Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.357/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_357/2013

Urteil vom 24. Januar 2014

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Anthamatten,

gegen

Y._______, Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis, Amt der Region Oberwallis,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Strafverfahren; Ausstand,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 4. September 2013 des Kantonsgerichts
Wallis, Einzelrichter der Strafkammer.

Sachverhalt:

A.

 Mit Strafbefehl vom 30. Mai 2012 sprach Y.________, Staatsanwalt des Kantons
Wallis, X.________, Betriebsleiter des Kraftwerks A.________ AG in B.________,
welches von der C.________ SA in D.________ betrieben wird, der fahrlässigen
Verletzung der Gewässerschutzgesetzgebung schuldig, verpflichtete ihn zur
Bezahlung einer Geldstrafe von Fr. 16'200.- und auferlegte ihm eine Busse von
Fr. 3'000.- sowie anteilsmässig die Kosten des Verfahrens im Umfang von Fr.
800.-. Gleichzeitig stellte er das Strafverfahren gegen E.________,
Verwaltungsrat und Geschäftsführer der F.________ AG in G.________ und der
H.________ AG in G.________ wegen fahrlässiger Widerhandlungen gegen das
Gewässerschutzgesetz ohne Kosten- und Entschädigungsfolgen ein. X.________
führte gegen den Strafbefehl Einsprache. Am 12. Februar 2013 erhob Y.________
beim Bezirksgericht Brig Anklage gegen X.________ und beschuldigte ihn, am 21.
Mai 2010 in pflichtwidriger Unvorsichtigkeit eine Verschmutzung der Rhone
zwischen B.________ und I.________ herbeigeführt zu haben. Nachdem X.________
mit Eingabe vom 4. März 2013 ans Bezirksgericht einen Antrag um Durchführung
einer Expertise gestellt und in diesem Rahmen unter anderem vorgebracht hatte,
verschiedene Umstände seien geeignet, den Anschein zu erwecken, dass Y.________
bei seiner Vorgehensweise in der Streitsache voreingenommen sei, setzte der
Staatsanwalt dem Rechtsvertreter des Beschuldigten in seinem Schreiben vom 24.
Juni 2013 (mit der Bezeichnung: "Verfügung [Ausstand]") eine zehntägige Frist,
um ein allfälliges Ausstandsbegehren gegen ihn einzureichen.

 Am 1. Juli 2013 liess X.________ ein förmliches Ausstandsgesuch stellen,
welches vom Kantonsgericht des Kantons Wallis abgewiesen wurde, soweit es
darauf eintrat (einzelrichterliche Verfügung der Strafkammer vom 4. September
2013).

B.

 X.________ lässt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht führen mit dem
sinngemässen Antrag, dem Ausstandsbegehren gegen Y.________ sei stattzugeben
und dieser sei durch eine unbefangene Staatsanwältin oder einen unbefangenen
Staatsanwalt zu ersetzen.

 Y.________ schliesst unter Hinweis auf die Akten und den angefochtenen
Entscheid vom 4. September 2013 auf Abweisung der Beschwerde. Das
Kantonsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.

 Bei der angefochtenen Verfügung handelt es sich um einen selbstständig
eröffneten Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren in einer Strafsache
(Art. 78 Abs. 1 und Art. 92 Abs. 1 BGG). Die Strafkammer des Kantonsgerichts
hat als letzte und einzige kantonale Instanz entschieden (Art. 80 BGG i.V.m.
Art. 59 Abs. 1 StPO). Dagegen ist die Beschwerde nach Art. 92 Abs. 1 BGG
zulässig. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b
Ziff. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen
geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

 Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft
die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf
Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und
begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die
Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).

3.

 Der Beschwerdeführer macht geltend, es lägen Umstände vor, die den
untersuchungsleitenden Staatsanwalt objektiv als befangen erscheinen liessen.
Diese seien rechtzeitig geltend gemacht worden. Der angefochtene Entscheid
verstosse daher gegen Art. 56 und 58 StPO und gegen das Willkürverbot.

4.

4.1. Die Ausstandsgründe betreffend die in einer Strafbehörde tätigen Personen
sind in Art. 56 StPO geregelt. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten
(Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Organe der
Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Art. 56 StPO konkretisiert
hinsichtlich der Staatsanwaltschaft in ihrer Funktion als Strafuntersuchungs-
und Anklagebehörde den in Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankerten
Anspruch jeder Person auf ein faires Verfahren. Von den in Art. 56 lit. a-e
StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen, tritt ein Staatsanwalt
oder eine Staatsanwältin in den Ausstand, wenn diese Justizperson "aus anderen
Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder
deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte" (Art. 56 lit. f StPO).

4.2. Die Strafbehörden sind in der Rechtsanwendung unabhängig und allein dem
Recht verpflichtet (Art. 4 Abs. 1 StPO). Gesetzliche Weisungsbefugnisse
gegenüber den Strafverfolgungsbehörden nach Art. 14 StPO bleiben vorbehalten
(Art. 4 Abs. 2 StPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes hat die
beschuldigte Person keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass
untersuchungsleitende Staatsanwälte (Art. 16 Abs. 2 StPO) oder mit Ermittlungen
beauftragte Polizeiorgane (Art. 15 Abs. 2 StPO) mit qualifizierter
richterlicher Unabhängigkeit im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV amtieren (vgl. BGE
138 IV 142 E. 2.2.1 S. 145; 127 I 196 E. 2b S. 198; Urteil 1B_69/2013 vom 27.
Juni 2013 E. 4).

4.3. Im Interesse einer beförderlichen Rechtspflege sind Ausstandsbegehren
gegen Justizpersonen nicht leichthin gutzuheissen, zumal eine Bewilligung der
Begehren zur Komplizierung und Verzögerung des Verfahrens führen kann. Zu
beachten sind auch die unterschiedlichen gesetzlichen Funktionen der Gerichte
einerseits und der Strafverfolgungsbehörden anderseits. Von Letzteren sind
Sachlichkeit, Unbefangenheit und Objektivität namentlich insofern zu erwarten,
als sie sich vor Abschluss der Voruntersuchung grundsätzlich nicht darauf
festlegen sollen, dass der beschuldigten Person ein strafbares Verhalten zur
Last zu legen wäre. Auch haben sie den entlastenden Indizien und Beweismitteln
ebenso Rechnung zu tragen wie den belastenden (BGE 138 IV 142 E. 2.2.1 S. 145;
127 I 196 E. 2d S. 199 f.; Urteil 1B_69/2013 vom 27. Juni 2013 E. 4.1). Nach
Abschluss des Vorverfahrens (bzw. im Haupt- und Rechtsmittelverfahren) hat die
Staatsanwaltschaft hingegen Parteistellung (Art. 104 Abs. 1 lit. c StPO),
weshalb in diesem Verfahrensstadium andere Gesichtspunkte gelten (BGE 138 IV
142 E. 2.2.2 S. 145 f. mit Hinweisen).

5.

5.1. Der Staatsanwalt legte dem Strafbefehl hinsichtlich des Beschwerdeführers
bzw. der uno actu ergangenen Einstellungsverfügung in Bezug auf E.________ vom
30. Mai 2012 den nachfolgend - verkürzt - wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde.
Die C.________ SA habe vom 18. bis 26. Mai 2010 eine bewilligte Spülung des
Gebidem-Stausees durchgeführt. Der Beschwerdeführer sei als Betriebsleiter des
Kraftwerks A.________ AG für die Durchführung der Seespülung zuständig gewesen.
Im Rahmen der Seespülung würden Sedimente aus dem Stausee in die Rhone
ausgeschwemmt, wobei die F.________ AG auf ihrem Areal kurz vor der Einmündung
der Massa in die Rhone einen Teil des mit Geschiebe befrachteten Wassers mit
Hilfe kleinerer Staubecken auffange. So werde das Kies ausgeschieden. Das
Kieswerk werde durch E.________ geführt. Am Morgen des 21. Mai 2010 sei
anlässlich der Seespülung die Schwebestoffkonzentration des Rhonewassers auf
der Höhe Brigerbad innerhalb sehr kurzer Zeit sprungartig von weniger als 10 ml
/l auf über 150 ml/l angestiegen. Die gesetzlich vorgeschriebenen
Einleitungsgrenzwerte für die gesamten ungelösten Stoffe in der Rhone von
maximal 80 ml/l seien massiv überschritten worden. Eine Reduktion des
Fischbestandes in der Rhone und Sachschaden an den Anlagen der J.________ AG
seien die Folgen des verunreinigten Kühlwassers gewesen.

5.2. E.________ ist Mitglied und sein Schwager, K.________, Präsident des
Verwaltungsrates der F.________ AG. Es ist unbestritten, dass Y.________ sein
Anwaltspraktikum bei K.________ absolviert hatte, eine Mietwohnung, welche
K.________ gehört, bewohnt und, wie dieser auch, Mitglied im lokalen
Jodlerverein ist. Uneinigkeit besteht über den Zeitpunkt der Kenntnisnahme
dieser Umstände durch den Beschwerdeführer. Während dieser geltend macht, sein
Rechtsvertreter habe am 16. Juli 2012 erstmals von den Beziehungen zwischen dem
Staatsanwalt und dem Verwaltungsratspräsidenten erfahren, hielt Y.________ in
seinem Schreiben vom 24. Juni 2013 fest, er habe diesen Sachverhalt den
Parteien vor der ersten Einvernahme vom 13. März 2012 in den Räumlichkeiten der
Staatsanwaltschaft persönlich dargelegt, wobei er bereits damals mitgeteilt
habe, dass er sich nicht als befangen erachte, er das Dossier aber umgehend
abgeben werde, falls die Parteien dies wünschten. Überdies äusserte der
Staatsanwalt, dass er sich einem allfälligen Ausstandsbegehren - für welches er
eine zehntägige Frist einräume - widersetzen würde, weil es verspätet wäre und
ein venire contra factum proprium darstellen würde.

5.3. Zur Begründung seines in der Folge erhobenen förmlichen Ausstandsgesuchs
vom 1. Juli 2013 berief sich der Beschwerdeführer nur indirekt auf die
Beziehung zwischen Y.________ und K.________, über welche er - nach seiner
Behauptung - am 16. Juli 2012 orientiert worden sei. In erster Linie verwies er
auf den Inhalt des staatsanwaltlichen Schreibens vom 24. Juni 2013 und machte
geltend, bislang habe es nur den Anschein gemacht, dass Y.________ befangen
sei, aber nunmehr stehe es seit Erhalt dieses Schreibens definitiv fest: Der
Staatsanwalt habe "den Tatbeweis" für seine Befangenheit erbracht, indem er
eine unwahre Behauptung aufgestellt habe.

5.3.1. Soweit erst eine Kumulation mehrerer Vorfälle Anlass zur Besorgnis wegen
Befangenheit gibt, ist bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit dem Umstand
Rechnung zu tragen, dass der Gesuchsteller nicht vorschnell reagieren kann und
gegebenenfalls zunächst zuwarten muss, um das Risiko zu vermeiden, dass sein
Gesuch als unbegründet abgewiesen wird. Es muss daher zulässig sein, in
Verbindung mit neu entdeckten Umständen auch bereits früher bekannte Tatsachen
geltend zu machen, wenn erst eine Gesamtwürdigung zur Bejahung eines
Ausstandsgrundes führt, während die isolierte Geltendmachung der früheren
Tatsachen die Stellung eines solchen Begehrens nicht hätte rechtfertigen können
( MARKUS BOOG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011,
N. 7 zu Art. 58 StPO). Begründen mehrere Vorkommnisse erst zusammen den
Ausstandsgrund, so ist dieser Augenblick dann gekommen, wenn nach Auffassung
des Gesuchstellers der "letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen" gebracht hat (
ANDREAS J. KELLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010,
N. 3 zu Art. 58 StPO).

5.3.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die persönlichen Beziehungen
zwischen dem Staatsanwalt und dem Präsidenten der Kieswerkgesellschaft ihn
nicht zur Stellung eines Ausstandsbegehren bewogen hätten, was aus heutiger
Sicht zweifellos falsch gewesen sei. Dieser Entscheid sei aber unter Zeitdruck
erfolgt und im Übrigen vorliegend nicht von Belang. Das Ausstandsbegehren sei
einzig wegen der wahrheitswidrigen Äusserung des Staatsanwalts im Schreiben vom
24. Juni 2013 gestellt worden.

 Schon vor Erhalt des staatsanwaltlichen Schreibens vom 24. Juni 2013 befasste
sich der Beschwerdeführer allerdings mit der Befangenheitsfrage. Bereits in der
im Nachgang zur Besprechung vom 16. Juli 2012 verfassten E-Mail vom 19. Juli
2012 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass er nach Studium
der Rechtsquellen zur StPO zur Erkenntnis gelangt sei, es sei kein
Ausstandsgrund gegeben. In seiner Eingabe vom 4. März 2013 nannte er jedoch bei
der Aufzählung der Gründe, welche geeignet seien, den Anschein der Befangenheit
zu erwecken, an erster Stelle die Beziehungen zwischen dem Staatsanwalt und
K.________. Zusätzlich werde die Anscheinserweckung durch "drei prozessuale
Fakten" verstärkt. Die Instruktion sei bereits am 21. August 2012 abgeschlossen
gewesen, die Anklageerhebung sei aber erst am 12. Februar 2013 erfolgt. Zudem
sei die Einstellungsverfügung bezüglich E.________ vom 30. Mai 2012 ergangen,
ohne dass vorher eine Expertise eingeholt worden sei, und schliesslich habe der
Staatsanwalt den von der Verteidigung gestellten Antrag auf ein Gutachten mit
Entscheid vom 21. August 2012 unter Angabe nicht stichhaltiger Gründe
abgelehnt. Vor Bundesgericht befasst sich der Beschwerdeführer wiederum mit dem
Dauervertragsverhältnis zwischen dem Verwaltungsratspräsidenten der
Kieswerkgesellschaft und dem Staatsanwalt. Y.________ habe von Anfang an
gewusst, dass er diesen Umstand gegenüber den Parteien verschweige. Damit könne
ausgeschlossen werden, dass er sich "bei der Behauptung der unwahren
Mitteilung" (vom 24. Juni 2013) geirrt habe. Ein Staatsanwalt, welcher bewusst
eine Lüge in die Akten setze, biete keine Gewähr für Sachlichkeit und
Objektivität, selbst wenn das Vorverfahren unmittelbar vor dem Abschluss stehe.

5.3.3. Ausstandsbegehren sind nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift "ohne
Verzug" (Art. 58 Abs. 1 StPO), mithin sofort nach Bekanntwerden der
Ausstandsgründe zu stellen, wobei die den Ausstand begründenden Tatsachen
glaubhaft zu machen sind; wer den Anspruch auf Ausstand einer in einer
Strafbehörde tätigen Person nicht so früh wie möglich vorbringt, verwirkt den
Anspruch auf seine spätere Anrufung (BGE 136 I 207 E. 3.4 S. 211; 134 I 20 E.
4.3.1 S. 21; Urteil 1B_13/2013 vom 17. April 2013 E. 4). Gleiche zeitliche
Anforderungen stellt etwa Art. 36 Abs. 1 BGG. Ein unverzügliches Handeln wird
auch in der Rechtsprechung zu Art. 30 bzw. Art. 29 BV gefordert (Urteil 1B_689/
2012 vom 20. Dezember 2012 E. 3 mit Hinweisen). Praxisgemäss gilt ein
Ausstandsgesuch, das sechs bis sieben Tage nach Kenntnis des Ausstandsgrundes
eingereicht wird, als rechtzeitig. Ein Zuwarten während zwei oder drei Wochen
ist hingegen nicht zulässig (Urteil 1B_499/2012 vom 7. November 2012 E. 2.3;
vgl. auch BOOG, a.a.O., N. 5 zu Art. 58 StPO mit weiteren Hinweisen).

5.3.3.1. Soweit die Vorinstanz davon ausgeht, die Verflechtungen zwischen dem
Staatsanwalt und K.________ könnten das Ausstandsgesuch nicht mehr
rechtfertigen, da sie verspätet vorgebracht worden seien, kann ihr nicht ohne
Weiteres gefolgt werden. Massgebend ist nämlich, ob - in zeitlicher Hinsicht
ausgehend von der letzten bekannt gewordenen, erheblichen Tatsache, welche auf
eine Befangenheit hinweist - eine Gesamtwürdigung aller Umstände zur Bejahung
eines Ausstandsgrundes führt, weshalb in diesem Rahmen auch bereits früher
entdeckte Tatsachen geltend gemacht werden können (E. 5.3.1 hiervor).

5.3.3.2. Im vorliegenden Fall kommt grundsätzlich einzig das Schreiben des
Staatsanwalts vom 24. Juni 2013 als neu entdeckter, "das Fass zum Überlaufen
bringender" Umstand in Frage. Alle anderen Rügen wären sowohl für sich allein
betrachtet als auch in ihrer Gesamtheit als verspätet zu qualifizieren. Ob das
staatsanwaltliche Schreiben allerdings Unwahrheiten enthält, lässt sich allein
aufgrund der Akten nicht entscheiden. Der Staatsanwalt hält an seinen Angaben
fest, wonach er vor der ersten Einvernahme vom 13. März 2012 informiert habe,
vermag dafür aber mit der Begründung, es sei keine entsprechende Aktennotiz
verfasst worden, keinen Beweis zu erbringen. Der Beschwerdeführer nannte
vorinstanzlich für seine Version zwar Zeugen, welche jedoch vom kantonalen
Gericht unter Hinweis auf Art. 59 Abs. 1 StPO, wonach ohne weiteres
Beweisverfahren zu entscheiden ist, nicht befragt wurden. Die von ihm mit der
Stellung des Ausstandsbegehrens am 1. Juli 2013 ins Recht gelegte Aktennotiz
zur Besprechung vom 16. Juli 2012 schliesst sodann eine Kenntnisnahme der
Beziehungen zwischen dem Staatsanwalt und K.________ am 13. März 2012 nicht
aus. So steht Aussage gegen Aussage. Bei dieser Sachlage ist die Annahme des
kantonalen Gerichts, wonach der Beschwerdeführer die Wahrheitswidrigkeit der
Aussage des Staatsanwaltes nicht glaubhaft habe machen können, nicht
willkürlich. Ins Gewicht fällt dabei namentlich, dass bei objektiver
Betrachtungsweise der Grund für eine Lüge des Staatsanwaltes nicht auszumachen
wäre. Die Parteien sind sich einig, dass der Beschwerdeführer von den
Verknüpfungen zwischen Y.________ und K.________ schon vor langer Zeit Kenntnis
erlangt hatte. Ob dies nun am 13. März 2012 oder am 16. Juli 2012 war, ist
unerheblich, weil ein gestützt darauf erst im Jahr 2013 erhobenes
Ausstandsbegehren so oder anders als verspätet zu qualifizieren wäre.

5.3.3.3. Ebenso wenig ist von Belang, ob der Staatsanwalt bereits im März 2012
mitgeteilt hatte, dass er sich nicht als befangen erachte, und ob er
tatsächlich angeboten hatte, das Dossier abzugeben, sollten die Parteien dies
wünschen. Dem damals bereits anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer war
nämlich bewusst, dass er von sich aus ein Ausstandsbegehren hätte stellen
müssen, falls er schon damals den Eindruck gehabt hätte, der Staatsanwalt sei
befangen (vgl. E-Mail vom 19. Juli 2012). Letzter hätte im Falle von Art. 56
lit. f StPO nicht einseitig den Ausstand erklären oder den Ausstand bewirken
können, indem er den Grund anerkannt oder sich dem Gesuch nicht widersetzt
hätte. Die in der Strafbehörde tätige Person trifft zwar gemäss Art. 57 StPO
eine Mitteilungspflicht. Ob sie sich für befangen hält oder umgekehrt davon
überzeugt ist, das Verfahren mit der notwendigen Offenheit und Unabhängigkeit
führen zu können, ist für sich allein jedoch nicht entscheidend ( BOOG, a.a.O.,
N. 1 zu Art. 59 StPO). Die subjektive Einschätzung des Staatsanwaltes ist für
den Entscheid über die Befangenheit nicht massgebend, weshalb irrelevant ist,
ob und allenfalls zu welchem Zeitpunkt Y.________ zu dieser Frage Stellung
genommen hatte.

5.4. Nach dem Gesagten ist der Inhalt des Schreibens vom 24. Juni 2013 nicht
geeignet, für sich allein einen Ausstandsgrund darzustellen oder einen letzten
Anhaltspunkt zur Annahme der Befangenheit zu liefern und demgemäss als
Anknüpfungspunkt zum Nachweis der Rechtzeitigkeit des Ausstandsgesuchs vom 1.
Juli 2013 zu dienen. Die Rüge der Verletzung der Ausstandspflicht ist
unbegründet, weshalb sich die diesbezügliche Abweisung der Beschwerde durch die
Vorinstanz im Ergebnis nicht beanstanden lässt. Das teilweise Nichteintreten
erweist sich ebenfalls als korrekt, da die anderen Rügen verspätet sind,
weshalb einer Gesamtwürdigung der Weg versperrt ist.

5.5. Selbst wenn im Übrigen bereits die Eingabe vom 4. März 2013 ans
Bezirksgericht als Ausstandsbegehren qualifiziert werden könnte, verhielte es
sich nicht anders. Die Rügen im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen
Y.________ und K.________ wären ebenfalls als verspätet zu qualifizieren. Die
weiteren damals geltend gemachten Gründe betreffen die Führung der
Strafuntersuchung, welche einen Ausstand nicht rechtfertigen können. In der
Regel vermögen nämlich allgemeine Verfahrensmassnahmen, seien sie nun richtig
oder falsch, als solche keine Voreingenommenheit der verfügenden Justizperson
zu begründen. Soweit konkrete Verfahrensfehler eines Staatsanwaltes (oder
polizeilichen Ermittlers) beanstandet werden, kommen als Ablehnungsgrund
jedenfalls nur besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Versäumnisse und
Mängel in Frage (BGE 138 IV 142 E. 2.3 S. 146). Solche Mängel wurden vorliegend
nicht namhaft gemacht.

6.

 Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 65 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Wallis, Einzelrichter der
Strafkammer, und dem Bezirksgericht Brig schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Januar 2014

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz

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