Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.253/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_253/2013

Urteil vom 11. Juli 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrea Taormina,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Lagern falschen Geldes, Strafzumessung, Willkür,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
4. Dezember 2012.

Sachverhalt:

A.

 X.________ übergab am 5. November 2009 in Mels vier Waffen samt Munition an
Y.________. Im Gegenzug erhielt er von diesem etwas mehr als 600 Gramm
Kokaingemisch. Die vier Waffen hatte er kurz zuvor im Tausch gegen 75 Gramm des
von Y.________ erhaltenen Kokaingemisches erworben. 25 Gramm des
Kokaingemisches verwendete er später für den Erwerb einer Pistole bei einer
Drittperson. 507,74 Gramm (197,74 Gramm reines Kokain enthaltend) wurden
anlässlich der Hausdurchsuchung vom 4. Dezember 2009 bei ihm sichergestellt.
Dabei stiess die Polizei auch auf elf falsche Hunderternoten sowie einen
gefälschten Führerausweis, lautend auf X.________. X.________ tätigte sämtliche
Waffengeschäfte ohne Waffenerwerbsschein.

B.

B.a. Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland verurteilte X.________ am 28.
September 2011 wegen schwerer Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz,
mehrfachen Vergehens gegen das Waffengesetz, Lagerns falschen Geldes sowie
Fälschung von Ausweisen zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten, davon 24
Monate mit bedingtem Vollzug.

B.b. Auf Berufung von X.________ sprach das Kantonsgericht St. Gallen diesen am
4. Dezember 2012 vom Vorwurf der Fälschung von Ausweisen frei. Im Übrigen
bestätigte es die erstinstanzlichen Schuldsprüche. Es verurteilte ihn zu einer
Freiheitsstrafe von 33 Monaten, davon 23 Monate bedingt.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, ihn vom Vorwurf
des Lagerns falschen Geldes freizusprechen und für die schwere Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie die mehrfache Widerhandlung gegen das
Waffengesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten zu verurteilen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, Art. 192 Abs. 1 und 2 sowie Art. 327 Abs. 1
lit. d StPO seien im erstinstanzlichen Verfahren verletzt worden, da die
gefälschten Banknoten nicht zu den Akten genommen worden seien. Das
erstinstanzliche Gericht habe gestützt auf eine Schwarz-Weiss-Kopie und einen
Bericht entschieden. Eine Heilung dieses Mangels sei im vorinstanzlichen
Verfahren nicht möglich gewesen. Art. 389 Abs. 2 lit. b StPO gelange nur bei
untergeordneten Lücken in der Beweisabnahme zur Anwendung. Dies sei nicht der
Fall, wenn ausgerechnet das Tatobjekt fehle.

1.2. Die gefälschten Banknoten und deren Lagerungsort (im Asservatenraum)
wurden in der Anklageschrift aufgeführt. Der Verteidiger des Beschwerdeführers
hatte im Untersuchungsverfahren Gelegenheit, die Beweisstücke zu besichtigen.
Die Untersuchungsbehörden liessen die Banknoten zudem durch das Kommissariat
Falschgeld der Bundeskriminalpolizei begutachten, dessen Bericht sich bei den
Akten befand. Nach Auffassung der Vorinstanz war dieses Vorgehen mit Art. 192
und Art. 327 Abs. 1 lit. d StPO vereinbar (Urteil S. 5). Wie es sich damit
verhält, kann offenbleiben, da die Vorinstanz die falschen Banknoten im
Berufungsverfahren dennoch zu den Akten nahm (Urteil S. 5).
Damit muss eine allfällige fehlerhafte Beweisführung als im Berufungsverfahren
geheilt gelten. Art. 389 Abs. 2 StPO regelt, wann im Rechtsmittelverfahren
Beweisergänzungen vorzunehmen sind. Die Berufung nach Art. 398 ff. StPO ist
grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel (BBl 2006 1318). Tritt das
Berufungsgericht auf die Berufung ein, fällt es ein neues Urteil, welches das
erstinstanzliche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO). Bei wesentlichen Mängeln des
erstinstanzlichen Verfahrens, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden
können, weist es die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurück (vgl. Art.
409 Abs. 1 StPO). Der Umstand, dass das Berufungsgericht weitere Beweise
abnimmt bzw. deren Abnahme für notwendig hält, führt nicht automatisch zur
Anwendung von Art. 409 StPO. Die Bestimmung greift nur, wenn die Fehler des
erstinstanzlichen Verfahrens und Urteils derart gravierend sind, dass die
Rückweisung zur Wahrung der Parteirechte unumgänglich erscheint (Urteile 6B_512
/2012 vom 30. April 2013 E. 1.3.3; 6B_362/2012 vom 29. Oktober 2012 E. 8.4.2
mit Hinweisen). Dies war vorliegend klarerweise nicht der Fall.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer macht eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 244
StGB geltend. Er habe die falschen Banknoten nicht als Zahlungsmittel, sondern
als Beweismittel aufbewahrt. Er habe die Falsifikate zurückgeben wollen, um die
Rückzahlung der Schuld mit echten Noten zu erreichen. Die Vorinstanz
konstruiere aus dieser Rückgabeabsicht zu Unrecht eine Absicht der weiteren
Verwendung der Scheine als Zahlungsmittel.

2.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1). Was der Täter
wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen, welche das
Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür prüft (BGE 137 IV 1 E.
4.2.3; 135 IV 152 E. 2.3.2; je mit Hinweisen).
Die Rüge der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106
Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen darlegen, inwiefern der
angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel
leidet. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit
Hinweisen). Beruht der Entscheid auf mehreren selbständigen Begründungen, die
je für sich den Ausgang des Rechtsstreits besiegeln, so hat der
Beschwerdeführer darzulegen, dass jede von ihnen Recht verletzt (BGE 133 IV 119
E. 6.3).

2.3. Die Vorinstanz wertet die Angaben des Beschwerdeführers, er habe die
gefälschten Banknoten zurückgeben wollen, als Schutzbehauptung. Nicht
nachvollziehbar sei, weshalb er nicht Anzeige gegen denjenigen, der ihm die
Falschgeldnoten übergeben hatte, erstattet und das Geld stattdessen aufbewahrt
habe. Der Beschwerdeführer sei bereits mehrmals wegen gefälschter Geldscheine
ins Visier der Justiz geraten. Er habe sich überdies hinsichtlich der Person,
welche ihm die gefälschten Banknoten überlassen habe, widersprüchlich
geäussert. Selbst wenn er die Banknoten tatsächlich hätte zurückgeben wollen,
so könne dies - angesichts des Umstands, dass die Rückgabe an eine Person hätte
erfolgen sollen, welche die gefälschten Geldscheine bereits einmal als echte
verwendet hatte - nur als Inkaufnahme einer weiteren Verwendung der Falsifikate
gewertet werden (Urteil E. 2c S. 6 f.).

2.4. Die Vorinstanz legt dar, weshalb der Beschwerdeführer die Falsifikate
zumindest mit der Eventualabsicht lagerte, diese in Umlauf zu bringen. Auf die
Rüge des Beschwerdeführers ist nicht einzutreten, da er sich damit gegen die
vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung wendet, ohne jedoch Willkür zu rügen
und zu begründen. Er setzt sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen zudem nur
teilweise auseinander, da er lediglich die Eventualbegründung anficht. Auf die
Hauptbegründung der Vorinstanz, wonach es sich bei seiner Erklärung um eine
Schutzbehauptung handelt, geht er nicht ein. Seine Rüge genügt den
Begründungsanforderungen nicht.

2.5. Eine Verletzung von Art. 244 StGB ist ausgehend von den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz zu verneinen.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer beanstandet die Strafzumessung. Die Einsatzstrafe von
30 Monaten befinde sich an der obersten Grenze der 24 bis 30 Monate, welche
gemäss der Tabelle Fingerhuth/Tschurr in der Praxis für die vorliegend
sichergestellte Drogenmenge als Richtmass gälten. Nicht berücksichtigt sei
dabei der "Abzug" für die geringe Anzahl der getätigten Geschäfte. Die
Vorinstanz erhöhe die Strafe aufgrund der grenzüberschreitenden Delinquenz,
obschon ein solcher Strafschärfungsgrund im Gesetz nicht vorgesehen sei. Als
weiterer Grund für die hohe Einsatzstrafe nenne sie die Verknüpfung mit dem
Waffenhandel, womit sie eine doppelte Strafschärfung vornehme. Die nicht
einschlägige Vorstrafe sei nicht straferhöhend, sein Geständnis jedoch stärker
zu seinen Gunsten zu gewichten. Wegen der Erkrankung seiner Ehefrau sei zudem
von einer erhöhten Strafempfindlichkeit auszugehen. Der Wegfall eines
Deliktsvorwurfs im Vergleich zum erstinstanzlichen Urteil sei ebenfalls
unberücksichtigt geblieben.

3.2. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. mit Hinweisen). Das
Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der Strafzumessung über einen
Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift in die Strafzumessung nur ein,
wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat,
wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder
wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. durch Überschreitung oder
Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6; 135 IV
130 E. 5.3.1; 134 IV 17 E. 2.1).

3.3. Die Rügen des Beschwerdeführers sind unbegründet. Die Vorinstanz geht für
die schwere Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz von einer
Einsatzstrafe von 30 Monaten aus, was nicht zu beanstanden ist. Die in der
Literatur angegebenen Strafmasse sind für das Gericht nicht bindend (vgl.
Urteile 6B_110/2013 vom 28. Mai 2013 E. 6.3; 6S.350/2004 vom 3. Februar 2005 E.
1.2.1). Bei der Festsetzung der Einsatzstrafe durfte sie namentlich auch der
erheblichen kriminellen Energie des Beschwerdeführers Rechnung tragen, welche
ihrer Auffassung nach u.a. in der grenzüberschreitenden Delinquenz und in der
Verknüpfung mit dem Waffenhandel zum Ausdruck kam. Darin liegt keine
unzulässige Doppelverwertung. Die leicht straferhöhende Berücksichtigung der
Vorstrafe verletzt ebenfalls kein Bundesrecht (Urteile 6B_495/2012 vom 6.
Februar 2013 E. 5.1 und 5.4; 6B_1025/2009 vom 15. März 2010 E. 2.3). Ebenso lag
es im Ermessen der Vorinstanz, die "gesundheitliche Angeschlagenheit" der
Ehefrau des Beschwerdeführers (vgl. erstinstanzliches Urteil S. 22; Beschwerde
Ziff. 51 S. 12) noch nicht als erhöhte Strafempfindlichkeit zu werten. Der
Beschwerdeführer beschränkt sich darauf darzulegen, wie die einzelnen
Strafzumessungsfaktoren seiner Meinung nach zu gewichten gewesen wären. Weshalb
die Vorinstanz das ihr zustehende Ermessen überschritten haben könnte, zeigt er
nicht auf und ist auch nicht ersichtlich.
Die Vorinstanz nahm eine eigene Strafzumessung vor, wobei die Strafe im
Vergleich zum erstinstanzlichen Urteil tiefer ausfiel. Damit brauchte sie sich
in ihrer Strafzumessung zum weggefallenen Schuldspruch wegen Fälschung von
Ausweisen nicht zu äussern.

4.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Juli 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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