Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.16/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_16/2013

Urteil vom 26. Februar 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
nebenamtlicher Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
2. Y.________, vertreten durch Rechtsanwältin Marianne Wehrli,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind, Drohung, Betrug; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
vom 25. Oktober 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ wird vorgeworfen, von Juli 2004 bis Januar 2005 sowie von Mitte
August 2008 bis Mitte März 2009 sexuelle Handlungen mit seiner Tochter
(Jahrgang 2004) vorgenommen zu haben. X.________ ist nicht der leibliche Vater,
hat die Tochter indessen anerkannt und ist somit deren gesetzlicher Vater.

Im Weiteren wird X.________ angelastet, er habe der Grossmutter der Tochter und
deren Lebenspartner am 25. Januar 2009 angedroht, er werde sie umbringen, wenn
die Tochter zu einer Pflegefamilie komme. Schliesslich habe er am 11. September
2007 in einem Geschäft an seinem Wohnort eine Motorsäge gekauft, obschon er
wusste, dass er den Kaufpreis nicht werde begleichen können.

B.
Das Bezirksgericht Brugg erklärte X.________ am 13. September 2011 der
mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind, der Drohung und des Betruges
schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft. Ferner
entschied es über die Zivilforderungen.

Gegen diesen Entscheid erhoben X.________ und seine Tochter Berufung beim
Obergericht des Kantons Aargau. Dieses bestätigte mit Urteil vom 25. Oktober
2012 das erstinstanzliche Urteil im Schuld- und Strafpunkt und verpflichtete
X.________ zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 25'000.-- nebst Zins zu 5 %
seit dem 1. Dezember 2008 an die Tochter.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben, und die Sache sei mit der Auflage, den prozessualen
Anträgen sei vollumfänglich nachzukommen, an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
1.1 Anfechtungsobjekt der Beschwerde in Strafsachen ist der letztinstanzliche
kantonale Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG). Soweit sich die Vorbringen des
Beschwerdeführers auf das erstinstanzliche Urteil beziehen (vgl. Beschwerde S.
6-7), ist darauf nicht einzutreten.

1.2 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie als willkürlich im Sinne von Art. 9 BV
erscheint (BGE 136 II 304 E. 2.4 mit Hinweis). Die Rüge der Willkür prüft das
Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit, als sie in der
Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert begründet worden ist. In der
Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene
Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine
bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 136 II 489 E. 2.8; 136 I 49 E. 1.4.1; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2;
133 IV 286 E. 1.4; 133 II 249 E. 1.4.2; je mit Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verurteilung wegen mehrfacher
sexueller Handlungen mit einem Kind (Beschwerde S. 4-9).
2.1
2.1.1 Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer habe im Juli 2004
versucht, mit seinem Glied in die Vagina der Tochter einzudringen. Er habe ihre
Beinchen gespreizt und die Schamlippen auseinandergedrückt. Nachdem ihn die
Mutter des Säuglings am Eindringen gehindert hatte, habe er in dessen Mund
ejakuliert. Im Herbst 2004 und im Januar 2005 habe er abermals in den Mund der
Tochter ejakuliert. Für diese Feststellungen stützt sich die Vorinstanz auf die
Aussagen der Mutter des Säuglings und damaligen Lebenspartnerin des
Beschwerdeführers. Sie prüft deren Glaubwürdigkeit sowie die Glaubhaftigkeit
ihrer Angaben (angefochtenes Urteil S. 16-19). Die Aussagen des
Beschwerdeführers wertet sie als Schutzbehauptungen. Für die Erfüllung des
Tatbestands sei es unerheblich, ob der Beschwerdeführer ejakuliert habe. Aus
dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern gehe hervor,
dass beim Klinefelter-Syndrom, an welchem der Beschwerdeführer leide, die
Spermienproduktion ausbleibe. Die übrigen Bestandteile des Ejakulats seien
jedoch vorhanden. Der Austritt auch nur einer geringen Menge Flüssigkeit könne
durchaus als Ejakulat interpretiert worden sein. Dass irgendeine Flüssigkeit
aus dem Glied des Beschwerdeführers austreten könne, werde durch Aussagen der
Tochter bestätigt (angefochtenes Urteil S. 19-22 E. 3.5.5).
2.1.2 Weiter stellt die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführer habe von August
2008 bis März 2009 mehrfach sein Glied an Vagina, Anus und Mund der Tochter
gerieben. Zudem habe er sie gezwungen, sein Glied mit den Händen zu
stimulieren. Die Vorinstanz würdigt die Aussagen der Tochter, ihrer Grossmutter
sowie der Pflegemutter und deren Tochter. Ausführlich prüft sie die
Glaubhaftigkeit der Aussagen der Tochter. Dabei berücksichtigt sie die erhöhte
Suggestionsgefahr bei einem Kind im Vorschulalter und schliesst
fremdsuggestiven Einfluss aus. Die Aussagen des Beschwerdeführers erachtet sie
als unglaubhaft (angefochtenes Urteil S. 23-28).

2.2 Der Beschwerdeführer beschränkt sich in seiner Beschwerde darauf, seinen
Standpunkt wie im kantonalen Verfahren darzulegen und geltend zu machen, er sei
aufgrund seiner Erkrankung nicht zu einer Ejakulation fähig. Dabei setzt er
sich nicht mit den einlässlichen Erwägungen des angefochtenen Urteils
auseinander. Dies ist nicht geeignet, offensichtlich erhebliche und nicht zu
unterdrückende Zweifel daran darzutun, dass sich der Anklagesachverhalt
verwirklicht hat. Für die Begründung von Willkür genügt nicht, dass das
angefochtene Urteil mit der Darstellung des Beschwerdeführers nicht
übereinstimmt oder eine andere Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder
gar vorzuziehen wäre (BGE 135 II 356 E. 4.2.1; 134 I 140 E. 5.4; 127 I 54 E. 2b
mit Hinweisen). Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger
Rechtsprechung u.a. nur vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer
schlechterdings unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht oder
mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 138 I 49 E.
7.1; 138 V 74 E. 7; 137 I 1 E. 2.4; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer
hätte substantiiert darlegen müssen, inwiefern die tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar sind oder mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch stehen und die vorhandenen Beweise andere
Schlussfolgerungen geradezu aufdrängen. Diesen Anforderungen genügt die
Beschwerde nicht. Seine Vorbringen erschöpfen sich in unzulässiger
appellatorischer Kritik, auf die das Bundesgericht nicht eintritt (E. 1.2).

3.
Der Beschwerdeführer beanstandet den Schuldspruch wegen Drohung (Beschwerde S.
10-11).

3.1 Die Vorinstanz stellt gestützt auf die Erwägungen im erstinstanzlichen
Urteil fest, der Beschwerdeführer sei am 25. Januar 2009 anlässlich der
Übergabe seiner Tochter ausgerastet und habe der Grossmutter des Kindes und
ihrem Lebenspartner damit gedroht, er werde sie umlegen und ihnen die Köpfe
einschlagen, wenn man ihm seine Tochter wegnehme und sie in einer Pflegefamilie
platziere. Die Vorinstanz würdigt die Aussagen der Grossmutter und ihres
Lebenspartners und erachtet sie als glaubhaft. Ausserdem würden ihre Angaben
gestützt durch die Aussage eines Mitglieds der Vormundschaftsbehörde, das beim
Vorfall zugegen gewesen sei. In antizipierter Beweiswürdigung nimmt die
Vorinstanz zudem an, die Befragung der schon im Ermittlungsverfahren von der
Kantonspolizei einvernommenen Sozialarbeiterin der Vormundschaftsbehörde würde
zu keinem anderen Ergebnis führen (angefochtenes Urteil S. 10, 30-32 E. 4).

3.2 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Kontext der angeblichen
Drohung ausser Acht gelassen. Die Eltern der Kindsmutter hätten alles daran
gesetzt, seine Tochter aus seinem Lebenskreis zu entfernen. Es stehe weder
fest, dass er eine Drohung ausgesprochen habe, noch dass die angeblichen
Adressaten in Angst und Schrecken versetzt worden wären. Ausserdem verletze die
Abweisung seines Antrags auf Einvernahme der Sozialarbeiterin der Gemeinde,
welche bei der fraglichen Übergabe des Kindes anwesend war, seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör (Beschwerde S. 10 f.).

3.3 Der Beschwerdeführer beschränkt sich auch in diesem Punkt darauf, seinen im
kantonalen Verfahren vorgetragenen Standpunkt zu wiederholen. Inwiefern die
vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sein soll, legt er nicht dar.
Dasselbe gilt, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrags auf Befragung der
Sozialarbeiterin der Gemeinde wendet. Seine Vorbringen erschöpfen sich
insgesamt in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil
(E. 1.2).

4.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verurteilung wegen Betruges
(Beschwerde S. 12).

4.1 Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer habe am 11. September 2007
eine Motorsäge im Wissen darum gekauft, dass er den Kaufpreis nicht würde
bezahlen können. Auf diese Weise habe er über seinen Zahlungswillen und seine
Zahlungsfähigkeit getäuscht. Zwar habe er die Geschädigte darüber aufgeklärt,
dass er nicht den ganzen Kaufpreis auf einmal bezahlen könne, worauf ihm jene
Ratenzahlung gewährt habe. Da er bei der Geschädigten bereits früher Waren
bezogen und immer bezahlt habe, habe er aber davon ausgehen können, dass diese
keine Abklärungen über seine Zahlungsfähigkeit treffen würde (angefochtenes
Urteil S. 34-38 E. 5).

4.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Geschädigte habe um seine desolate
finanzielle Situation gewusst. Er sei gar nicht in der Lage gewesen, die ihm
gegen Ratenzahlung aufgeschwatzte Motorsäge zu bezahlen (Beschwerde S. 12).

4.3 Des Betrugs nach Art. 146 StGB macht sich strafbar, wer in der Absicht,
sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch
Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt und so den
Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen
andern am Vermögen schädigt. Als Täuschung gilt jedes Verhalten, das darauf
gerichtet ist, bei einem andern eine von der Wirklichkeit abweichende
Vorstellung hervorzurufen. Die Vorspiegelung des Leistungswillens ist nach der
Rechtsprechung grundsätzlich arglistig, weil sie eine innere Tatsache betrifft,
die vom Vertragspartner nicht direkt überprüft werden kann. Arglist scheidet
indes aus, soweit die Behauptung des Erfüllungswillens mittels Nachforschungen
über die Erfüllungsfähigkeit überprüfbar ist und sich aus der möglichen und
zumutbaren Prüfung ergeben hätte, dass der andere zur Erfüllung nicht fähig ist
(BGE 118 IV 359 E. 2 mit Hinweisen).

4.4 Soweit der Beschwerdeführer von der vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellung abweicht, ist auf seine Beschwerde nicht einzutreten.
Er tut nicht dar, weshalb die Beweiswürdigung der Vorinstanz willkürlich ist
(vgl. E. 1.2 vorstehend).

Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Die Vorinstanz hält zutreffend fest
(angefochtenes Urteil S. 37-38 E. 5.5.3), es sei nicht zu erwarten gewesen,
dass die Geschädigte die Zahlungsfähigkeit des Beschwerdeführers überprüfen
werde, da sie ihn kannte und er bereits früher Kunde bei ihr war. Der Schluss
der Vorinstanz, das Tatbestandsmerkmal der Arglist sei erfüllt, verletzt kein
Bundesrecht.

5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der
Beschwerdeführer hat ausgangsgemäss die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1
BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit
der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist
bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Februar 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Boog