Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.7/2013
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_7/2013

Urteil vom 14. März 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
Beschwerdeführer,
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Tarkan Göksu,

gegen

E.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Bruno C. Lenz,

Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland.

Gegenstand
Entlassung aus der Untersuchungshaft / unterlassene Information,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 5. Dezember 2012 des Obergerichts des
Kantons Bern, Strafabteilung, Beschwerdekammer in Strafsachen.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland beschuldigt E.________, am 26. Dezember
2011 G.________ vorsätzlich getötet zu haben. E.________ wurde in
Untersuchungshaft versetzt, jedoch mit Entscheid vom 13. November 2012 des
Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Bern unter Anordnung von Ersatzmassnahmen
wieder in Freiheit entlassen. Der Entscheid wurde zunächst nur dem
Beschuldigten, dessen Verteidiger und der Staatsanwaltschaft zugestellt, nicht
aber A.________, B.________, C.________ und D.________, die im Strafverfahren
als Straf- und Zivilkläger auftreten. Bei A.________ handelt es sich um den
Bruder des Getöteten, bei B.________, C.________ und D.________ um die Kinder.
Nachdem die vier auf Nachfrage hin doch noch von der Haftentlassung erfahren
hatten, reichten sie am 30. November 2012 bei der Beschwerdekammer in
Strafsachen des Obergerichts des Kantons Bern Beschwerde ein. Sie beantragten
in erster Linie, der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts sei aufzuheben und
E.________ sei wieder in Untersuchungshaft zu setzen. Zudem verlangten sie, es
sei festzustellen, dass ihnen das Haftentlassungsgesuch und der
Haftentlassungsentscheid zu Unrecht nicht mitgeteilt wurden.

Das Obergericht des Kantons Bern trat mit Beschluss vom 5. Dezember 2012 auf
die Beschwerde nicht ein. Zur Begründung führte es aus, nur die verhaftete
Person sowie die Staatsanwaltschaft seien zur Beschwerde gegen Entscheide über
die Anordnung, Verlängerung und Aufhebung der Untersuchungshaft legitimiert.
Hinsichtlich der beantragten Feststellung fehle es an einem aktuellen
Rechtsschutzinteresse. Zudem stehe das Orientierungsrecht gemäss Art. 214 Abs.
4 StPO Angehörigen von Opfern ohnehin nicht zu, denn dieses diene nicht der
Durchsetzung der Zivilansprüche, wie von Art. 117 Abs. 3 StPO vorausgesetzt.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 7. Januar 2013 beantragen A.________,
B.________, C.________ und D.________, es sei festzustellen, dass ihnen das
Haftentlassungsgesuch und der Haftentlassungsentscheid des
Zwangsmassnahmengerichts zu Unrecht nicht mitgeteilt worden sind. Der
Beschuldigte sei zudem umgehend wieder in Untersuchungshaft zu versetzen.
Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese auf
die Beschwerde vom 30. November 2012 eintrete und darüber materiell entscheide.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der
Beschwerde.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid betreffend die
Beschwerdelegitimation in einem strafprozessualen Haftverfahren. Dagegen ist
die Beschwerde in Strafsachen gegeben (Art. 78 Abs. 1 und Art. 80 BGG).

1.2 Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und
machen geltend, das Obergericht habe durch den Nichteintretensentscheid
Bundesrecht verletzt. Zu dieser Rüge sind sie im bundesgerichtlichen Verfahren
ungeachtet ihrer Legitimation in der Sache berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. b
BGG; BGE 136 IV 29 E. 1.9 S. 40; 133 II 249 E. 1.3.2 S. 253; 133 I 185 E. 6.2
S. 198 ff.; je mit Hinweisen). Der Streitgegenstand ist jedoch auf diese Frage
beschränkt (Urteil 1C_405/2008 vom 18. März 2009 E. 1, in: URP 2010 S. 295).
Insoweit als die Beschwerdeführer darüber hinaus verlangen, der Beschuldigte
sei wieder in Untersuchungshaft zu setzen, kann auf ihre Beschwerde nicht
eingetreten werden.

1.3 Inwiefern die Beschwerdeführer mehrere Wochen nach der erfolgten
Haftentlassung noch ein aktuelles Interesse an der Beschwerdeführung haben,
kann offen bleiben. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das
Erfordernis des aktuellen Interesses, wenn die Beschwerde Fragen von
grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, die sich jederzeit unter gleichen oder
ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig
eine höchstrichterliche Prüfung stattfinden könnte (BGE 137 I 120 E. 2.2 S.
123; 136 II 101 E. 1.1 S. 103; je mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind
erfüllt. Die Frage, ob der Privatkläger (im Grundsatz) legitimiert ist, gegen
den Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts Beschwerde zu
erheben, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie kann sich jederzeit unter
gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen, wobei eine höchstrichterliche
Prüfung im Einzelfall stets erst lange nach der Haftentlassung möglich wäre.
Dem Eintreten auf die Beschwerde steht in dieser Hinsicht somit nichts im Weg.

1.4 Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab, auch
nicht für die Beschwerdeführer (vgl. Urteil 1C_194/2007 vom 16. November 2007
E. 1.1). Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, gegen welchen die
Beschwerde grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG zulässig
ist. Das Bundesgericht verzichtet jedoch bei Beschwerden wegen formeller
Rechtsverweigerung in der Form der Verweigerung oder Verzögerung eines
Rechtsanwendungsakts grundsätzlich auf das Erfordernis eines nicht wieder
gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (BGE 134 IV 43
E. 2.2 S. 45 mit Hinweisen; zur Publikation vorgesehenes Urteil 1B_432/2011 vom
20. September 2012 E. 1.1).

2.
2.1 Die Beschwerdeführer bringen zum einen vor, Angehörige des Opfers, die
Zivilansprüche geltend machen, müssten von der Haftentlassung nach Art. 117
Abs. 3 i.V.m. Art. 214 Abs. 4 StPO unterrichtet werden. Zu Unrecht sei die
Vorinstanz davon ausgegangen, da sie schliesslich auf eigenes Nachfragen hin
von der Haftentlassung Kenntnis erlangt hätten, fehle ihnen das von Art. 382
Abs. 1 StPO vorausgesetzte aktuelle Rechtsschutzinteresse. Ausnahmsweise sei
nämlich vom Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses abzusehen,
namentlich wenn sich die aufgeworfenen Fragen jederzeit unter gleichen oder
ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, an ihrer Beantwortung wegen ihrer
grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse bestehe und
eine rechtzeitige gerichtliche Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre.
Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Auch die subsidiäre Begründung,
wonach die Rüge ohnehin unbegründet gewesen wäre, sei nicht haltbar. Wenn das
Obergericht behaupte, den Angehörigen von Opfern stünden nur insoweit die
gleichen Verfahrensrechte zu wie dem Opfer, als damit die Durchsetzung der
Zivilansprüche erleichtert werde, so stelle es eine zusätzliche Anforderung,
für die sich im Gesetz keine Grundlage finde.

Zum andern machen die Beschwerdeführer geltend, das Obergericht hätte auf ihre
Beschwerde auch insofern eintreten müssen, als sie sich gegen die
Haftentlassung richte. Art. 222 StPO betreffe nicht die Legitimation, wie dies
das Obergericht annehme. Vielmehr lege die Bestimmung fest, dass der Entscheid
des Zwangsmassnahmengerichts bei der Beschwerdeinstanz und nicht direkt beim
Bundesgericht anzufechten sei. Das Bundesgericht gehe ebenfalls davon aus, dass
weitere Verfahrensbeteiligte nicht von der Beschwerdebefugnis ausgeschlossen
seien, obwohl Art. 222 StPO nur die verhaftete Person nenne. Die
Beschwerdelegitimation beurteile sich nach Art. 382 Abs. 1 StPO. Aus der
Einheit des Verfahrens gemäss Art. 111 Abs. 1 BGG folge, dass Art. 382 Abs. 1
StPO nicht enger ausgelegt werden dürfe als Art. 81 BGG. Art. 81 Abs. 1 lit. b
Ziff. 5 BGG verleihe der Privatklägerschaft das Beschwerderecht in Strafsachen,
wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung der Zivilansprüche
auswirken könne. Dies sei vorliegend der Fall, zumal sie in ihrer Eigenschaft
als Bruder und Kinder des Getöteten Ansprüche aus Art. 47 und Art. 45 Abs. 3 OR
besässen. Bei einer Flucht des Beschuldigten würde die Verfolgung dieser
Ansprüche erschwert oder vereitelt. Dieselbe Wirkung hätte es, wenn der
Beschuldigte Zeugen beeinflussen würde. Zudem bestehe in Bezug auf den
Beschwerdeführer 1 Wiederholungsgefahr, denn der Beschuldigte habe ihn mit dem
Tod bedroht und sei auch schon tätlich geworden.

Schliesslich machen die Beschwerdeführer eine Verletzung der Begründungspflicht
nach Art. 29 Abs. 2 BV geltend. Sie hätten in ihrer Beschwerde ans Obergericht
ausführlich dargelegt, weshalb sie als beschwerdelegitimiert zu betrachten
seien. Darauf sei das Obergericht aber nicht eingegangen.

2.2 Das Obergericht führte zur Begründung seines Entscheids aus, gegen
Entscheide über die Anordnung, Verlängerung und Aufhebung der Untersuchungshaft
könnten nach Art. 222 StPO und nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die
verhaftete Person und die Staatsanwaltschaft Beschwerde führen. Die
Privatklägerschaft könne einen abgelehnten Antrag auf Anordnung der
Untersuchungshaft oder eine Haftentlassung dagegen nicht anfechten.
Hinsichtlich des Begehrens, es sei die mangelnde Orientierung der Privatkläger
über die Haftentlassung festzustellen, fehle es an einem aktuellen praktischen
Rechtsschutzinteresse. Die Staatsanwaltschaft habe die Beschwerdeführer, wenn
auch auf deren Initiative hin, über die Haftentlassung informiert. Die
Voraussetzungen für den ausnahmsweisen Verzicht auf ein aktuelles praktisches
Interesse lägen nicht vor. Abgesehen davon sei das Begehren auch unbegründet.
Angehörigen von Opfern stünden nach Art. 117 Abs. 3 StPO nur insofern die
gleichen Rechte wie den Opfern zu, als die entsprechenden Verfahrensrechte die
Durchsetzung der Zivilansprüche erleichterten. Dazu zähle das
Orientierungsrecht nach Art. 214 Abs. 4 StPO nicht.

3.
Die von den Beschwerdeführern angerufene Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2
BV verlangt nicht, dass sich die Behörde mit allen Parteistandpunkten
einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich
widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte
beschränken (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen). In diesem Sinne legte
die Vorinstanz nach dem Gesagten dar, gemäss Art. 222 StPO sowie der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung seien die verhaftete Person und die
Staatsanwaltschaft legitimiert, Haftentscheide anzufechten, nicht aber die
Privatklägerschaft. Diese Begründung ist kurz, zeigt aber klar auf, von welchen
Überlegungen sich das Obergericht leiten liess. Die Beschwerdeführer waren
durchaus in der Lage, sich über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft zu
geben und ihn in voller Kenntnis der Sache ans Bundesgericht weiterzuziehen.
Eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ist deshalb zu verneinen.

4.
4.1 Weiter ist zu prüfen, ob Art. 382 StPO sowie Art. 81 i.V.m. Art. 111 BGG
geboten hätten, dass das Obergericht auf die Beschwerde eintritt.
Vorauszuschicken ist, dass es sich sowohl bei der Schweizerischen
Strafprozessordnung wie auch beim Bundesgerichtsgesetz um Bundesgesetze
handelt. Im Gegensatz zur Situation vor Inkrafttreten der Schweizerischen
Strafprozessordnung, als Art. 111 Abs. 1 BGG entgegenstehende Bestimmungen
kantonaler Strafprozessordnungen ohne Weiteres hinter jene des
Bundesgerichtsgesetzes zurückzutreten hatten (Art. 49 Abs. 1 BV), bestehen
somit seither zwei einander gleichgeordnete Erlasse. Nach wie vor bezweckt
indessen Art. 111 Abs. 1 BGG, Kohärenz im Instanzenzug herzustellen.

4.2 Nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG bedarf die Legitimation zur Beschwerde in
Strafsachen eines rechtlich geschützten Interesses an der Aufhebung oder
Änderung des angefochtenen Entscheids. In einer nicht abschliessenden
Aufzählung ("insbesondere") sind unter anderem die beschuldigte Person (Ziff.
1), die Staatsanwaltschaft (Ziff. 3) und die Privatklägerschaft (Ziff. 5)
genannt, wobei für letztere zusätzlich vorausgesetzt ist, dass sich der
angefochtene Entscheid auf die Beurteilung der Zivilansprüche auswirken kann.
In der Literatur wurde Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG als "Generalklausel mit
Regelbeispielen" bezeichnet (NIKLAUS SCHMID, Die Strafrechtsbeschwerde nach dem
Bundesgesetz über das Bundesgericht - eine erste Auslegeordnung, ZStR 124/2006
S. 179). Dies bedeutet zum einen, dass die Aufzählung, wie bereits erwähnt,
nicht abschliessend ist. Zum andern hat aber auch nicht in jedem Fall ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids
in einer Strafsache, wer in der Aufzählung ausdrücklich genannt ist. Mit
anderen Worten verleiht die Bestimmung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG nicht
selbst das rechtlich geschützte Interesse, welches sie voraussetzt. Das
Bundesgericht legte beispielsweise dar, dass die beschuldigte Person über kein
rechtlich geschütztes Interesse verfügt, wenn eine Verurteilung infolge
Verjährung nicht mehr möglich ist (Urteil 6B_301/2009 vom 17. Juli 2009 E. 1.4
mit Hinweis; vgl. auch BGE 131 IV 191 E. 1.2 S. 193 f. mit Hinweisen).
Umgekehrt bejahte es gestützt auf Art. 3 EMRK die Legitimation eines
Beschwerdeführers, obwohl dieser gegen die von ihm angezeigten Polizeibeamten
keine Zivilansprüche gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG geltend machen
konnte (Urteil 1B_355/2012 vom 12. Oktober 2012 E. 1.2 mit Hinweisen).

4.3 Hinsichtlich der Staatsanwaltschaft urteilte das Bundesgericht in BGE 137
IV 22, diese könne einen Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts
bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Zur Begründung führte es aus, nach Art. 81
Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 3 BGG sei die Staatsanwaltschaft grundsätzlich
zur Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht legitimiert. Der Grundsatz der
Einheit des Verfahrens verlange deshalb, dass ihr auch auf kantonaler Ebene die
Legitimation zur Beschwerde gegen Haftentscheide zuerkannt werde. Zudem
verlange das öffentliche Interesse an einer funktionierenden Strafjustiz, dass
die Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht gegen einen die Haft aufhebenden
Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts besitze. Das Bundesgericht wies weiter
darauf hin, aus der Entstehungsgeschichte von Art. 222 StPO gehe nicht hervor,
dass es die Absicht des Gesetzgebers war, die Staatsanwaltschaft vom
Beschwerderecht auszuschliessen (zum Ganzen: a.a.O., E. 1 S. 23 ff. mit
Hinweisen). Diese Rechtsprechung wurde seither mehrfach bestätigt (BGE 137 IV
87 E. 3 S. 89 ff., 230 E. 1 S. 232, 237 E. 1.2 S. 240; 138 IV 148 E. 3.1 S.
150; je mit Hinweisen). In BGE 137 IV 230 wird weiter ausgeführt, dass es die
Fortführung des Strafverfahrens erschweren oder gar vereiteln kann, wenn ein
Untersuchungsgefangener aus der Haft entlassen wird, obwohl ein Haftgrund
besteht. Die Staatsanwaltschaft ist indessen verpflichtet, ein Verfahren
einzuleiten und durchzuführen, wenn ihr Straftaten oder auf Straftaten
hinweisende Verdachtsgründe bekannt werden (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 300 und
308 ff. StPO). Zudem obliegt ihr im Grundsatz die Verfahrensleitung bis zur
Einstellung oder Anklageerhebung (Art. 61 lit. a StPO). Sie hat somit
grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse, sich gegen die aus ihrer Sicht
ungerechtfertigte Entlassung eines Angeschuldigten aus der Untersuchungshaft
zur Wehr zu setzen (a.a.O., E. 1 S. 232 mit Hinweis).

4.4 Art. 222 StPO ist somit bezüglich des Beschwerderechts nicht im Sinne eines
qualifizierten Schweigens zu verstehen. Das muss allgemein gelten, neben der
Staatsanwaltschaft also auch für die Privatklägerschaft. Insofern trifft das
Argument des Beschwerdeführers, Art. 222 StPO betreffe nicht das
Beschwerderecht, zu. Die Bestimmung regelt aber immerhin insoweit das
Beschwerderecht, als sie dieses für die verhaftete Person nun positiv und in
allgemeiner Weise vorsieht, nachdem es in der ursprünglichen Fassung noch
beschränkt war (vgl. dazu im Einzelnen BGE 137 IV 22 E. 1.3 S. 24 mit
Hinweisen).

4.5 Das rechtlich geschützte Interesse, wie es Art. 382 Abs. 1 StPO für die in
der StPO vorgesehenen Rechtsmittel und Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG für die
Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht voraussetzt, kann sich entweder aus
dem kantonalen oder eidgenössischen Gesetzesrecht oder aber unmittelbar aus
einem angerufenen speziellen Grundrecht ergeben (BGE 136 I 229 E. 3.2 S. 235
mit Hinweis).

Die Beschwerdeführer machen zum einen geltend, dass bei Flucht oder Kollusion
ihre Zivilansprüche vereitelt werden könnten. Damit berufen sie sich indessen
lediglich auf das Erhältlichmachen der von ihnen geltend gemachten Forderungen,
denn auf deren Beurteilung hat der Haftentlassungsentscheid keine direkte
Auswirkung. Ein rechtlich geschütztes Interesse besteht in dieser Hinsicht
nicht (Urteil 1B_681/2011 vom 8. März 2012 E. 2.3.3).

Zum anderen wird in der Beschwerdeschrift indessen auch vorgebracht, dass der
Beschuldigte den Beschwerdeführer 1 mit dem Tod bedroht habe. Wie es sich in
dieser Hinsicht mit dem rechtlich geschützten Interesse verhält, ist genauer zu
untersuchen.

4.6 Das Recht auf Leben findet verfassungs- und völkerrechtlich in Art. 10 Abs.
1 BV, Art. 2 EMRK und Art. 6 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) seine Verankerung. Es
schützt das Individuum vor Eingriffen des Staats, enthält jedoch darüber hinaus
auch positive Schutzpflichten. Dazu gehört nach konstanter Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Pflicht des Staats, präventiv
Schutzmassnahmen zu ergreifen, wenn das Leben einer Person durch Dritte bedroht
wird. Wenn die Behörden wissen oder wissen müssten, dass von kriminellen
Handlungen eines Dritten reell und unmittelbar eine derartige Gefahr ausgeht,
sind sie verpflichtet, die in ihrer Macht stehenden geeigneten Massnahmen zu
ergreifen (Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Choreftakis
und Choreftaki gegen Griechenland vom 17. Januar 2012, Beschwerde-Nr. 46846/08,
§§ 44-47; Dink gegen Türkei vom 14. September 2010, Beschwerde-Nrn. 2668/07
etc., §§ 64-75; je mit Hinweisen).

Die genannten verfassungs- und völkerrechtlichen Garantien schreiben nicht vor,
welche konkreten Massnahmen zum Schutz des Lebens zu ergreifen sind. Dem Staat
kommt bei deren Auswahl ein Ermessen zu, dessen Umfang durch das Gebot der
Effektivität und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit bestimmt ist (CHRISTOPH
GRABENWARTER/KATHARINA PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl.,
2012, S. 154). Welche Massnahmen als geeignet anzusehen sind, bestimmt sich
nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.

4.7 Geht von einem Inhaftierten eine konkrete und unmittelbare Gefahr für das
Leben anderer Personen aus, so haben diese ein Interesse daran, dass ein
allfälliges Haftentlassungsgesuch abgewiesen wird. Das Bestehen eines
derartigen Interesse bedeutet jedoch auch vor dem Hintergrund der positiven
Schutzpflichten des Staats nicht zwangsläufig, dass diesen Personen ein
Beschwerderecht gegen den Haftentlassungsentscheid zukommt. Das hat auch
praktische Gründe. So könnte sich im Fall der Haftentlassung einer angeblich
gemeingefährlichen Person eine sehr grosse Zahl von Personen in einem ersten
Schritt an die Beschwerdeinstanz und in einem zweiten ans Bundesgericht wenden.
Eine derartige Ausweitung der Beschwerdelegitimation gebieten die positiven
Schutzpflichten, welche die konkreten, vom Staat zu ergreifenden Massnahmen
nicht vorbestimmen, nicht. Sie würde auch Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG
entgegenlaufen. Denn obgleich nach den obigen Ausführungen (Erwägung 4.2) der
Aufzählung in dieser Bestimmung beispielhafter Charakter zukommt, so bezweckte
doch der Gesetzgeber mit dem auf die Privatklägerschaft bezogenen Zusatz "wenn
der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche
auswirken kann" zweifelsohne eine Einschränkung von deren Beschwerderecht.

4.8 Aus den genannten Gründen sind die Beschwerdeführer weder nach der
Strafprozessordnung noch nach dem Bundesgerichtsgesetz zur Beschwerde gegen die
vom Zwangsmassnahmengericht angeordnete Haftentlassung berechtigt. Sind sie
oder andere Personen der Auffassung, mit den angeordneten Ersatzmassnahmen
(Kontaktsperre gegenüber 30 Personen, Sicherheitsleistung im Umfang von Fr.
100'000.--, tägliche Meldepflicht, Eingrenzung auf das Gebiet der Schweiz,
Pass- und Schriftensperre) könne der Wiederholungsgefahr nicht hinreichend
begegnet werden, haben sie sich an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Dieser
kommt eine grosse Verantwortung zu, hat sie doch aufgrund ihrer Funktion einen
wesentlichen Einfluss darauf, dass der Staat seinen positiven Schutzpflichten
nachkommt.

4.9 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerde in diesem
Punkt abzuweisen ist.

5.
5.1 Auf die Rüge der Beschwerdeführer, sie seien in Verletzung von Art. 117
Abs. 3 i.V.m. Art. 214 Abs. 4 StPO von der Haftentlassung nicht unterrichtet
worden, ist das Obergericht ebenfalls nicht eingetreten. Zudem hat es
festgehalten, die Rüge sei ohnehin unbegründet.

5.2 Nach Art. 117 Abs. 3 StPO stehen den Angehörigen die gleichen Rechte zu wie
dem Opfer, wenn sie Zivilansprüche geltend machen. Das Opfer hat unter anderem
das Recht, über die Aufhebung der Untersuchungshaft oder die Flucht der
beschuldigten Person orientiert zu werden, wobei die Orientierung über die
Aufhebung der Haft unterbleiben kann, wenn die beschuldigte Person dadurch
einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt würde (Art. 214 Abs. 4 StPO).

Die Literatur ist hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang Art. 117 Abs. 3
StPO den Angehörigen die gleichen Rechte wie dem Opfer gewährt, gespalten. Zum
Teil wird die Auffassung vertreten, eine generelle Gleichstellung der
Angehörigen auch in Bezug auf die dem Opfer gewährten besonderen Schutzrechte,
die nicht funktional zur Geltendmachung der eigenen privatrechtlichen Ansprüche
sind, erscheine wenig sinnvoll (GORAN MAZZUCCHELLI/MARIO POSTIZZI, in: Basler
Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 7 zu Art. 117 StPO).
Teilweise wird auf den (Schutz-)zweck des betreffenden Rechts abgestellt. So
schreibt SCHMID, die Angehörigen könnten sich auf die besonderen Rechte des
Opfers berufen, "soweit sich diese Schutzrechte nach ihrer Ausrichtung auch auf
sie als Angehörige beziehen (z.B. Ausschluss der Öffentlichkeit, Vermeidung der
Begegnung u.ä.) bzw. die Ausübung der Schutzrechte nicht zu widersinnigen
Ergebnissen führen könnte" (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung,
Praxiskommentar, 2009, N. 5 zu Art. 117 StPO). Ein weiterer Teil der Literatur
will den Angehörigen pauschal die gleichen Rechte wie dem Opfer zubilligen
(VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, N.
6 f. zu Art. 117 StPO; HANSPETER KIENER, in: Kommentierte Textausgabe zur
Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2008, S. 96).

Dem Wortlaut von Art. 117 Abs. 3 StPO lässt sich keine Einschränkung in dem
Sinne entnehmen, dass den Angehörigen, die Zivilansprüche geltend machen, nur
insoweit die gleichen Rechte wie dem Opfer zukommen, als dies die Durchsetzung
der Zivilansprüche erleichtert. Auch in der Botschaft des Bundesrats finden
sich keine Anhaltspunkte für diese Auffassung. Mit Blick auf die vorliegend
umstrittene Frage gibt es keinen Anlass daran zu zweifeln, dass der klare
Wortlaut von Art. 117 Abs. 3 StPO den tatsächlichen Willen des Gesetzgebers zum
Ausdruck bringt. Angehörige des Opfers, die nach Art. 118 f. StPO erklärt
haben, Zivilansprüche geltend zu machen, sind deshalb nach Art. 214 Abs. 4 StPO
von einer erfolgten Aufhebung der Untersuchungshaft zu informieren.

5.3 Gemäss dem angefochtenen Entscheid handelt es sich bei den
Beschwerdeführern um Straf- und Zivilkläger. Diese haben somit die
erforderliche Erklärung nach Art. 118 f. StPO abgegeben. Dass der Beschuldigte
durch die Orientierung über die Aufhebung der Haft einer ernsthaften Gefahr
ausgesetzt würde, wird von keiner Seite - auch nicht vom Beschuldigten selbst -
geltend gemacht. Unter diesen Voraussetzungen hätten die Beschwerdeführer
benachrichtigt werden müssen. Die Rüge der Verletzung von Art. 117 Abs. 3
i.V.m. Art. 214 Abs. 4 StPO ist begründet.

6.
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. In teilweiser Aufhebung des
angefochtenen Entscheids ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer zu
Unrecht nicht über die Aufhebung der Untersuchungshaft orientiert worden sind.
Ebenfalls aufzuheben ist der vorinstanzliche Kostenentscheid, wonach die Kosten
des Verfahrens vor Obergericht von Fr. 400.-- den Beschwerdeführern auferlegt
wurden; es scheint zudem angemessen, den Kanton Bern zu verpflichten, den
Beschwerdeführern für das vorinstanzliche Verfahren eine reduzierte
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- auszurichten (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5
BGG). Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist es gerechtfertigt, keine Kosten zu
erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG) und den Kanton Bern zu verpflichten, den
Beschwerdeführern eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'000.--
auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. In teilweiser Aufhebung des
angefochtenen Entscheids wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer zu
Unrecht nicht über die Aufhebung der Untersuchungshaft orientiert worden sind.
Ebenfalls aufgehoben wird der vorinstanzliche Kostenentscheid. Der Kanton Bern
hat den Beschwerdeführern für das vorinstanzliche Verfahren eine
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen. Im Übrigen ist die Beschwerde
abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Bern hat den Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche Verfahren
eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland und dem
Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, Beschwerdekammer in Strafsachen,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. März 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Aemisegger

Der Gerichtsschreiber: Dold