Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.302/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_302/2013

Urteil vom 26. September 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul-Lukas Good,
Beschwerdeführer,

gegen

1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Postfach 1201, 6431 Schwyz,
2. Y.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Vorsätzliche einfache Körperverletzung, vorsätzliches pflichtwidriges Verhalten
bei Unfall; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, Strafkammer, vom 20.
November 2012.

Sachverhalt:

A.
Nach der Anklageschrift fuhr X.________ am 16. August 2009 um ca. 15.20 Uhr mit
seinem Personenwagen talwärts Richtung Pfäffikon. In gleicher Richtung waren
acht Radfahrer unterwegs, zu denen Y.________ gehörte. An einer Stelle drängte
X.________ mit einem gezielten Schwenker Y.________ nach rechts ab und überfuhr
dabei bewusst zweimal den Radstreifen, wobei er diesen verengte bzw. Y.________
behinderte, so dass dieser zu stürzen drohte. Er machte durch Klopfen auf das
Wagendach auf sich aufmerksam, verlagerte sein Gewicht gegen das Fahrzeug,
stützte sich daran ab und fuhr in dieser Weise manövrierunfähig auf gleicher
Höhe mit dem Personenwagen in einen Kreisel hinein. Dort beschleunigte
X.________ bewusst. Dadurch geriet Y.________ aus dem Gleichgewicht, stürzte
und brach sich den linken Oberschenkel. X.________ setzte die Fahrt fort, ohne
sich um den Gestürzten zu kümmern.

B.
Das Bezirksgericht Höfe sprach X.________ am 6. Februar 2012 vom Vorwurf des
pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall frei und verurteilte ihn wegen
fahrlässiger einfacher Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 30
Tagessätzen zu Fr. 180.-- und einer Busse von Fr. 1'200.--. Die
Zivilforderungen verwies es auf den Zivilweg.
Das Kantonsgericht Schwyz wies am 20. November 2012 die Berufung von X.________
ab und hiess die Berufung der Staatsanwaltschaft teilweise gut. Es verurteilte
ihn wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 1 StGB) und
vorsätzlichem pflichtwidrigen Verhalten bei Unfall (Art. 92 Abs. 2 SVG i.V.m.
Art. 51 Abs. 1 und 2 SVG und Art. 55 Abs. 1 VRV) zu einer bedingten Geldstrafe
von 48 Tagessätzen zu Fr. 180.-- und einer Busse von Fr. 2'000.--. Die
Zivilforderungen verwies es auf den Zivilweg.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das
kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben und ihn freizusprechen, eventualiter ihn
vom Vorwurf des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall freizusprechen und wegen
fahrlässiger einfacher Körperverletzung zu verurteilen, subeventualiter die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, sowie der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zu erteilen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer bestreitet, dass er Y.________ (nachfolgend: Geschädigter)
abdrängte und zu Fall brachte. Er habe davon nichts bemerkt.

1.1. Die Vorinstanz verneinte die Befangenheit des Zeugen A.________ (des
Gruppenführers). Zwischen dem Beschwerdeführer und den Radfahrern sei es
nämlich bereits im Bereich eines ersten Kreisels bzw. eines auf dem
Fahrstreifen abgestellten Pannenfahrzeugs zu einer Auseinadersetzung gekommen.
Die Vorinstanz schloss nicht aus, dass der Zeuge den Beschwerdeführer in der
Folge beschimpfte und versuchte, mit dem Bidon Wasser in das Fahrzeuginnere zu
spritzen, so dass dieser das rechte Seitenfenster schloss. Wie für die
Vorinstanz ist auch für das Bundesgericht nicht ersichtlich, weshalb die damals
57- und 60-jährigen Zeugen sowie der 67-jährige Geschädigte den ihnen
unbekannten Beschwerdeführer hätten falsch belasten (Urteil S. 8) und sich zu
diesem Zwecke hätten absprechen sollen. Das folgt auch nicht daraus, dass der
Vorfall immer wieder Thema unter den Radfahrerkollegen war (Urteil S. 11).
Eine Aufhebung des Urteils wegen Verletzung des Verbots der reformatio in peius
(Beschwerde S. 11) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Staatsanwaltschaft
erhob nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers Berufung (vgl. Art. 391 Abs. 2
StPO).

1.2. Appellatorischer Natur ist die Kritik an der Sachverhaltsfeststellung.
Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei ungeklärt, wie lange er und der
Geschädigte vor dem Kreisel nebeneinander fuhren und wie lange sich der
Geschädigte auf sein Fahrzeug abstützte. Es sei wesentlich, dies in Metern
genau zu wissen. Nach einem Schwenker des Beschwerdeführers auf den Radstreifen
erfolgte etwa 10 m vor dem Kreisel der Körperkontakt mit dem Fahrzeug. Die
diesbezüglichen Zeugenaussagen stimmten überein und erweisen sich als glaubhaft
(vgl. bezirksgerichtliches Urteil S. 11 und 13). Aus dem fehlenden Spurenbild
lässt sich nicht auf einen fehlenden Kontakt zwischen Fahrzeug und Geschädigtem
schliessen. Dieser hatte sich nur "so zu sagen" mit seiner linken Schulter
angelehnt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und nach rechts fallend mit
seinen Beinen unter das Fahrzeug zu geraten (Urteil S. 9 f.; kantonale Akten,
act. 7 S. 3). Die Vorinstanz verneinte zutreffend entscheiderhebliche
Widersprüche in den Zeugenaussagen (Urteil S. 10 f.).

1.3. Unbehelflich ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorinstanz
verkenne die Dynamik für den 67-jährigen Geschädigten, wenn sie feststelle,
dass er (der Beschwerdeführer) mit ca. 70 km/h auf den Kreisel zufuhr, auf
40-45 km/h verlangsamte und im Kreisel wieder beschleunigte.
Die Vorinstanz stellte diese Fahrgeschwindigkeiten an keiner Stelle ihres
Urteils "verbindlich fest", wie in der Beschwerde S. 9 ohne Beleg behauptet
wird. Nach dem bezirksgerichtlichen Urteil (S. 14) hatte der Beschwerdeführer
diese Angaben in der untersuchungsrichterlichen Befragung gemacht. Der
Geschädigte gab an, als der Beschwerdeführer im Kreisel beschleunigte, habe es
ihn bei etwa 35-45 km/h auf die linke Seite geworfen (a.a.O., S. 12).
Nach dem Rapport der Kantonspolizei waren am Sonntag, dem 16. August 2009, um
ca. 15. 20 Uhr, die Witterung sonnig und die asphaltierte Strasse trocken. Die
Strasse verläuft vor dem Kreisel gerade und weist ein Gefälle von 7 % auf. Die
Fahrbahn ist 5 m breit, wobei der Radstreifen 1,60 m misst. Sie wird rechts
durch eine Leitplanke begrenzt. Der Radstreifen führt bis an den Kreisel heran.
Im Kreisel ist die Fahrbahn 6 m breit. Die Gegenfahrbahn ist durch einen
breiten, begrünten Mittelstreifen getrennt. Die Strasse ist grosszügig und
übersichtlich angelegt. Wie sich der Fotodokumentation entnehmen lässt, fuhr
der Geschädigte ein sportliches Strassenrennrad.
Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass die Radfahrer ziemlich schnell
unterwegs waren (Urteil S. 13). Sie fuhren nach ihren Angaben auf gleicher
Höhe. Der Hinweis auf ihr Alter besagt nichts weiter. Wie sich aus dem
Verhalten sowohl von A.________ während der Fahrt als auch jenem des
Geschädigten beim zweiten Kreisel (sich an das Fahrzeug anlehnen, um nicht in
die Leitplanke oder unter das Auto katapultiert zu werden) ergibt, handelte es
sich um erfahrene Radsportler, für welche diese Geschwindigkeiten bei 7 %
Gefälle ohne Weiteres zu erreichen und bei den gegebenen Strassenverhältnissen
zu beherrschen waren. A.________ war sogar in der Lage, dem Beschwerdeführer
nach dem Kreisel hinterher zu fahren und das Kontrollschild abzulesen, was zur
Anklage führte (Urteil S. 13).

1.4. Die Vorinstanz bezeichnet den Standpunkt des Beschwerdeführers, er habe
den Geschädigten nicht bemerkt, als Schutzbehauptung. Sie geht angesichts der
Gesamtsituation und der Aussagen der Radfahrer davon aus, der Beschwerdeführer
habe den sich an seinem Personenwagen abstützenden Geschädigten bemerkt oder
zumindest bemerken können und müssen. Trotzdem habe er seine Fahrt fortgesetzt
und im Kreisel bewusst beschleunigt (Urteil S. 13).
Das Anlehnen an das Fahrzeug beweist, dass der Beschwerdeführer den
Geschädigten nach rechts abgedrängt und dessen Fahrspur verengt
("abgeschnitten") hatte. Ein derart gefährliches Fahrverhalten erschiene sonst
unerklärlich. Die Dynamik des Sturzes nach links infolge der Beschleunigung des
Fahrzeugs steht damit im Einklang.
Aufgrund der vorausgegangenen Auseinandersetzung wusste der Beschwerdeführer um
die auffahrenden Radfahrer und musste damit rechnen, dass sie auf dem
Radstreifen überholen. Dass er nichts bemerkt haben will, ist eine
Schutzbehauptung. Es lässt sich nicht zu seinen Gunsten annehmen, "dass er den
Fahrradfahrer nicht bemerkt hat, aber leichtfertig darauf vertraute (im Wissen
um irgendwo hinter ihm fahrende Fahrradfahrer), es werde im Kreisel zu keinem
Unfall kommen" (Beschwerde S. 13).
Die Vorinstanz verneint relevante Zweifel und beurteilt den Anklagesachverhalt
als erstellt. Eine offensichtlich unrichtige und damit willkürliche (Art. 97
Abs. 1 BGG; BGE 136 II 304 E. 2.4) Beweiswürdigung ist nicht ersichtlich.

1.5. Aufgrund des massgebenden Sachverhalts (Art. 105 Abs. 1 BGG) ging die
Vorinstanz zu Recht von einem vorsätzlichem Handeln aus oder zumindest von
einer eventualvorsätzlich in Kauf genommenen Verletzung des Geschädigten
(Urteil S. 13). Die Rüge, die Annahme verletze Art. 12 Abs. 2 StGB, ist
unbegründet.

1.6. Zum Schuldspruch wegen vorsätzlichem pflichtwidrigen Verhalten bei Unfall
wendet der Beschwerdeführer ein, er habe den Radfahrer nicht bemerkt
(Beschwerde S. 14). Davon kann nicht ausgegangen werden. Beide Schuldsprüche
erfolgten zu Recht.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, es sei nicht erstellt, dass bei der Anfahrt zum
Kreisel kein Kolonnenverkehr herrschte. Der Geschädigte sprach im Zusammenhang
mit der Auseinandersetzung beim ersten Kreisel von unregelmässigem
Kolonnenverkehr (act. 7 S. 3). Die Frage kann offenbleiben.
Der Beschwerdeführer macht gestützt auf Art. 42 Abs. 3 VRV geltend, bei
fehlender Fahrzeugkolonne sei dem Geschädigten das Rechtsüberholen seines
Fahrzeugs nicht erlaubt (mit Hinweis auf BGE 127 IV 34 E. 2b S. 40). Er wendet
sich damit gegen eine Erwägung des Bezirksgerichts. Nach diesem hätte der
Beschwerdeführer wissen müssen, dass sich rechts neben ihm auf dem Radstreifen
ein Velofahrer befinden konnte. Ein solches Überholmanöver durch einen
Velofahrer möge nicht sehr vorsichtig sein, sei aber zulässig
(bezirksgerichtliches Urteil S. 16). Die Vorinstanz setzte sich damit nicht
weiter auseinander. Sie hielt aber fest, ein allfälliges Selbstverschulden des
Geschädigten könnte nicht derart krass sein, dass es den Kausalzusammenhang
unterbrechen würde (Urteil S. 14; vgl. BGE 135 IV 56 E. 2.1).
Der Beschwerdeführer musste tatsächlich damit rechnen, dass die Radfahrer den
Radstreifen benützen. Er kann in dieser Situation nicht auf den
Vertrauensgrundsatz (Art. 26 Abs. 1 SVG) gestützt geltend machen, er habe "bei
der Einfahrt in den Kreisel auch nicht nochmals sämtliche Rückspiegel auf
Fahrradfahrer prüfen" müssen (Beschwerde S. 11). Denn er wusste um ihre
Anwesenheit. Offenkundig bestand zumindest seit dem Bremsmanöver im Bereich des
ersten Kreisels eine kritische Situation. Das erforderte eine erhöhte
Aufmerksamkeit. Auf dem Radstreifen haben Radfahrer Vortritt. Dieser reichte
bis an die Kreiseleinfahrt heran und war 1,60 m breit. Es bestand genügend
freier Raum. In BGE 127 IV 34 war eine andere Situation zu beurteilen. Das
Vorbringen ist unbehelflich.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der
Beschwerdeführer hat die Kosten vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG).
Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos geworden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. September 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Briw

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