Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.127/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_127/2013

Urteil vom 3. September 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________ S.A.,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Isenring,
Beschwerdeführerin,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nichtanhandnahme einer Untersuchung (Betrug),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 20. Dezember 2012.

Sachverhalt:

A.

 Die X.________ S.A. ist eine Gesellschaft mit Sitz in Panama und einer c/
o-Adresse bei einem Finanzinstitut in Genf. Sie erstattete am 23. Juli 2010
Strafanzeige gegen A.________, B.________ und C.________ wegen Betruges. Der
Anzeige liegt ein Kaufgeschäft zwischen der X.________ S.A. und der D.________
Ltd., einer von den drei Beschuldigten kontrollierten Unternehmung, mit Sitz in
Moskau, über 500,48 Gramm des stabilen Isotops SE-74 zugrunde. Die X.________
S.A. bezahlte für das Isotop einen Preis von insgesamt USD 8'327'820.--, wobei
die betragsmässig grösste Zahlung im Umfang von USD 7'502'500.-- von Zürich aus
erfolgte. Die X.________ S.A. warf den Beschuldigten vor, ihrem Direktor
E.________ in einem regelrechten Lügengebäude vorgetäuscht zu haben, für das
Isotop SE-74 bestehe eine grosse Nachfrage und es sei gewinnbringend
veräusserbar. In Wirklichkeit handele es sich um ein praktisch wertloses
Produkt.

B.

 Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, Abteilung Wirtschaftsdelikte,
nahm mit Verfügung vom 20. März 2012 die Strafuntersuchung gegen die drei
Beschuldigten nicht an die Hand. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde
wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 ab.

C.

 Die X.________ S.A. führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Sie
beantragt, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft
III des Kantons Zürich sei anzuweisen, ein Strafverfahren gegen A.________,
B.________ und C.________ zu eröffnen oder das Strafverfahren an die
Staatsanwaltschaft des Kantons Genf abzutreten. Eventualiter sei die Sache zu
neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.

 Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Stellungnahme verzichtet. Die
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt in ihrer Vernehmlassung die
Abweisung der Beschwerde. Die X.________ S.A. hat dazu Stellung genommen.

Erwägungen:

1.

 Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor
der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme
erhalten (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder
Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Nach Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 5 BGG wird der Privatklägerschaft ein rechtlich geschütztes Interesse
zuerkannt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer
Zivilansprüche auswirken kann. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass die
Privatklägerin bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Bei
Nichtanhandnahme oder Einstellung der Strafuntersuchung wird auf dieses
Erfordernis verzichtet. In diesen Fällen muss im Verfahren vor Bundesgericht
aber dargelegt werden, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid
inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann (BGE 137 IV 246 E. 1.3.1).

 Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Sie hat
Strafanzeige wegen Betrugs gestellt, einen Schaden von USD 8'327'820.-- geltend
gemacht und die Beschlagnahme von Vermögenswerten der Beschuldigten zwecks
Einziehung und Verwendung zu ihren Gunsten gemäss Art. 73 StGB beantragt. Dies
genügt für die Bejahung der Legitimation nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5
BGG.

2.

 Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (vgl.
dazu Art. 95 ff. BGG). Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer
wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids
auseinandersetzt (BGE 134 II 244 E. 2.1). Die massgeblichen Ausführungen müssen
in der Beschwerdeschrift selber enthalten sein. Ein Verweis auf frühere
Rechtsschriften oder auf die Verfahrensakten ist unzulässig (vgl. BGE 133 II
396 E. 3.1, mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin auf die Strafanzeige
und die im kantonalen Verfahren erhobene Beschwerdeschrift verweist (Beschwerde
S. 4 und 10), ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten.

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 3 und 8 StGB sowie
von Art. 310 StPO. Sie macht geltend, es stehe nicht eindeutig fest, dass keine
schweizerische Strafhoheit bestehe. Beim grenzüberschreitenden Betrug kämen für
die Bestimmung der schweizerischen Gerichtsbarkeit sowohl der Ort, wo die
beabsichtigte Bereicherung eintreten soll, als auch der Ort der schädigenden
Vermögensdisposition in Frage. Dem Ort der Vermögensverfügung komme das gleiche
Gewicht zu wie demjenigen der arglistigen Täuschung, der Irrtumserregung, oder
des Vermögensschadens. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz sei
der einzelzeichnungsberechtigte E.________ den Darlehensvertrag zur
Finanzierung des Geschäfts mit der D.________ in Genf eingegangen, wo auch
seine Büros lägen. Die Vorinstanz hätte das Verfahren somit eröffnen und nach
Genf abtreten müssen (Beschwerde S. 6 f.).

 Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, der Kaufpreis für das Isotop SE-74
sei von der F.________ Bank AG, Zürich, über die G.________, Zürich, auf ein
ausländisches Konto der D.________ überwiesen worden. Damit sei die schädigende
Vermögensdisposition zusätzlich auch in Zürich erfolgt (Beschwerde S. 7 ff.).
Damit seien die Voraussetzungen für eine Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung
gemäss Art. 310 StPO nicht erfüllt. Die Vorinstanz habe sich ausschliesslich
auf die Darstellung der Beschwerdegegnerin gestützt, ohne E.________ je
angehört zu haben. Dieser habe stets beteuert und mit diversen Unterlagen
belegt, dass die Vertragsverhandlungen betreffend den Kauf des Isotop SE-74 in
Zürich stattgefunden hätten. Dort sei er mithin auch getäuscht worden und habe
die massgeblichen Verträge unterzeichnet (Beschwerde S. 8 ff.).

 Im Eventualstandpunkt macht die Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz
habe die Frage offengelassen, ob eine allfällige Strafverfolgung durch die
russischen Behörden oder die Mitverantwortung des Opfers der Eröffnung eines
Strafverfahrens entgegenstehe. Soweit das Bundesgericht dieser Frage
entscheidende Bedeutung beimessen sollte, sei die Sache zur Entscheidung
hierüber an die Vorinstanz zurückzuweisen (Beschwerde S. 10 f.).

3.2. Die Strafanzeige nennt als täuschende Handlungen die Darstellung der
D.________ als staatlichen Betrieb, die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten
in einem Staatsgebäude, die angeblich hohe Reputation der Beschuldigten,
namentlich von A.________ als Experte für Isotope in Russland, die
Vorspiegelung eines existierenden Marktes und eines hohen Marktwertes des
Isotops SE-74 durch Weiterleitung fiktiver Kaufofferten sowie die Zusicherung
eines Exklusivkaufrechts.

 Die Staatsanwaltschaft nimmt an, diese Täuschungshandlungen seien nicht in
Zürich, sondern in Moskau ausgeführt worden. Selbst wenn man annehmen wollte,
dass E.________ den Kaufvertrag für die Beschwerdeführerin in Zürich
unterzeichnet hätte, könnte dies den Zürcher Gerichtsstand nicht begründen, da
der Vertragsschluss nur als das letzte Element einer ganzen Kette verschiedener
Täuschungshandlungen erscheine. Zudem befinde sich auch der Ort des
Deliktserfolgs nicht in der Schweiz, sondern in Moskau (Sitz der D.________
[Ort der Bereicherung]) oder in Panama (Sitz der Beschwerdeführerin [Ort der
Entreicherung]) resp. auf den Cayman Islands (Sitz der Darleiherin [Ort der
Entreicherung]). Die Überweisung des Kaufpreises von einer Schweizer Bank aus
sei nebensächlich und stelle ebenfalls keinen genügenden Anknüpfungspunkt für
die schweizerische Strafgerichtsbarkeit dar. Zudem habe die Beschwerdeführerin
am 30. August 2010 eine Strafanzeige bei den Behörden in Moskau eingereicht.
Auch aus diesem Grund bestehe kein Raum mehr für ein Schweizer Strafverfahren.
Schliesslich sei das Tatbestandsmerkmal der Arglist nicht erfüllt, da die
Beschwerdeführerin jegliche eigene Abklärungen unterlassen und damit die
minimalste Vorsicht nicht beachtet habe (angefochtener Beschluss S. 3;
Nichtanhandnahmeverfügung vom 20. März 2012 [Urk. 3/1]).

3.3. Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, ein Anknüpfungspunkt im Sinne von Art.
8 Abs. 1 StGB sei gestützt auf das Territorialprinzip (Art. 3 StGB) nicht
gegeben. Die mutmasslich begangene Straftat habe wahrscheinlich an mehreren
Orten stattgefunden. Aus der Strafanzeige ergäben sich indes nicht genügend
Hinweise dafür, dass die Tat auf schweizerischem Staatsgebiet ausgeführt worden
sei. Die aus dem Zeitraum vor Abschluss des Hauptvertrages vom 25. April 2007
stammenden Belege, namentlich zwei Hotelrechnungen und ein Zugticket, seien
nicht stichhaltig. Zudem seien sowohl der Hauptvertrag als auch die beiden
Zusatzverträge vom 4. Juni 2008 und vom 8. Juli 2008 unter Abwesenden
geschlossen worden. Dies folge bezüglich des Hauptvertrags aus den Angaben der
Beschwerdeführerin selbst und bezüglich der Zusatzverträge aus den Stempeln
neben der Unterschrift der Beschuldigten. Wo E.________ die Verträge
unterschrieben habe, sei unerheblich, da es bei der Bestimmung des
Ausführungsortes nicht auf die Handlungen des Getäuschten, sondern auf
diejenigen der Täter ankomme. Dass die Beschuldigten das Isotop SE-74 in die
Schweiz gebracht, im Zollfreilager Zürich gelagert und der Beschwerdeführerin
in Zürich übergeben hätten, bilde keinen Anknüpfungspunkt für die
schweizerische Zuständigkeit. Weder die Lagerung des Kaufgegenstandes in Zürich
noch dessen Übergabe an die Beschwerdeführerin seien Täuschungshandlungen
(angefochtener Beschluss S. 8 ff.). Der Ort des Eintritts des Vermögensschadens
liege in Panama, der Erfolgsort der Bereicherung in Russland. Wo der Irrtum
eingetreten sei, lasse sich nicht feststellen. In der Schweiz (Genf) liege
einzig der Ort der Vermögensdisposition, d. h. der Ort, wo die
Beschwerdeführerin bzw. der für sie handelnde E.________ den Darlehensvertrag
zur Finanzierung des Geschäfts mit der D.________ eingegangen sei. Soweit
dieser Ort als Erfolgsort anerkannt werde, erscheine er im Zusammenhang der
Geschehensabläufe als derart untergeordnet, dass sich sachlich nicht
rechtfertige, einzig aufgrund dieses Ortes die Zuständigkeit der Schweizer
Behörden zur Strafverfolgung zu bejahen. Schliesslich vermöge auch die
Überweisung des Kaufpreises von einem Konto der Darleiherin bei einer Bank mit
Sitz in Zürich auf ein ausländisches Konto der D.________ die schweizerische
Gerichtsbarkeit nicht zu begründen (angefochtener Beschluss S. 12 f.).

4.

4.1. Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine
Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus
der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender
Tatverdacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine
Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4
StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die
Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des
Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die
Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a) oder wenn
Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b). Hat die Staatsanwaltschaft eine
Untersuchung eröffnet, stellt sie gemäss Art. 319 Abs. 1 StPO das Verfahren
ein, wenn u.a. kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt
(lit. a), oder wenn kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b).

 Die Frage, ob ein Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörde über eine
Nichtanhandnahme erledigt werden kann, beurteilt sich nach dem aus dem
Legalitätsprinzip abgeleiteten Grundsatz "in dubio pro duriore" (Art. 5 Abs. 1
BV und Art. 2 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 319 Abs. 1 und Art. 324 Abs. 1 StPO; BGE
138 IV 86 E. 4.2). Danach darf eine Nichtanhandnahme durch die
Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO nur in
sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen ergehen, so bei offensichtlicher
Straflosigkeit, wenn der Sachverhalt mit Sicherheit nicht unter einen
Straftatbestand fällt, oder bei eindeutig fehlenden Prozessvoraussetzungen. Im
Zweifelsfall, wenn die Nichtanhandnahmegründe nicht mit absoluter Sicherheit
gegeben sind, muss das Verfahren eröffnet werden. Dementsprechend darf keine
Nichtanhandnahme verfügt werden, wenn die Staatsanwaltschaft zur Prüfung der
Nichtanhandnahmegründe vorgängig Untersuchungshandlungen durchführen muss.
Ergibt sich nach durchgeführter Untersuchung, dass kein Straftatbestand erfüllt
ist, kann die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gestützt auf Art. 319 StPO
einstellen (vgl. BGE 138 IV 86 E. 4.1; 137 IV 219 E. 7 und 285 E. 2.3; ESTHER
OMLIN, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2011, Art. 310 StPO N 8).

4.2.

4.2.1. Gemäss Art. 3 Abs. 1 StGB ist dem Schweizerischen Strafgesetzbuch
unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt. Nach
Art. 8 Abs. 1 StGB (aArt. 7 Abs. 1 StGB) gilt ein Verbrechen oder ein Vergehen
als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt,
und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Fallen Handlungs- und Erfolgsort
auseinander (Distanzdelikte), bestehen somit mehrere Tatorte, denen dasselbe
Gewicht zukommt. Dies ergibt sich aus der tatbeständlichen Einheit von Handlung
als Verwirklichung des Tatvorsatzes und Erfolg als Beeinträchtigung des
geschützten Rechtsguts. Die Anerkennung des Erfolgsorts als Tatort beruht auf
dem Gedanken, dass die Anwendung des inländischen Strafrechts zum Schutz der im
Inland gelegenen Rechtsgüter auch dann geboten ist, wenn diese durch eine
Handlung im Ausland angegriffen werden (vgl. Martin Böse, in: Nomos Kommentar,
Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 2013, Bd. 1, § 9 N 2; Gerhard Werle/Florian
Jessberger, Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Aufl., Berlin 2006 ff. §
9 N 3; für den Erfolgsort als bloss subsidiäres Anknüpfungskriterium Popp/
Keshelava, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, Art. 8 StGB N 9).

 Als Ausführung der Tat gilt jedes einzelne tatbestandsmässige Verhalten. Dabei
genügt bereits eine teilweise Erfüllung des Tatbestands auf schweizerischem
Gebiet, nicht aber der Entschluss der Tat oder die blosse Vorbereitungshandlung
(BGE 119 IV 250 E. 3c S. 253; Urteil des Bundesgerichts 6B_74/2011 vom 13.
September 2011 E. 2; ferner Ursula Cassani, Die Anwendbarkeit des
schweizerischen Strafrechts auf internationale Wirtschaftsdelikte, ZStrR 114/
1996 S. 245; vgl. auch Christian Schwarzenegger, Handlungs- und Erfolgsort beim
grenzüberschreitenden Betrug, in: Wirtschaft und Strafrecht, Festschrift für
Niklaus Schmid zum 65. Geburtstag, 2001, S. 149 f.). Erfolg ist der als Merkmal
im Tatbestand umschriebene, räumlich und zeitlich vom Täterverhalten
abtrennbare Aussenerfolg des Delikts (BGE 105 IV 326; vgl. auch Trechsel/Vest,
Schweizerisches Strafgesetzbuch Praxiskommentar, 2. Aufl., 2013, Art. 8 N 6).

 Nach der Rechtsprechung erscheint es im internationalen Verhältnis zur
Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte grundsätzlich als geboten, auch in
Fällen ohne engen Bezug zur Schweiz die schweizerische Zuständigkeit zu
bejahen. Selbst bei einer weiten Anwendung des in Art. 8 StGB verankerten
Ubiquitätsprinzips, wonach entweder der Handlungs- oder der Erfolgsort in der
Schweiz liegen muss, bleibt allerdings ein Anknüpfungspunkt zur Schweiz
unabdingbar. Als solcher genügt namentlich, dass im Ausland ertrogene Gelder
auf einem Schweizer Bankkonto gutgeschrieben werden (BGE 133 IV 171 E. 6.3).

4.2.2. Ein Betrug im Sinne von Art. 146 StGB gilt als dort ausgeführt, wo der
Täter jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen oder unter
Ausnützung eines Irrtums zu einem Verhalten bestimmt, das den sich Irrenden
oder einen Dritten am Vermögen schädigt (vgl. Nay/Thommen, in: Basler Kommentar
zum StGB, 2. Aufl., Art. 340 N 9 [zum Gerichtsstand des Begehungsorts;
aufgehoben mit Wirkung ab 1. Januar 2011]). Bei schriftlichen
Täuschungshandlungen liegt der Ausführungsort dort, wo der Täter die Schrift
geschrieben und versandt hat (vgl. Schweri/Bänziger, Interkantonale
Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., 2004, N 77 und 106). Als Ort
des Erfolgs gilt nach der Rechtsprechung sowohl der Ort der schädigenden
Vermögensverfügung bzw. der Schädigung des Vermögens als auch derjenige, an dem
die beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist oder hätte eintreten sollen (BGE
125 IV 177 E. 2a; 117 Ib 210 E. 3b/cc; 109 IV 1 E. 3c). So gilt der Erfolg als
in der Schweiz eingetreten, wenn das Opfer der Schädigung eine
Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz ist, auch wenn ein Grossteil der
deliktischen Handlung im Ausland verübt wurde (BGE 124 IV 241 E. 4c).

 In der Lehre werden für den Fall, dass Irrtum, Vermögensdisposition und
Vermögensschaden räumlich auseinanderfallen, drei Erfolgsorte, nämlich
derjenige des Irrtums, der Vermögensverfügung und des Eintritts des
Vermögensschadens unterschieden (Schwarzenegger, a.a.O., S. 155; Andreas Hoyer,
in: Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Jürgen Wolter,
Frankfurt a.M., 8. Aufl. [Stand 136. Lfg. Oktober 2012], § 9 N 6; vgl. auch
Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 8 N 6). Dabei wird die Vermögensdisposition als
Ausführungshandlung des Verletzten verstanden, die ein Tatbestandsmerkmal
verwirklicht und vom Tatbestand mithin als (Zwischen-) Erfolg erfasst wird.
Entscheidend ist danach der Aufenthaltsort (die physische Präsenz) des
Verletzten im Moment, in welchem er die Vermögensdisposition vornimmt
(Schwarzenegger, a.a.O., S. 156).

4.3. Die Vorinstanz erwägt in Bezug auf die Vermögensverfügung als
Anknüpfungspunkt, das Bundesgericht habe sich bis anhin noch nicht mit der
Frage auseinandergesetzt, ob der Ort, an welchem die Verfügung vorgenommen
werde, als Erfolgsort gelten könne oder als eine blosse Zwischenwirkung zu
verstehen sei (angefochtener Beschluss S. 6). Wenn die Frage, ob der Ort der
Vermögensdisposition als Erfolgsort gilt, höchstrichterlich noch nicht
entschieden ist und im Schrifttum zudem beachtliche Gründe für eine derartige
Auffassung vorgebracht werden, lässt sich nicht ernsthaft annehmen, die
Zuständigkeit der Schweizer Behörden zur Strafverfolgung sei offensichtlich
nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung kann der Umstand, dass Präjudizien zur
Anwendung des materiellen Strafrechts fehlen, denn auch ein Kriterium
darstellen, das im Zweifel für eine Anklageerhebung spricht (Urteil des
Bundesgerichts 1B_528/2011 23. März 2012 E. 2.4). Ob tatsächlich Anklage
erhoben wird, entscheidet sich in einem differenzierenden Abwägungsprozess, der
die Eröffnung einer Untersuchung voraussetzt.

 Soweit die Vorinstanz annimmt, der Ort der Vermögensverfügung erscheine im
Gesamtkontext als derart nebensächlich und zufällig, dass es sich nicht
rechtfertigen würde, einzig aufgrund dieses Ortes die Zuständigkeit der
Schweizer Behörden zur Strafverfolgung zu bejahen (angefochtener Beschluss S.
12), nimmt sie eine Wertung vor. Auch insofern kann somit nicht gesagt werden,
Schweizer Recht sei mit Sicherheit nicht anwendbar.

 In Bezug auf die Vertragsverhandlungen über den Kauf des Isotop SE-74 ergibt
sich aufgrund der eingelegten Beweise ebenfalls nicht schon von vornherein,
dass diese nicht auch in Zürich geführt wurden und der für die
Beschwerdeführerin handelnde E.________ dort getäuscht wurde. Die Vorinstanz
nimmt eine vorläufige Würdigung der Beweise vor und kommt zum Schluss, auch
wenn nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne, dass alle
Täuschungshandlungen in Moskau ausgeführt worden seien, ergäben sich anhand der
Strafanzeige und den dazu eingereichten Beilagen, namentlich der
Hotelrechnungen und Zugtickets, zumindest nicht genügend klare Anhaltspunkte
dafür, dass Zürich oder ein anderer Ort in der Schweiz als Ausführungsort in
Frage kommen könnte (angefochtener Beschluss S. 8 f.). Wie die
Beschwerdeführerin zutreffend ausführt (Beschwerde S. 9), räumt die Vorinstanz
damit ein, dass durchaus Anhaltspunkte für Zürich als Ausführungsort bestehen,
auch wenn sie diese nicht als stichhaltig erachtet. Bei dieser Sachlage lässt
sich aber ebenfalls nicht annehmen, der Straftatbestand oder die
Prozessvoraussetzungen seien eindeutig nicht erfüllt.

 Die Strafbehörden haben daher die Strafuntersuchung zu Unrecht nicht an die
Hand genommen. Der angefochtene Beschluss verletzt Bundesrecht und die
Beschwerde erweist sich als begründet. Bei diesem Ergebnis muss die
eventualiter vorbrachte Rüge nicht geprüft werden.

5.

 Die Beschwerde ist gutzuheissen. Die Sache ist an die Vorinstanz zur
Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen und an die Staatsanwaltschaft
zur Eröffnung einer Untersuchung zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton
Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren
angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 20. Dezember 2012 aufgehoben und die Sache ans Obergericht zur
Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie an die
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zur Eröffnung einer Untersuchung
zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. September 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Boog

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