Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.323/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_323/2013

Urteil vom 3. Juni 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Thomas Zajac,
Beschwerdeführer,

gegen

1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
2.  Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus A. Pauli,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Einstellung einer Strafuntersuchung, Willkür,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 22. Februar 2013.

Sachverhalt:

A.
X.________ wirft Y.________ vor, seinen Personenwagen mit dem polnischen
Kontrollschild ... im November 2010 behändigt und sich damit der
unrechtmässigen Aneignung strafbar gemacht zu haben. Überdies soll dieser zur
Dokumentation einer angeblichen Vereinbarung seine Unterschrift gefälscht
haben.

B.
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland stellte die Strafuntersuchung gegen
Y.________ am 22. August 2012 ein. Das Obergericht des Kantons Zürich schützte
die dagegen von X.________ erhobene Beschwerde am 22. Februar 2013 teilweise
(Urkundenfälschung) und wies sie im Übrigen (unrechtmässige Aneignung) ab.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der angefochtene
Beschluss sei hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde (unrechtmässige
Aneignung) aufzuheben, die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland sei zu
verpflichten, das Strafverfahren gegen Y.________ wegen unrechtmässiger
Aneignung wiederaufzunehmen und es sei ihm eine Parteientschädigung für das
vorinstanzliche Beschwerdeverfahren auszurichten.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer hat sich als Privatkläger konstituiert und nahm vor
der Vorinstanz am Verfahren teil (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG). Der angefochtene
Entscheid kann sich auf die Beurteilung seiner in Aussicht gestellten
Zivilansprüche auswirken (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Der
Beschwerdeführer ist damit zur Beschwerde legitimiert (vgl. BGE 137 IV 246 E.
1.3.1).

1.2. Unabhängig von der möglichen Auswirkung des angefochtenen Entscheids auf
die Beurteilung allfälliger Zivilansprüche ist der Beschwerdeführer auch
insoweit zur Beschwerdeführung legitimiert, als er die Verletzung von Rechten
rügt, die ihm als am Verfahren beteiligte Partei nach dem massgebenden
Prozessrecht zustehen (BGE 136 IV 29 E. 1.9). Er ficht als Geschädigter die
Nichtverwertung eines Beweismittels an, welches seines Erachtens zuungunsten
der beschuldigten Person spricht (vgl. Urteil 1B_22/2012 vom 11. Mai 2012 E.
1.3).

2.

2.1. Die Vorinstanz begründet die Einstellung des Verfahrens wegen des
Verdachts auf unrechtmässige Aneignung im Wesentlichen damit, dass keine
Hinweise über den Verbleib des Fahrzeugs vorliegen. Aufgrund der Aussagen des
Beschwerdegegners 2 sowie der übrigen Beweise lasse sich eine unrechtmässige
Aneignung nicht belegen. Die vom Beschwerdeführer unrechtmässig aufgezeichneten
Telefongespräche, welche angeblich die unrechtmässige Aneignung belegen sollen,
dürften als illegal beschaffte Beweismittel nicht verwertet werden.

2.2. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts.
Da die Vorinstanz den von ihm eingereichten USB-Stick mit den von ihm
aufgezeichneten Telefongesprächen nicht zulässt, gehe sie von falschen
Tatsachen aus.

3.

3.1. Das Bundesgericht wendet das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber nur auf
Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht werden
(vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG).

 Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage nach der Verwertbarkeit eines
Beweismittels kann zwar Auswirkungen auf die Sachverhaltsfeststellung haben.
Sie ist aber eine Rechtsfrage, da sie sich auf das Beweisrecht der
Strafprozessordnung (Art. 139 ff. StPO) bezieht.

3.2. Nach der Darstellung des Beschwerdeführers sollen auf dem von ihm als
Beweismittel eingereichten USB-Stick verschiedene Telefongespräche
aufgezeichnet sein, die er mit seiner ehemaligen Freundin Z.________ einerseits
und dem Beschwerdegegner 2 andererseits geführt habe. Er macht nicht geltend,
dass er vor der Aufzeichnung die Einwilligung der anderen Gesprächsteilnehmer
eingeholt hat, und räumt ausdrücklich ein, dass er nicht befugt war, die
Telefongespräche aufzuzeichnen (Beschwerde, S. 5).

 Nach Art. 179 ^ter Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer als Gesprächspartner
ein nichtöffentliches Gespräch ohne die Einwilligung der andern daran
Beteiligten auf einen Tonträger aufnimmt. Die vom Beschwerdeführer im
Untersuchungsverfahren eingereichten Beweise sind somit nicht nur rechtswidrig,
sondern in mutmasslich strafbarer Weise erlangt worden.

3.3. Die Strafprozessordnung regelt nur die Erhebung von Beweisen durch die
staatlichen Strafbehörden. Diese klären von Amtes wegen alle für die
Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab und
setzen zur Wahrheitsfindung alle nach dem Stand von Wissenschaft und Erfahrung
geeigneten Beweismittel ein, die rechtlich zulässig sind (Art. 139 Abs. 1
StPO).

 Der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 Abs. 1 StPO) begründet kein staatliches
Monopol für Beweiserhebungen im Strafverfahren. Eigene Ermittlungen der
Parteien und der anderen Verfahrensbeteiligten sind zulässig, soweit sie sich
darauf beschränken, Be- oder Entlastungsmaterial beizubringen und entsprechende
Beweise zu offerieren.

3.4. Die Strafprozessordnung enthält Bestimmungen zu den verbotenen
Beweiserhebungen (Art. 140 StPO) und zur Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter
Beweise (Art. 141 StPO). Wieweit die Beweisverbote auch greifen, wenn nicht
staatliche Behörden, sondern Privatpersonen Beweismittel sammeln, wird in der
Strafprozessordnung nicht explizit geregelt. Die Rechtsprechung geht unter
Hinweise auf die Doktrin (vgl. SABINE GLESS, in: Basler Kommentar StPO, 2011,
Art. 141 N. 42 f.; GUNHILD GODENZI, Private Beweisbeschaffung im Strafprozess,
2008, S. 264 ff.) davon aus, dass von Privaten rechtswidrig erlangte
Beweismittel nur verwertbar sind, wenn sie auch von den Strafbehörden hätten
erlangt werden können und kumulativ dazu eine Interessenabwägung für deren
Verwertung spricht (Urteil 1B_22/2012 vom 11. Mai 2012 E. 2.4.4).

 Im zu beurteilenden Fall fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Eine
strafprozessuale Überwachung des Telefonverkehrs ist nur zulässig, wenn der
dringende Verdacht auf eine Katalogtat besteht, die Schwere der Straftat die
Überwachung rechtfertigt und die bisherigen Untersuchungshandlungen erfolglos
geblieben sind oder die Ermittlungen sonst aussichtslos wären oder
unverhältnismässig erschwert würden (Art. 269 Abs. 1 StPO). Der Straftatbestand
der unrechtmässigen Aneignung (Art. 137 StGB) zählt nicht zu den Katalogtaten
(Art. 269 Abs. 2 StPO), sodass eine behördliche Überwachung des Telefonverkehrs
nicht zulässig wäre und allfällige Aufzeichnungen einem absoluten
Beweisverwertungsverbot unterständen (Art. 277 Abs. 2 i.V.m. Art. 141 Abs. 1
StPO).

3.5. Unbesehen um die grundsätzliche Unzulässigkeit führt auch eine
Interessenabwägung im konkreten Einzelfall zur Annahme eines
Beweisverwertungsverbots für die vom Beschwerdeführer aufgezeichneten
Telefongespräche. Nach Art. 141 Abs. 2 StPO dürfen Beweise, die in strafbarer
Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben worden sind,
nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung
schwerer Straftaten unerlässlich. Je schwerer die zu beurteilende Straftat ist,
umso eher überwiegt das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung das
private Interesse des Beschuldigten daran, dass der fragliche Beweis
unverwertet bleibt (BGE 131 I 272 E. 4; 130 I 126 E. 3.2; je mit Hinweisen).

 Gegenstand der Strafanzeige bildet die angeblich unrechtmässige Aneignung
eines Occasionsfahrzeugs von unbekanntem Wert. Der Beschwerdeführer beziffert
den ihm entstandenen Schaden auf "mehrere Tausend Franken" (Beschwerde, S. 7).
Ein einmaliges, nicht qualifiziertes Vermögensdelikt ohne erheblichen
Deliktsbetrag oder andere erschwerende Umstände vermag den Anforderungen an die
"schwerere Straftat" im Sinne der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung
(BGE 120 Ia 314 E. 2c; 109 Ia 244 E. 2b) nicht zu genügen. Die neueren
Entscheide der sozial- oder zivilrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts zur
Verwertbarkeit privater Videoaufzeichnungen (BGE 138 V 125; 137 I 327; 136 III
410; 135 I 169) können nicht herangezogen werden, da einerseits das unbefugte
Aufnehmen von Telefongesprächen generell verboten ist (Art. 179 ^ter StGB),
während bei optischen Aufzeichnungen nur Vorgänge im Geheim- oder Privatbereich
geschützt sind (Art. 179quater StGB; vgl. dazu Urteil 6B_536/2009 vom 12.
November 2009 E. 3; Urteil 6B_225/2008 vom 7. Oktober 2008 E. 2.2) und
andererseits die fraglichen Urteile nicht im Rahmen eines Strafverfahrens
ergangen sind. Es ergibt sich somit, dass die vom Beschwerdeführer
unrechtmässig aufgezeichneten Telefongespräche in dem von ihm angestrengten
Strafverfahren nicht verwertet werden dürfen.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die
bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Juni 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Faga

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