Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1/2013

Urteil vom 4. Juli 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
A.X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hermann Roland Etter,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Steuerbetrug; Willkür, Grundsatz in dubio pro reo,

Beschwerde gegen das Urteil des
Obergerichts des Kantons Solothurn, Strafkammer,
vom 27. September 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn verurteilte A.X.________ mit
Strafbefehl vom 4. Februar 2011 wegen Steuerbetrugs und Urkundenfälschung zu
einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu Fr. 190.--. Sie warf
A.X.________ u.a. vor, Lohnzahlungen an seine Ehefrau, Leasingkosten für einen
VW Sharan und eine Reise nach Vietnam in den Jahresrechnungen der X.________
Treuhand AG für die Geschäftsjahre 2000 bis 2005 zu Unrecht als
Geschäftsaufwand verbucht zu haben. A.X.________ erhob gegen den Strafbefehl
Einsprache.

B.

B.a. Das Amtsgericht Olten-Gösgen sprach A.X.________ am 14. September 2011
bezüglich der Lohnzahlungen an seine Ehefrau des mehrfachen Steuerbetrugs und
der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig. Es auferlegte ihm eine bedingte
Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu Fr. 190.--. Von den übrigen Vorhalten sprach
es ihn frei. Gegen dieses Urteil führten A.X.________ Berufung und die
Staatsanwaltschaft Anschlussberufung.

B.b. Das Obergericht des Kantons Solothurn erklärte A.X.________ am 27.
September 2012 bezüglich der Verbuchung der Vietnamreise wegen Steuerbetrugs
schuldig. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 10 Tagessätzen
zu Fr. 330.--. Im Übrigen sprach es ihn von den Vorwürfen des mehrfachen
Steuerbetrugs und der mehrfachen Urkundenfälschung frei. Es entschädigte ihn
für die erlittenen Nachteile mit Fr. 1'000.-- und für die anwaltliche
Verbeiständung im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren mit insgesamt Fr.
11'200.--. Das Genugtuungsbegehren wies es ab.
A.X.________ ist Verwaltungsrat und Geschäftsführer der X.________ Treuhand AG.
Das Obergericht hält für erwiesen, dass er in der Jahresrechnung der X.________
Treuhand AG für das Geschäftsjahr 2005 Kosten einer Vietnamreise von Fr.
16'133.-- als "Personalaufwand" bzw. "Übriger Werbeaufwand" verbuchte, obschon
es sich dabei um offensichtlich private Auslagen handelte. Die inhaltlich
unwahre Jahresrechnung reichte er den Steuerbehörden ein in der Absicht, diese
über massgebliche Tatsachen der Steuerveranlagung zu täuschen.

C.
A.X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, ihn vom Vorwurf des
Steuerbetrugs freizusprechen, die gesamten Verfahrenskosten dem Staat
aufzuerlegen und ihm eine volle Parteikostenentschädigung sowie eine
angemessene Entschädigung für wirtschaftliche Einbussen und eine Genugtuung
nach richterlichem Ermessen von insgesamt mindestens Fr. 10'000.--
zuzusprechen. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

D.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil vom 27. September 2012
bildet Gegenstand des separaten Verfahrens 6B_755/2012.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und
eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo. Er habe die Reise nach
Vietnam mit zwei umsatzstarken Kunden unternommen. Der Zweck der Reise habe
darin bestanden, Lieferanten zu besuchen, eine Importfirma zu gründen und an
Ort und Stelle Verträge zu verhandeln bzw. abzuschliessen. Die Vorinstanz
präsentiere keine Beweismittel, welche untermauern könnten, weshalb es sich bei
der Vietnamreise um "offensichtlich private Aufwendungen" gehandelt haben soll,
und verlange von ihm, dass er die Geschäftsmässigkeit der Reise nachweise. Sie
habe nicht geprüft, ob ein Privatanteil pauschal ausgeschieden worden sei und
ob seine Reisebegleiter eine Gegenleistung erbrachten bzw. ob ihnen die Reise
in Rechnung gestellt worden sei. Sie habe es auch unterlassen, diese zu
befragen. Nach dem erstinstanzlichen Freispruch und dem Verzicht des
Obergerichts auf eine entsprechende Beweisführung habe von ihm nicht erwartet
werden können, dass er seine Ausführungen zur Geschäftsmässigkeit der Reise
"konkreter" gestalte.

1.2.

1.2.1. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1). Dem Grundsatz in
dubio pro reo kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren
vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende
Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen).

1.2.2. Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht (BGE 138 I 305 E. 4.3; 137 I 1 E. 2.4). Die Rüge der
Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen darlegen, inwiefern der angefochtene
Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine
rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).

1.3. Die Vorinstanz führt aus, anders als für die Vietnamreisen in den Jahren
2003 und 2004 habe der Beschwerdeführer für die Reise im Steuerjahr 2005 keine
Aufrechnung für Privatanteile vorgenommen (Urteil E. 3c S. 29 und 5a S. 29 f.).
Die Aufrechnung von Privatanteilen für die Vietnamreise im Jahre 2005 sei
seitens des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt
worden. Streitig sei nur die Höhe des Privatanteils gewesen (Urteil E. 4b S.
29). Die Verbuchung der Vietnamreise sei auf den Aufwandkonten
"Personalaufwand" und "Übriger Werbeaufwand" erfolgt und damit auf sachfremden
Konten (Urteil E. 5a S. 29). Nicht ersichtlich sei, inwiefern eine Reise nach
Vietnam bei einem regional tätigen Treuhänder mit dem Zweck der
Treuhandgesellschaft verbunden sein könne. Entsprechend vage und unbestimmt
seien auch die Ausführungen des Verteidigers vor dem Berufungsgericht
geblieben. Die Aussagen des Beschwerdeführers vor dem Amtsgericht betreffend
die Gründung einer Importgesellschaft seien nicht nachvollziehbar. Nicht
erklärt worden sei, weshalb die Kosten für alle drei Reiseteilnehmer über das
Geschäft des Beschwerdeführers gebucht und bezahlt worden seien. Die Begleiter
des Beschwerdeführers seien private Bekannte gewesen, mit denen ihn sein Hobby
von Oldtimer-Fahrzeugen verbunden habe. Bei den Kosten der Vietnamreise habe es
sich um offensichtlich private Aufwendungen gehandelt (Urteil E. 5b S. 30).

1.4. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist nicht willkürlich. Die
Vietnamreise wurde in der Jahresrechnung 2005 auf den Aufwandkonten
"Personalaufwand" und "Übriger Werbeaufwand" verbucht. Als erstellt gelten kann
zudem, dass kein Privatanteil ausgeschieden wurde (vgl. Urteil E. 3c S. 29).
Vielmehr nahm erst die Steuerbehörde eine Aufrechnung im Umfang von Fr.
12'000.-- vor. Die Angaben des Beschwerdeführers zur Vietnamreise sind in hohem
Grade widersprüchlich, da er die Kosten einerseits als "Personalaufwand" und
"Übriger Werbeaufwand" verbuchte. Andererseits machte er geltend, die Reise sei
im Hinblick auf eine Gesellschaftsgründung vorgenommen worden, d.h. im
Interesse seiner Kunden. Nähere Angaben dazu blieb er allerdings schuldig.
Schliesslich behauptete er auch, es sei ein Privatanteil von Fr. 12'000.--
ausgeschieden worden, womit er den privaten Charakter der Reise an sich
anerkannte. Der Beschwerdeführer stellt zudem nicht infrage, dass es sich bei
seinen Reisebegleitern um persönliche Bekannte handelte, sondern wendet sich
ausschliesslich gegen das von der Vorinstanz erwähnte gemeinsame Autohobby
(Beschwerde S. 7 f.). In Anbetracht dieser Umstände durfte die Vorinstanz ohne
Willkür davon ausgehen, es habe sich um eine private Reise nach Vietnam
gehandelt.
Der Beschwerdeführer unterlässt es auch im bundesgerichtlichen Verfahren, den
behaupteten Zweck der Gesellschaftsgründung näher zu substanziieren. Hätte
tatsächlich erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gegeben, wären die
neuen Tatsachen zulässig gewesen (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG).

1.5. Als Beweislastregel bedeutet der Grundsatz in dubio pro reo, dass es Sache
der Anklagebehörde ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen. Der Grundsatz
ist verletzt, wenn der Strafrichter einen Angeklagten (einzig) mit der
Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Dies prüft
das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 127 I 38 E. 2a mit Hinweis). Die
Vorinstanz stellt für die Verurteilung wegen Steuerbetrugs insbesondere auf die
Buchhaltungsunterlagen und die Aussagen des teilweise geständigen
Beschwerdeführers ab. Nach der Rechtsprechung ist es mit der Unschuldsvermutung
unter gewissen Umständen vereinbar, das Aussageverhalten der beschuldigten
Person in die Beweiswürdigung miteinzubeziehen. Dies ist der Fall, wenn sich
der Beschuldigte weigert, zu seiner Entlastung erforderliche Angaben zu machen,
bzw. wenn er es unterlässt, entlastende Behauptungen näher zu substanziieren,
obschon eine Erklärung angesichts der belastenden Beweiselemente
vernünftigerweise erwartet werden darf (Urteil 6B_453/2011 vom 20. Dezember
2011 E. 1.6 mit Hinweisen). Die Vorinstanz stützt den Schuldspruch nicht auf
den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Sie
geht nicht davon aus, dieser habe seine Unschuld zu beweisen. Der Grundsatz in
dubio pro reo ist nicht verletzt.

2.
Der Beschwerdeführer beanstandet, die Vorinstanz handle unredlich, da sie
Fragen aufwerfe und Behauptungen aufstelle, ohne ihn anlässlich der
Beweisaufnahme mit solchen Unterstellungen konfrontiert zu haben. Der Einwand
ist unbegründet. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Vorinstanz nicht an
die Sachverhaltsfeststellung des Amtsgerichts gebunden war, sondern die Beweise
selber würdigen durfte und musste. Er wusste, was ihm vorgeworfen wurde, und
hatte anlässlich der mündlichen Verhandlung vor Obergericht zudem Gelegenheit,
sich zu den Vorwürfen zu äussern.

3.
Nicht einzutreten ist auf die vom Beschwerdeführer pauschal gerügte Verletzung
der Art. 58 ff. des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte
Bundessteuer (DBG; SR 642.11) und Art. 24 ff. des Bundesgesetzes vom 14.
Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden (StHG; SR 642.14). Inwiefern die Vorinstanz die genannten
Bestimmungen missachtet haben könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Die
Beschwerde genügt in diesem Punkt den Begründungsanforderungen nicht (Art. 42
Abs. 2 BGG).

4.
Die Anträge betreffend die Neuverteilung der Verfahrens- und Parteikosten sowie
die Zusprechung einer Genugtuung begründet der Beschwerdeführer ausschliesslich
mit dem beantragten Freispruch. Bezüglich des Schadenersatzbegehrens weist die
Vorinstanz darauf hin, dass der Beschwerdeführer seine Forderung nicht näher
substanziierte. Sie spricht ihm für den teilweisen Freispruch dennoch eine
reduzierte Entschädigung von Fr. 1'000.-- zu, da er dreimal je ca. einen halben
Tag zu einer Einvernahme bzw. zu Verhandlungen erscheinen musste (Urteil S.
36). Der Beschwerdeführer setzt sich damit nicht auseinander und legt nicht
dar, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer mangelnden Substanziierung des
Schadenersatzanspruchs ausgegangen. Auf die ungenügend begründete Rüge ist
nicht einzutreten.

5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Juli 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld

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