Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.391/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_391/2013

Urteil vom 20. November 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Edmund Schönenberger,

gegen

Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Büro C-2, Molkenstrasse 15/17,
Postfach, 8026 Zürich.

Gegenstand
Haftentlassung,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 29. Oktober 2013 des Obergerichts des
Kantons Zürich, III. Strafkammer.

Sachverhalt:

A. 
X.________ sandte am 23. April 2013 frühmorgens zwei E-Mails an die
Kantonspolizei Zürich. Darin brachte sie zum Ausdruck, sie sei 2004 von
Y.________ mit einem Messer verletzt worden; die Polizei nehme sie nicht ernst
und habe ihre Anzeige falsch protokolliert. "Wenn Z.________ (ein Beamter der
Kantonspolizei) am kommenden Freitag wieder falsch protokolliert muss ich mir
ernsthaft überlegen das was Sie mir unterstellen zu sein: eine Mörderin, auch
zu werden." Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich eröffnete gegen
X.________ eine Strafuntersuchung wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte und
liess sie am 24. April 2013 verhaften. Am 26. April 2013 wurde sie vom
Zwangsmassnahmengericht in Untersuchungshaft versetzt.

 Nachdem X.________ unter Anordnung von Ersatzmassnahmen und Kontaktverboten
aus der Haft entlassen worden war, rief sie gemäss der Telefon- und Aktennotiz
der Verwaltungssekretärin W.________ von der Staatsanwaltschaft I am 23. Juli
2013 die Staatsanwaltschaft an. Dabei habe sie u.a. unter Bezugnahme auf den
"Fall Kneubühler" geäussert, man brauche sich nicht zu wundern, wenn sie die
Nächste sei, die Amok laufe. Am 26. Juli 2013 wurde X.________ vom
Zwangsmassnahmengericht erneut in Untersuchungshaft versetzt.

 Am 8. Oktober 2013 wies das Zwangsmassnahmengericht ein Haftentlassungsgesuch
von X.________ ab und verlängerte die Untersuchungshaft gegen sie bis zum 26.
November 2013.

 Am 29. Oktober 2013 wies das Obergericht des Kantons Zürich die Beschwerde von
X.________ gegen diese Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts ab. Es kam zum
Schluss, der dringende Tatverdacht sei erstellt, und es bestehe
Wiederholungsgefahr.

B. 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, sie sofort - auch mittels
provisorischer Verfügung - aus der Haft zu entlassen und festzustellen, dass
die Art. 5 Ziff. 1 und 4, Art. 6 Ziff. 3 lit. c und d sowie Art. Art. 10 EMRK
verletzt worden seien. Sie ersucht zudem um unentgeltliche Prozessführung.

C. 
Die Staatsanwaltschaft IV weist in ihrer Vernehmlassung darauf hin, dass der
Registereintrag des Vertreters von X.________, Rechtsanwalt Schönenberger, von
der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte am 17. Juli 2013
gelöscht worden sei; der Entscheid sei am 17. September 2013 in Rechtskraft
erwachsen. Die Beschwerde sei abzuweisen, bzw. es sei darauf nicht einzutreten.
Das Obergericht verzichtet auf Vernehmlassung.

 X.________ wendet sich in ihrer Replik gegen die "Ausbootung" ihres
Verteidigers und beantragt, dieser sei im vorliegenden Verfahren weiterhin als
Verteidiger zuzulassen. Sie beantragt festzustellen, dass die
Staatsanwaltschaft IV (Staatsanwalt Kägi) ein Verbrechen gegen Art. 6 Ziff. 3
lit. c EMRK begangen habe. In einer Ergänzung zu dieser Replik lässt X.________
festhalten, dass Edmund Schönenberger den Austrag aus dem Anwaltsregister
selbst veranlasst habe, weil er die idiotische Berufshaftpflichtversicherung
nicht mehr habe bezahlen wollen.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Haftentscheid des Obergerichts.
Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG gegeben. Der
Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Haftentlassung ist
zulässig (BGE 132 I 21 E. 1). Die Beschwerdeführerin ist durch die Verweigerung
der Haftentlassung in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen und
damit zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Sie macht die Verletzung von
Menschenrechten geltend, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Nach Art. 42
Abs. 2 BGG ist allerdings in der Begründung der Beschwerde in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus,
dass sich die Beschwerdeführerin wenigstens kurz mit den Erwägungen des
angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Genügt die Beschwerdeschrift diesen
Begründungsanforderungen nicht, so ist darauf nicht einzutreten (BGE 134 II 244
E. 2.1).

 Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid im Wesentlichen erwogen, dass
der Präsident der urteilenden Kammer keinen Grund habe, sich in den Ausstand zu
begeben, und dass die auf eine Gehörsverweigerungsrüge hinauslaufende Kritik
der Beschwerdeführerin an der Führung des Verfahrens und der Durchführung der
Haftprüfungsverhandlung durch das Zwangsmassnahmengericht unbegründet und die
Fortführung der Untersuchungshaft nicht zu beanstanden sei, da die gesetzlichen
Haftgründe erfüllt seien. Mit dieser Begründung setzt sich die
Beschwerdeführerin nicht konkret auseinander: insbesondere widerlegt sie weder,
dass sie dringend verdächtig ist, wiederholt massive, ernsthafte Drohungen
gegen verschiedene Polizeibeamte ausgestossen zu haben, noch dass die Gefahr
naheliegt, dass sie solche Drohungen - was sie mutmasslich bereits einmal tat -
in Freiheit wiederholen würde. Die Beschwerde erschöpft sich vielmehr in einer
allgemeinen (gerichtsnotorischen) Polemik ihres Verfassers gegen den
"Schurkenstaat" Schweiz (Beschwerde S. 5), die "Unrechtssprechung des
Bundesgerichts" (Beschwerde S. 2), die als "Verbrecherbande" bezeichneten
Mitglieder der Strafverfolgungs- und Justizbehörden, die nicht legitimiert
seien, den ersten Stein gegen die Beschwerdeführerin zu werfen (Beschwerde S.
5) sowie die Machenschaften der Zwangspsychiatrie, welche durch "psychiatrische
Verfolgung" Geisteskrankheiten konstruiere (Beschwerde S. 23 f.). Dass daneben
auch die mit ihrem Fall befassten Haft- und Oberrichter übler Machenschaften
bezichtigt und teilweise auch die zur Verhaftung Anlass gebenden Vorkommnisse
aus der Sicht der Beschwerdeführerin dargestellt werden, ändert nichts daran,
dass sich die Beschwerde nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen
entsprechenden Weise mit dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzt und
aufzeigt, weshalb die vom Obergericht geschützte Fortführung der Haft
bundesrechtswidrig sein könnte.

2. 
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Damit ist der Umstand, dass der
Vertreter der Beschwerdeführerin offensichtlich bereits vor der Einreichung der
Beschwerde aus dem Anwaltsregister gestrichen wurde und damit zur Vertretung
der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht nicht mehr befugt gewesen wäre (Art.
40 Abs. 1 BGG), für den Ausgang des Verfahrens unerheblich. Es rechtfertigt
sich unter den vorliegenden Umständen, von der Erhebung von Kosten abzusehen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Da ihr Vertreter ausdrücklich erklärt hat, kein Honorar
zu beanspruchen, wird damit das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Es werden keine Kosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, ihrem amtlichen Vertreter
Rechtsanwalt Serge Flury, Edmund Schönenberger, der Staatsanwaltschaft IV des
Kantons Zürich, Büro C-2, und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. November 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi

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