Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.250/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_250/2013

Urteil vom 13. Januar 2014

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Näf.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Beat Zürcher,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft, 3003 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Kosten- und Entschädigungsfolgen, Genugtuung, Kaution; Willkür, rechtliches
Gehör etc.

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 21. März
2012.

Sachverhalt:

A.

 Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts sprach A.________ neben weiteren
Beschuldigten mit Urteil vom 21. März 2012 (von den Vorwürfen der Beteiligung
an einer kriminellen Organisation beziehungsweise der Unterstützung einer
solchen sowie der qualifizierten Geldwäscherei) frei. Sie bestätigte den
Freispruch gemäss ihrem Entscheid vom 8. Juli 2009, welchen das Bundesgericht
mit Urteil vom 22. Februar 2011 in Gutheissung der Beschwerde der
Bundesanwaltschaft aufgehoben hatte. Sie auferlegte A.________ die auf diesen
entfallenden Verfahrenskosten im Umfang von Fr. 67'678.20. Sie sprach dem
amtlichen Verteidiger Entschädigungen von Fr. 231'000.-- respektive Fr.
73'621.30 zu und verpflichtete A.________, der Eidgenossenschaft hiefür Ersatz
zu leisten. Sie verweigerte A.________ die Ausrichtung einer Entschädigung. Sie
ordnete an, dass die Kaution von Fr. 100'000.-- bei Eintritt der Rechtskraft
des Urteils freigegeben und zur Deckung der Kosten und der Entschädigung
verwendet und dass ein allfälliger Überschuss an den Einleger zurückerstattet
wird.

B.

 A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil der
Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 21. März 2012 sei in Bezug auf die
Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie die Verwendung der Kaution aufzuheben.
Es sei ihm für die Untersuchungshaft eine Entschädigung von Fr. 31'800.--
auszurichten. Der Schaden, der ihm durch das Verfahren entstanden sei, sei in
gerichtlich zu bestimmender Höhe zu ersetzen. Es sei ihm eine Genugtuung in
gerichtlich zu bestimmender Höhe auszurichten. Eventuell seien Dispositiv Ziff.
I/2.2, 3, 4.3 und 5 des Urteils der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 21.
März 2012 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

C.

 Das Bundesstrafgericht stellt in seiner Vernehmlassung den Antrag, die
Beschwerde sei, soweit die Verwendung der Kaution zur Deckung der
Verfahrenskosten betreffend, gutzuheissen. Im Übrigen sei die Beschwerde
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

 Die Bundesanwaltschaft hat auf eine Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Vorinstanz begründet die Kostenauflage trotz Freispruchs sehr
ausführlich. Sie stellt zunächst Erwägungen an, die für alle von ihr
freigesprochenen Beschuldigten gelten (Urteil E. 9.2.4 bis 9.2.6 S. 401 ff.),
und legt sodann dar, weshalb dem Beschwerdeführer trotz Freispruchs Kosten
aufzuerlegen sind (Urteil E. 9.2.7 S. 404).

 Die Vorinstanz erwägt unter anderem Folgendes:

 "Für alle Beschuldigten ... gilt in genereller Hinsicht was folgt: In der
anklagerelevanten Periode waren weder die Steuerhinterziehung zum Nachteil
eines ausländischen Staates noch die einfachen oder qualifizierten
Zollwiderhandlungen als strafrechtliche Tatbestände ausgestaltet. Damit war es
möglich, sich an Steuervergehen zum Nachteil eines ausländischen Staates zu
beteiligen, ohne sich in der Schweiz strafbar zu machen. Der Grund für diese
gesetzliche Regelung hatte indes nicht den Zweck, in der Schweiz eine Basis der
Straflosigkeit für die systematische finanzielle Schädigung anderer Staaten zu
schaffen. ... Die Beschuldigten haben die Schweiz als Basis für die
Organisation des Zigarettenschwarzhandels gewählt im Wissen darum, dass sie
sich in allen umliegenden Staaten als Kriminelle strafbar machen, in der
Schweiz jedoch straflos bleiben würden. Sie agierten deshalb von der Schweiz
aus und sie taten dies in systematischer Weise, im Wissen darum, dass sie den
italienischen Fiskus in enormem Umfang schädigen. Mit dem Aufbau einer
Geschäftsinfrastruktur in der Schweiz einzig zum Zwecke der den italienischen
Staat massiv schädigenden eigenen Bereicherung haben sie insoweit die
schweizerische Rechtsordnung in zweckwidriger Weise benutzt, um straflos zu
bleiben. Indirekt schädigten sie damit auch die in Art. 2 BV rechtlich
verankerten (politischen) Interessen der offiziellen Schweiz gegenüber einem
Nachbarstaat ... und verletzten hiermit ihre individuelle Pflicht zur
Verantwortung gegenüber dem Staat (Art. 6 BV ...) ..." (Urteil E. 9.2.4 S. 401
f.)

 "Die Beschuldigten unterhielten bewusst und in systematischer Weise
Geschäftskontakte zu notwendig kriminellen Milieus, d.h. zu einer Vielzahl von
Personen, gegen welche in Italien Strafverfahren wegen (z.T. organisierten)
Schmuggels, aber auch wegen mafiöser Vereinigung (Art. 416bis CPI) liefen ...
Damit bewegten sie sich bewusst im Grenzbereich, welcher die Gefahr mit sich
brachte, dass früher oder später auch gegen sie selbst strafrechtlich
vorgegangen würde. Diese Gefahr war ihnen stets bewusst und sie haben sie in
Kauf genommen. Das ergibt sich u.a. aus ihren Rückfragen bei Fachleuten ...,
aber auch aus dem Umstand, dass die Schweizer und Tessiner Presse bereits in
den frühen 90-er Jahren immer wieder von den Verknüpfungen des
Zigarettenschmuggels mit dem Drogenhandel und anderer Kriminalität berichtete
..." (Urteil E. 9.2.5 S. 402 f.)

 "... Durch das Verwenden von Decknamen und das Verschleiern der Waren- und
Geldflüsse ... handelten die Beschuldigten in konspirativer Art und Weise,
obschon dies in der Schweiz - im Ausland dagegen schon - nicht notwendig
gewesen wäre ... Dadurch provozierten sie regelrecht die Aufnahme der
Strafverfolgung durch die schweizerischen Behörden ... Mit der Verschleierung
und der unterlassenen Feststellung der Identitäten der Lieferanten, der
Bargeldboten, der wirtschaftlich Berechtigten an Konten und Sitzgesellschaften,
der Geschäftspartner überhaupt wurde gegen Pflichten nach Art. 3 ff. GwG,
welche mindestens A.________ und B.________ trafen, aber auch gegen Regeln der
transparenten Buch- und Geschäftsführung (Art. 959 OR) verstossen. Die
Beschuldigten ... haben überdies mit der Lieferung nach Montenegro bzw. den
damit zusammenhängenden Finanzdienstleistungen systematisch die vom 3. Juli
1992 bis 1998 geltenden Wirtschaftsmassnahmen gegenüber Jugoslawien (Serbien
und Montenegro) verletzt, insb. Art. 3 und 4 der Verordnung über
Wirtschaftsmassnahmen gegenüber Jugoslawien vom 3. Juni 1992 ... Im
Zusammenhang mit der Verschleierung der Warenflüsse wurden überdies
irreführende Rechnungen ... und Zollpapiere ... erstellt. Solche haben das
Verfahren wenn nicht veranlasst, so doch wesentlich erschwert ..." (Urteil E.
9.2.6 S. 403).

 In Bezug auf den Beschwerdeführer im Besonderen erwägt die Vorinstanz
Folgendes:

 "Er hat als Finanzintermediär (Art. 2 GwG) seine Pflichten gemäss Art. 3 ff.,
insb. Art. 7 GwG ... verletzt und im grossen Stil Handlungen vorgenommen, die
geeignet waren, die Herkunft der von ihm verwalteten Gelder zu verschleiern ...
Dabei musste er wissen, dass sein Verhalten nicht gesetzeskonform war. Da der
Schmuggel in der Schweiz kein Verbrechen war und somit wegen fehlender
doppelter Strafbarkeit (Art. 305bis Abs. 3 StGB) keine Vortat für den
Straftatbestand der Geldwäscherei vorlag, ging er zwar von einer generellen
Straflosigkeit seines Verhaltens aus, war sich aber bewusst, dass er sich an
der Grenze zu einem strafbaren Tun bewegte. Mindestens durfte er sich nicht
ohne Weiteres darauf verlassen, dass Gelder, die in bar bei seiner Wechselstube
eingingen und von da gemäss Weisungen Dritter unter Decknamen weitergeleitet
bzw. weiterverwendet wurden, nicht aus Verbrechen im Sinne von Art. 305bis Ziff
1. i.V.m. Ziff. 3 StGB stammten. Auch die Verletzung der Embargobestimmungen
musste ihm bewusst sein. Entgegen seiner Aussage ... durfte er nicht annehmen,
er erhalte nur Schmuggelgeld. Dass er selbst mindestens argwöhnte, zeigt sich
in seinen Abklärungen, welche er gemäss eigenen Angaben ... vorgenommen hat ...
Mit seinem Verhalten, das die Eröffnung eines Strafverfahrens in Italien gegen
ihn verursacht hat, hat er - mitunter auch infolge italienischer
Rechtshilfegesuche - Anlass zur Einleitung einer Strafuntersuchung auch in der
Schweiz gegeben. Damit hat er in Anwendung von Art. 426 Abs. 2 StPO die auf ihn
entfallenden Verfahrenskosten zu tragen" (Urteil E. 9.2.7 S. 404).

1.2. Der Beschwerdeführer erhebt gegen die Kostenauflage und ihre Begründung
zahlreiche Einwände.

1.3. Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person
freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz oder teilweise
auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des
Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 426 Abs. 2
StPO). Die schweizerische Strafprozessordnung übernimmt den gemäss der
Rechtsprechung des Bundesgerichts und der EMRK-Organe geltenden Grundsatz, dass
bei Verfahrenseinstellung und bei Freispruch die Verfahrenskosten der
beschuldigten Person nur auferlegt werden dürfen, wenn sie die Einleitung des
Strafverfahrens in widerrechtlicher und schuldhafter Weise veranlasst oder
dessen Durchführung erschwert hat (Botschaft des Bundesrates vom 21. Dezember
2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., 1326;
Begleitbericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom Juni
2001 zum Vorentwurf für eine Schweizerische Strafprozessordnung, S. 286 f.).
Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei der Kostenpflicht im Falle einer
Verfahrenseinstellung oder eines Freispruchs nicht um eine Haftung für ein
strafrechtliches Verschulden, sondern um eine zivilrechtlichen Grundsätzen
angenäherte Haftung für ein fehlerhaftes Verhalten, durch welches die
Einleitung oder Erschwerung eines Strafverfahrens verursacht wurde. Eine
Kostenauflage bei Verfahrenseinstellung oder bei Freispruch verstösst gegen den
Grundsatz der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK), wenn
der beschuldigten Person in der Begründung des Kostenentscheids direkt oder
indirekt vorgeworfen wird, sie habe sich strafbar gemacht beziehungsweise es
treffe sie ein strafrechtliches Verschulden. Dagegen ist es mit Verfassung und
Konvention vereinbar, einer nicht verurteilten beschuldigten Person Kosten zu
überbinden, wenn sie in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise, d.h. im Sinne einer
analogen Anwendung der sich aus Art. 41 OR ergebenden Grundsätze, gegen eine
geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm, die sich aus der Gesamtheit
der schweizerischen Rechtsordnung ergeben kann, klar verstossen und dadurch das
Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat (BGE 119 Ia
332 E. 1b; 116 Ia 162 E. 2; Urteil 1P.805/2006 vom 14. September 2007 E. 4.2,
in: Pra 2008 Nr. 34 S. 235; Urteil 6B_835/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 1.2).
Die Kostenauflage darf sich in tatsächlicher Hinsicht nur auf unbestrittene
oder bereits klar nachgewiesene Umstände stützen (BGE 112 Ia 371 E. 2a; Urteil
1B_180/2012 vom 24. Mai 2012 E. 2.2). Zwischen dem zivilrechtlich vorwerfbaren
Verhalten und den durch die Untersuchung entstandenen Kosten muss ein
Kausalzusammenhang bestehen (BGE 116 Ia 162 E. 2; Urteil 6B_835/2009 vom 21.
Dezember 2009 E. 1.2). Das Sachgericht muss die Kostenauflage bei Freispruch
begründen. Es muss darlegen, inwiefern die beschuldigte Person durch ihr
Handeln in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine Verhaltensnorm klar
verstossen hat (Urteil 1P.164/2002 vom 25. Juni 2002 in: Pra 2002 Nr. 203 S.
1067).

1.4.

1.4.1. Die Vorinstanz legt nicht dar, durch welche Verhaltensweisen der
Beschwerdeführer inwiefern gegen Pflichten nach Art. 3 ff. GwG respektive gegen
Regeln der transparenten Buch- und Geschäftsführung (Art. 959 OR)
beziehungsweise gegen Art. 3 und 4 der Verordnung über Wirtschaftsmassnahmen
gegenüber Jugoslawien (Serbien und Montenegro) vom 3. Juni 1992 (AS 1992 1203)
verstiess.

 Im Übrigen wären Verstösse gegen die genannten Bestimmungen strafbar (siehe
Art. 305ter StGB, Art. 6 der Verordnung über Wirtschaftsmassnahmen gegenüber
Jugoslawien, Art. 325 StGB). Gegen den Beschwerdeführer wurden indessen keine
Verfahren wegen derartigen Straftaten eingeleitet.

1.4.2. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers kann nicht
damit begründet werden, dass dieser durch seine Beteiligung am
Zigarettenschmuggel nach Italien, durch welchen der italienische Fiskus
geschädigt wurde, seine Pflicht zur individuellen Verantwortung gegenüber dem
schweizerischen Staat (Art. 6 BV) verletzt hat. Die gesetzliche Regelung, nach
welcher ein solches Verhalten keine Straftat darstellte, entsprach dem Willen
des schweizerischen Gesetzgebers. Sie wurde aufrechterhalten, obschon auf der
Hand lag und bekannt war, dass davon Personen profitierten, die von der Schweiz
aus den Zigarettenschwarzhandel im Ausland organisierten.

1.4.3. Soweit die Vorinstanz ausführt, der Beschwerdeführer habe sich nicht
ohne Weiteres darauf verlassen dürfen, dass die in bar bei seiner Wechselstube
eingegangenen Gelder nicht aus Verbrechen stammten, und er habe nicht annehmen
dürfen, dass er nur Schmuggelgeld erhalte, äussert sie nach dem massgebenden
Eindruck des juristischen Laien den Verdacht, er habe sich doch strafbar
gemacht. Mit einer solchen Erwägung darf die Kostenauflage nicht begründet
werden.

1.4.4. Es trifft zu, dass der Beschwerdeführer, entsprechend den Ausführungen
der Vorinstanz, Geschäftskontakte zu kriminellen Milieus unterhielt, d.h. zu
Personen, gegen welche in Italien Strafverfahren wegen (z.T. organisierten)
Schmuggels, aber auch wegen mafiöser Vereinigung (Art. 416bis CPI) liefen. Die
Vorinstanz legt indessen nicht dar, inwiefern solche Geschäftskontakte sowie
das Verwenden von Decknamen und das Verschleiern von Waren- und Geldflüssen
gemäss dem damals geltenden schweizerischen Recht rechtswidrig waren. Die
Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit dem Zigarettenschmuggel war nicht schon
rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer sich in den Worten der Vorinstanz in
einem Grenzbereich bewegte, welcher die Gefahr mit sich brachte, dass früher
oder später auch gegen ihn strafrechtlich vorgegangen würde, und auch nicht,
weil er in konspirativer Art und Weise handelte.

1.5.

1.5.1. Die Vorinstanz begründet nicht, inwiefern zwischen dem ihres Erachtens
normwidrigen Verhalten des Beschwerdeführers und der übrigen Beschuldigten und
der Einleitung einer Strafuntersuchung ein Kausalzusammenhang besteht. Ein
solcher ist auch nicht ersichtlich. Die Strafuntersuchung wurde nicht
eingeleitet, weil der Beschwerdeführer und die übrigen Beschuldigten durch ihre
Geschäftstätigkeit im Rahmen des Zigarettenschmuggels angeblich gegen
irgendwelche Normen (Art. 959 OR, Art 3 ff. GwG, Art. 3 und 4 der Verordnung
über Wirtschaftsmassnahmen gegenüber Jugoslawien) verstiessen respektive ihre
individuelle Pflicht zur Verantwortung gegenüber dem Staat (Art. 6 BV)
verletzten. Die fragliche Geschäftstätigkeit wurde von den schweizerischen
Behörden, obschon ihnen diese in den Grundzügen bekannt war, während vieler
Jahre nicht verfolgt. Erst nachdem die Geschäftstätigkeit längst aufgegeben
worden war, eröffnete die schweizerische Bundesanwaltschaft am 7. Januar 2003
ein Ermittlungsverfahren zunächst gegen Unbekannt. Dies geschah offenkundig in
der Überlegung, dass italienische kriminelle Organisationen in den lukrativen
Zigarettenschmuggel involviert sein könnten und dass durch die fragliche
Geschäftstätigkeit einerseits der Tatbestand der Beteiligung an einer
kriminellen Organisation respektive der Unterstützung einer kriminellen
Organisation (Art. 260ter StGB) und andererseits der Tatbestand der
Geldwäscherei (Art. 305bis StGB) durch Waschen von Vermögenswerten krimineller
Organisationen erfüllt worden sein könnte.

1.5.2. Die Vorinstanz begründet auch nicht, inwiefern und in welchem Umfang
durch welches ihres Erachtens normwidrige Verhalten des Beschwerdeführers die
Untersuchung zumindest erschwert wurde und dadurch zusätzliche Kosten
entstanden.

1.6. Die Kostenauflage verstösst gegen Bundesrecht, da nicht ersichtlich ist
beziehungsweise im angefochtenen Urteil nicht hinreichend begründet wird,
inwiefern welches Verhalten des Beschwerdeführers normwidrig war und inwiefern
respektive in welchem Umfang durch welches normwidrige Verhalten das Verfahren
eingeleitet beziehungsweise dessen Durchführung erschwert wurd.

 Die Beschwerde ist in Bezug auf die Kostenauflage gutzuheissen und der
angefochtene Entscheid in diesem Punkt (Dispositiv I/3) aufzuheben.

2.

2.1. Die Vorinstanz entschied, dass der amtliche Verteidiger des
Beschwerdeführers im Verfahren SK.2008.18 mit Fr. 231'000.-- und im Verfahren
SK.2011.5 mit Fr. 73'621.30 durch die Eidgenossenschaft entschädigt wird
(Dispositiv Ziff. I/4.1 und I/4.2). Sie verpflichtete den Beschwerdeführer, der
Eidgenossenschaft dafür Ersatz zu leisten (Dispositiv Ziff. I/4.3).

2.2. Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf seine Einwände gegen die
Kostenauflage geltend, er sei zu Unrecht verpflichtet worden, der
Eidgenossenschaft für die Kosten seiner amtlichen Verteidigung Ersatz zu
leisten. Dispositiv Ziff. I/4.3 sei aufzuheben.

2.3. Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist
sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet, dem
Bund oder dem Kanton die Entschädigung der amtlichen Verteidigung
zurückzuzahlen (Art. 135 Abs. 4 lit a StPO).

 Da eine Kostenauflage ausser Betracht fällt, ist die Voraussetzung von Art.
135 Abs. 4 StPO nicht erfüllt. Deshalb verstösst auch die Verpflichtung des
Beschwerdeführers, der Eidgenossenschaft für die Kosten der amtlichen
Verteidigung Ersatz zu leisten, gegen Bundesrecht. Zur Begründung kann auf die
vorstehenden Erwägungen (E. 1) verwiesen werden. Dispositiv Ziff. I/4.3 ist
aufzuheben.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer beantragte im vorinstanzlichen Verfahren, es sei ihm
für die Untersuchungshaft eine Entschädigung von Fr. 31'800.-- auszurichten.
Zudem seien ihm Schadenersatz und Genugtuung auszurichten, deren Höhe ins
richterliche Ermessen gestellt werde (Urteil S. 16).

3.2. Die Vorinstanz entschied, dass dem Beschwerdeführer keine Entschädigung
ausgerichtet wird (Dispositiv Ziff. I/5). Zur Begründung hält sie unter Hinweis
auf die diesbezüglichen Erwägungen fest, dass der Beschwerdeführer als
kostenpflichtig erkannt worden ist (siehe Urteil E. 10.3 S. 410 i.V.m. E. 9.2.7
S. 404).

3.3. Der Beschwerdeführer ficht die Verweigerung einer Entschädigung an. Zur
Begründung verweist er auf seine Einwände gegen die Kostenauflage.

3.4. Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird
das Verfahren eingestellt, so hat sie gemäss Art. 429 Abs. 1 StPO Anspruch auf
(a) Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer
Verteidigungsrechte; (b) Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen, die ihr
aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind; (c)
Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen Verhältnisse,
insbesondere bei Freiheitsentzug. Die Strafbehörde prüft gemäss Art. 429 Abs. 2
StPO den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern,
ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen. Die Strafbehörde kann gemäss Art.
430 Abs. 1 lit a StPO die Entschädigung oder Genugtuung herabsetzen oder
verweigern, wenn die beschuldigte Person rechtswidrig und schuldhaft die
Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat. Somit
können bei Verfahrenseinstellung und Freispruch Entschädigung und Genugtuung
unter den gleichen Voraussetzungen herabgesetzt oder verweigert werden, unter
welchen gemäss Art. 426 Abs. 2 StPO bei Verfahrenseinstellung und Freispruch
der beschuldigten Person die Verfahrenskosten ganz oder teilweise auferlegt
werden können.

3.5. Es ist nicht ersichtlich beziehungsweise wird im angefochtenen Urteil
nicht hinreichend begründet, inwiefern welches Verhalten des Beschwerdeführers
normwidrig war und inwiefern respektive in welchem Umfang durch welches
normwidrige Verhalten das Verfahren eingeleitet beziehungsweise dessen
Durchführung erschwert wurde. Zur Begründung kann auf die vorstehenden
Erwägungen zur Kostenauflage (E. 1.4 und 1.5) verwiesen werden. Dispositiv
Ziff. I/5 betreffend Verweigerung einer Entschädigung ist aufzuheben.

4.

4.1. Die Vorinstanz entschied in Anwendung von Art. 239 StPO, dass die Kaution
in der Höhe von Fr. 100'000.-- bei Eintritt der Rechtskraft des Urteils
freigegeben, zur Deckung der Kosten und der Entschädigung verwendet und dass
ein allfälliger Überschuss an den Einleger zurückerstattet wird (Dispositiv
Ziff. I/2.1 und 2.2).

4.2. Die Sicherheitsleistung wird unter anderem freigegeben, wenn das
Strafverfahren durch Freispruch rechtskräftig abgeschlossen wurde (Art. 239
Abs. 1 lit b StPO). Wird die von der beschuldigten Person geleistete
Sicherheitsleistung freigegeben, so kann sie unter anderem zur Deckung von
Kosten und Entschädigungen verwendet werden, die der beschuldigten Person
auferlegt worden sind (Art. 239 Abs. 2 StPO). Zur Deckung von Kosten und
Entschädigungen etc. gemäss Art. 239 Abs. 2 StPO kann unstreitig nur die von
der beschuldigten Person, nicht auch die von Dritten gestellte
Sicherheitsleistung verwendet werden.

 Die Vorinstanz geht davon aus, dass die Kaution von Fr. 100'000.-- für den
Beschwerdeführer von diesem selbst und nicht von dessen Tochter geleistet wurde
und es sich somit nicht um eine Drittkaution handelt (Urteil E. 7.4.3 S. 396).

 Der Beschwerdeführer macht geltend, diese Feststellung sei willkürlich und
unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör getroffen worden.

 Die Vorinstanz räumt in ihrer Vernehmlassung ein, dass die Kaution für den
Beschwerdeführer entgegen ihrer Feststellung im angefochtenen Urteil nicht von
diesem selbst, sondern von einer Drittperson geleistet wurde. Daher könne sie
nicht zur Deckung der Verfahrenskosten herangezogen werden.

4.3. Die Frage der Verwendung der Sicherheitsleistung gemäss Dispositiv Ziff. I
/2.2 zur Deckung der Kosten und der Entschädigung stellt sich indessen nicht
mehr, da die Kostenauflage (Dispositiv Ziff. I/3) und die Verpflichtung des
Beschwerdeführers, der Eidgenossenschaft für die Kosten der amtlichen
Verteidigung Ersatz zu leisten (Dispositiv Ziff. I/4.3), gemäss den
vorstehenden Erwägungen (E. 1 und E. 2) aufzuheben sind und aus diesem Grunde
auch Dispositiv Ziff. VII/2.2 betreffend die Verwendung der Kaution aufzuheben
ist.

5.

 Zusammenfassend ergibt sich, dass das Urteil der Vorinstanz, soweit den
Beschwerdeführer betreffend, in den Dispositiv Ziff. I/2.2 (Verwendung der
Kaution), I/3 (Kostenauflage), I/4.3 (Verpflichtung des Beschwerdeführers, der
Eidgenossenschaft für die Entschädigung der amtlichen Verteidigung Ersatz zu
leisten) und I/5 (Verweigerung einer Entschädigung) in Gutheissung der
Beschwerde aufzuheben ist.

6.

 Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache
selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Art. 107
Abs. 1 Satz 2 BGG). Es ist sachgerecht, dass die Vorinstanz als Sachgericht
über die Entschädigung für die ausgestandene Untersuchungshaft sowie über
Schadenersatz und Genugtuung entscheidet.

7.

 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben und hat
die Eidgenossenschaft (Bundesanwaltschaft) dem Beschwerdeführer eine
Entschädigung auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der Strafkammer des
Bundesstrafgerichts vom 21. März 2012, soweit den Beschwerdeführer betreffend,
aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Kosten erhoben.

3. 
Die Eidgenossenschaft (Bundesanwaltschaft) hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Januar 2014

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Näf

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