollzug der übrigen sechs Monate bei einer Probezeit von vier Jahren auf.
Das Kantonsgericht St. Gallen wies die Berufung von X.________ am 27. Februar
2013 ab.

C.

 X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben, und sie sei zu einer bedingten Freiheitsstrafe mit
einer vier- oder fünfjährigen Probezeit zu verurteilen. Das Strafmandat vom 3.
Juni 2009 sei zu widerrufen.

D.

 Das Kantonsgericht St. Gallen verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz begründet die Ausfällung einer Freiheitsstrafe damit, dass
die Beschwerdeführerin bereits zum dritten Mal innert weniger als fünf Jahren
einschlägig delinquierte. Sie habe sich damit nicht im Geringsten von den
bisherigen Verurteilungen und vom Vollzug unbedingter Geldstrafen sowie
Verfahrenskosten abschrecken lassen. Sie zeige sich äusserst unbelehrbar und
uneinsichtig. Die Ausfällung einer Geldstrafe habe offensichtlich ihre
Warnwirkung verfehlt, weshalb sich eine Freiheitsstrafe aufdränge. Die
Vorinstanz begründet in der Folge sorgfältig und ausführlich, aus welchen
Gründen eine Einsatzstrafe von zehn Monaten als angemessen erscheint. Ausserdem
berücksichtigt sie die Täterkomponenten anhand der verschiedenen
Strafzumessungskriterien, worauf verwiesen werden kann (Urteil, S. 4 ff.). Die
Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrem Leumund, ihrer Strafempfindlichkeit
und der Tateinsicht sind unbehelflich (Beschwerde, S. 3 ff.).

1.2. Die Beschwerdeführerin rügt, die Ausfällung einer Gesamtstrafe und der
teilweise bedingte Vollzug verletzten Bundesrecht (Beschwerde, S. 3). Die
Vorinstanz erachtet für die vorliegende Tathandlung eine Freiheitsstrafe von
elf Monaten als tat- und schuldangemessen (Urteil, S. 11). Sie bestätigt den
erstinstanzlichen Widerruf von 40 Tagessätzen zu Fr. 160.-- gemäss Strafmandat
vom 3. Juni 2009 und bildet eine Gesamtstrafe von zwölf Monaten
Freiheitsstrafe, wovon sie sechs Monate bei einer Probezeit von vier Jahren
aufschiebt. Sie verletze dadurch Bundesrecht.

1.3. Das Bundesgericht hat sich ausführlich mit der Gesamtstrafenbildung beim
Widerruf einer Vorstrafe befasst (BGE 137 IV 249; BGE 134 IV 241). Es
begründete, inwiefern der Text von Art. 46 Abs. 1 StGB, eine (rechtskräftige)
Vorstrafe zulasten des Verurteilten zu ändern, der ratio legis der Bestimmung
widerspricht. Zudem führte es aus, dass dieses Verfahren nicht anwendbar ist,
um eine Vorstrafe in eine schwerere Sanktion umzuwandeln (BGE 137 IV 249 E.
3.4). Die Geldstrafe als Vermögenssanktion wiegt prinzipiell weniger schwer als
ein Eingriff in die persönliche Freiheit. Sie ist unabhängig von der Dauer der
Freiheitsstrafe bzw. der Höhe des Geldstrafenbetrages gegenüber der
Freiheitsstrafe milder (BGE 137 IV 249 E. 3.4; 134 IV 82 E. 7.2.2; je mit
Hinweisen).

1.4. Die Vorinstanz verkennt diese bundesrechtlichen Grundsätze, wenn sie im
vorliegenden Fall die Geldstrafe vom 3. Juni 2009widerruft, in eine
Freiheitsstrafe umwandelt und eine Gesamtfreiheitsstrafe ausfällt. Ihre
Begründung, es gebe - wie vorliegend - Konstellationen, in denen die Bildung
einer Gesamtstrafe insgesamt nicht zu einer härteren Strafe führt, weshalb als
ultima ratio eine Umwandlung der widerrufenen Sanktion zulässig sein müsse,
ändert an der bundesrechtswidrigen Strafzumessung nichts. Es ist nicht
ersichtlich, weshalb die Vorinstanz in der vorliegenden Konstellation und mit
dem ihr zustehenden weiten Ermessen keine bundesrechtskonforme Sanktion
ausfällen kann.

2.

 Die Beschwerde ist offensichtlich begründet und gutzuheissen (Art. 109 Abs. 2
lit. b BGG). Das Urteil des K antonsgerichts St. Gallen vom 27. Februar 2013
ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der
Kanton St. Gallen hat der Beschwerdeführerin eine angemessene Entschädigung
auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des K antonsgerichts St. Gallen
vom 27. Februar 2013 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton St. Gallen hat der Beschwerdeführerin eine Entschädigung von Fr.
2'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juni 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Keller

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