Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.456/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_456/2013

Urteil vom 27. Januar 2014

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Karlen, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Fabienne Brunner,

gegen

Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach.

Gegenstand
Verlängerung der Untersuchungshaft,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 16. Dezember 2013 des Obergerichts des
Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen.

Sachverhalt:

A. 
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach führt eine Strafuntersuchung gegen
X.________ wegen einfacher Körperverletzung (Art. 123 Ziff. 2 Abs. 6 StGB),
versuchter Sachbeschädigung (Art. 144 Abs. 1 StGB), Drohung (Art 180 Abs. 2
lit. b StGB), Nötigung (Art. 181 StGB), Pornografie (Art. 197 Ziff. 3 und 3bis
StGB) sowie wegen Tierquälerei (Art. 28 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes vom 16.
Dezember 2005 [TSchG; SR 455]).

X.________ wird von seiner Lebenspartnerin Y.________ (Strafklägerin)
beschuldigt, sie am 20. Juli 2013 massiv körperlich angegangen und bedroht zu
haben. Bei einem Streit habe er sie an den Armen gepackt und zu Boden geworfen.
Es sei zu einer Rangelei gekommen, in deren Verlauf X.________ ihr sinngemäss
gesagt habe, er würde sie am liebsten umbringen. Er habe ihr eine Kopfnuss
geben wollen und sie an der Schläfe getroffen. Alsdann habe er sie mit einer
Flasche Putzmittel beworfen, ihr Mobiltelefon aus dem Fenster in ein
angrenzendes Maisfeld geworfen und den 18 Monate alten Dobermannwelpen
getreten. Schliesslich habe er sie in den Schwitzkasten genommen und vor die
Tür gestellt. Bereits im Februar 2012 hätten sie sich gestritten, wobei
X.________ sie auf dem Bett fixiert und mit einer Hand gewürgt habe. Sie habe
keine Luft mehr bekommen und gedacht, sie müsse sterben. Es habe während der
ganzen, seit 2003 andauernden Beziehung immer wieder Vorfälle häuslicher Gewalt
gegeben. Die beiden gemeinsamen Töchter (Jahrgang 2005 und 2008) seien jedoch
nie direkter Gewalt ausgesetzt gewesen.

X.________ bestreitet diese Vorwürfe seiner Lebenspartnerin.

B. 
Am 11. August 2013 wurde X.________ polizeilich angehalten und vorläufig
festgenommen. Mit Verfügung vom 14. August 2013 wies das
Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau den Haftantrag der
Staatsanwaltschaft vom 12. August 2013 ab. Es erwog in Bezug auf den besonderen
Haftgrund der Ausführungsgefahr, die Wahrscheinlichkeit, dass X.________ seine
Todesdrohung umsetze, sei "recht gering"; eine Präventivhaft rechtfertige sich
nicht. Das Zwangsmassnahmengericht ordnete an Stelle von Untersuchungshaft
Ersatzmassnahmen in Form eines Rayon- und Kontaktverbots an. Es verbot
X.________, sich der gemeinsamen Liegenschaft in Bözen auf weniger als 500 m zu
nähern, und auferlegte ihm ein Kontaktverbot in jeglicher Form (insbesondere
persönlich, schriftlich, telefonisch oder elektronisch) gegenüber seiner
Lebenspartnerin und den beiden gemeinsamen Kindern.

Aufgrund neuer Untersuchungsergebnisse - nämlich der Auswertung der beiden
iPhones von X.________ - stellte die Staatsanwaltschaft am 24. August 2013
erneut den Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft. Das
Zwangsmassnahmengericht gab diesem Antrag statt und ordnete mit Verfügung vom
28. August 2013 Untersuchungshaft bis zum 22. November 2013 an.

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft wurde ein psychiatrisches Gutachten über
X.________ erstellt, welches seit dem 30. Oktober 2013 vorliegt.

Das von X.________ am 4. November 2013 gestellte Haftentlassungsgesuch wies das
Zwangsmassnahmengericht mit Verfügung vom 11. November 2013 mit der Begründung
ab, der Haftgrund der Ausführungsgefahr bestehe weiterhin. Gegen diese
Verfügung reichte X.________ am 13. November 2013 Beschwerde an das Obergericht
des Kantons Aargau ein.

Mit Verfügung vom 25. November 2013 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht auf
Antrag der Staatsanwaltschaft vom 18. November 2013 die Haft von X.________ um
drei Monate bis zum 18. Februar 2014. Auch diese Verfügung focht X.________ mit
Beschwerde vom 4. Dezember 2013 beim Obergericht an.

Das Obergericht vereinigte die beiden Beschwerdeverfahren. Mit Entscheid vom
16. Dezember 2013 schrieb es die Beschwerde vom 4. November 2013 infolge
Gegenstandslosigkeit ab; die Beschwerde vom 4. Dezember 2013 wies es ab.

C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt
in der Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Entscheids vom 16. Dezember
2013 und seine unverzügliche Haftentlassung. Des Weiteren stellt er den Antrag,
es sei ihm zu verbieten, in irgendeiner Form (persönlich, schriftlich,
telefonisch oder elektronisch) mit der Strafklägerin Y.________ in Kontakt zu
treten und sich der gemeinsamen Liegenschaft auf weniger als 500 m zu nähern.
Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz haben auf Stellungnahmen zur
Beschwerde verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid in einer
Strafsache, gegen den gemäss Art. 78 ff. BGG die Beschwerde in Strafsachen
offen steht. Beim Beschluss der Vorinstanz handelt es sich um einen
selbstständig eröffneten Zwischenentscheid, der einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann.
Der Beschwerdeführer nahm am vorinstanzlichen Verfahren teil und hat ein
aktuelles rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen
Entscheids, da er sich weiterhin in Haft befindet. Er ist nach Art. 81 Abs. 1
BGG zur Beschwerde berechtigt. Das Bundesgericht kann nach Art. 107 Abs. 2 BGG
bei Gutheissung der Beschwerde in der Sache selbst entscheiden. Der Antrag auf
Haftentlassung ist somit zulässig.

1.2. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit
(Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen strafprozessualer Haft erhoben werden, prüft
das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs die Auslegung und
Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen
Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung (BGE 138 IV 186 E. 1.2 S. 189; 137 IV 122
E. 2 S. 125; 340 E. 2.4 S. 346; Urteil 1B_277/2011 vom 28. Juni 2011 E. 1.2).
Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu
beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art.
105 Abs. 2 BGG; BGE 135 I 71 E. 2.5 S. 73 f.).

2. 
Die Vorinstanz erachtet die Verlängerung der Untersuchungshaft bis zum 18.
Februar 2014 als rechtmässig, da der besondere Haftgrund der Ausführungsgefahr
vorliege und ein Rayon- und Kontaktverbot als Ersatzmassnahme nicht gleich
geeignet sei wie die Haft.

2.1.

2.1.1. Ausführungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 2 StPO besteht, wenn
ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres
Verbrechen auszuführen, wahrmachen.

Die Ausführungsgefahr stellt einen selbstständigen gesetzlichen Haftgrund dar.
Er verlangt nicht zwangsläufig noch zusätzlich einen dringenden Tatverdacht
eines bereits begangenen (untersuchten) Delikts (Marc Forster, Basler Kommentar
StPO, 2011, N. 16 zu Art. 221; Laurent Moreillon/Aude Parein-Reymond, Code de
procédure pénale, 2013, N. 48 zu Art. 221).

Die Haft wegen Ausführungsgefahr als freiheitsentziehende Zwangsmassnahme muss
verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 3 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 BV). Die rein
hypothetische Möglichkeit der Verübung von Delikten sowie die
Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen
nicht aus, um Haft wegen Ausführungsgefahr zu begründen. Bei der Annahme, dass
eine Person ein schweres Verbrechen begehen könnte, ist Zurückhaltung geboten.
Erforderlich ist eine sehr ungünstige Prognose. Nicht Voraussetzung ist
hingegen, dass die verdächtige Person bereits konkrete Anstalten getroffen hat,
um die befürchtete Tat zu vollenden. Vielmehr genügt es, wenn die
Wahrscheinlichkeit einer Ausführung aufgrund einer Gesamtbewertung der
persönlichen Verhältnisse sowie der Umstände als sehr hoch erscheint. Besonders
bei drohenden schweren Gewaltverbrechen ist dabei auch dem psychischen Zustand
der verdächtigen Person bzw. ihrer Unberechenbarkeit oder Aggressivität
Rechnung zu tragen (BGE 137 IV 122 E. 5.2 S. 129 f. mit Hinweisen). Je schwerer
die angedrohte Straftat ist, desto eher rechtfertigt sich eine Inhaftierung,
wenn die vorhandenen Fakten keine genaue Risikoeinschätzung erlauben (Markus
Hug, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen
Strafprozessordnung, 2010, N. 44 zu Art. 221; Moreillon/Parein-Reymond, a.a.O.,
N. 49 f. zu Art. 221).

2.1.2. Nach Art. 237 Abs. 1 StPO ordnet das zuständige Gericht an Stelle der
Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen
an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen. Mit dieser Bestimmungen
wird der Grundsatz der Verhältnismässigkeit konkretisiert. Die Voraussetzungen
für Ersatzmassnahmen sind die gleichen wie für Untersuchungs- und
Sicherheitshaft. Fehlt es an einem besonderen Haftgrund, so sind auch
Ersatzmassnahmen unzulässig.
Als Ersatzmassnahmen kommen gemäss Art. 237 Abs. 2 StPO namentlich die Auflage,
sich nur oder sich nicht an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Haus
aufzuhalten (lit. c), und das Verbot, mit bestimmten Personen Kontakte zu
pflegen (lit. g), in Frage. Die Aufenthaltsbeschränkung nach Art. 237 Abs. 2
lit. c StPO besteht entweder in der Verpflichtung, ein bestimmtes Gebiet nicht
zu verlassen (Eingrenzung), oder in jener, eine bestimmte Gegend nicht zu
betreten (Ausgrenzung). Die Weisung kann mithin ein Aufenthaltsgebot oder ein
Aufenthalts- bzw. Rayonverbot zum Gegenstand haben. Letzteres kann insbesondere
bei häuslicher Gewalt zur Verminderung der Ausführungsgefahr angebracht sein
und mit einem Kontaktverbot gemäss Art. 237 Abs. 2 lit. g StPO verbunden
werden. So kann etwa ein Ehemann, der seine Ehefrau massiv bedroht und schlägt,
aus der ehelichen Wohnung gewiesen und ihm verboten werden, mit seiner Ehefrau
in Kontakt zu treten und sich der Wohnung zu nähern (Matthias Härri, Basler
Kommentar StPO, 2011, N. 11 und N. 26 zu Art. 237). Nach Art. 237 Abs. 3 StPO
kann das Gericht zur Überwachung von Ersatzmassnahmen den Einsatz technischer
Geräte und deren feste Verbindung mit der zu überwachenden Person anordnen.
Angesprochen ist damit primär die elektronische Überwachung ("Electronic
Monitoring") von Ein- bzw. Ausgrenzungen gemäss Art. 237 Abs. 2 lit. c StPO
(Härri, a.a.O., N. 34 f. zu Art. 237; Moreillon/Parein-Reymond, a.a.O., N. 21
und N. 37 f. zu Art. 237; Jo Pitteloud, Code de procédure pénale suisse,
Commentaire à l'usage des practiciens, 2012, N. 526).

Gemäss Art. 237 Abs. 5 StPO kann das Gericht die Ersatzmassnahmen jederzeit
widerrufen, andere Ersatzmassnahmen oder die Untersuchungs- oder die
Sicherheitshaft anordnen, wenn neue Umstände dies erfordern oder die
beschuldigte Person die ihr gemachten Auflagen nicht erfüllt.

2.2. Die Vorinstanz begründet das Vorliegen von Ausführungsgefahr mit der im
Rahmen der Strafuntersuchung vorgenommenen Auswertung der beiden iPhones des
Beschwerdeführers (vgl. Sachverhalt lit. B. hiervor).

Bei dieser Auswertung konnten unbestrittenermassen zwei vom Beschwerdeführer
verfasste Textpassagen eruiert werden. Die erste stammt vom 11. Juni 2013
(letzter Änderungsstand) : "  Hallo, es geht mir nicht gut, ich steh kurz vor
einem Nervenzusammenbruch. Ich weiss echt nicht mehr weiter mit Y.________.
Schlimmer noch, ich mach mir sogar ständig Gedanken sie kalt zu machen und
verschwinden zu lassen. Einziger Grund warum ich es nicht mache sind die
Kinder, das ich kein ruhiges gewissen hätte sie ohne Mutter aufwachsen zu
sehen. Aber die Frau macht mich fix und fertig. " Und: "  Egal, jetzt mag ich
nicht mehr, Scheiss auf die verlorenen 10 Jahre. Aber wie weiter? Die 100 %
Lösung ist sie verschwinden zu lassen. So bin ich sie los, hab das Haus und die
Kinder. Wird nicht einfach. " Die zweite Textpassage schrieb er am 20. Juli
2013 einige Stunden nach der Auseinandersetzung mit der Strafklägerin: "  bring
sie um ".

2.3. Die Vorinstanz hat erwogen, diese Texte machten deutlich, dass sich der
Beschwerdeführer intensiv und über einen längeren Zeitraum mit dem Gedanken
auseinandergesetzt habe, seine Lebenspartnerin zu töten. Die Gutachterin sei am
30. Oktober 2013 nach Abwägung aller wesentlichen Faktoren zum Schluss
gekommen, dass bei einer Aufhebung der räumlichen Trennung zwischen der
Strafklägerin und dem Beschwerdeführer von einer hohen Ausführungsgefahr der
Todesdrohung auszugehen sei. Für das Gericht bestehe kein Grund, von der
Gesamtbewertung des Gutachtens abzuweichen. Der Gefahr könne durch ein Rayon-
und Kontaktverbot nicht wirksam begegnet werden. Dass der Beschwerdeführer sich
nach seiner ersten Freilassung am 14. August 2013 bis zu seiner erneuten
Festnahme am 24. August 2013 an das Rayon- und Kontaktverbot gehalten habe, sei
aufgrund der kurzen Zeitspanne von zehn Tagen nicht genügend aussagekräftig und
garantiere nicht, dass er die Ersatzmassnahmen auch künftig befolgen würde.
Vielmehr sei es aufgrund der nach wie vor bestehenden engen emotionalen und
finanziellen Verbundenheit zwischen dem Beschwerdeführer und der Strafklägerin
schwer vorstellbar, dass er das Rayon- und Kontaktverbot einhalten würde. Zudem
bringe der Beschwerdeführer zum Ausdruck, dass er sehr an seinen Kindern hänge.
Sollte er den Kontakt zu ihnen suchen, würde er, solange ein Besuchsrecht noch
nicht verbindlich fixiert sei, auf die Strafklägerin treffen. Zusammenfassend
hält die Vorinstanz fest, es stünden hochwertige Rechtsgüter (Leib und Leben)
auf dem Spiel, deren Schutz nur durch eine Fortführung der Untersuchungshaft
gewährleistet werden könne.

2.4. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz begründe die
Ausführungsgefahr mit den von ihm verfassten, jedoch nicht verschickten
Textpassagen auf seinen iPhones und stütze sich in ihrem Entscheid auf das
psychiatrische Gutachten vom 30. Oktober 2013 ab. Dieses Gutachten sei in der
Tat korrekt. Die Gutachterin komme nämlich zum Schluss, dass er zur Tätergruppe
mit einer geringen Risikowahrscheinlichkeit für die Ausübung häuslicher Gewalt
in einer Intimbeziehung gehöre, solange sich die Beteiligten an eine räumliche
Distanz und ein Kontaktverbot halten würden. Vorliegend bestünden keinerlei
Indizien, dass er das Rayon- und Kontaktverbot missachten würde, zumal er
dieses bereits früher einwandfrei befolgt habe. Entgegen der Behauptung der
Vorinstanz sei er mit seiner ehemaligen Lebenspartnerin emotional nicht mehr
eng verbunden. Dass er sehr an seinen Kindern hänge, treffe zwar zu. Bis das
Besuchsrecht verbindlich geregelt sei, werde er sich aber bei seiner
Haftentlassung an das Rayonverbot halten und seine Kinder nicht besuchen.

2.5. Sowohl die Vorinstanz als auch der Beschwerdeführer stützen sich in ihrer
Argumentation somit auf das psychiatrische Gutachten vom 30. Oktober 2013 und
stufen die Ausführungen der Gutachterin als überzeugend ein; sie ziehen daraus
jedoch unterschiedliche Schlussfolgerungen. Nachfolgend ist näher auf das
Gutachten einzugehen.

2.5.1. Die Gutachterin erachtet es als kriminalprognostisch günstig, dass der
Beschwerdeführer die Bereitschaft zeige, sich nach der Haftentlassung eine
eigene Wohnung zu mieten. Er könne einen Auszug aus seinem Haus gut annehmen,
auch wenn ihm die Trennung von seinen Kindern nicht leicht falle. Als positiv
zu werten sei auch, dass der Beschwerdeführer die emotionale und räumliche
Trennung von der Lebenspartnerin selber anstrebe und sich zunehmend emotional
von ihr distanziere, was emotionale Zuspitzungen unwahrscheinlicher erscheinen
lasse. Als günstig erweise sich ferner, dass der Beschwerdeführer den
Trennungswunsch mit nachvollziehbaren, objektiven Argumenten untermauern könne
(Gutachten S. 39).

Die Feststellung der Vorinstanz, es bestehe nach wie vor eine enge emotionale
Verbundenheit zwischen dem Beschwerdeführer und der Strafklägerin, ist damit zu
relativieren.

2.5.2. Bei der Beurteilung des Risikos der Ausführung der Todesdrohungen und
zukünftiger häuslicher Gewalt gelangt die Gutachterin zu folgenden Ergebnissen
(Gutachten S. 45 f.; vgl. ferner S. 36 ff.) :

Der Beschwerdeführer weise mehrere kriminalprognostisch günstige Merkmale auf.
Seine Vergangenheit (insbesondere keine Vorstrafen), die Analyse der
lebensüberdauernden, gewaltfördernden Eigenschaften (keine Gewaltausübung in
der Vergangenheit insbesondere auch nicht gegenüber seinen Kindern und keine
Zeichen einer gewaltbereiten Persönlichkeit, kein Waffengebrauch, keine
psychischen Störungen, kein Substanzmissbrauch, keine Beschäftigungsprobleme)
und die beim Beschwerdeführer vorhandenen deliktprotektiven Faktoren (gute
Intelligenz, gute Kindheit, gutes soziales Netzwerk) liessen die
Ausführungsgefahr der Todesdrohungen gegenüber der Lebenspartnerin als
unwahrscheinlich erscheinen. Auch hätten sich beim Beschwerdeführer keine
konkreten Hinweise auf aktuell vorhandene, ernsthafte Hassgefühle, Racheimpulse
oder andere Schädigungsabsichten gegenüber seiner Partnerin ergeben.

Andererseits seien beim Beschwerdeführer diverse Risikofaktoren festzustellen,
die das Auftreten zukünftiger häuslicher Gewalt und die Ausführungsgefahr der
Todesdrohungen wahrscheinlicher machen würden (wiederkehrende
partnerschaftliche Probleme ohne adäquate Lösungsstrategien, ungünstiges
Aussageverhalten mit Verleugnung, mindestens zweimalige Bedrohung der Partnerin
mit dem Tod und eine Progredienz in der Schwere der Gewalt). Als besonderer
Risikofaktor sei zu werten, dass beim Beschwerdeführer Tötungsgedanken als
aggressive Fantasien entstanden und diese im Rahmen von Krisensituationen als
Handlungsalternative gedanklich aufgegriffen worden seien. Die Analyse der
Todesdrohungen lasse aber nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer einen
konkreten Ausführungsplan habe. Auch besitze er genügend kognitive Ressourcen
und deliktprotektive Faktoren, um die Konsequenzen eines Tötungsdelikts
abzuwägen und sich dagegen zu entscheiden. Tötungsimpulse würden beim
Beschwerdeführer daher nicht in Form einer geplanten Handlung, sondern als
eruptive Affektentladung nach einer akuten Auslösesituation durchbrechen.

2.5.3. Gestützt auf diese Analyse zieht die Gutachterin die folgenden
Schlussfolgerungen (Gutachten S. 46 ff.; vgl. ferner S. 38) : Der
Beschwerdeführer gehöre zur Tätergruppe mit einer geringen
Risikowahrscheinlichkeit für die Ausübung zukünftiger häuslicher Gewalt in
einer Intimbeziehung, solange die Beteiligten eine räumliche Distanz und ein
Kontaktverbot einhielten. Sollte der Beschwerdeführer aber die konflikthafte
Beziehung fortsetzen oder gar bei seiner Lebenspartnerin wieder einziehen, dann
müsse von einer hohen Rückfallgefahr für ähnliche Straftaten wie die Anlasstat
und einer hohen Ausführungsgefahr der Todesdrohungen (in einer eruptiven
Affektentladung) ausgegangen werden. Die räumliche Trennung und das
Kontaktverbot zur Verhinderung weiterer partnerschaftlicher Krisen seien somit
von essenzieller Bedeutung, zumindest bis beide Lebenspartner neue und
befriedigende Lebensperspektiven hätten, was längere Zeit in Anspruch nehmen
könne. Für den Fall der Haftentlassung empfiehlt die Gutachterin ein Rayon- und
ein Kontaktverbot, wobei dem Beschwerdeführer jeglicher Kontakt mit seiner
Lebenspartnerin und den beiden gemeinsamen Kindern (ausserhalb der
Besuchszeiten) verboten werden sollte. Der Beschwerdeführer habe nach seiner
Haftentlassung am 14. August 2013 demonstriert, dass er bereit sei, sich an
Ersatzmassnahmen zu halten, auch weil die Inhaftierung bei ihm einen
nachhaltigen Eindruck hinterlassen habe.

Zur Frage der Rückfallgefahr führt die Gutachterin aus (Gutachten S. 49) :
"Ausgehend von den Anlasstaten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Gewalttaten
nach dem Muster der bisherigen, partnerbezogenen Delinquenz zu erwarten, sobald
die räumliche Trennung aufgehoben wird. In solch einem Fall - räumliches
Zusammenleben - sind bei erneut aufkommenden Krisensituationen auch schwere
Opferschäden, aus einem affektgeladenen Impuls, nicht auszuschliessen."

2.6. Der Beschwerdeführer gehört somit gemäss Gutachten grundsätzlich zur
Tätergruppe mit einer geringen Risikowahrscheinlichkeit für die Ausübung
häuslicher Gewalt in einer Intimbeziehung. Als problematisch erweist sich die
besonders gelagerte Beziehungskonstellation zur Strafklägerin. Insoweit aber
ist entscheidend, dass die Gutachterin die Ausführungsgefahr der Todesdrohungen
einzig dann als hoch einstuft, wenn der Beschwerdeführer und die Strafklägerin
die  konflikthafte Beziehung fortsetzen bzw. wieder aufnehmen oder sogar wieder
zusammen wohnen sollten. Bei dieser Ausgangslage ist die Fortführung der
Untersuchungshaft nicht erforderlich, da auch mit einem Rayon- und
Kontaktverbot eine Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme der Beziehung und ein
räumliches Zusammenleben mit aufkommenden Krisensituationen verhindert werden
kann. Zur Gewährleistung des Kontaktverbots gegenüber seiner Lebenspartnerin
ist es angezeigt, zugleich ein Kontaktverbot gegenüber den beiden gemeinsamen
Töchtern ausserhalb der - möglichst umgehend behördlich festzusetzenden -
Besuchszeiten anzuordnen, wie dies bereits das Zwangsmassnahmengericht am 14.
August 2013 verfügt hatte und von der Gutachterin ausdrücklich empfohlen wird.

Aufgrund der gesamten Umstände ist zu erwarten, dass sich diese
Ersatzmassnahmen als wirksam erweisen werden. Der Beschwerdeführer distanziert
sich nach Einschätzung der Gutachterin zunehmend emotional von seiner
Lebenspartnerin und hat bereits ein früheres Rayon- und Kontaktverbot befolgt
(vgl. Sachverhalt lit. B. hiervor), was darauf hindeutet, dass er willens und
in der Lage ist, die Ersatzmassnahmen zu erfüllen. Allenfalls könnte deren
Einhaltung in Anwendung von Art. 237 Abs. 3 StPO mittels Electronic Monitoring
überwacht werden. Aber selbst bei einem allfälligen, auch durch technische
Überwachung nicht mit Bestimmtheit zu verhindernden Verstoss des
Beschwerdeführers und einem einmaligen Kontakt mit seiner Lebenspartnerin ist
nach dem Gutachten nicht von einer hohen Ausführungsgefahr der Todesdrohung
auszugehen, zumal sich beim Beschwerdeführer keine konkreten Hinweise auf
aktuell vorhandene, ernsthafte Hassgefühle, Racheimpulse oder andere
Schädigungsabsichten gegenüber seiner Partnerin ergeben haben. Indes müsste er
bei einer Missachtung des Rayon- oder Kontaktverbots gestützt auf Art. 237 Abs.
5 StPO mit dem Widerruf der Ersatzmassnahmen und seiner neuerlichen Versetzung
in Untersuchungshaft rechnen.

3. 
Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die
Sache an das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau zurückzuweisen. Dieses
wird angewiesen, den Beschwerdeführer nach Anordnung eines Rayon- und
Kontaktverbots - allenfalls verbunden mit weiteren geeigneten, den
tatsächlichen Umständen regelmässig anzupassenden Ersatzmassnahmen -
unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Über die Haftentlassung
hat das Zwangsmassnahmengericht die Strafklägerin zu orientieren (Art. 214 Abs.
4 StPO).

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind im bundesgerichtlichen Verfahren
keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Mit der Aufhebung des
angefochtenen Entscheids entfällt auch die Verpflichtung des Beschwerdeführers
zur Übernahme der vorinstanzlichen Verfahrenskosten. Der Kanton Aargau hat die
Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers für die kantonalen Verfahren und das
Verfahren vor Bundesgericht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1, 2 und 5 BGG). Die
eingereichten Kostennoten geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ist damit hinfällig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutzuheissen, der angefochtene Entscheid des Obergerichts
des Kantons Aargau vom 16. Dezember 2013 aufgehoben und die Sache an das
Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau zurückgewiesen. Letzteres hat den
Beschwerdeführer nach Anordnung eines Rayon- und Kontaktverbots, allenfalls
verbunden mit weiteren geeigneten - den tatsächlichen Umständen regelmässig
anzupassenden - Ersatzmassnahmen, unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu
entlassen.

2. 
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton Aargau hat der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers,
Rechtsanwältin Fabienne Brunner, für die kantonalen Verfahren und das Verfahren
vor Bundesgericht eine Entschädigung von insgesamt Fr. 4'820.-- (inkl.
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach,
dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons
Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 

Lausanne, 27. Januar 2014

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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