Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.34/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_34/2013

Urteil vom 17. Juni 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Schwaller,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache Urkundenfälschung, mehrfache qualifizierte ungetreue
Geschäftsbesorgung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer, vom 8. November 2012.

Sachverhalt:

A.

A.a. Das Bezirksgericht Kulm verurteilte X.________ am 22. Februar 2011 wegen
mehrfacher Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB) und mehrfacher
qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 2 und 3
StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, als Zusatzstrafe zum Urteil des
Obergerichts Luzern vom 8. Mai 2007.
Das Obergericht des Kantons Aargau wies die Berufung von X.________ am 8.
November 2012 ab, soweit darauf einzutreten war.

A.b. Den Schuldsprüchen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
X.________, handelnd für die A.________ AG (Käuferin), und B.________
(Verkäufer) liessen im öffentlich beurkundeten Grundstückkaufvertrag vom 19.
Oktober 2005 wahrheitswidrig einen Kaufpreis von Fr. 650'000.-- und eine
bereits geleistete Zahlung von Fr. 200'000.-- verurkunden. Der tatsächlich
vereinbarte Kaufpreis betrug Fr. 550'000.--, wovon die A.________ AG B.________
gemäss dem Darlehensvertrag vom 18. Oktober 2005 am 30. Januar 2006 Fr.
40'000.-- und am 1. März 2006 Fr. 60'000.-- hätte zahlen müssen. X.________ gab
gegenüber dem externen Buchhalter der A.________ AG an, er habe den angeblich
geleisteten Betrag von Fr. 200'000.-- persönlich bezahlt. Entsprechend wurde in
der Buchhaltung der A.________ AG ein Aktionärsdarlehen von X.________ über Fr.
200'000.-- verbucht, obschon dieser die Anzahlung an die von der A.________ AG
erworbene Liegenschaft nie vorgenommen und auch nie eine private
Schuldverpflichtung übernommen hatte.
X.________ liess in der Buchhaltung der A.________ AG ein weiteres
Aktionärsdarlehen von Fr. 54'723.80 verbuchen für die angebliche Bezahlung
einer Rechnung von C.________ für Maurerarbeiten, obschon hierfür im Umfang von
Fr. 48'000.-- nicht er, sonder die A.________ AG selbst aufgekommen war.

B.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 8. November
2012 aufzuheben und die Strafsache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Eventuell sei er von Schuld und Strafe freizusprechen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, der Vorwurf der Urkundenfälschung im
Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Grundstückkaufvertrags vom 19. Oktober
2005 lasse sich beweisrechtlich nicht erhärten. Die Vorinstanz würdige die
Beweise einseitig und gehe fälschlicherweise davon aus, der effektive Kaufpreis
für die Liegenschaft von B.________ habe nicht Fr. 650'000.-- betragen. Sie
lasse zudem unberücksichtigt, dass er diesem eine Bibel aus dem 15. Jahrhundert
im Wert von Fr. 100'000.-- übereignete. Bezüglich weiterer Fr. 100'000.-- habe
er sich diesem gegenüber im Sinne einer Schuldübernahme privat verpflichtet und
von diesem Betrag aufgrund eines Vergleichs später auch Fr. 90'000.-- bezahlt.
Nicht ersichtlich sei, wen er mit der Schuldübernahme habe täuschen wollen und
welche Vorteile damit verbunden gewesen sein sollen. Er habe für seine
Forderung gegenüber der A.________ AG im Gegenteil Rangrücktritt erklärt.
Die Vorinstanz stelle auf die Aussagen von B.________ ab, obschon nie eine
Gegenüberstellung stattgefunden habe, da dieser noch vor der beantragten
Konfrontationseinvernahme verstorben sei. Auch habe sie die von der
Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Finanzanalyse unkritisch übernommen und
seinen Beweisantrag auf Einholung eines Obergutachtens abgelehnt.

1.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1).
Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar
oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE
138 I 305 E. 4.3; 137 I 1 E. 2.4). Die Rüge der Willkür muss präzise
vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer
muss im Einzelnen darlegen, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht
ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).

1.3. Der angefochtene Entscheid ist sachlich begründet und nachvollziehbar. Die
Vorinstanz führt aus, weder aus dem Kaufvertrag vom 19. Oktober 2005 noch aus
dem Darlehensvertrag vom 18. Oktober 2005 ergäben sich Hinweise, dass der
Beschwerdeführer am 19. Oktober 2005 eine (Teil-) Zahlung geleistet oder die
Schuld übernommen hätte. Vielmehr würden beide Verträge als Schuldnerin die
A.________ AG nennen (Urteil E. 4.3.2 S. 19). Die Vorinstanz legt willkürfrei
dar, weshalb die Aussagen von B.________ als glaubhaft einzustufen sind. Dieser
belastete sich damit selbst. Zudem verminderte er seine Forderung gegenüber der
A.________ AG um Fr. 100'000.-- (Urteil E. 4.3.3 S. 19 f.). Dessen Aussagen
decken sich auch mit denjenigen des Beschwerdeführers, der anlässlich der
Einvernahme vom 7. September 2006 ebenfalls angab, der effektive Kaufpreis habe
Fr. 550'000.-- betragen und B.________ habe der A.________ AG ein Darlehen von
Fr. 100'000.-- gewährt, das noch nicht zurückbezahlt worden sei (Urteil E.
4.3.4 S. 20). Die Vorinstanz verweist zudem auf die Vereinbarung zwischen der
A.________ AG und B.________ vom 9. August 2007, welche nicht notwendig gewesen
wäre, wenn der Beschwerdeführer bereits am 19. Oktober 2005 Fr. 200'000.--
bezahlt hätte (Urteil E. 4.3.5 S. 21). Gegen den Beschwerdeführer wertet sie
weiter, dass er erst anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung
behauptete, B.________ im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Bibel im Wert
von Fr. 100'000.-- übergeben zu haben, und er zuvor noch von einem fiktiven
Bibelgeschäft und einer Darlehensforderung von B.________ über Fr. 200'000.--
sprach (Urteil E. 4.3.6 und 4.3.7 S. 21 f.). Sie begründet schliesslich,
weshalb der Beschwerdeführer in Täuschungs- und Bereicherungsabsicht handelte,
da er damit die Verbuchung einer Darlehensforderung gegenüber der A.________ AG
veranlassen wollte (Urteil E. 4.4.4 S. 23).
Der Beschwerdeführer setzt sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht
auseinander. Er zeigt nicht auf, inwiefern diese offensichtlich unhaltbar und
damit willkürlich sein könnten. Seine Einwände erschöpfen sich in einer
unzulässigen appellatorischen Kritik.

1.4. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung einer neuen Finanzanalyse
durfte die Vorinstanz ohne Willkür abweisen, da daraus keine für die
Beurteilung der angeklagten Delikte relevanten Erkenntnisse zu erwarten waren
(Urteil E. 3 S. 17 f.). Der Beschwerdeführer begründet nicht, in welcher
Hinsicht ihn ein Obergutachten hätte entlasten können. Sein Hinweis, es sei
nicht auszuschliessen, dass aus den einbezogenen Unterlagen auch entlastende
Folgerungen gezogen werden könnten (Beschwerde S. 6), genügt den
Begründungsanforderungen nicht.

1.5.

1.5.1. Der Beschuldigte hat gemäss Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK Anspruch auf
Befragung der Belastungszeugen (BGE 133 I 33 E. 2.2; 131 I 476 E. 2.2; 129 I
151 E. 3.1 und 4.2; je mit Hinweisen). Dieser Anspruch gilt indes nicht
uneingeschränkt. Die fehlende Befragung des Belastungszeugen verletzt die
Garantie nicht, wenn der Zeuge berechtigterweise das Zeugnis verweigert, wenn
er trotz angemessener Nachforschungen unauffindbar bleibt, dauernd oder für
lange Zeit einvernahmeunfähig wird oder wenn er verstorben ist. Die
Verwertbarkeit der Aussage erfordert allerdings, dass der Beschuldigte zu den
belastenden Aussagen hinreichend Stellung nehmen konnte, die Aussagen
sorgfältig geprüft wurden und ein Schuldspruch sich nicht allein darauf
abstützt. Ausserdem darf der Umstand, dass der Angeschuldigte seine Rechte
nicht (rechtzeitig) wahrnehmen konnte, nicht in der Verantwortung der Behörde
liegen (BGE 131 I 476 E. 2.2 und 2.3.4 mit Hinweisen). Nach der neueren
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann
unter gewissen Umständen selbst ein streitiges Zeugnis von ausschlaggebender
Bedeutung ("preuve unique ou déterminante") verwertbar sein, wenn eine
Konfrontation nicht möglich ist, weil der Zeuge beispielsweise verstorben ist
(Urteil EGMR i.S. Al-Khawaja und Tahery gegen Grossbritannien vom 15. Dezember
2011, §§ 118 ff.; vgl. auch Urteile 6B_75/2013 vom 10. Mai 2013 E. 3.3.1;
6B_251/2012 vom 2. Oktober 2012 E. 2.3.2; 6B_125/2012 vom 28. Juni 2012 E.
3.3.1).
Auf das Konfrontationsrecht kann verzichtet werden. Der Verzicht führt dazu,
dass die in der Untersuchung gemachten Aussagen der Zeugen verwendet werden
dürfen (BGE 121 I 306 E. 1b mit Hinweisen). Der Beschuldigte kann den Behörden
grundsätzlich nicht vorwerfen, gewisse Zeugen zwecks Konfrontation nicht
vorgeladen zu haben, wenn er es unterlässt, rechtzeitig und formgerecht
entsprechende Anträge zu stellen (Urteil 6B_521/2008 vom 26. November 2008 E.
5.3.1 mit Hinweisen).

1.5.2. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, er habe die Konfrontation mit
B.________ rechtzeitig beantragt und es liege in der Verantwortung der
Behörden, dass er diesen nicht mehr befragen konnte. Ebenso wenig setzt er sich
mit der zu Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ergangenen Rechtsprechung auseinander,
wonach selbst ein streitiges Zeugnis von ausschlaggebender Bedeutung verwertbar
sein kann, wenn eine Konfrontation mit dem zwischenzeitlich verstorbenen
Belastungszeugen nicht mehr möglich ist. Ob es sich bei den Aussagen von
B.________ um ein ausschlaggebendes Beweismittel handelt, ist zudem fraglich,
da die Vorinstanz auch auf weitere Beweise abstellt. Auf die ungenügend
begründete Rüge ist nicht einzutreten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei Alleinaktionär der A.________
AG gewesen. Selbst wenn dies rein formalrechtlich nicht zutreffen sollte, sei
er zumindest faktisch Eigentümer dieser Gesellschaft gewesen. Als solcher habe
er sich nicht der ungetreuen Geschäftsbesorgung strafbar machen können. Ein
unzulässiger Eingriff in das Grundkapital und die gebundenen Reserven der
A.________ AG werde ihm nicht vorgeworfen.

2.2. Die Vorinstanz legt willkürfrei dar, weshalb der Beschwerdeführer nicht
Alleinaktionär der A.________ AG war (Urteil E. 5.2.2.3 S. 25). Was dieser
dagegen einwendet, lässt die vorinstanzliche Würdigung nicht offensichtlich
unhaltbar erscheinen. Damit kommt die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach
Vermögensdispositionen des einzigen Verwaltungsrats und Alleinaktionärs auf
Kosten der Einmannaktiengesellschaft nach Belieben zulässig sind, solange die
aktienrechtlichen Kapitalschutzbestimmungen dadurch nicht verletzt werden (BGE
117 IV 259 E. 4 und 5), nicht zum Tragen. Der Beschwerdeführer kann sich auch
nicht darauf berufen, er sei faktisch Alleineigentümer der A.________ AG
gewesen, da diese Frage umstritten war, wie dem Urteil des Handelsgerichts vom
1. Februar 2006 - auf welches die Vorinstanz verweist - entnommen werden kann.

3.

 Der Beschwerdeführer anerkennt, dass die Verbuchung des Aktionärsdarlehens
über Fr. 48'000.-- nicht korrekt war. Möglicherweise sei ihm ein Fehler
unterlaufen, weil D.________ und Konsorten die Geschäftsunterlagen entwendet
hätten. Die Vorinstanz werte seine Erklärung zu Unrecht als Schutzbehauptung.
Der Einwand des Beschwerdeführers beschränkt sich erneut auf eine rein
appellatorische Kritik. Dass die Vorinstanz die Beweise willkürlich gewürdigt
hätte, macht er weder geltend noch begründet er dies. Auf die Rüge ist nicht
einzutreten.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Juni 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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