Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.345/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
6B_345/2013, 6B_366/2013

Urteil vom 24. Oktober 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte
6B_345/2013
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner,
Beschwerdegegner,

und

6B_366/2013
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
6B_345/2013
Versuchte vorsätzliche Tötung etc.,

6B_366/2013
Notwehr, Strafzumessung (versuchte vorsätzliche Tötung etc.); rechtliches
Gehör, Willkür, unabhängiges Gericht,

Beschwerden gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 19. Dezember 2012.

Sachverhalt:

A.

A.a. Y.________ bat im Frühjahr 2009 X.________, ihm Fr. 3'000.-- auszuleihen.
X.________ willigte unter einer Bedingung ein, die von Y.________ als
verletzend und beleidigend empfunden wurde.

 Zwei bis drei Wochen später suchte Y.________ X.________ in dessen Lokal auf
und wurde im Zusammenhang mit den Ausleihmodalitäten verbal ausfällig.
X.________ erteilte Y.________ Hausverbot.

 Anfangs Mai 2009 begab sich Y.________ erneut zu X.________, verhielt sich ihm
gegenüber aggressiv und schubste ihn. In der folgenden Auseinandersetzung
behändigte Y.________ einen Hocker, woraufhin X.________ ihm mit seiner Waffe
einen Schlag auf die linke Kopfseite versetzte. Y.________ erlitt eine leicht
blutende Rissquetschwunde.

 Am 8. Juni 2009 erschien Y.________ mit einem Revolver im Lokal "Z.________"
in Zürich-Seebach. Er ging auf den mit drei weiteren Personen an einem Tisch
sitzenden X.________ los und schlug ihn mit der Waffe. Im folgenden Handgemenge
zog Y.________ den Abzug seiner Waffe. Der Schuss verfehlte X.________ und
drang in die Decke ein. Der zweite Schuss traf X.________ am Hals und blieb in
der Decke stecken. X.________ erlitt einen oberflächlichen Halsdurchschuss.
Y.________ verliess das Lokal und rannte davon.

A.b. Der zwischenzeitlich im Lokal zu Boden gegangene X.________ erhob sich,
bemerkte seine blutende Halsverletzung und betrachtete sie im Spiegel. Er holte
seinen Revolver hinter der Bar hervor und trat auf die Strasse. Er erblickte
Y.________ und setzte ihm nach. Auf der Strasse herrschte Feierabendverkehr und
auf den Gehsteigen und in der Bahnunterführung hielten sich diverse Passanten
auf. Y.________ bemerkte, dass er vom bewaffneten X.________ verfolgt wurde,
und stellte sich vor die Motorhaube des Personenwagens von A.________. Er
zielte aus einer Entfernung von ca. 10 bis 15 Metern auf seinen Verfolger und
drückte ein weiteres Mal ab. Ebenso schoss X.________ gezielt auf seinen
Kontrahenten. Beide Schüsse verfehlten den Gegner. Nach dem Schusswechsel
rannte Y.________ davon. X.________ hob seine Waffe auf, welche er nach der
Schussabgabe hatte fallen lassen, und ging zurück zu seinem Lokal. Davor
versteckte er die Waffe in einem Strauch.

B.

 Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ wegen versuchter
vorsätzlicher Tötung, Gefährdung des Lebens und mehrfacher Widerhandlung gegen
das Waffengesetz zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren.

 Gegen dieses Urteil erhoben die Staatsanwaltschaft und X.________ Berufung.
Anlässlich der Verhandlung vom 10. Dezember 2012 vor dem Obergericht des
Kantons Zürich, I. Strafkammer, lehnte X.________ im Rahmen der Vorfragen das
ganze Richtergremium wegen des Anscheins von Befangenheit ab.

 Dieses erachtete sich nicht als befangen, führte die Berufungsverhandlung
durch und verurteilte X.________ am 19. Dezember 2012 wegen versuchten
Totschlags und Gefährdung des Lebens sowie unter Einbezug des rechtskräftigen
Schuldspruchs wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz zu einer
teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren.

C.

 Am 18. Januar 2013 leitete das Richtergremium das Ausstandsbegehren an die II.
Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich weiter. Diese wies das Begehren
mit Beschluss vom 12. Juli 2013 ab.

D.

 Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (nachfolgend:
Staatsanwaltschaft) und X.________ (nachfolgend: Beschwerdeführer) führen
Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragen, das angefochtene Urteil sei
aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

 Die beiden Beschwerden richten sich gegen den gleichen Entscheid und betreffen
die gleichen Parteien sowie ähnliche Rechtsfragen. Es rechtfertigt sich daher,
sie gemeinsam zu behandeln und die Verfahren zu vereinigen (vgl. Art. 24 Abs. 2
BZP und Art. 71 BGG).

2.

 Der Beschwerdeführer rügt, sein Recht auf einen unabhängigen, unparteiischen
Richter und ein faires Verfahren sei verletzt (Art. 29 Abs. 1 und Art. 30 Abs.
1 BV sowie Art. 6 EMRK). Die Befangenheitsfrage hätte vor der Durchführung der
Berufungsverhandlung geprüft werden müssen. Weil sich der Anspruch auf ein
unparteiisches und unabhängiges Gericht direkt aus der EMRK ergebe, vermöchten
anderslautende Bestimmungen der Schweizerischen Strafprozessordnung (Art. 59
Abs. 3 StPO) daran nichts zu ändern.

 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Die
Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen
Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten besteht eine
qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53, 65
E. 1.3.1 S. 68; je mit Hinweisen). Es obliegt dem Beschwerdeführer im Einzelnen
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid gegen die gerügten Grundrechte
verstossen soll. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und,
soweit möglich, belegte Rügen.

 Der Beschwerdeführer legt mit seinen Ausführungen nicht dar, inwiefern das
vorinstanzliche Urteil im Ergebnis die von ihm angerufenen Bestimmungen
verletzen soll. Er unterlässt es aufzuzeigen, welche konkreten Nachteile ihm
entstanden, nachdem die Vorinstanz das Verfahren abschloss, ohne den Entscheid
über das Ausstandsbegehren abzuwarten. Die Beschwerde genügt in diesem Punkt
den gesetzlichen Formerfordernissen nicht, weshalb auf sie nicht einzutreten
ist.

3.

 Die Staatsanwaltschaft rügt die rechtliche Würdigung. Der Beschwerdeführer sei
nicht des versuchten Totschlags, sondern der versuchten vorsätzlichen Tötung
schuldig zu sprechen. Er habe den Revolver gekauft, um ihn gegen Y.________
verwenden zu können. Indem er den Revolver abends jeweils mit in die Bar
genommen habe, habe er den Willen manifestiert, ihn im Ernstfall gegen seinen
Widersacher einzusetzen. Er habe planmässig gehandelt, als er nach der
Schussabgabe von Y.________ aufgestanden sei, seinen Revolver hervorgeholt und
seinen Widersacher verfolgt habe, um einen gezielten Schuss abzugeben. Dieses
Vorgehen schliesse eine Entschuldbarkeit der Gemütsbewegung aus. Zwischen den
Schussabgaben im Lokal und jenen auf der Strasse sei ein nicht unerheblicher
Zeitraum vergangen, in welchem sich eine denkende und willentliche Verarbeitung
eines Affekts einschalten könne und müsse. Es könne vernünftigerweise nicht
mehr davon ausgegangen werden, ein anständig Gesinnter hätte sich nach dem
Ablauf dieses Zeitraums und den zahlreichen geplanten Handlungen, die sich auf
einen Schusswaffeneinsatz gegen Y.________ richteten, immer noch in einem
derart erheblichen Affekt befunden, der nach ethischen Massstäben als
gerechtfertigt erscheine. Dafür spreche auch die räumliche Zäsur. Die Umstände
auf der Strasse seien ebenfalls geeignet, jeden anständig Gesinnten zur
Besinnung zu bringen.

3.1. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe gezielt auf Y.________
geschossen. Dabei sei ihm der mögliche tödliche Verlauf bewusst gewesen. Nicht
erstellt sei, dass er Y.________ habe töten wollen und es ihm nicht nur darum
gegangen sei, diesen zu stoppen. Der Beschwerdeführer habe mindestens
eventualvorsätzlich gehandelt (Urteil S. 40 f.).

 Die Vorinstanz gelangt gestützt auf das psychiatrische Gutachten und die
Ausführungen des Sachverständigen anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung
zum Schluss, beim Beschwerdeführer habe unmittelbar nach dem Halsdurchschuss
und einige Minuten später bei der eigenen Schussabgabe ein psychischer
Ausnahmezustand mit ausgeprägten Symptomen einer peritraumatischen Dissoziation
vorgelegen. Die eigene Schussabgabe und das Nachtatverhalten des
Beschwerdeführers seien als typische archaische Stressreaktion im Sinne einer
"Fight"-Reaktion zu werten. Nach Ansicht der Vorinstanz steht ausser Frage,
dass sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Schussabgabe auf Y.________ in
einem stark emotionalen bzw. psychologisch geprägten Zustand befand. Gemäss
Gutachten könne für den Zeitpunkt der traumatischen Einwirkung noch nicht von
einer psychischen Störung gesprochen werden, da die heftige Stressreaktion des
Beschwerdeführers nicht nur als pathologisches Phänomen, sondern auch als
adäquate physiologische Reaktion auf einen lebensbedrohlichen Stressor
verstanden werden könne. Die Vorinstanz schliesst daraus, das beim
Beschwerdeführer aktivierte neurologische Programm sei jedem Menschen immanent
und könne nicht im eigentlichen Sinne als krankhaft bzw. pathologisch erachtet
werden (Urteil S. 45 ff.).

 Nach der Vorinstanz war die heftige Gemütsbewegung kausal für die Schussabgabe
des Beschwerdeführers. Da der Gutachter seine Reaktion als physiologisch
adäquat gewertet habe, sei auch die Entschuldbarkeit des Affekts anzunehmen. Es
sei menschlich begreiflich bzw. verständlich, dass dieser beim Beschwerdeführer
aufgrund der Verletzung durch Y.________ entstand (Urteil S. 47 f.).

3.2. Gemäss Art. 113 StGB wird wegen Totschlags verurteilt, wer vorsätzlich
einen Menschen tötet und dabei in einer nach den Umständen entschuldbaren
heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung handelt.
Die heftige Gemütsbewegung stellt einen besonderen psychologischen Zustand dar,
der nicht pathologisch begründet, sondern dadurch gekennzeichnet ist, dass der
Täter von einer starken Gefühlserregung überwältigt wird, die in einem gewissen
Grad seine Fähigkeit, die Situation einzuschätzen oder sich zu beherrschen,
einschränkt. Typisch ist, dass der Täter mehr oder weniger unverzüglich auf ein
Gefühl, das ihn plötzlich überwältigt, reagiert. Beispiele solcher Gefühle sind
Jähzorn, Wut, Eifersucht, Verzweiflung, Angst oder Bestürzung. Mit der
Privilegierung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Täter aufgrund des
emotionalen Erregungszustands im Moment der Tötungshandlung nur noch beschränkt
in der Lage war, sein Verhalten zu kontrollieren (BGE 119 IV 202 E. 2a S. 203
f.; 118 IV 233 E. 2a S. 236; Stratenwerth/Jenny/Bommer, Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 7. Aufl.
2010, § 1 N. 29; Christian Schwarzenegger, in: Basler Kommentar, Strafrecht II,
3. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 113 StGB).

 Die heftige Gemütsbewegung muss überdies entschuldbar sein. Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt der Begriff der Entschuldbarkeit
voraus, dass die heftige Gemütsbewegung und nicht etwa die Tat nach den sie
auslösenden Umständen gerechtfertigt und die Tötung dadurch bei ethischer
Beurteilung in einem wesentlich milderen Licht erscheint. Eine heftige
Gemütsbewegung ist entschuldbar, wenn sie in Anbetracht der gesamten äusseren
Umstände als menschlich verständlich erscheint. Es muss angenommen werden
können, auch eine andere, anständig gesinnte Person wäre in der betreffenden
Situation leicht in einen solchen Affekt geraten. Abnorme Elemente in der
Persönlichkeit des Täters, wie besondere Erregbarkeit, krankhafte Eifersucht
oder übertriebenes Ehrgefühl, vermögen die Gemütsbewegung nicht zu
entschuldigen. Sie stellen allenfalls bei der Strafzumessung zu
berücksichtigende Faktoren dar. Hat der Täter die Konfliktsituation, welche die
Gemütsbewegung auslöste, selber verschuldet oder doch vorwiegend durch eigenes
Verhalten schuldhaft herbeigeführt, so ist der Affekt nicht entschuldbar (BGE
119 IV 202; 108 IV 99 E. 3a und b S. 101 f.; Urteil 6B_31/2011 vom 27. April
2011 E. 2.3.2; Christian Schwarzenegger, a.a.O., N. 9 ff. zu Art. 113 StGB).

3.3. Die Vorinstanz erwägt zu Recht, dass sich der Beschwerdeführer angesichts
der peritraumatischen Dissoziation bei der Schussabgabe in einer heftigen
Gemütsbewegung im Sinne von Art. 113 StGB befand. Die Staatsanwaltschaft
bestreitet dies nicht, erachtet jedoch die Entschuldbarkeit der heftigen
Gemütsbewegung als nicht gegeben. Ihr ist insofern beizupflichten, als das
Verhalten des Beschwerdeführers vordergründig als planmässig und zielgerichtet
erscheint. Er hatte wegen der Probleme mit Y.________ ca. zwei Monate vor der
Tat den Revolver gekauft, welchen er in einem Schrank der Bar in seinem Lokal
aufbewahrte (Urteil S. 59). Nachdem ihn Y.________ angeschossen hatte und
geflüchtet war, erhob sich der Beschwerdeführer, betrachtete seine blutende
Halsverletzung im Spiegel, holte seinen Revolver aus dem Schrank und ging auf
die Strasse, wo er Y.________ wegrennen sah. Er verfolgte ihn, blieb 10 bis 15
Meter von diesem entfernt stehen und gab einen gezielten Schuss auf ihn ab
(Urteil S. 30 f. und 38).

 In seiner ergänzenden Stellungnahme zum Gutachten äusserte sich der
Sachverständige zum Vortat-, Tat- und Nachtatverhalten des Beschwerdeführers.
Er habe dessen Reaktion als archaische, weitgehend neurobiologisch gesteuerte
und damit der bewussten, vernunftgemässen Steuerung zu einem erheblichen Teil
entzogenen "Fight"-Reaktion interpretiert. Im Zustand der Dissoziation sei der
Betroffene zwar wach und durchaus fähig zu gezielten Handlungen. Er führe diese
jedoch nicht basierend auf rationale Überlegungen aus. Vielmehr funktioniere
er, in Abhängigkeit vom Ausmass der Dissoziation, mehr oder weniger von einem
neurobiologischen Programm gesteuert. Dieser Zustand habe mit langsam
abklingender Intensität bis zur Spitaleinweisung des Beschwerdeführers
angehalten. Die Art des Zielens mit der Waffe und der Schussabgabe wiesen auf
eine zielgerichtete Handlung hin, wie sie im Rahmen dissoziativer Zustände
typischerweise zu beobachten seien. Unmittelbar nach seiner Schussabgabe sei
die Stressbelastung langsam abgeklungen. Dementsprechend hätten auch die
Symptome der peritraumatischen Dissoziation allmählich abgenommen und die
Fähigkeit zur vernunftgemässen Handlungssteuerung habe sich verbessert, sei
jedoch noch nicht vollständig wiederhergestellt gewesen. Nur so lasse sich das
aus einer rationalen Perspektive widersprüchlich und ambivalent wirkende
Nachtatverhalten des Beschwerdeführers verstehen. Zusammenfassend hielt der
Sachverständige fest, für die peritraumatische Dissoziation sei es
charakteristisch, dass das Verhalten der Betroffenen zwar zielgerichtet, jedoch
gerade nicht klar überlegt, sondern der bewussten, vernunftgemässen Steuerung
mehr oder weniger entzogen sei (kantonale Akten, act. 133 S. 2 f.). Anlässlich
der erstinstanzlichen Verhandlung ergänzte der Gutachter, man könne auch in
diesen Ausnahmezustand geraten, wenn man sich vorgängig mit einem möglichen
Konflikt auseinandersetzt, sich eine Waffe zugelegt und den Kontrahenten damit
geschlagen habe. Es sei gut möglich, dass der Beschwerdeführer durch den
Auftritt seines Widersachers nicht komplett überrascht worden sei. Wenn der
entscheidende Moment eintrete, sei es trotzdem so, dass man nicht richtig
vorbereitet sei, obwohl man im Hinterkopf mit dem Ereignis gerechnet und
eventuell Schutzmassnahmen getroffen habe (kantonale Akten, act. 144 S. 9 f.).

 Die Staatsanwaltschaft stellt das Gutachten vor Bundesgericht nicht mehr
infrage (vgl. kantonale Akten, act. 191 S. 4 f. und act. 196B S. 13). Mit der
Vorinstanz ist darauf abzustellen (Urteil S. 48). Demnach konnte der
Beschwerdeführer weder vorhersehen noch beeinflussen, wie er nach einer
weiteren Konfrontation mit Y.________ reagieren würde. Zwar hatte er sich den
Revolver vorgängig beschafft und war auch gewillt, sich damit gegen seinen
Kontrahenten zu wehren, wie er dies bereits getan hatte. Daraus kann jedoch
nicht geschlossen werden, dass er Y.________ planmässig und gezielt verfolgte.
Der Sachverständige erläuterte ausführlich und nachvollziehbar, dass die
"Fight"-Reaktion des Beschwerdeführers weitgehend neurologisch gesteuert wurde.
Gemäss Gutachter dauerte die peritraumatische Dissoziation bis zur
Spitaleinlieferung des Beschwerdeführers an, wobei sie nach seiner Schussabgabe
abzuklingen begann. Folglich vermochte die räumliche und zeitliche Zäsur nichts
an seinem Zustand zu ändern. Obwohl die peritraumatische Dissoziation nicht
vollständig war, ist nicht erstellt, inwiefern der Beschwerdeführer seine
Reaktion steuern konnte. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass gemäss dem
Gutachten ein durchschnittlicher Mensch unter denselben Voraussetzungen
ebenfalls leicht in einen solchen Affekt geraten wäre. Zudem beruht die heftige
Gemütsbewegung nicht überwiegend auf der Schuld des Beschwerdeführers. Die
Auseinandersetzungen sind stets von Y.________ ausgegangen (Urteil S. 47 f.).
Die heftige Gemütsbewegung des Beschwerdeführers ist entschuldbar. Die
vorinstanzliche Würdigung der Tat als versuchter Totschlag ist
bundesrechtskonform.

4.

 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz verletze Art. 16 Abs. 2 StGB,
wenn sie einen entschuldbaren Notwehrexzess verneine. Indem sie sich nicht mit
seinen Ausführungen auseinandersetze, verletze sie sein rechtliches Gehör (Art.
29 Abs. 2 BV).

4.1. Wird jemand ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff
bedroht, so ist der Angegriffene und jeder andere berechtigt, den Angriff in
einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren (Art. 15 StGB). Überschreitet
der Abwehrende die Grenzen der Notwehr nach Art. 15 StGB, so mildert das
Gericht die Strafe (Art. 16 Abs. 1 StGB). Überschreitet er die Grenzen der
Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff, so
handelt er nicht schuldhaft (Art. 16 Abs. 2 StGB).

4.2. Die Vorinstanz erwägt mit der ersten Instanz, der Beschwerdeführer habe
Y.________ nach beendetem Angriff und nach dessen Flucht aus dem Lokal mit dem
geladenen Revolver in der Hand verfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei jede Gefahr
für ihn vorbei gewesen. Indem er seinen Widersacher verfolgt habe, habe er eine
neue Situation heraufbeschworen und die Gefahr einer weiteren Eskalation
geschaffen. Es liege keine Notwehrsituation nach Art. 15 StGB vor (Urteil S. 48
f.; erstinstanzliches Urteil S. 105 f.).

 Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
willkürlich festgestellt. Soweit er von diesem abweicht, ist auf seine
Beschwerde nicht einzutreten (Art. 105 Abs. 1 BGG). Beispielsweise geht er
mehrfach davon aus, Y.________ habe auf der Strasse zuerst geschossen, während
die Vorinstanz dies offenlässt (Beschwerde 2 S. 18 f. Ziff. 7 ff., S. 21 Ziff.
14; Urteil S. 32).

 Inwiefern die Vorinstanz bei der von ihr festgestellten Sachlage Bundesrecht
verletzt haben soll, ist nicht ersichtlich. Y.________ verliess nach der
Schussabgabe das Lokal fluchtartig und rannte davon. Anzeichen einer
fortdauernden Gefahr stellt die Vorinstanz nicht fest. Als der Beschwerdeführer
seine Waffe ergriff und Y.________ nachsetzte, war er mithin nicht mehr
unmittelbar mit einem Angriff konfrontiert und ein solcher drohte auch nicht
unmittelbar. Es lag daher keine Notwehrsituation vor.

4.3. Die Verfolgung durch den Beschwerdeführer und der Schuss auf Y.________
ist als zeitlicher, extensiver Notwehrexzess zu qualifizieren. Nachdem er
angeschossen worden und Y.________ geflüchtet war, erhob sich der
Beschwerdeführer, holte seinen Revolver aus dem Schrank, begab sich mit der
Waffe in der Hand auf die Strasse und verfolgte seinen Widersacher (Urteil S.
30 f.). Folglich kann nicht von einer lediglich Sekundenbruchteile zu spät
erfolgten Abwehrhandlung gesprochen werden, geht der Beschwerdeführer doch
selbst davon aus, dass zwischen der Schussabgabe im Lokal und dem Schusswechsel
auf der Strasse 20 bis 25 Sekunden verstrichen sind (Beschwerde 2 S. 15 Ziff.
2). Mithin liegt keine Situation eines lediglich minimalen zeitlichen
Notwehrexzesses vor. Weil der Beschwerdeführer die zeitlichen Grenzen der
Notwehr offensichtlich überschritten hat, findet mangels tatsächlicher
Notwehrsituation Art. 16 Abs. 2 StGB keine Anwendung (siehe Urteile 6B_466/2012
vom 8. November 2012 E. 3.4.2 und 6P.76/2005 vom 15. November 2005 E. 5.1; Kurt
Seelmann, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 16
StGB; Stratenwerth/Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 3.
Aufl. 2013, N. 2 zu Art. 16 StGB). Unter diesen Umständen kann dahingestellt
bleiben, ob der Notwehrexzess ebenso in sachlicher Hinsicht zu bejahen wäre
(sog. intensiver Exzess; zur angemessenen Abwehr in einer Notwehrlage BGE 136
IV 49 E. 3.2 S. 51 f. mit Hinweisen und E. 4.2 f. S. 53 f.).

4.4. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie würdige bei der
Beurteilung der Notwehrlage nur die äusseren Abläufe und setze sich nicht mit
seiner subjektiven Lage auseinander. Aufgrund des Gutachtens sei erstellt, dass
die Nacheile und die Schussabgabe nicht gezielt erfolgt, sondern weitgehend
neurologisch gesteuert gewesen seien.

 Die Rüge ist unbegründet. Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr im
Zustand der Schuldunfähigkeit bzw. der verminderten Schuldfähigkeit, ist dies
nach Art. 19 StGB zu behandeln (vgl. Kurt Müller, Notwehr und Notwehrexzess,
Diss. Bern 1948, S. 66). Dies hat die Vorinstanz vorliegend gemacht (Urteil S.
51 ff.). Der Beschwerdeführer macht nicht geltend und es ist auch nicht
ersichtlich, er habe irrtümlich angenommen, der rechtswidrige Angriff daure
weiter an bzw. es stehe unmittelbar ein neuer Angriff bevor. Dementsprechend
erübrigen sich Ausführungen zur Putativnotwehr (vgl. BGE 129 IV 6 E. 3.2 S. 14
mit Hinweisen).

4.5. Die Vorinstanz verletzt das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht,
indem sie sich nicht mit jedem seiner Vorbringen anlässlich der
Berufungsverhandlung auseinandersetzt. Er konnte ihrer Begründung entnehmen,
weshalb sie eine Notwehrlage verneinte.

5.

 Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung. Die Vorinstanz wende Art.
47 StGB unrichtig an. Ihre Würdigung sei willkürlich, wonach seine
Schuldfähigkeit entgegen dem Gutachten nur mittelgradig vermindert gewesen sei.
Indem sie seinen Antrag auf erneute Einvernahme des Sachverständigen abweise,
verweigere sie ihm sein rechtliches Gehör.

5.1. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen).
Es greift in die Strafzumessung nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist, wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht
gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61 mit Hinweis).

 War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat
einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die
Strafe (Art. 19 Abs. 2 StGB). Der Schuldvorwurf, der einem nur vermindert
schuldfähigen Täter gemacht werden kann, ist verglichen mit einem voll
schuldfähigen Täter geringer. Das Schuldprinzip verlangt deshalb, dass die
Strafe für eine in verminderter Schuldfähigkeit begangene Tat niedriger sein
muss, als wenn der Täter - unter sonst gleichen Umständen - voll schuldfähig
gewesen wäre. Die mildere Strafe ergibt sich aus dem leichteren Verschulden (
BGE 136 IV 55 E. 5.5 S. 59 f. mit Hinweisen). In welchem Zustand sich der Täter
zur Tatzeit befand, ist eine Tatfrage. Rechtsfrage ist, ob die Vorinstanz den
Begriff der verminderten Schuldfähigkeit richtig ausgelegt und angewendet hat (
BGE 107 IV 3 E. 1a S. 4).
Liegt eine Verminderung der Schuldfähigkeit vor, hat der Richter im Sinne einer
nachvollziehbaren Strafzumessung in einem ersten Schritt aufgrund der
tatsächlichen Feststellungen des Gutachters zu entscheiden, in welchem Umfang
die Schuldfähigkeit des Täters in rechtlicher Hinsicht eingeschränkt ist und
wie sich dies insgesamt auf die Einschätzung des Tatverschuldens auswirkt. Das
Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil
ausdrücklich zu benennen. In einem zweiten Schritt ist innerhalb des zur
Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die
diesem Verschulden entspricht. Die so ermittelte Strafe kann gegebenenfalls in
einem dritten Schritt aufgrund wesentlicher Täterkomponenten verändert werden (
BGE 136 IV 55 E. 5.7 S. 62 f. mit Hinweisen).

5.2. Die Vorinstanz geht vom versuchten Totschlag als schwerstes Delikt aus.
Beim Beschwerdeführer liege ein mittelschweres objektives Verschulden vor,
weshalb die hypothetische Einsatzstrafe für das vollendete Tötungsdelikt im
Bereich von sechs Jahren anzusiedeln sei. Aufgrund des vollendeten Versuchs
rechtfertige sich nur eine geringe Reduktion der hypothetischen Einsatzstrafe
(Urteil S. 52 ff.). Mit dem Gutachter sei grundsätzlich von einer in schwerem
Grade verminderten Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen. Entgegen
dem Vorbringen der Verteidigung habe eine Rest-Schuldfähigkeit vorgelegen. Ein
namhafter Anteil der schweren Verminderung sei bereits bei der rechtlichen
Würdigung berücksichtigt worden, weshalb bei der subjektiven Tatschwere die
Verminderung nur noch im mittleren Grade einzubeziehen sei. Es sei zu prüfen,
wie sich dies insgesamt auf die Einschätzung des Tatverschuldens auswirkt.
Dabei seien die gesamten Tatumstände und die Ereignisse vor der Tat zu
berücksichtigen. Der Beschwerdeführer habe sich den Revolver in der Absicht
angeschafft, diesen im Ernstfall gegenüber Y.________ einzusetzen. Mit den
bewussten und gezielten Vorbereitungshandlungen habe er seine Tat erst
ermöglicht. Sein Vorgehen und seine Aussagen bezüglich seiner Erinnerungen
würden darauf hindeuten, dass bei ihm merklich mehr als nur eine geringe
Rest-Schuldfähigkeit und ein nicht geringes "Restmass" von Überlegung vorhanden
gewesen seien. In Berücksichtigung des Motivs und des Eventualvorsatzes werde
das objektive Tatverschulden durch die subjektive Tatschwere in etwas weniger
als mittelgradigem Ausmass reduziert. Die Einsatzstrafe liege im Bereich von
drei bis dreieinhalb Jahren (Urteil S. 55 ff.). Diese sei wegen der Gefährdung
des Lebens und den mehrfachen Widerhandlungen gegen das Waffengesetz nicht
unwesentlich bzw. leicht auf vier Jahre zu erhöhen (Urteil S. 64 f.). Merklich
strafmindernd sei das Nachtatverhalten des Beschwerdeführers zu
berücksichtigen. Seine Opferrolle und der Umstand, dass die Hauptschuld der
Geschehnisse bei Y.________ läge, sei bereits bei der Tatkomponente einbezogen
worden. Die gesundheitlichen und beruflichen Folgen, die der Beschwerdeführer
durch die Schussverletzung erlitten habe, führten zu einer leichten
Strafreduktion. Insgesamt erweise sich eine Freiheitsstrafe von drei Jahren als
angemessen (Urteil S. 66 ff.).

5.3. Der Beschwerdeführer kritisiert in erster Linie die vorinstanzliche
Bewertung seines subjektiven Verschuldens. Soweit er ausführt, die nach dem
objektiven Verschulden bemessene Einsatzstrafe von sechs Jahren sei aufgrund
der schwergradig verminderten Schuldfähigkeit nicht zulässig (vgl. Beschwerde 2
S. 37 Ziff. 25), verkennt er, dass die verminderte Schuldfähigkeit bei der
subjektiven Tatschwere zu berücksichtigen ist. Nicht zu hören ist er mit dem
Argument, er habe nach der erneuten Schussabgabe von Y.________ auf der Strasse
ein weiteres Mal eine maximale Stressbelastung erlitten (Beschwerde 2 S. 27
Ziff. 5, S. 33 Ziff. 16, S. 34 Ziff. 20). Es ist nicht erstellt, wer auf der
Strasse zuerst schoss (Urteil S. 32; vgl. E. 4.2).

5.4. Auch mit seinen übrigen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht
darzulegen, dass bzw. inwiefern die vorinstanzliche Würdigung seines
subjektiven Verschuldens schlechterdings unhaltbar ist (vgl. BGE 138 I 49 E.
7.1 S. 51 mit Hinweisen). Es ist ihm zwar zuzustimmen, dass die
vorinstanzlichen Ausführungen teilweise etwas unklar sind und den Anschein
erwecken, die Vorinstanz sei vom Gutachten abgewichen. So führt sie einleitend
aus, aufgrund der überzeugenden und plausiblen Schilderungen des
Sachverständigen sei grundsätzlich von einer in schwerem Grade verminderten
Schuldfähigkeit auszugehen (Urteil S. 55 f.). Nach der Würdigung der
Gesamtumstände kommt sie zum Schluss, "die schwergradige Verminderung der
Schuldfähigkeit ist somit (...) zweifelsfrei deutlich näher bei einer
Verminderung in mittelgradigem Ausmass anzusiedeln als bei völliger
Schuldunfähigkeit" (Urteil S. 62). Aus den Erwägungen und der Schlussfolgerung
hinsichtlich des Verschuldens des Beschwerdeführers ist jedoch ersichtlich,
dass die Vorinstanz nicht vom Mass der Verminderung der Schuldfähigkeit
abweicht, wie es im Gutachten festgestellt wurde. Vielmehr prüft sie, wie sich
die schwergradig verminderte Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers auf sein
Verschulden auswirkt. Sie kommt zum Schluss, dass sich die dem Beschwerdeführer
"vom Gutachter attestierte in schwerem Grad verminderte Schuldfähigkeit nicht
in äquivalentem Masse auf sein Verschulden auswirkte, sondern um einiges
weniger stark" (Urteil S. 63).

 Dieses Ergebnis ist insbesondere deshalb nicht zu beanstanden, als die
Vorinstanz einen namhaften Anteil der schwergradigen Verminderung der
Schuldfähigkeit bereits bei der rechtlichen Qualifikation der Tat als Totschlag
einbezog. Dazu äussert sich der Beschwerdeführer nicht. Die Vorinstanz weist im
Ergebnis daraufhin, dass die peritraumatische Dissoziation bzw. die daraus
resultierende schwere Verminderung der Schuldfähigkeit bereits teilweise bei
der rechtlichen Würdigung berücksichtigt wurde, weshalb sie beim Verschulden
nur noch im mittleren Ausmass beachtet werden kann. Daran ist nichts
auszusetzen. Die "nach den Umständen entschuldbare heftige Gemütsbewegung" im
Sinne von Art. 113 StGB verdrängt Art. 19 Abs. 2 StGB soweit, als in der
heftigen Gemütsbewegung zugleich eine von Art. 19 Abs. 2 StGB erfasste
Beeinträchtigung des Bewusstseins liegt (Bommer/Dittmann, in: Basler Kommentar,
Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 82 zu Art. 19 StGB; Trechsel/Jean-Richard,
Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 17 zu Art.
19 StGB; Stratenwerth/Jenny/Bommer, a.a.O., § 1 N. 33). Gemäss Bommer/Dittmann
ist Art. 19 Abs. 2 StGB zusätzlich anzuwenden, wenn die Beeinträchtigung der
Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in ihrer Wirkung über das von Art. 113 StGB
verlangte Ausmass der heftigen Gemütsbewegung hinausgeht (a.a.O., N. 82 zu Art.
19 StGB mit Hinweisen). Ohne dies näher zu erläutern, wendet die Vorinstanz
Art. 19 Abs. 2 StGB neben Art. 113 StGB an. Ob sie damit das
Doppelverwertungsverbot verletzt, kann offengelassen werden, da das
Bundesgericht an das Verschlechterungsverbot gebunden ist. Auch ist nicht zu
prüfen, ob die peritraumatische Dissoziation beim subjektiven Verschulden
weniger stark hätte berücksichtigt werden dürfen. Die Vorinstanz verletzt kein
Bundesrecht, wenn sie von einem etwas weniger als mittelschweren subjektiven
Verschulden ausgeht.

5.5. Die Vorinstanz berücksichtig angemessen, dass der Beschwerdeführer
vorwiegend Opfer des Vorfalls war und psychische Schäden erlitt. Auch erscheint
seine Strafe im Verhältnis zu jener von Y.________ von elf Jahren nicht
unangemessen hoch, soweit sich diese überhaupt vergleichen lassen (vgl. BGE 135
IV 191 E. 3.1 S. 193; Beschwerde 2 S. 37 f. Ziff. 26). Insgesamt hält sich die
teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren im Rahmen des sachrichterlichen
Ermessens.

5.6. Die Vorinstanz durfte von einer erneuten Einvernahme des Sachverständigen
absehen, da sich dieser bereits mehrfach geäussert hatte (kantonale Akten, act.
100, 133, 144). Sie bezeichnet das Gutachten als nachvollziehbar sowie
plausibel und weicht von diesem nicht ab. Das rechtliche Gehör des
Beschwerdeführers ist nicht verletzt (vgl. Beschwerde 2 S. 16 Ziff. 4, S. 19
Ziff. 10, S. 22 und S. 35 f. Ziff. 22 f.).

6.

 Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist abzuweisen (Verfahren 6B_345/2013).
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Dem
Beschwerdeführer ist keine Entschädigung auszurichten, weil er vor
Bundesgericht keine Umtriebe hatte.

 Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist ebenfalls abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann (Verfahren 6B_366/2013). Die bundesgerichtlichen Kosten
sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der
Staatsanwaltschaft ist keine Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 6B_345/2013 und 6B_366/2013 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft (Verfahren 6B_345/2013) wird abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde des Beschwerdeführers (Verfahren 6B_366/2013) wird abgewiesen,
soweit darauf eingetreten wird.

4. 
Im Verfahren 6B_345/2013 werden keine Gerichtskosten erhoben.

5. 
Im Verfahren 6B_366/2013 werden die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- dem
Beschwerdeführer auferlegt.

6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, Y.________ und dem Obergericht des Kantons
Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Oktober 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Andres

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