Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.55/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_55/2013

Urteil vom 7. März 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Haag.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
handelnd durch seine Mutter Y.________, und diese vertreten durch Rechtsanwalt
Bruno Kaufmann,

gegen

Z.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig,

Regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland, Ländtestrasse 20, Postfach
1180, 2501 Biel,
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, Postfach 6250,
3001 Bern.

Gegenstand
Strafverfahren; Abweisung des Antrags auf Durchführung einer Hausdurchsuchung,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 4. Januar 2013 des Obergerichts des Kantons
Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern Region Berner Jura-Seeland eröffnete am
25. November 2011 eine Strafuntersuchung gegen Z.________ wegen des Verdachts
auf sexuelle Handlungen mit seinem X.________ (geb. 1. Juni 2007). Nach
verschiedenen Befragungen der beteiligten Personen erliess die
Staatsanwaltschaft am 16. April 2012 eine Einstellungsverfügung. Gegen diese
Verfügung gelangten X.________ und seine Mutter an das Obergericht des Kantons
Bern, das mit Beschluss vom 27. Juli 2012 auf die Beschwerde der Mutter nicht
eintrat und die Beschwerde des Kindes abwies. Eine gegen dieses Urteil
gerichtete Beschwerde in Strafsachen hiess das Bundesgericht mit Urteil 1B_531/
2012 vom 27. November 2012 gut. Es wies die Angelegenheit zur Weiterführung der
Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland zurück.

B.
Mit Verfügung vom 27. Dezember 2012 lehnte die Staatsanwaltschaft Berner
Jura-Seeland den Antrag von X.________ auf Durchführung einer Hausdurchsuchung
am Wohnort von Z.________ und in den Büroräumlichkeiten von dessen Vater ab.
Dagegen erhob X.________ am 28. Dezember 2012 Beschwerde, auf welche die
Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts mit Beschluss vom 4. Januar
2013 nicht eintrat.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 7. Februar 2013 beantragt X.________, der
Beschluss des Obergerichts vom 4. Januar 2013 sei aufzuheben, und die
Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, umgehend die beantragten Hausdurchsuchungen
vorzunehmen.
Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

Erwägungen:

1.
1.1 Dem angefochtenen Entscheid liegt die Ablehnung eines Beweisantrags durch
die Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren zugrunde. Er betrifft somit eine
Strafsache im Sinne von Art. 78 Abs. 1 BGG, wurde von einer letzten kantonalen
Instanz gefällt (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) und schliesst das
Strafverfahren nicht ab. Es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid.

1.2 Unter dem Vorbehalt der hier nicht gegebenen Fälle von Art. 92 BGG ist die
Beschwerde gegen einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid nur zulässig,
wenn dieser einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG) oder - was vorliegend ausser Betracht fällt - die
Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beschwerdeverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sollen das Bundesgericht
entlasten; dieses soll sich möglichst nur einmal mit einer Sache befassen
müssen (BGE 135 II 30 E. 1.3.2 S. 34).
Von einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG wird gesprochen, wenn dieser auch durch ein nachfolgendes günstiges
Urteil nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 135 I 261 E.
1.2 S. 263 mit Hinweisen). In Verfahren der Beschwerde in Strafsachen muss der
nicht wieder gutzumachende Nachteil nicht bloss tatsächlicher, sondern
rechtlicher Natur sein (BGE 136 IV 92 E. 4 S. 95; 133 IV 139 E. 4 S. 141). Kein
nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG liegt
nach der Praxis des Bundesgerichts vor, wenn es einer Partei bloss darum geht,
eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens zu vermeiden (BGE 135 II 30
E. 1.3.4 S. 36). Es obliegt dem Beschwerdeführer im Einzelnen darzulegen,
inwiefern ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht, ansonsten auf die
Beschwerde nicht einzutreten ist (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329; 136 IV 92 E. 4
S. 95; je mit Hinweisen).
Nach Art. 394 lit. b StPO ist die Beschwerde an die Beschwerdeinstanz gemäss
StPO nicht zulässig gegen die Ablehnung von Beweisanträgen durch die
Staatsanwaltschaft, wenn der Antrag ohne Rechtsnachteil vor dem
erstinstanzlichen Gericht wiederholt werden kann. Nach der Rechtsprechung ist
der in Art. 394 lit. b StPO genannte Rechtsnachteil gleichbedeutend mit dem
nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
(Urteil des Bundesgerichts 1B_189/2012 vom 17. August 2012 E. 2.1).

1.3 Der Beschwerdeführer legt nicht im Einzelnen dar, inwiefern ihm durch den
angefochtenen Entscheid ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil droht.
Bereits unter diesem Gesichtspunkt erscheint fraglich, ob auf die Beschwerde
einzutreten ist. Aus den Umständen des Verfahrens ergibt sich, dass der
Beschwerdeführer den Verlust von Beweismitteln befürchtet, wenn seinen
Beweisanträgen nicht entsprochen wird. Diesbezüglich wird im angefochtenen
Entscheid mit haltbarer Begründung dargelegt, es sei kaum denkbar, dass sich
auf den dem Beschuldigten zugänglichen Datenträgern Tatspuren von sexuellen
Handlungen mit seinem Sohn befinden könnten. Allfällige solche Tatspuren wären
im heutigen Zeitpunkt mit Sicherheit nicht mehr existent, nachdem der
Beschwerdeführer den Antrag auf Beschlagnahme bereits früher gestellt hatte.
Der Beschwerdeführer hält der Argumentation der Vorinstanz entgegen, die
Untersuchungsbehörden dürften sich nicht mit Vermutungen zufrieden geben,
sondern müssten den allfälligen Verlust von Daten schlüssig nachweisen. Dieser
Auffassung kann unter den vorliegenden Umständen nicht gefolgt werden. Vielmehr
ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass allfällige Daten, die auf
sexuelle Handlungen mit dem Sohn des privaten Beschwerdegegners schliessen
liessen, heute nicht mehr vorhanden sind und auch nicht wieder erstellt werden
könnten. Die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers führen zu keinem anderen
Ergebnis. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die zu beurteilenden
Beweisanträge auf massgebende Sachumstände und Delikte beziehen müssen, für die
ein Anfangsverdacht besteht. Der Beschwerdeführer argumentierte im
vorinstanzlichen Verfahren unter anderem mit dem Verdacht auf den Besitz von
verbotenen pornografischen Darstellungen. Diesbezüglich besteht jedoch nach den
Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft kein Anfangsverdacht, so dass die
beantragten Beweisanträge auch nicht unter diesem Gesichtspunkt zu prüfen
waren.

2.
Es ergibt sich, dass kein drohender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG und Art. 394 lit. b StPO dargelegt wird und ein solcher auch nicht
ersichtlich ist. Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden.
Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens sind die Geichtskosten
dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem
privaten Beschwerdegegner ist kein Aufwand entstanden, weshalb ihm keine
Parteientschädigung zusteht (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Regionalen Staatsanwaltschaft Berner
Jura-Seeland sowie der Generalstaatsanwaltschaft und dem Obergericht des
Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. März 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Aemisegger

Der Gerichtsschreiber: Haag