Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.344/2013
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_344/2013

Urteil vom 19. Juli 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
nebenamtlicher Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Joachim Breining,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200
Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Fahrlässige Tötung; Anklagegrundsatz; rechtliches Gehör etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 21.
August 2012.

Sachverhalt:

A.
In einer Liegenschaft in A.________ fehlte beim Personenlift die Scheibe eines
Türfensters. Am 27. Mai 2009 kletterte ein knapp sechsjähriger Knabe durch die
ungesicherte Öffnung. Als sich der Lift nach oben in Bewegung setzte, wurde er
zwischen dem Liftboden und der oberen Einfassung des Türfensters eingeklemmt,
worauf er erstickte.

 X.________ wird vorgeworfen, er sei am 25. Mai 2009 über das Fehlen der
Scheibe informiert worden und habe es unterlassen, die nötigen Massnahmen zu
treffen.

B.
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen verurteilte X.________
zweitinstanzlich wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe von
120 Tagessätzen zu Fr. 1'300.--, bei einer Probezeit von zwei Jahren.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben. Er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Das
Obergericht sei zu verpflichten, ihn für das Verfahren betreffend
Protokollbereinigung mit Fr. 3'932.80 zu entschädigen. Eventualiter sei die
Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 78 Abs. 5 StPO und
seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Es existiere kein von ihm
unterzeichnetes Protokoll seiner Befragung vom 14. August 2012 (Beschwerde S.
4-13).

1.2. Die Vorinstanz führt aus, auf dem Protokoll der Befragung des
Beschwerdeführers vom 14. August 2012 fehle dessen Unterschrift. Deshalb habe
eine Verhandlung zur Protokollbereinigung und Unterschrift stattgefunden. Der
Beschwerdeführer habe da aber die Unterschrift verweigert. Die Vorinstanz geht
aufgrund eines Screenshots von der Richtigkeit des Protokolls aus. Im Übrigen
sei es nur von untergeordneter Bedeutung, da namentlich auf die Aussagen des
Beschwerdeführers in den unterschriebenen Protokollen der ergänzenden
Befragungen vom 14. und 15. August 2012 abgestellt werde (Urteil S. 5).

1.3. Gemäss Art. 76 StPO werden die Aussagen der Parteien, die mündlichen
Entscheide der Behörden sowie alle anderen Verfahrenshandlungen, die nicht
schriftlich durchgeführt werden, protokolliert (Abs. 1). Die protokollführende
Person, die Verfahrensleitung und die allenfalls zur Übersetzung beigezogene
Person bestätigen die Richtigkeit des Protokolls (Abs. 2). Die
Verfahrensleitung ist dafür verantwortlich, dass die Verfahrenshandlungen
vollständig und richtig protokolliert werden (Abs. 3). Nach Art. 78 Abs. 1 StPO
werden die Aussagen der Parteien, Zeuginnen, Zeugen, Auskunftspersonen und
Sachverständigen laufend protokolliert. Der einvernommenen Person wird das
Protokoll nach Abschluss der Einvernahme vorgelesen oder zum Lesen vorgelegt.
Sie hat das Protokoll nach Kenntnisnahme zu unterzeichnen und jede Seite zu
visieren (Art. 78 Abs. 5 StPO). Das Protokoll kann seine Funktionen nur
erfüllen, wenn Gewähr für seine inhaltliche Richtigkeit besteht. Deshalb
verlangt das Gesetz, dass es nach der Befragung der einvernommenen Person
vorgelesen oder zum Lesen vorgelegt und von dieser nach Kenntnisnahme
unterzeichnet wird. Darauf kann entsprechend dem zwingenden Charakter der
Protokollierungsvorschriften nicht verzichtet werden (Urteil 6B_492/2012 vom
22. Februar 2013 E. 1.3 f. mit Hinweisen). Lehnt die befragte Person es ab, das
Protokoll durchzulesen oder zu unterzeichnen, so werden die Weigerung und die
dafür angegebenen Gründe im Protokoll vermerkt (Art. 78 Abs. 5 Satz 3 StPO).

1.4. An der Berufungsverhandlung vom 14. August 2012 wurden der
Beschwerdeführer und die beiden Mitbeschuldigten einvernommen. Von den
Befragungen der Mitbeschuldigten liegen Protokolle vor, die von der
Protokollführerin und den Einvernommenen unterzeichnet sowie von Letzteren
visiert sind (vorinstanzliche Akten, act. 396-405 und act. 406-410). Über diese
Befragung des Beschwerdeführers existiert nur ein von der Protokollführerin
unterschriebenes Protokoll (vorinstanzliche Akten, act. 389-395, act. 540-546
und act. 561-567). Im Anschluss an das Plädoyer des Verteidigers des
Beschwerdeführers wurden diesem und den Mitbeschuldigten weitere Fragen
gestellt. Auch davon liegt ein Protokoll vor, das von allen unterzeichnet wurde
(vorinstanzliche Akten, act. 437-441).

 An der Fortsetzung der Berufungsverhandlung am nächsten Tag wurden zunächst
die Protokolle des Vortags bereinigt, nachdem sie den Beschuldigten über Nacht
zur Durchsicht abgegeben worden waren (vorinstanzliche Akten, act. 548 und act.
558 f.). Der Beschwerdeführer und einer der Mitbeschuldigten brachten
Protokollergänzungen an und es wurden ihnen weitere Fragen gestellt. Davon
wurde ebenfalls ein Protokoll erstellt, das vom Beschwerdeführer, dem
betreffenden Mitbeschuldigten und der Protokollführerin unterzeichnet wurde
(vorinstanzliche Akten, act. 450-454).

 Die Vorinstanz eröffnete ihr Urteil am 21. August 2012 (vorinstanzliche Akten,
act. 509). Sie stellte dem Beschwerdeführer am 8. Januar 2013 das Protokoll der
ersten Befragung vom 14. August 2012 zu und bat ihn, es unterschrieben
zurückzuschicken oder mitzuteilen, ob er eine Protokollbereinigung wünsche
(vorinstanzliche Akten, act. 538-548). Da der Beschwerdeführer nicht
unterzeichnete (vorinstanzliche Akten, act. 550-552), lud die Vorinstanz zu
einer Protokollbereinigung vor. Auch da verweigerte der Beschwerdeführer die
Unterschrift (vorinstanzliche Akten, act. 556-560).

1.5. Die Vorinstanz befragte den Beschwerdeführer am 14. August 2012 und gab
ihm das betreffende Protokoll zur Durchsicht mit. An der Fortsetzung der
Verhandlung am nächsten Tag brachte er Ergänzungen an, worauf es geändert
wurde, letztmals am 15. August 2012 um 8.53 Uhr (vorinstanzliche Akten, act.
547). Als die Vorinstanz bemerkte, dass dieses ergänzte Protokoll nur von der
Protokollführerin unterzeichnet worden war, bat sie den Beschwerdeführer, es
nachträglich zu unterschreiben. Weil er dies ablehnte, lud die Vorinstanz zu
einer Verhandlung vor. Auch dort verweigerte er die Unterschrift, da er sich
nicht mehr an seine Aussagen erinnere und das Protokoll zu belastend für ihn
sei (vorinstanzliche Akten, act. 552). Die Vorinstanz protokollierte die
Weigerung und die dafür angegebenen Gründe im Sinne von Art. 78 Abs. 5 Satz 3
StPO (vorinstanzliche Akten, act. 556-560), was nicht zu beanstanden ist. Die
Rügen der Verletzung von Art. 78 Abs. 5 StPO und des Anspruchs auf rechtliches
Gehör sind unbegründet.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Anklageprinzip sei verletzt. In
der Anklageschrift sei die Garantenstellung ungenügend umschrieben (Beschwerde
S. 15-20). Zudem sei der Knabe gemäss Anklage durch die Öffnung in den Lift
geklettert. Es sei jedoch auch möglich, dass er aus dem Lift hinausgestiegen
sei (Beschwerde S. 20-22).

2.2. Nach dem aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1
und Ziff. 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten und nunmehr in Art. 9 Abs. 1 StPO
festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand
des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat die der
beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise
zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht
genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz
der Verteidigungsrechte der angeschuldigten Person und garantiert den Anspruch
auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 133 IV 235 E. 6.2 f. mit
Hinweisen; Urteil 6B_596/2012 vom 25. April 2013 E. 4.3 mit Hinweis; vgl. Art.
325 Abs. 1 lit. f StPO).

2.3. Es trifft zu, dass in der Anklageschrift nicht vertieft auf die
Garantenstellung des Beschwerdeführers eingegangen wird (vorinstanzliche Akten,
act. 149-152). Es wird nur, aber immerhin, seine Stellung als Geschäftsführer
des Verwaltungsunternehmens und verantwortliche Person für die betreffende
Liegenschaft angezeigt. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers wurden
ihm die Vorwürfe im Schlussvorhalt erläutert (Beschwerde S. 16), wobei
ebenfalls auf seine Stellung als Geschäftsführer und verantwortliche Person
hingewiesen wurde (vorinstanzliche Akten, act. 48 f.). Wie die Vorinstanz
richtig ausführt (Urteil S. 8), musste er somit wissen, dass aus seiner
Stellung als Geschäftsführer, Eigentümer und verantwortliche Person für die
betreffende Liegenschaft auf eine Garantenstellung geschlossen werden konnte.
Weiter erwägt sie zutreffend (Urteil S. 9), dass für eine wirksame Verteidigung
unwesentlich ist, ob der Knabe gemäss Anklageschrift in den Lift hinein- oder
aus dem Lift hinauskletterte. Entscheidend ist, dass der Beschwerdeführer vom
Vorwurf wusste, dass der Knabe durch die Öffnung in der Lifttüre stieg. Das
Anklageprinzip ist nicht verletzt.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehör. Er habe erst im Berufungsverfahren Einsicht in die Akten der
Mitbeschuldigten nehmen können. Die Vorinstanz nehme zu Unrecht an, der Mangel
der unvollständigen Akten im erstinstanzlichen Verfahren sei in ihrem Verfahren
geheilt worden. Ihm sei eine Instanz verwehrt worden (Beschwerde S. 22).

3.2. Die Vorinstanz stellt fest, die Untersuchungen gegen den Beschwerdeführer
und die Mitbeschuldigten seien getrennt geführt worden. Die Aussagen der
Mitbeschuldigten seien dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten worden. Es seien
kein gemeinsamer Schlussvorhalt und keine gemeinsame Anklageerhebung erfolgt.
Folgerichtig habe sich die erste Instanz lediglich auf die Akten des
Beschwerdeführers gestützt. Die Vorinstanz hält fest, im Berufungsverfahren
habe sie den Beschwerdeführer und die Mitbeschuldigten darauf hingewiesen, dass
eine gemeinsame Verhandlung stattfinden werde. Zugleich habe sie ihnen
ermöglicht, Einsicht in die jeweiligen Akten zu nehmen. An der
Berufungsverhandlung sei der Beschwerdeführer mit den Aussagen der
Mitbeschuldigten konfrontiert worden. Er und sein Verteidiger hätten sich zu
den Aussagen der Mitbeschuldigten äussern und ihnen Ergänzungsfragen stellen
können (Urteil S. 10 f.).

3.3. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist unbegründet, soweit sie
den Begründungsanforderungen überhaupt zu genügen vermag (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 136 I 65 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Die Vorinstanz nimmt nicht an, ein
allfälliger Mangel werde geheilt. Sie geht vielmehr davon aus, die erste
Instanz habe dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör nicht verweigert, da
diese - im Gegensatz zur Vorinstanz - nicht auf die Aussagen der
Mitbeschuldigten abstellt. Überdies verfügt die Vorinstanz im
Berufungsverfahren über eine volle Kognition hinsichtlich aller Sach- und
Rechtsfragen. Eine allfällige Gehörsverletzung wäre im zweitinstanzlichen
Verfahren heilbar gewesen (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2 mit Hinweisen). An der
Berufungsverhandlung wurde der Beschwerdeführer mit den belastenden Aussagen
der Mitbeschuldigten konfrontiert. Er konnte sich dazu äussern und
Ergänzungsfragen stellen. Insofern ist weder ersichtlich noch dargelegt,
inwiefern ihm eine wirksame Verteidigung nicht möglich gewesen sein soll. Zudem
bewirkt die Heilung eines Verfahrensmangels per se keine unzulässige Verkürzung
des Instanzenzugs (BGE 110 Ia 81 E. 5d mit Hinweis).

4.

4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz verletze Art. 53 StGB.
Sie verweigere die Strafbefreiung mit der Begründung, er habe den Normbruch
nicht anerkannt. Ein fehlendes Geständnis bedeute nicht, dass das öffentliche
Interesse an der Strafverfolgung nicht mehr gering sei. Vielmehr sei am
begangenen Unrecht anzuknüpfen. Die angebliche Gefährdung anderer Liftbenützer
ziele ins Leere, weil ausser dem Opfer keine weiteren Kinder in der
Liegenschaft lebten. Dass eine abstrakte Gefährdung weiterer Personen bestanden
haben könnte, bilde keinen Grund für eine Strafverfolgung nach Massgabe der
Generalprävention. Die Vorinstanz führe zu Unrecht ein öffentliches Interesse
an sicheren Personenaufzügen ins Feld (Beschwerde S. 22-25).

4.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer sei nicht geständig. Wohl
bedaure er das Geschehene und habe sich in der Folge entsprechend korrekt
verhalten. Allerdings habe er nie eingeräumt, dass er sorgfaltswidrig gehandelt
habe. Er habe die Normverletzung nicht anerkannt. Damit sei aber das Interesse
der Öffentlichkeit an der Strafverfolgung nicht mehr gering. Hinzu komme, dass
weitere Personen gefährdet worden seien. Jeder Benützer des Lifts hätte in die
ungesicherte Öffnung geraten können. Es bestehe ein öffentliches Interesse an
sicheren Personenaufzügen. Eine Strafbefreiung erscheine daher trotz
Desinteresseerklärung der Mutter des verunglückten Knaben und der Möglichkeit
der Ausfällung einer bedingten Strafe als unangemessen (Urteil S. 11-14).

4.3. Art. 53 StGB regelt die Strafbefreiung bei Wiedergutmachung: Hat der Täter
den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um das von
ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die zuständige Behörde von einer
Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab,
wenn die Voraussetzungen für die bedingte Strafe nach Art. 42 StGB erfüllt
(lit. a) und das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der
Strafverfolgung gering sind (lit. b).

 Selbst wenn sich die Tatschwere im Rahmen von Art. 53 lit. a StGB hält und
volle Wiedergutmachung geleistet wurde, führt dies nicht zwingend zum Entfallen
des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung. Zu beurteilen bleibt, ob
die Verhängung einer Strafe unter spezial- oder generalpräventiven
Gesichtspunkten notwendig erscheint. Aus Sicht der positiven Generalprävention
kann das Vertrauen der Allgemeinheit in das Recht gestärkt werden, wenn
festgestellt wird, dass auch der Täter den Normbruch anerkennt und sich bemüht,
den Rechtsfrieden wiederherzustellen. Spezialpräventive Überlegungen sind
bereits beim Entscheid über den bedingten Strafvollzug zu berücksichtigen. Da
die Gewährung des Strafaufschubs eine Voraussetzung der Wiedergutmachung ist,
spielen sie bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses nach Art. 53 StGB
nur eine untergeordnete Rolle. Während die Strafzwecke ganz allgemein zu
berücksichtigen sind, ist bei der Beurteilung der öffentlichen
Strafverfolgungsinteressen im konkreten Fall insbesondere auch nach den
geschützten Rechtsgütern zu unterscheiden. Art. 53 StGB nimmt explizit Bezug
auf die Wiedergutmachung des begangenen Unrechts. Worin dieses Unrecht liegt,
definieren die einzelnen Tatbestände. Bei Straftaten gegen individuelle
Interessen und einem Verletzten, der die Wiedergutmachungsleistung akzeptiert,
wird häufig auch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung entfallen.
Bei Straftaten gegen öffentliche Interessen ist zu beurteilen, ob es mit der
Erbringung der Wiedergutmachung sein Bewenden haben soll oder ob sich unter
Gesichtspunkten des Schuldausgleichs und der Prävention weitere strafrechtliche
Reaktionen aufdrängen. Der Täter muss jedenfalls die Normverletzung anerkennen
und sich bemühen, den öffentlichen Frieden wiederherzustellen (BGE 135 IV 12 E.
3.4.3 und E. 3.5.3; Urteil 6B_152/2007 vom 13. Mai 2008 E. 5.2.3; je mit
Hinweisen).

4.4. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, indem sie von einer
Strafbefreiung im Sinne von Art. 53 StGB absieht. Insbesondere darf sie darauf
abstellen, dass der Beschwerdeführer die Normverletzung nicht anerkannt hat.
Sie berücksichtigt zu Recht, dass weitere Benützer des Lifts gefährdet worden
sind. Daran ändert nichts, dass neben dem Opfer keine weiteren Kinder in der
Liegenschaft wohnen. Die Vorinstanz erwägt zutreffend, dass ein öffentliches
Interesse an sicheren Personenaufzügen besteht. Die Rügen des Beschwerdeführers
sind unbegründet. Die vorinstanzliche Einschätzung, wonach sein deliktisches
Verhalten nicht bloss mit einem Schuldspruch, sondern auch mit einer Strafe
geahndet werden muss, ist nicht zu beanstanden.

5.

5.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz spreche ihm für die Verhandlung
betreffend Protokollbereinigung keine Parteientschädigung zu. Entgegen ihren
willkürlichen Feststellungen habe er einen Entschädigungsantrag gestellt. Indem
sie ohne weitere Begründung ausführe, die Voraussetzungen für eine
Entschädigung seien nicht erfüllt, verletze sie seinen Anspruch auf rechtliches
Gehör (Beschwerde S. 14).

5.2. Die Vorinstanz erwägt, für das Verfahren betreffend Protokollbereinigung
erhebe sie keine Kosten und es werde auch keine Entschädigung ausgerichtet. Der
Beschwerdeführer habe keinen Antrag gestellt und die
Entschädigungsvoraussetzungen seien nicht gegeben (Urteil S. 36 f.).

5.3. Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird
das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie nach Art. 429 Abs. 1 StPO
Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung
ihrer Verfahrensrechte (lit. a) und die wirtschaftlichen Einbussen, die ihr aus
ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (lit. b).
Gemäss Art. 429 Abs. 2 StPO prüft die Strafbehörde den Anspruch von Amtes
wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre Ansprüche zu beziffern
und zu belegen. Diese Bestimmungen gelangen auch im Rechtsmittelverfahren zur
Anwendung (Art. 436 Abs. 1 StPO).

5.4. Die kantonalen Instanzen sprachen den Beschwerdeführer im Sinne der
Anklage wegen fahrlässiger Tötung schuldig. Einen Entschädigungsanspruch hat er
nicht. Daran ändert nichts, dass er in seiner Berufungserklärung beantragte, er
sei für das vorinstanzliche Verfahren zu entschädigen (vorinstanzliche Akten,
act. 343 unten). Die Rügen erweisen sich als unbegründet.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der
Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Juli 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben