Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.191/2013
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_191/2013

Urteil vom 21. März 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Edwin Allgaier,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510
Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Verstoss gegen die Bodensee-Schifffahrts-Ordnung, BSO; Willkür,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 29. Oktober 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X.________ wird vorgeworfen, am 21. August 2011, um 15.45 Uhr, mit einem
selbstgebauten Schiff mit Motor auf dem Rhein bei Diessenhofen unterwegs
gewesen zu sein, wobei er weder einen Schiffsausweis noch eine
Haftpflichtversicherung habe vorweisen können. Das Obergericht des Kantons
Thurgau verurteilte ihn am 29. Oktober 2012 im Berufungsverfahren in Anwendung
von Art. 46 in Verbindung mit Art. 50 Abs. 1 des Binnenschifffahrtsgesetzes
(BSG; SR 747.201) in Verbindung mit Art. 14.01 Abs. 1 der
Bodensee-Schifffahrts-Ordnung (BSO; SR 747.223.1) sowie Art. 153 der
Binnenschifffahrtsverordnung (BSV; SR 747.201.1) zu einer Busse von Fr. 200.--
bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen.

Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht, er sei freizusprechen.

2.
Der angefochtene Entscheid wurde dem Beschwerdeführer am 17. Dezember 2012
zugestellt. Unter Berücksichtigung der Gerichtsferien lief die Beschwerdefrist
von Art. 100 Abs. 1 BGG am 1. Februar 2013 ab. Die ergänzenden Bemerkungen vom
4. Februar 2013 (act. 3) sind verspätet.

3.
Gemäss den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz fuhr der
Beschwerdeführer auf dem schweizerischen Teil des Rheins. Er habe dies vor der
Staatsanwältin von sich aus, ohne danach gefragt worden zu sein, zugegeben und
mit seiner Unterschrift bestätigt (Entscheid S. 7 E. 4e). Diese Beweiswürdigung
kann vor Bundesgericht nur angefochten werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9
BV ist. Die angebliche Willkür ist in der Beschwerde präzise zu rügen, und die
Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer bringt vor,
er habe nie eingeräumt, auf Schweizer Gebiet gefahren zu sein. An der im
angefochtenen Entscheid zitierten Stelle hat er indessen ausgesagt und mit
seiner Unterschrift bestätigt, er wolle "nicht bestreiten", dass er "auf
Thurgauischem Gewässer gefahren" sei (KA act. 50). Indem die Vorinstanz auf
diese Aussage abstellte, verfiel sie nicht in Willkür.
Die Vorinstanz führt in tatsächlicher Hinsicht aus, der Beschwerdeführer habe
keinen Wohnsitz in der Schweiz, während sich der gewöhnliche Standort der
Schiffskonstruktion aufgrund mehrerer Indizien im Kanton Schaffhausen befinde
(Entscheid S. 9/10 E. 7). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, inwieweit die
Beweise "willkürlich zuungunsten" des Beschwerdeführers gewürdigt worden wären.
Insoweit genügt die Eingabe den Begründungsanforderungen nicht.

Der Beschwerdeführer bringt zum Sachverhalt vor, der Motor sei nicht in Betrieb
gewesen, wie es für einen Schuldspruch erforderlich gewesen wäre. Vor der
Vorinstanz hat er dies nicht geltend gemacht (Entscheid S. 8 E. 6). Da nicht
erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gab, ist die neue Behauptung
unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das in Frage stehende Wassergefährt sei
nicht zulassungspflichtig gewesen und habe keine Haftpflichtversicherung
benötigt. Die Vorinstanz hat sich dazu geäussert, worauf verwiesen werden kann
(Entscheid S. 9 E. 7c und d).

4.1 Gemäss Art. 14.01 Abs. 1 BSO dürfen Fahrzeuge mit Maschinenantrieb nur in
Betrieb genommen werden, wenn sie durch die zuständige Behörde zugelassen sind.
Eine minimale Stärke der Antriebskraft ist in der BSO nicht vorgesehen. Im
Übrigen stellt die Vorinstanz fest, der vom Beschwerdeführer verwendete Motor
von 175 Watt sei ein Motor im Rechtssinn, und verweist darauf, dass im Handel
Bootsmotoren mit einer Leistung von nur 120 Watt angeboten werden. Mit der
unsubstanziierten Behauptung, sein Mini-Motor sei einem Haushaltsquirl
vergleichbar und nur als Rettungsmittel vorgesehen gewesen, vermag der
Beschwerdeführer nicht darzulegen, dass die Annahme der Vorinstanz unrichtig
wäre.

In Art. 14.01 Abs. 1 BSO ist generell von "Fahrzeugen" die Rede. Der Hinweis
des Beschwerdeführers, sein Gerät werde nicht ausdrücklich genannt und die
Vorinstanz habe deshalb gegen das Analogieverbot im Strafrecht verstossen, ist
unbegründet.

4.2 In Bezug auf die fehlende Haftpflichtversicherung macht der
Beschwerdeführer geltend, auf deutscher Seite sei eine solche nicht
erforderlich. Dies ändert nichts daran, dass die Schweiz die Zulassung eines
Fahrzeugs von einer solchen abhängig machen darf (Entscheid S. 9 lit. c mit
Hinweisen).

4.3 Gemäss Art. 46 BSG wird bestraft, wer ein Schiff ohne den erforderlichen
Schiffsausweis und ohne die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung führt.
Angesichts dieser klaren Strafbestimmung kann von einer "unzulässigen
Vermengung von Justiz und Verwaltungstätigkeit" nicht die Rede sein.

5.
Vor Bundesgericht macht der Beschwerdeführer geltend, er habe in einem
unvermeidbaren Verbotsirrtum gehandelt. Das Bezirksgericht, auf dessen
Erwägungen die Vorinstanz verweist (Entscheid S. 10 FN 49), stellt jedoch zu
Recht fest, er hätte bei Anwendung der nötigen Sorgfalt wissen müssen, dass für
das Führen von Schiffen gesetzliche Vorgaben bestehen. Gegebenenfalls hätte er
sich erkundigen müssen. Dies gilt umso mehr für einen diplomierten Ingenieur,
der selbst konstruierte Geräte verwendet (Urteil Bezirksgericht vom 2. Mai 2012
S. 13/14 E. 7b). Dem ist nichts beizufügen.

6.
Der Beschwerdeführer bemängelt, die Busse sei zu hoch. Da sie im untersten
Bereich des möglichen Rahmens festgesetzt wurde, ist die Rüge offensichtlich
unbegründet.

7.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. März 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn