Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.33/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_33/2013

Urteil vom 1. Februar 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu, Wengimattstrasse 2, Schmelzihof, 4710
Balsthal,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Wiederherstellung der Frist (SVG-Widerhandlung),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer,
vom 22. Oktober 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafbefehl vom 15. April 2011 wegen einer
Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Busse von Fr. 60.-- bzw. einer
Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag verurteilt. Im Einspracheverfahren setzte
der Amtsgerichtspräsident Thal-Gäu mit Verfügung vom 23. November 2011 die
Hauptverhandlung auf den 6. Februar 2012 an mit dem Hinweis, dass Eingaben
eigenhändig unterschrieben und auf dem Postweg eingereicht werden müssten,
während solche per Fax und E-Mail ungültig seien.

Am 2. Februar 2012 wandte sich der Beschwerdeführer per Fax an den
Amtsgerichtspräsidenten und teilte mit, dass er nicht erscheinen werde. Der
Termin sei aufzuheben, weil er am 6. Februar 2012 einen Pflichttermin bei
seinem Arbeitsberater habe.

Am 6. Februar 2012 stellte der Amtsgerichtspräsident fest, der Beschwerdeführer
sei zur Verhandlung trotz gehöriger Vorladung unentschuldigt und ohne sich
vertreten zu lassen nicht erschienen. Er verfügte, die Einsprache gelte als
zurückgezogen und der Strafbefehl sei zum rechtskräftigen Urteil geworden.

Mit Eingabe vom 28. Februar 2012 legte der Beschwerdeführer dar, weshalb es ihm
nicht möglich gewesen sei, in die Schweiz zu reisen.

Der Amtsgerichtspräsident behandelte die Eingabe vom 28. Februar 2012 als
Gesuch um Wiederherstellung und wies dieses am 28. Juni 2012 ab. Eine dagegen
gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Solothurn am 22. Oktober
2012 ab.

Der Beschwerdeführer verlangt vor Bundesgericht sinngemäss, die Einsprache sei
zu behandeln.

2.
Der Beschwerdeführer beantragt, es seien Ermittlungen gegen verschiedene
Personen aufzunehmen. Dafür ist das Bundesgericht nicht zuständig.

3.
Wie vor der Vorinstanz macht der Beschwerdeführer geltend, ein Nichtjurist habe
immer Anspruch auf einen Pflichtverteidiger. Dies trifft nicht zu. Ein
Verteidiger ist nur notwendig, wenn der Fall in tatsächlicher oder rechtlicher
Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen der Betroffene nicht gewachsen ist.
Inwieweit dies im vorliegenden Fall so gewesen sein könnte, ist nicht
ersichtlich.

4.
Die Verfügung vom 23. November 2011 wurde nicht dem Beschwerdeführer, der sich
in Deutschland aufhielt, persönlich, sondern an die Adresse seiner Mutter in
Deutschland zugestellt. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Empfängerin sei
nicht befugt gewesen, Schreiben in Strafsachen entgegenzunehmen. Sie war von
ihm in seiner Einsprache vom 29. Juli 2011 indessen selber als
Zustellungsbevollmächtigte bezeichnet worden (angefochtener Entscheid S. 2).
Auch in einer im vorliegenden Zusammenhang stehenden Beschwerde ans
Bundesgericht vom 2. Februar 2012 hatte er die Frau ausdrücklich als
Empfangsbevollmächtigte angegeben (Verfahren 1B_132/2012 betreffend Ausstand
des Amtsgerichtspräsidenten Thal-Gäu). Heute vorzubringen, sie sei zur
Entgegennahme der Verfügung nicht befugt gewesen, ist mutwillig. Sein Hinweis
auf die Verordnung über internationale Rechtshilfe geht ebenfalls fehl. Gemäss
Art. IIIA des Vertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens
über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung
seiner Anwendung (SR 0.351.913.61) dürfen die zuständigen Stellen eines
Vertragsstaates im Rahmen der Verfolgung von Straftaten und
Ordnungswidrigkeiten gerichtliche und andere behördliche Schriftstücke
unmittelbar durch die Post an Personen übersenden, die sich im Hoheitsgebiet
des anderen Vertragsstaates aufhalten. Unter die erwähnten Schriftstücke fallen
auch Vorladungen.

5.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorladung sei unbeachtlich gewesen,
weil das Bundesgericht zu jenem Zeitpunkt noch nicht im Verfahren 1B_132/2012
über den Ausstand des Amtsgerichtspräsidenten entschieden habe. Davon, dass der
Betroffene so lange nicht zu einer Einvernahme erscheinen muss, bis über einen
entsprechenden Befangenheitsantrag in letzter Instanz entschieden worden ist,
kann indessen nicht die Rede sein.

6.
In Bezug auf das Verschiebungsgesuch, welches der Beschwerdeführer am 2.
Februar 2012 per Fax gestellt hat, stellt die Vorinstanz fest, dieses sei
unbeachtlich gewesen, weil es nicht den Formerfordernissen gemäss Art. 110 Abs.
1 StPO entsprochen habe, auf welche der Beschwerdeführer in der Verfügung vom
23. November 2011 ausdrücklich aufmerksam gemacht worden sei. Es sei ihm zwar
nicht zu verargen, dass er das Gesuch dem Amtsgerichtspräsidenten zunächst per
Fax zukommen liess. Dies habe aber nur als Vorausinformation genügen können. Um
dem Formerfordernis nachzukommen, hätte der Beschwerdeführer die Eingabe
original unterzeichnet nachreichen müssen (angefochtener Entscheid S. 5). Der
Beschwerdeführer wendet ein, jeder vernünftig denkende Mensch gehe davon aus,
dass eine Eingabe per Fax wirksam sei. Art. 110 Abs. 1 StPO besagt indessen,
dass eine schriftliche Eingabe unterzeichnet sein muss. Der Beschwerdeführer
wurde in der Verfügung vom 23. November 2011 denn auch ausdrücklich darauf
aufmerksam gemacht, dass Eingaben eigenhändig unterschrieben und auf dem
Postweg eingereicht werden müssen, während solche per Fax und E-Mail ungültig
sind. Folglich kann er sich nicht auf einen Irrtum berufen.

7.
Ohne dass sich das Bundesgericht zu den weiteren zum Teil nicht sachgerechten
und zum Teil abwegigen Vorbringen des Beschwerdeführers ausdrücklich äussern
müsste, ist die Beschwerde im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit
darauf einzutreten ist.

8.
Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in
Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos
erschienen. Wegen der teilweise mutwilligen Art der Prozessführung kommt eine
Reduktion der Gerichtskosten nicht in Betracht (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn