Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.99/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_99/2013

Urteil vom 13. Mai 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Chaix,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jonas Krummenacher,

gegen

Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern, Eichwilstrasse 2, Postfach 1662, 6011
Kriens.

Gegenstand
Strafverfahren; Bestellung der amtlichen Verteidigung,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 6. Februar 2013 des Obergerichts des Kantons
Luzern, 2. Abteilung.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern führt gegen X.________ und
mutmassliche Mittäter eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts der
Widerhandlung gegen Art. 19 BetmG (SR 812.121).
Am 20. Dezember 2012 wurde X.________ vorläufig festgenommen und mit Verfügung
des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Luzern vom 23. Dezember 2012 auf
Antrag der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft versetzt. Aus dieser wurde
er schliesslich mit Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 27. März 2013
per 28. März 2013 unter Anordnung von Ersatzmassnahmen entlassen.
Mit Gesuch vom 21. Dezember 2012 beantragte X.________ die Einsetzung von
Rechtsanwalt Jonas Krummenacher als amtlichen Verteidiger. Die
Staatsanwaltschaft wies dieses Gesuch gleichentags ab und setzte am 28.
Dezember 2012 einen anderen Anwalt als amtlichen Verteidiger von X.________
ein.
Mit Beschwerde vom 28. Dezember 2012 focht X.________ den Entscheid der
Staatsanwaltschaft vom 21. Dezember 2012 beim Obergericht des Kantons Luzern
an. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 6. Februar 2013 ab.
Am 12. Februar 2013 beauftragte X.________ Rechtsanwalt Jonas Krummenacher als
zusätzlichen privaten Verteidiger. Am 4. März 2013 stellte die
Staatsanwaltschaft Jonas Krummenacher auf dessen Gesuch hin die Verfahrensakten
zur Einsichtnahme zu.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht vom 11. März 2013 beantragt
X.________, der Beschluss des Obergerichts vom 6. Februar 2013 sei aufzuheben,
und Rechtsanwalt Jonas Krummenacher sei als amtlicher Verteidiger einzusetzen.
Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Des Weiteren ersucht X.________ um unentgeltliche Rechtspflege und
Rechtsverbeiständung.
Das Obergericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. Der
Beschwerdeführer verzichtet auf Bemerkungen zur Stellungnahme des Obergerichts.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft eine Strafsache im Sinne von Art. 78
Abs. 1 BGG und wurde von einer letzten kantonalen Instanz gefällt (Art. 86 Abs.
1 lit. d und Abs. 2 BGG). Er schliesst das Strafverfahren nicht ab. Es handelt
sich somit um einen Zwischenentscheid.

1.2 Unter dem Vorbehalt der hier nicht gegebenen Fälle von Art. 92 BGG ist die
Beschwerde gegen einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid nur zulässig,
wenn dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG) oder - was vorliegend ausser Betracht fällt - die
Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beschwerdeverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sollen das Bundesgericht
entlasten; dieses soll sich möglichst nur einmal mit einer Sache befassen
müssen (BGE 135 II 30 E. 1.3.2 S. 34).

1.3 Von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG wird gesprochen, wenn dieser auch durch ein nachfolgendes günstiges
Urteil nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 135 I 261 E.
1.2 S. 263 mit Hinweisen). In Verfahren der Beschwerde in Strafsachen muss der
nicht wieder gutzumachende Nachteil nicht bloss tatsächlicher, sondern
rechtlicher Natur sein (BGE 136 IV 92 E. 4 S. 95; 133 IV 139 E. 4 S. 141). Kein
nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG liegt
nach der Praxis des Bundesgerichts vor, wenn es einer Partei bloss darum geht,
eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens zu vermeiden (BGE 135 II 30
E. 1.3.4 S. 36).
Der blosse Umstand, dass es sich bei einem Offizialverteidiger nicht (oder
nicht mehr) um den Wunsch- bzw. Vertrauensanwalt des Beschuldigten handelt,
schliesst eine wirksame und ausreichende Verteidigung nicht aus. Die Ablehnung
eines Gesuchs des Beschuldigten um Auswechslung des Offizialverteidigers
begründet daher in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil
im Sinne des Gesetzes (BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263). Anders liegt der Fall,
wenn der amtliche Verteidiger seine Pflichten erheblich vernachlässigt (vgl.
BGE 120 Ia 48 E. 2 S. 50 ff.), wenn die Strafjustizbehörden gegen den Willen
des Beschuldigten und seines Offizialverteidigers dessen Abberufung anordnen (
BGE 133 IV 335 E. 4 S. 339) oder wenn sie dem Beschuldigten verweigern, sich
(zusätzlich zur Offizialverteidigung) auch noch durch einen erbetenen
Privatverteidiger vertreten zu lassen (BGE 135 I 261 E. 1.4 S. 263 f.).

1.4 Der Beschwerdeführer rügt, die kantonalen Instanzen hätten ihm, entgegen
seinem ausdrücklichen Willen, nicht den von ihm vorgeschlagenen erbetenen
Privatanwalt als amtlichen Verteidiger bestellt, sondern ihm einen nicht
erwünschten Rechtsvertreter aufgedrängt. Damit hätten sie sein gesetzliches
Vorschlagsrecht nach Art. 133 Abs. 2 StPO (SR 312.0) missachtet.
Das Bundesgericht hat im Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 2 festgehalten,
dass sich bereits aus Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK ein Anspruch ergibt, dass die
Behörde bei der Ernennung des amtlichen Verteidigers die Wünsche des
Beschuldigten berücksichtigt (vgl. Urteil des EGMR vom 25. September 1992 i.S.
Croissant gegen Deutschland, Ziff. 29 = EuGRZ 19 [1992] 542). Diesen Anspruch
hat der Bundesgesetzgeber in Art. 133 Abs. 2 StPO ausdrücklich geregelt. Der
Bundesrat führt in der Botschaft zur Strafprozessordnung dazu aus, mit einer
sachgerechten Auslegung der Bestimmung könne allfälligen Bedenken begegnet
werden, wonach die Verfahrensleitung, insbesondere die Staatsanwaltschaft,
versucht sein könnte, eine ihr genehme Verteidigung zu bestellen (Botschaft zur
Vereinheitlichung des Strafprozessrechts vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 180).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht auszuschliessen, dass die
Ablehnung eines Wunsches des Beschuldigten nach einem bestimmten amtlichen
Verteidiger einen nicht wieder gutzumachenden (rechtlichen) Nachteil bewirken
kann (Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 2).

1.5 In der vorliegenden Angelegenheit ist ein drohender nicht wieder
gutzumachender Rechtsnachteil zu bejahen. Er liegt darin, dass dem Wunsch des
Beschuldigten nach einem Anwalt seines Vertrauens keine Rechnung getragen
worden ist und damit die Gefahr einer Verletzung des grundrechtlichen Anspruchs
des Beschuldigten auf Verteidigung durch einen Rechtsvertreter seiner Wahl
(Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK) besteht (vgl. dazu E. 2 hiernach). Die Folgen
einer Nichtberücksichtigung der Wünsche des Beschuldigten können im weiteren
Strafverfahren kaum mehr korrigiert werden, sodass auch bei einer späteren
Einsetzung des Wunschverteidigers eine Verletzung des Vorschlagsrechts nach
Art. 133 Abs. 2 StPO bestehen bliebe. Ausserdem würde eine spätere Korrektur
einer Verletzung des Anspruchs des Beschuldigten auf Berücksichtigung seiner
Wünsche in der Regel zu Verzögerungen des Strafverfahrens führen, die mit dem
Beschleunigungsgebot nicht zu vereinbaren sind (Art. 5 StPO). Es liegt somit
ein mit Beschwerde in Strafsachen anfechtbarer Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil 1B_387/
2012 vom 24. Januar 2013 E. 1.2; sowie Urteil 1B_686/2012 vom 25. Januar 2013
E. 1.1).

1.6 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in Strafsachen sind
erfüllt und geben zu keinen weiteren Erörterungen Anlass. Auf die Beschwerde
ist einzutreten.

2.
2.1 Die Staatsanwaltschaft hat die Ablehnung des Gesuchs um Einsetzung von
Jonas Krummenacher als amtlichen Anwalt damit begründet, dass die Schwester des
Beschwerdeführers seit über zehn Jahren als Sachbearbeiterin in der
Anwaltskanzlei von Jonas Krummenacher tätig sei. Gestützt auf Art. 12 lit. b
und c des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte vom
23. Juni 2000 (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) bestehe die Gefahr, dass die
Verteidigung nicht vollständig unabhängig und unbefangen wahrgenommen werden
könne, da Jonas Krummenacher in einer geschäftlichen Beziehung zur Schwester
des Beschwerdeführers stehe. Zwar unterstehe diese als Hilfsperson dem
Anwaltsgeheimnis. Sie habe jedoch einen Interessen- bzw. Loyalitätskonflikt, da
sie einerseits durch ihre geschäftliche Tätigkeit Kenntnis vom Strafverfahren
gegen ihren Bruder und die Mittäter erhalte und andererseits mit dem
Beschwerdeführer verwandtschaftlich und mit den Mittätern allenfalls
freundschaftlich verbunden sei. Aus diesen Gründen sei eine sachgerechte
Verteidigung nicht gewährleistet.

2.2 Die Vorinstanz hat diesen Entscheid bestätigt und ergänzend ausgeführt, es
handle sich unbestrittenermassen um einen Fall einer notwendigen Verteidigung,
da die Untersuchungshaft einschliesslich einer vorläufigen Festnahme mehr als
zehn Tage gedauert habe (Art. 130 lit. a StPO). Entscheidend sei, dass die
Staatsanwaltschaft im angefochtenen Entscheid einen sachlichen Grund für die
Gesuchsabweisung nenne, auch wenn der Verweis auf Art. 12 BGFA allenfalls
unzutreffend sei. So würde die Schwester des Beschwerdeführers durch ihre
Arbeit in der Kanzlei von Jonas Krummenacher vom gegen ihren Bruder und
mutmassliche Mittäter geführten Strafverfahren erfahren. Solche Kenntnisse
könnten sie in einen Interessen- und Loyalitätskonflikt bringen, der sich
anhaltend negativ auf sie auswirken könnte. Es sei gerichtsnotorisch, dass im
Drogenmilieu unzimperliche Methoden angewandt würden und insbesondere nicht vor
Einschüchterungs- und Beeinflussungsversuchen gegenüber Verwandten von in den
Drogenhandel verwickelten Verdächtigen zurückgeschreckt werde.

2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Begründung, dass seine Schwester
als Sachbearbeiterin in der Anwaltskanzlei von Jonas Krummenacher in einen
Interessen- und Loyalitätskonflikt geraten könnte, sei unsachlich, da die
Interessenwahrung dem Rechtsanwalt obliege und keine Gründe vorgebracht würden,
welche Jonas Krummenacher in seiner Tätigkeit als Verteidiger betreffen würden.
Inwiefern dessen Unabhängigkeit tangiert sein oder dieser in einen
Interessenkonflikt geraten könnte, sei nicht ersichtlich. Mit ihren
Ausführungen deuteten die Vorinstanzen an, dass seine Schwester das
Berufsgeheimnis verletzen könnte. Die abstrakte Möglichkeit, dass der
Verteidiger oder dessen Hilfspersonen beeinflusst werden könnten, bestehe
immer. Vorliegend aber fehlten konkrete Anhaltspunkte für eine solche
Einflussnahme; im Übrigen kenne seine Schwester als langjährige Mitarbeiterin
ihre Berufspflichten. Ferner sei Jonas Krummenacher in der Zwischenzeit von der
Staatsanwaltschaft als privater Verteidiger akzeptiert und mit sämtlichen
Verfahrensakten dokumentiert worden. Es sei willkürlich, Jonas Krummenacher
zwar als privaten Verteidiger zuzulassen, ihn jedoch als amtlichen Verteidiger
abzulehnen, denn zwischen der privaten und der amtlichen Verteidigung bestünden
bei der von den kantonalen Behörden vorgebrachten Begründung keine
Unterschiede.

2.4 Gemäss Art. 130 lit. a StPO liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor,
wenn - wie vorliegend - die Untersuchungshaft einschliesslich einer vorläufigen
Festnahme mehr als zehn Tage gedauert hat. In Fällen notwendiger Verteidigung
achtet die Verfahrensleitung darauf, dass unverzüglich eine Verteidigung
bestellt wird (Art. 131 Abs. 1 StPO). Die Verfahrensleitung ordnet eine
amtliche Verteidigung an, wenn bei notwendiger Verteidigung die beschuldigte
Person trotz Aufforderung der Verfahrensleitung keine Wahlverteidigung bestimmt
oder der Wahlverteidigung das Mandat entzogen wurde oder sie es niedergelegt
hat und die beschuldigte Person nicht innert Frist eine neue Wahlverteidigung
bestimmt (Art. 132 Abs. 1 lit. a StPO). Die amtliche Verteidigung wird von der
im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt (Art.
133 Abs. 1 StPO). Die Verfahrensleitung berücksichtigt dabei nach Möglichkeit
die Wünsche der beschuldigten Person (Art. 133 Abs. 2 StPO).
Mit den gesetzlichen Bestimmungen von Art. 132 und 133 StPO wurde die bisherige
bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit.
c EMRK kodifiziert. Das Vorschlagsrecht des Beschuldigten nach Art. 133 Abs. 2
StPO begründet zwar keine strikte Befolgungs- bzw. Ernennungspflicht zulasten
der Verfahrensleitung. Für ein Abweichen vom Vorschlag des Beschuldigten bedarf
es jedoch zureichender sachlicher Gründe, wie z.B. Interessenkollisionen,
Überlastung, die Ablehnung des Mandats durch den erbetenen Verteidiger, dessen
fehlende fachliche Qualifikation oder Berufsausübungsberechtigung oder andere
sachliche Hindernisse (vgl. Viktor Lieber, in: Zürcher Kommentar StPO, 2010,
Art. 133 N. 4 f.; Niklaus Ruckstuhl, in: Basler Kommentar StPO, 2011, Art. 133
N. 7 f.; Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar,
2009, Art. 133 N. 2; Maurice Harari/Tatiana Aliberti, in: Commentaire romand,
Code de procédure pénale, 2011, Art. 133 N. 25, 29; EGMR vom 25. September 1992
i.S. Croissant gegen Deutschland, Ziff. 29 = EuGRZ 19 [1992] 542; siehe auch
zur Publikation bestimmtes Urteil 1B_387/2012 vom 24. Januar 2013 E. 4.3; sowie
Urteil 1B_686/2012 vom 25. Januar 2013 E. 2.3).

2.5 Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz begründen die Abweisung des
Gesuchs um Einsetzung von Jonas Krummenacher als amtlichen Anwalt
ausschliesslich damit, dass die Schwester des Beschwerdeführers als
Sachbearbeiterin in der Kanzlei von Jonas Krummenacher in einen Interessen-
oder Loyalitätskonflikt geraten könnte. Gründe, welche die Person von Jonas
Krummenacher betreffen, werden keine genannt. Insbesondere wird nicht
behauptet, dieser sei nicht unabhängig oder er könnte durch seine Ernennung zum
amtlichen Verteidiger selbst in einen Interessenkonflikt geraten. Solches ist
auch nicht ersichtlich. Die Berufung der Staatsanwaltschaft auf Art. 12 lit. b
und c BGFA geht daher fehl.
Ob auch ein Interessen- oder Loyalitätskonflikt des Hilfspersonals eines
Rechtsanwalts einen sachlichen Grund für dessen Ablehnung als amtlichen
Verteidiger darstellen kann, kann vorliegend offen bleiben, weil ein solcher
Konflikt der Sachbearbeiterin nicht ausgewiesen ist. Während die
Staatsanwaltschaft annimmt, die Schwester des Beschwerdeführers könnte mit
dessen angeblichen Mittätern freundschaftlich verbunden sein, mutmasst die
Vorinstanz, die Mittäter des Beschwerdeführers könnten dessen Schwester
einzuschüchtern versuchen. Konkrete Anhaltspunkte, dass eine Gefahr der
Beeinflussung besteht, werden jedoch nicht angeführt und sind auch nicht zu
erkennen. Wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, vermag jedenfalls die
bloss abstrakte Gefahr, dass seine Schwester durch allfällige Mittäter in
irgendeiner Form beeinflusst werden könnte, eine Abweisung des Gesuchs nicht zu
rechtfertigen. Die theoretische Möglichkeit der Einflussnahme besteht häufig
und stellt für sich genommen keinen hinreichenden sachlichen Grund für die
Ablehnung des Vorschlags des Beschwerdeführers dar.

3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die
Sache zur Neubeurteilung (im Sinne der obigen Erwägungen) an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Falls die Vorinstanz keine sachlichen Gründe darlegen kann,
weshalb der erbetene Rechtsvertreter als Offizialverteidiger objektiv nicht in
Frage kommt, wird der bisherige amtliche Verteidiger durch den erbetenen
Verteidiger (im Offizialmandat) zu ersetzen sein. In jedem Fall bleiben alle
(rechtmässigen) Verfahrenshandlungen des bisherigen amtlichen Verteidigers
rechtswirksam.
Da der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer obsiegt, hat er Anspruch auf eine
angemessene Parteientschädigung (Art. 68 BGG). Aufgrund des Umstands, dass der
Beschwerdeführer auf unentgeltliche Rechtspflege angewiesen ist, ist die
Parteientschädigung dem Rechtsvertreter persönlich zuzusprechen. Gerichtskosten
sind nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.
Der Beschluss vom 6. Februar 2013 des Obergerichts des Kantons Luzern wird
aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Der Kanton Luzern hat Rechtsanwalt Jonas Krummenacher für das Verfahren vor
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (pauschal, inkl. MWST)
zu entrichten.

5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Abteilung 1
Luzern und dem Obergericht des Kantons Luzern, 2. Abteilung, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 13. Mai 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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