Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.246/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_246/2013

Urteil vom 10. Mai 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Andres.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Fricker,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
2. Y.________,
vertreten durch Fürsprecher lic. iur. Edwin Ruesch,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Vergewaltigung, sexuelle Nötigung; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
vom 6. Dezember 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau wirft X.________ unter anderem
folgendes Verhalten vor: Als er am 18. April 2011 erfahren hatte, dass der Sohn
seiner Lebenspartnerin, Y.________, nicht von ihrem Nochehemann stammt, nötigte
er sie, den Namen des leiblichen Vaters preiszugeben. Er drückte ihr ein Kissen
auf den Kopf, worauf sie Mühe hatte, zu atmen, schlug ihr ein Bügelbrett gegen
die Beine, ohrfeigte sie, würgte sie mit einem TV-Kabel, fesselte ihre Hände
auf den Rücken und trat sie gegen den Kopf, als sie am Boden lag. Nachdem sie
den Namen des Vaters genannt hatte, zog er der gefesselten Partnerin Hose und
Unterhose aus. Er versuchte, gegen ihren Willen vaginal in sie einzudringen. Da
es ihm nicht gelang, zog er sie an den Haaren auf das Bett (Bauchlage). Er
penetrierte sie mehrmals vaginal, was ihr Schmerzen verursachte. Er drang gegen
ihren Willen während ca. einer Minute mehrfach anal in sie ein, packte sie an
den Haaren und führte sein Glied direkt vom Anus in ihren Mund. Er drang erneut
in ihre Vagina ein, wo er einen Samenerguss hatte. Nachdem er Y.________ an den
Haaren ins Badezimmer und zurück ins Schlafzimmer gezogen hatte, behändigte er
ein Bügeleisen und drohte, es in ihre Vagina einzuführen. Als sie ihm erneut
den Namen des Vaters nannte, spuckte er sie an und würgte sie mit beiden
Händen, worauf sie für wenige Sekunden das Bewusstsein verlor.

B.
Das Bezirksgericht Zofingen verurteilte X.________ am 24. Mai 2012 wegen
sexueller Nötigung, Vergewaltigung, Nötigung, einfacher Körperverletzung,
geringfügiger Sachbeschädigung und mehrfacher Übertretung des
Betäubungsmittelgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Jahren und einer
Übertretungsbusse von Fr. 700.--.
Auf Berufung des X.________ und der Staatsanwaltschaft bestätigte das
Obergericht des Kantons Aargau am 6. Dezember 2012 die erstinstanzlichen
Schuldsprüche und setzte die Freiheitsstrafe auf 5 ½ Jahre fest.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt im Hauptpunkt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Schuldsprüche der sexuellen Nötigung
und Vergewaltigung. Er rügt eine offensichtlich unrichtige (willkürliche)
Sachverhaltsfeststellung. Der vorinstanzliche Schluss, wonach die Aussagen der
Beschwerdegegnerin 2 (nachfolgend: Partnerin) glaubhaft seien, basiere auf
einer ungenügenden Beweiswürdigung.

1.1 Die Vorinstanz erwägt, die Partnerin habe hinsichtlich der sexuellen
Handlungen und deren Begleitumstände in allen Einvernahmen detaillierte und
übereinstimmende Aussagen gemacht, die sie mit zeitlichen, örtlichen und
handlungsbezogenen Gegebenheiten verknüpft habe. Sie habe Komplikationen,
besondere Umstände, Interaktionen und eigene Gefühle geschildert. Die
wiedergegebenen Gespräche seien aussergewöhnlich und authentisch. Die
Sachdarstellung sei nicht übertrieben und belaste den Beschwerdeführer nicht
übermässig. Schliesslich sei kein Motiv für eine Falschbelastung ersichtlich.
Die Vorinstanz weist auch auf widersprüchliche Aussagen zu Nebenpunkten hin.
Die unstimmigen Angaben würden angesichts der zahlreichen Realitätskriterien
nichts daran ändern, dass ihre Aussagen im Kerngeschehen glaubhaft seien. Die
Vorinstanz erachtet es nicht für möglich, dass die Partnerin eine solch
detaillierte und im Kern konstante Schilderung ohne realen Erlebnishintergrund
erfunden hat. Für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen spreche auch, dass der
Beschwerdeführer die Gewalthandlungen schliesslich weitgehend bestätigt habe.
Auch die Spermaspuren auf dem Kleidungsstück würden ihre Aussagen stützen
(Urteil S. 12 ff. Ziff. 2.3.2. f.).
Die Aussagen des Beschwerdeführers beurteilt die Vorinstanz als widersprüchlich
und nicht glaubhaft (Urteil S. 20 ff. Ziff. 2.3.4.).

1.2 Von all diesen Elementen, die für die Glaubhaftigkeit der Aussagen der
Partnerin sprechen, greift der Beschwerdeführer lediglich drei Punkte auf, um
das Gegenteil zu belegen.
Er rügt, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass seine Partnerin ihn
anfänglich wider besseren Wissens beschuldigt habe, sie nach dem Vorfall
während mehrerer Tage ihrer Freiheit beraubt zu haben. Seine Einwendungen
erschöpfen sich in appellatorischer Kritik. Er beschränkt sich darauf, seine
Ausführungen vor der Vorinstanz zu wiederholen und setzt sich nicht mit deren
Begründung auseinander. Darauf ist nicht einzutreten (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S.
5 mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer erachtet die Angaben seiner Partnerin zum mehrfachen
Würgen (mit Kissen, TV-Kabel und Händen), worauf sie teilweise ohnmächtig
geworden sei, als widersprüchlich. Die Vorinstanz würdige die Beweise nicht
sorgfältig, wenn sie die unstimmigen Aussagen seiner Partnerin nicht als Indiz
dafür betrachte, dass sie unglaubwürdig sei. Die Vorinstanz erwägt, die
Abweichungen seien unwesentlich und würden angesichts des Zustandes, in dem
sich die Partnerin befunden habe, nicht erstaunen. Dass ihre Schilderungen im
Kernbereich konsistent geblieben, jedoch nicht schematisch und identisch
erfolgt seien, spreche dafür, dass sie das Erzählte auch tatsächlich erlebt
habe (Urteil S. 18 f. Ziff. 2.3.3.2.). Der Beschwerdeführer vermag nicht
darzulegen, inwiefern diese vorinstanzlichen Erwägungen unhaltbar sein sollen.
Der Beschwerdeführer wendet ein, die Spermaspuren auf dem Kleidungsstück seiner
Partnerin könnten nachträglich beim einvernehmlichen Geschlechtsverkehr
entstanden sein. Seine widersprüchlichen Aussagen erklärt er damit, Männer
würden sich generell weniger für Kleidung interessieren als Frauen. Entgegen
den vorinstanzlichen Erwägungen sei es unwahrscheinlich, dass die Spermaspuren
auf der Rückseite des Kleidungsstücks zurückgeblieben wären, wenn der
Beschwerdeführer von hinten den Geschlechtsverkehr an seiner Partnerin
vollzogen hätte. Die Vorinstanz erachtet die erstinstanzliche Begründung als
überzeugend, wonach die Spuren entstanden seien, als er das Glied hinaus- und
seine Partnerin das Kleidungsstück hinuntergezogen habe, oder als das Sperma
aus der Vagina geflossen sei (Urteil S. 20 Ziff. 2.3.3.3.; erstinstanzliches
Urteil S. 10 f.). Die Einwände des Beschwerdeführers lassen die
vorinstanzlichen Feststellungen nicht offensichtlich unhaltbar erscheinen.
Insgesamt ist die Willkürrüge unbegründet (vgl. BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51).

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit
abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seine finanzielle
Situation ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten zu berücksichtigen (Art.
65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Mai 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Andres

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