Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.299/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_299/2013

Urteil vom 26. August 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Trachsel,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung, Parteistellung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 7. Februar 2013.

Sachverhalt:

A.

 Y.________ und X.________ erstatteten am 18. Februar 2012 bei der
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich gemeinsam Strafanzeige gegen teilweise
namentlich erwähnte Mitarbeiter des Universitätsspitals Zürich und der
Universität Zürich. Sie machten zusammengefasst geltend, die Täterschaft habe
nach der am 13. Januar 2009 rechtswidrig erfolgten Freistellung von Prof.
Z.________ durch das Universitätsspital Zürich in mehrfacher Hinsicht dessen
geistiges Eigentum verletzt, indem sie seine wissenschaftlichen Konzepte und
Arbeiten übernommen bzw. publiziert hätten. Prof. Z.________ habe bis heute
keinerlei Zugriff auf sein geistiges Eigentum. Es sei davon auszugehen, dass
die über zwölf Jahre gesammelten Forschungsdaten und -materialen von Prof.
Z.________ nicht mehr verwertbar bzw. zerstört seien. Zudem hätten die Täter
die gentechnisch veränderten Mäuse von Prof. Z.________ getötet und
unrechtmässig auf die bei der Universität bestehenden Forschungskonti mit
diesem persönlich zugesprochenen Geldern aus zwei Nationalfonds-Projekten
zugegriffen. Durch das Vorenthalten der Forschungsergebnisse und -materialien
würden Prof. Z.________ sowie seinen internationalen wissenschaftlichen
Kollaborationspartnern, zu denen auch X.________ gehöre, die Nutzung ihrer
Forschungsergebnisse vorenthalten und entzogen.

B.

 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erledigte die Strafanzeige am 13.
März 2012 mit einer Nichtanhandnahmeverfügung. Dagegen erhoben Y.________ und
X.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich. Dieses trat mit
Beschluss vom 7. Februar 2013 nicht ein.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich sei anzuweisen, die Strafanzeige an die
Hand zu nehmen und Untersuchungen in der Sache einzuleiten.

Erwägungen:

1.

1.1. Nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft
zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wenn sie vor der Vorinstanz am
Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten und ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids hat. Ein rechtlich geschütztes Interesse der
Privatklägerschaft ist zu bejahen, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die
Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5
BGG). Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG knüpft an den Begriff der
Privatklägerschaft gemäss Art. 118 StPO an (BGE 138 IV 258 E. 4.2). Als
Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich
am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1
StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar
verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Die zur Stellung eines Strafantrags
berechtigte Person gilt in jedem Fall als geschädigte Person (Art. 115 Abs. 2
StPO).
Die Legitimation des Anzeigeerstatters im kantonalen Beschwerdeverfahren gegen
einen Nichtanhandnahmeentscheid setzt ebenfalls voraus, dass jener durch die
angezeigten Straftaten in seinen Rechten unmittelbar verletzt wurde und demnach
Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ist (Art. 322 Abs. 2 i.V.m. Art.
310 Abs. 2 StPO; Art. 104 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 118 Abs. 1 und Art. 115
StPO). Dem Anzeigeerstatter stehen - abgesehen vom beschränkten Anspruch auf
Information über die Einleitung und die Erledigung des Strafverfahrens (Art.
301 Abs. 2 StPO) - keine weiteren Verfahrensrechte zu, wenn er nicht geschädigt
ist und folglich auch nicht als Privatkläger am Strafverfahren teilnehmen kann
(Art. 301 Abs. 3 StPO; Urteil 1B_432/2011 vom 20. September 2012 E. 5, nicht
publ. in: BGE 138 IV 258). Insbesondere ist er nicht berechtigt,
Nichtanhandnahmeverfügungen der Staatsanwaltschaft mittels Beschwerde an die
kantonale Beschwerdeinstanz anzufechten (Urteil 1B_200/2011 vom 15. Juni 2011
E. 2.2).

1.2. Die Umschreibung der unmittelbaren Verletzung in eigenen Rechten in Art.
115 Abs. 1 StPO geht vom Begriff des Rechtsgutes aus. Danach ist unmittelbar
verletzt und geschädigt im Sinne von Art. 115 StPO, wer Träger des durch die
verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsgutes ist.
Die Geschädigtenstellung und damit die Möglichkeit, im Prozess als Privatkläger
mitzuwirken, hängt davon ab, ob mit dem Tatbestand individuelle Rechtsgüter
unmittelbar oder lediglich mittelbar geschützt werden (BGE 138 IV 258 E. 2.2
und 2.4). Als Geschädigter ist somit anzusehen, wer Träger des Rechtsgutes ist,
das durch die fragliche Strafbestimmung vor Verletzung oder Gefährdung
geschützt werden soll. Im Zusammenhang mit Strafnormen, die nicht primär
Individualrechtsgüter schützen, gelten praxisgemäss nur diejenigen Personen als
Geschädigte, die durch die darin umschriebenen Tatbestände in ihren Rechten
beeinträchtigt werden, sofern diese Beeinträchtigung unmittelbare Folge der
tatbestandsmässigen Handlung ist. Werden durch Delikte, die (nur) öffentliche
Interessen verletzen, private Interessen auch, aber bloss mittelbar
beeinträchtigt, so ist der Betroffene nicht Geschädigter im Sinne von Art. 115
Abs. 1 StPO (BGE 138 IV 258 E. 2.3). Wer als Geschädigter bzw. Privatkläger am
Verfahren teilnehmen will, muss einen Schaden und einen Kausalzusammenhang
zwischen diesem und der angezeigten Straftat zumindest glaubhaft machen
(Urteile 1B_104/2013 vom 13. Mai 2013 E. 2.2; 1B_678/2011 vom 30. Januar 2012
E. 2.1; s. auch BGE 139 IV 89 E. 2.2).

1.3. Die Vorinstanz verneint die Geschädigtenstellung des Beschwerdeführers.
Sie führt aus, Prof. Z.________ sei alleiniger Leiter des vom Schweizerischen
Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) bewilligten
Forschungsprojekts gewesen und alleiniger Empfänger der vom SNF in diesem
Zusammenhang erhaltenen finanziellen Beiträge (Entscheid E. 3.3 S. 9). Alle zur
Anzeige gebrachten Sachverhalte stünden im Kontext mit diesen vom SNF
bewilligten und finanziell unterstützten Projekten. Bezüglich der behaupteten
Verletzungen des Urheberrechtsgesetzes (URG; SR 231.1) sei einzig der Inhaber
des Urheberrechts Geschädigter (Entscheid E. 3.3 S. 10 f.). Der
Beschwerdeführer sei zwar (teilweise) Kollaborationspartner von Prof.
Z.________ gewesen. Dass er tatsächlich direkte Urheberrechte an den vom SNF
bewilligten und finanzierten Forschungsarbeiten erworben hätte, sei in der
Strafanzeige jedoch mit keinem Wort geltend gemacht worden. Vielmehr sei darin
konstant von der Verletzung des geistigen Eigentums von Prof. Z.________ sowie
von dessen "Forschungsprojekten und Forschungsergebnissen" gesprochen worden.
Der Beschwerdeführer verweise in seiner Beschwerde auf eine wissenschaftliche
englischsprachige Publikation aus dem Jahre 2012, die er als Co-Autor zusammen
mit Prof. Z.________ und einem weiteren Autor verfasst habe, und ein dazu
ergangenes "Authorship Responsibility and Copyright Transfer Agreement". Dieses
Agreement sei erst nach Einreichung der Strafanzeige unterzeichnet worden.
Nicht dargelegt werde, dass die Publikation im direkten Kontext mit den durch
den SNF bewilligten und finanzierten Forschungsprojekten stehe (Entscheid S.
11). Auch bezüglich der Vorwürfe, die Forschungsgelder des SNF seien
zweckentfremdet worden, die Post von Prof. Z.________ sei durch Drittpersonen
zu Unrecht geöffnet worden und Drittpersonen hätten unbefugt gespeicherte Daten
von Prof. Z.________ verändert, gelöscht und unbrauchbar gemacht sowie
Forschungsdaten weggenommen, sei ausschliesslich Prof. Z.________ durch
allfällige strafbare Handlungen in seinen Rechten unmittelbar betroffen und
damit Geschädigter (Entscheid E. 3.4 und 3.5 S. 12).

1.4. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, er sei als Teammitglied von Prof.
Z.________ und Mitarbeiter an dessen Forschungsprojekten ebenfalls geschädigt
worden. Ihm sei rechtswidrig die wissenschaftliche Nutzung der
Forschungsergebnisse aus den gemeinsamen Projekten mit Prof. Z.________
verunmöglicht worden, welche mit den diesem zugesprochenen Geldern des SNF
hätten erhoben werden sollen. Prof. Z.________ habe die Projekte nicht alleine,
sondern stets nur mit anderen Forschern gemeinsam umsetzen können. Somit würden
alle diejenigen Personen einen Schaden erleiden, die wie Prof. Z.________ an
der Durchführung der Projekte gehindert würden. Er erleide einen grossen
finanziellen Schaden, da ein Teil seines Salärs als Professor an einer
amerikanischen Universität mit Forschungsmitteln der amerikanischen
Gesundheitsbehörde (NIH) finanziert werde. Durch die angezeigten Vorfälle seien
ihm Publikationen verunmöglicht worden, weshalb seine bisherigen
Forschungsleistungen als nicht ausreichend bewertet und in der Folge mehrere
Millionen USD beim NIH beantragter Gelder nicht zugesprochen worden seien. Es
sei nie materiell geprüft worden, ob und in welchem Masse er einen materiellen
Schaden durch die zur Anzeige gebrachten Delikte erfahren habe. Zu keinem
Zeitpunkt sei um die Einreichung von weiteren Informationen zur behaupteten
Geschädigtenstellung ersucht worden. Dadurch sei ihm als juristischem Laien
verwehrt worden, seine Geschädigtenstellung zu dokumentieren.

1.5. Die Ausführungen der Vorinstanz sind nicht zu beanstanden. Der
Beschwerdeführer verkennt, dass nicht jede indirekte Schädigung eine
Geschädigtenstellung im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO begründet. Soweit er
geltend macht, seine künftige Forschung sei durch die Blockierung der
finanziellen Mittel des SNF verhindert worden, ist er von vornherein nicht
geschädigt, da er auf die genannten Gelder keinen Rechtsanspruch hatte. Er legt
zudem nicht dar, er sei an den vom SNF finanzierten sowie bereits
verwirklichten Forschungsprojekten direkt beteiligt gewesen und er habe Rechte
an den Forschungsergebnissen erworben. Dass er zusammen mit Prof. Z.________
wissenschaftliche Beiträge publizierte und dadurch indirekt von dessen
Forschungsergebnissen profitierte, genügt für die Bejahung einer unmittelbaren
Verletzung in eigenen Rechten im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO nicht. Solche
bloss faktischen Nachteile begründen keine Geschädigtenstellung. Zwar kann dem
Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, er hätte seine Geschädigtenstellung
bereits in der Strafanzeige glaubhaft machen müssen. Der nicht anwaltlich
vertretene Beschwerdeführer wusste jedoch bereits im kantonalen
Beschwerdeverfahren, dass er Parteirechte nur beanspruchen kann, wenn er durch
die angezeigten Straftaten selber unmittelbar geschädigt wurde (vgl. kantonale
Beschwerde S. 5 ff.). Die Vorinstanz setzt sich im angefochtenen Entscheid mit
seinen diesbezüglichen Ausführungen auseinander, wobei sie eine direkte
Schädigung zu Recht verneint. Spätestens im bundesgerichtlichen Verfahren hätte
der Beschwerdeführer seine Behauptung, er sei durch die angezeigten Straftaten
direkt geschädigt worden, näher ausführen und substanziieren müssen, was er
unterliess. Der Beschwerdeführer kann sich nicht darauf berufen, er sei
juristischer Laie, da auch eine nicht anwaltlich vertretene Person dafür
besorgt sein muss, dass die von ihr ergriffenen Rechtsmittel den
Begründungsanforderungen genügen.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie habe sich mit der Mehrzahl
der angezeigten (Offizial-) Delikte nicht auseinandergesetzt (Beschwerde S. 6
und 9). Mit welchen Aspekten bzw. Sachverhaltskomplexen sie sich angeblich
nicht befasst haben soll und inwiefern er bezüglich dieser weiteren Delikte
geschädigt ist, zeigt er allerdings nicht auf.
Da der Beschwerdeführer nicht als Geschädigter im Sinne von Art. 115 StPO
geltend kann, ist er weder zur Beschwerde gemäss Art. 393 ff. StPO noch zur
Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht legitimiert.

2.

 Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. August 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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