Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.228/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_228/2013

Urteil vom 22. August 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Brunner,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Mord; Recht auf Beizug eines Verteidigers,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 26. November 2012.

Sachverhalt:

A.

 Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A.X.________ zweitinstanzlich
wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 13 ½ Jahren. Vom Vorwurf der
versuchten vorsätzlichen Tötung sprach es ihn frei. Es stellte die Rechtskraft
des Urteils des Bezirksgerichts Zürich betreffend Genugtuungsforderungen und
Verfügungen über die beschlagnahmten Gegenstände fest.

 Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 A.X.________ holte am 10. Mai 2010 seine Tochter B.X.________ beim
Polizeiposten ab, wo sie wegen eines geringfügigen Ladendiebstahls festgehalten
wurde. In der Familienwohnung kam es zu einer Auseinandersetzung, bei der
B.X.________ ihren Vater beleidigte. Obwohl er sie gebeten hatte, wieder bei
ihnen zu leben, packte sie ihre Sachen und wollte die Wohnung verlassen. Auch
auf die nochmalige Bitte ihres Vaters zu bleiben, reagierte sie nicht. Vielmehr
suchte sie weiter ihre Sachen zusammen und begab sich dazu ins
Elternschlafzimmer. Als sie sich bückte oder hinkniete, schlug A.X.________ mit
grosser Wucht ein Beil gegen den Kopf seiner Tochter, wodurch diese nach vorne
auf den Boden fiel. Daraufhin wirkte er weitere Male mit der Axt auf ihren Kopf
ein. A.X.________ schlug mit der Schneide und dem Nacken des Beils auf die auf
dem Bauch liegende, stark blutende B.X.________ ein. Insgesamt führte er
mindestens 19 Beilhiebe aus. B.X.________ verstarb an diesen Schlägen.

B.

 Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Beschwerde beim
Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, und
die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

 A.X.________ führt seinerseits Beschwerde in Strafsachen (Verfahren 6B_305/
2013).

Erwägungen:

1.

 Die zwei Beschwerden richten sich zwar gegen denselben Entscheid, betreffen
aber unterschiedliche, voneinander unabhängige Rechtsfragen. Es rechtfertigt
sich nicht, die Verfahren zu vereinigen.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz wende kantonales Recht,
nämlich § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich
vom 4. Mai 1919 (aStPO/ZH), willkürlich an. Die Vorinstanz erachte die Aussagen
des Beschwerdegegners an der ersten staatsanwaltschaftlichen Einvernahme als
nicht verwertbar, da er nicht anwaltlich verbeiständet gewesen sei, obwohl ein
Fall einer notwendigen Verteidigung vorgelegen habe. Indessen sei diese
Befragung dringlich gewesen und habe bereits acht Stunden nach der Verhaftung
stattgefunden. Nachdem der Beschwerdegegner über seine Rechte belehrt worden
sei, habe er erklärt, er "benötige keinen Anwalt". Er sei somit bereit gewesen,
ohne Verteidiger auszusagen. Die Bestellung einer amtlichen Verteidigung und
die Untersuchungshaft seien noch am selben Tag beantragt und dem
Beschwerdegegner sei gleichentags eine amtliche Verteidigung beigegeben worden.
Gemäss herrschender Auffassung sei eine staatsanwaltschaftliche Einvernahme
auch zulässig, bevor eine Verteidigung beigezogen bzw. bestellt worden sei,
sofern die beschuldigte Person über ihre Rechte nach § 11 Abs. 1 aStPO/ZH
belehrt worden sei. Alleine wegen des Begriffs "unverzüglich" in § 13 Abs. 1
aStPO/ZH, könne diese Bestimmung nicht derart interpretiert werden, dass eine
notwendige Verteidigung schon zu Beginn der ersten protokollarischen Aussagen
bestellt sein müsse. Eine solche Auslegung gehe über den Wortlaut der Norm
hinaus.

 Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, die Vorinstanz gehe von einer
schweren Verminderung der Schuldfähigkeit des Beschwerdegegners aus. Grundlage
dieser Annahme bilde das forensisch-psychiatrische Gutachten. Danach liege eine
schwergradig verminderte Schuldfähigkeit vor, wenn sich das Gericht an den
gegenüber dem Sachverständigen gemachten Angaben des Beschwerdegegners zur Tat
orientiere. Beziehe man gemäss Gutachten aber die Aussagen des
Beschwerdegegners an der Einvernahme vom 11. Mai 2010 mit ein, liessen die
entsprechenden Schilderungen auf komplexere Handlungsabläufe und ein initial
intaktes Hemmungsvermögen schliessen. Insofern sei die Schuldfähigkeit als
höchstens mittelgradig eingeschränkt einzuschätzen.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, nachdem der Beschwerdegegner der Polizei am 10. Mai
2010 um 20.36 Uhr telefonisch mitgeteilt habe, er habe seine Tochter
umgebracht, sei er verhaftet worden. Die Polizei habe in der Familienwohnung
das Opfer samt mutmasslicher Tatwaffe gefunden. Gemäss Protokoll der
Einvernahme vom 11. Mai 2010 von 04.14-06.51 Uhr sei dem Beschwerdegegner zu
Beginn mitgeteilt worden, dass gegen ihn eine Strafuntersuchung wegen
vorsätzlicher Tötung eröffnet worden sei. Damit habe bereits vor der Befragung
festgestanden, dass ein Fall einer notwendigen Verteidigung vorliege. Im Lichte
der neuesten kantonalen Rechtsprechung hätte daher auch die erste
untersuchungsrichterliche Befragung zur Sache in Anwesenheit eines Verteidigers
stattfinden müssen. Mithin seien die den Beschwerdegegner belastenden Aussagen
an dieser Befragung nicht verwertbar (Urteil S. 11-14 E. 2.4.1 f.).

2.3. Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5.
Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Gemäss Art. 448 StPO werden
Verfahren, die bei Inkrafttreten der StPO hängig sind, grundsätzlich nach neuem
Recht fortgeführt (Abs. 1). Verfahrenshandlungen, die vorher angeordnet oder
durchgeführt worden sind, behalten ihre Gültigkeit (Abs. 2). Dieser Grundsatz
gilt auch für die Verwertbarkeit und für die Folgen der Ungültigkeit
altrechtlich erhobener Beweise (Urteil 6B_684/2012 vom 15. Mai 2013 E. 2.3 mit
Hinweisen). Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage nach der
Verwertbarkeit der Aussagen des Beschwerdegegners an der Einvernahme vom 11.
Mai 2010 richtet sich somit nach dem damals geltenden kantonalen Prozessrecht.

2.4.

2.4.1. Grundsätzlich kann weder aus der BV noch der EMRK ein Anspruch auf
obligatorische Verbeiständung abgeleitet werden (BGE 131 I 350 E. 3.1. f. mit
Hinweisen; Urteil 6B_261/2011 vom 4. Oktober 2011). Dass einem Beschuldigten
die notwendige Verteidigung erst in der zweiten untersuchungsrichterlichen
Einvernahme beigegeben wird, stellt nach der Rechtsprechung keine Verletzung
von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 29 Abs. 1 BV dar (Urteil 6B_742/2012 vom 10.
Mai 2013 E. 1.4 mit Hinweis). Ein allfälliger Anspruch kann sich indes gestützt
auf kantonales Recht ergeben.

 Das Bundesgericht überprüft die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts -
von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - nur unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür (vgl. Art. 95 BGG; BGE 138 IV 13 E. 2). Nach seiner
ständigen Praxis liegt Willkür vor, wenn der angefochtene Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das
Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die
Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 138
I 305 E. 4.3 mit Hinweis).

2.4.2. Gemäss § 11 Abs. 2 aStPO/ZH muss der Angeschuldigte durch einen
Verteidiger verbeiständet sein, u.a. wenn gegen ihn eine Freiheitsstrafe von
mehr als einem Jahr oder eine freiheitsentziehende Massnahme im Sinne des
Strafgesetzbuches beantragt ist oder in Aussicht steht (Ziff. 3) oder sich die
Untersuchung auf Straftaten bezieht, deren Beurteilung dem Geschworenengericht
(vgl. § 56 Ziff. 1 vorsätzliche Tötung, Ziff. 2 Mord und Ziff. 3 Totschlag des
Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976) oder
erstinstanzlich dem Obergericht (§ 198a aStPO/ZH) zusteht (Ziff. 4). Kann
notwendige Verteidigung eintreten, hat der Untersuchungsbeamte den
Angeschuldigten nach § 13 Abs. 1 aStPO/ZH unverzüglich zu einer Erklärung
darüber zu veranlassen, ob er selber einen Verteidiger wählen oder sich einen
solchen von Amtes wegen bestellen lassen will. Gemäss § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2
aStPO/ZH hat der Untersuchungsbeamte dem Verteidiger Gelegenheit zu geben, an
den Einvernahmen des Angeschuldigten teilzunehmen, wenn dieser es verlangt und
der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet wird. Im Kanton zugelassene
Rechtsanwälte sind zur Einvernahme stets zuzulassen, sobald der Angeschuldigte
vor dem Untersuchungsbeamten erstmals einlässlich ausgesagt hat oder sich seit
14 Tagen in Haft befindet.

 Nach der Rechtsprechung der Zürcher Gerichte sind belastende Aussagen, die ein
Angeschuldigter in Abwesenheit eines Verteidigers gemacht hat, obgleich in
jenem Zeitpunkt ein Fall von notwendiger Verteidigung bestand, nicht
verwertbar. Dies gilt auch, wenn ihm diese nachträglich vorgehalten werden und
er dazu Stellung nehmen kann. An der Unverwertbarkeit ändert nichts, dass der
Beschuldigte zu Beginn der Einvernahme auf sein Aussageverweigerungsrecht sowie
das Recht auf Beizug eines Verteidigers hingewiesen worden ist und er im Wissen
darum bereit war, auszusagen (Entscheide des Kassationsgerichts des Kantons
Zürich vom 23. März 2012, AC110014, E. III. 2.3 S. 6 ff. und vom 19. April
2012, AC110008/9, E. V. 3.3 f. S. 51 f.; des Obergerichts des Kantons Zürich
vom 30. Oktober 2009 E. 2.2.2 in: ZR 109/2010 Nr. 18 S. 81 f.).

2.5. Die Rüge erweist sich als unbegründet. Unbestritten ist, dass ein Fall
notwendiger Verteidigung vorliegt. Weiter ist nicht streitig, dass dies
angesichts der eigenen Belastung des Beschwerdegegners anlässlich des
Telefongesprächs mit der Polizei und der Funde in der Wohnung bereits ab der
Verhaftung, mithin bereits vor der Einvernahme am 11. Mai 2010, klar war. Dass
und inwiefern diese Befragung dringlich war, ist weder ersichtlich noch
hinreichend substanziiert. Die Vorinstanz wendet das kantonale Prozessrecht
nicht willkürlich an, wenn sie die den Beschwerdegegner belastenden Aussagen an
dieser Einvernahme entsprechend der kantonalen Praxis als nicht verwertbar
erachtet, weil er nicht anwaltlich verbeiständet war. Dass er nach der
Belehrung über seine Rechte gemäss § 11 Abs. 1 aStPO/ZH erklärte, er benötige
keinen Anwalt, und in der Folge ohne Verteidiger aussagte, hat nach der
kantonalen Rechtsprechung keinen Einfluss auf die Unverwertbarkeit. Die
Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Auslegung des Begriffs "unverzüglich"
in § 13 Abs. 1 Satz 1 aStPO/ZH sind unbehelflich, weil es gemäss kantonaler
Praxis für die Frage der Verwertbarkeit nicht auf den Zeitpunkt ankommt, in
welchem dem Angeschuldigten ein Verteidiger tatsächlich zur Seite steht.
Vielmehr kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem ein Fall einer notwendigen
Verteidigung eingetreten ist, d.h. wenn voraussichtlich anzunehmen ist, dass
eine der in § 11 Abs. 2 aStPO/ZH genannten Konstellationen vorliegt bzw.
eintreten wird. Ergebnisse von Untersuchungshandlungen, die nach diesem
Zeitpunkt stattgefunden haben, ohne dass der Angeschuldigte verteidigt war,
sind unverwertbar. Dies gilt auch, wenn die Untersuchungsbehörde und das
Gericht beförderlich vorgegangen sind, wie es vorliegend der Fall war
(Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 23. März 2012,
AC110014, E. III. 2.3a S. 7 f.).

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin macht eventualiter geltend, entgegen der
willkürlichen Erwägungen der Vorinstanz könnten die Aussagen einer
beschuldigten Person grundsätzlich auch rechtmässig erlangt werden. Eine
Interessenabwägung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei nicht
nur zur Aufklärung einer Straftat an sich anwendbar, sondern auch zur
Ermittlung der Sachverhalte, sofern sie tatbestandsrelevant seien oder sich
massgeblich auf das Strafmass auswirkten.

3.2. Die Vorinstanz erwägt, eine Güterabwägung sei nur vorzunehmen, wenn ein
rechtswidrig erlangter Beweis im Grundsatz auch rechtmässig hätte beschafft
werden können. Nachdem der Beschwerdegegner in der fraglichen Einvernahme hätte
verteidigt sein müssen und er in den späteren Befragungen, die in Anwesenheit
des Verteidigers erfolgt seien, die ersten Aussagen nicht bestätigt habe, seien
diese nicht verwertbar. Überdies führe auch eine Interessenabwägung nicht zur
Verwertung. Vorliegend gehe es nicht darum, ob ein Täter für das Tötungsdelikt
überführt werden könne. Die Täterschaft stehe fest. Die betreffenden Aussagen
berührten einzig den Ablauf der Tat. Diesem eingeschränkten Erkenntnisgewinn
stehe der Anspruch des Beschwerdegegners auf ein faires Verfahren gegenüber,
der höher zu gewichten sei. Somit bleibe es dabei, dass dessen Aussagen an der
Einvernahme vom 11. Mai 2010 nicht zu seinen Lasten verwertbar seien (Urteil S.
15 f. E. 2.4.4).

3.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Verwertung
rechtswidrig erlangter Beweismittel verfassungsrechtlich nicht in jedem Fall
ausgeschlossen. Massgebend sind die Schwere des Delikts und die Frage, ob das
Beweismittel an sich zulässig und auch auf gesetzmässigem Weg zu erlangen
gewesen wäre. Es bedarf einer Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse
an der Wahrheitsfindung und dem privaten Interesse der angeklagten Person, dass
der fragliche Beweis unterbleibt. Beim Verwertungsverbot bleibt es namentlich,
wenn bei der streitigen Untersuchungsmassnahme ein Rechtsgut verletzt wurde,
das im konkreten Fall den Vorrang vor dem Interesse an der Durchsetzung des
Strafrechts verdient. Es ist sowohl den tangierten Freiheitsrechten als auch
dem Grundsatz des fairen Verfahrens Rechnung zu tragen (vgl. BGE 137 I 218 E.
2.3.4 mit Hinweisen).

 Die ältere Rechtsprechung hat ein rechtswidrig erhobenes Beweismittel nur für
unverwertbar erklärt, wenn es an sich unzulässig bzw. auf gesetzmässigem Weg
nicht erreichbar war. Im Zusammenhang mit einem privat und heimlich
aufgenommenen Telefongespräch erkannte das Bundesgericht, das Beweismittel sei
nicht von vornherein für unverwertbar zu erklären, da es auch auf legalem Weg
hätte erlangt werden können. Für deren Verwendung im Strafverfahren verlangte
es zusätzlich eine Interessenabwägung. Der Umstand allein, dass der
rechtswidrig beschaffte Beweis nicht an sich verboten ist, genügt damit nach
der seitherigen Praxis nicht mehr, um dessen Verwertbarkeit zuzulassen (BGE 131
I 272 E. 4.1.1 f. mit Hinweisen).

3.4. Der Beschwerdegegner bestätigte in den Befragungen, die im Beisein des
Verteidigers stattfanden, seine ersten Aussagen an der Einvernahme vom 11. Mai
2010, die ohne diesen erfolgten, nicht vollumfänglich. Gleichwohl ist der
Beschwerdeführerin beizupflichten, dass es sich bei den Aussagen einer
beschuldigten Person um ein an sich zulässiges Beweismittel handelt. Entgegen
der Auffassung der Vorinstanz können sodann in Abwägung der entgegenstehenden
Interessen auch unrechtmässig erlangte Beweise zu Lasten einer beschuldigten
Person verwendet werden. Bei dem zu beurteilenden Tötungsdelikt handelt es sich
unzweifelhaft um eine schwere Straftat. Trotzdem verdienen der Grundsatz des
fairen Verfahrens und das private Interesse des Beschwerdegegners, dass der
fragliche Beweis unterbleibt, vorliegend den Vorrang vor dem Interesse an der
Wahrheitsfindung sowie der Durchsetzung des Strafrechts. Zum einen würde
andernfalls das bei der Beschaffung verletzte Recht auf notwendige Verteidigung
unterlaufen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es nicht um die
Überführung des in Bezug auf die Tötung geständigen Täters, sondern lediglich
um den genauen Ablauf der Tat und den Umfang der Verminderung der
Schuldfähigkeit des Beschwerdegegners geht (Urteil S. 16 E. 1.2, S. 28 ff. E.
3, S. 37 E. 4.3.3 und S. 50 f. E. 1.4.2.3 ff.). Die Beschwerde erweist sich
auch in diesem Punkt als unbegründet.

4.

 Die Beschwerde ist abzuweisen. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im
bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. August 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

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