Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.306/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_306/2013

Urteil vom 25. September 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Suter,

gegen

Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten, Kloster-Südflügel, Seetalstrasse 8, 5630
Muri.

Gegenstand
Untersuchungshaft,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 19. August 2013 des Obergerichts des Kantons
Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen.

Sachverhalt:

A. 
Die Kantonspolizei Basel-Stadt nahm X.________ am 12. April 2013 in seiner
Wohnung in Basel fest, nachdem sie über die Opferhilfe Basel die Meldung
erhalten hatte, seine Lebensgefährtin Y.________ habe angerufen und gesagt, sie
habe einen "Aggressor" in der Wohnung. Nachdem Y.________ gleichentags
gegenüber der Staatsanwaltschaft erklärt hatte, X.________ habe sie z.T. seit
Jahren wiederholt geschlagen, gewürgt, sexuell genötigt, beschimpft und mit dem
Tod bedroht, wurde er am 15. April 2013 vom Zwangsmassnahmengericht des Kantons
Basel-Stadt in Untersuchungshaft versetzt. Es hielt dafür, X.________ sei
dringend der einfachen Körperverletzung zum Nachteil seiner Lebensgefährtin
verdächtig, und es bestehe Flucht- sowie Kollusionsgefahr.

 Nachdem das Verfahren gegen X.________ von den Strafverfolgungsbehörden des
Kantons Aargau übernommen worden war, verlängerte das Aargauer
Zwangsmassnahmengericht am 9. Juli 2013 die Untersuchungshaft bis zum 9.
Oktober 2013. Es erwog, Y.________ halte zumindest den Vorwurf in glaubhafter
Weise aufrecht, X.________ habe sie mit dem Tod bedroht, was sie angesichts
seiner Aggressivität ernst nehme. Der dringende Tatverdacht sei damit erstellt.
Zudem bestehe Kollusionsgefahr, da Y.________ von ihrem Lebensgefährten
abhängig sei und leicht unter Druck gesetzt werden könne. Es seien in der
Vergangenheit bereits zwei ähnliche Strafverfahren gegen X.________ eingestellt
worden, womöglich weil Y.________ unter Druck ihre Anschuldigungen
zurückgezogen habe. Im vorliegenden Strafverfahren habe er versucht, sie mit
massiven (haltlosen) Vorwürfen einzuschüchtern. Ersatzmassnahmen, die die
Kollusionsgefahr bannen könnten, seien keine ersichtlich, und Überhaft drohe
noch nicht.

 Das Obergericht des Kantons Aargau wies die Beschwerde von X.________ gegen
diesen Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts am 19. August 2013 ab.

B. 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diesen Entscheid des
Obergerichts aufzuheben und ihn unverzüglich aus der Haft zu entlassen oder
durch das Obergericht entlassen zu lassen.

C. 
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten verzichten unter
Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Haftentscheid des Obergerichts.
Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG gegeben. Der
Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Haftentlassung ist
zulässig (BGE 132 I 21 E. 1). Der Beschwerdeführer ist durch die Verweigerung
der Haftentlassung in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und
damit zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Er macht die Verletzung von
Bundesrecht geltend, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Die weiteren
Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die
Beschwerde einzutreten ist.

2. 
Untersuchungshaft kann unter anderem angeordnet werden, wenn ein dringender
Tatverdacht in Bezug auf ein Verbrechen oder Vergehen sowie Kollusionsgefahr
besteht (Art. 221 Abs. 1 StPO).

2.1. Das Obergericht hat im angefochtenen Entscheid das Bestehen eines
dringenden Tatverdachts gegen den Beschwerdeführer in Bezug auf Drohung im Sinn
von Art. 180 StGB bejaht. Der Beschwerdeführer ist zwar nicht geständig,
bestreitet aber den Tatverdacht nicht substanziiert und macht geltend, seine
"Berufung" richte sich zur Hauptsache gegen die Annahme von Kollusionsgefahr.
Damit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer der Drohung zum Nachteil
seiner Lebensgefährtin und damit eines von Amtes wegen zu verfolgenden
Vergehens (Art. 180 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 StGB) dringend
verdächtig ist. Der allgemeine Haftgrund ist damit gegeben.

2.2. Kollusion bedeutet, dass sich der Beschuldigte mit Zeugen,
Auskunftspersonen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten ins Einvernehmen
setzt oder sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst. Die Untersuchungshaft
wegen Kollusionsgefahr soll verhindern, dass ein Beschuldigter die Freiheit
dazu missbraucht, die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhaltes zu vereiteln
oder zu gefährden. Dabei genügt nach der Rechtsprechung die theoretische
Möglichkeit, dass der Beschuldigte in Freiheit kolludieren könnte nicht, um die
Fortsetzung der Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen, vielmehr müssen
konkrete Indizien für eine solche Gefahr sprechen (BGE 123 I 31 E. 3c; 117 Ia
257 E. 4b und c).
Wie häufig in Fällen häuslicher Gewalt ist die Beziehung zwischen dem
Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin ambivalent, von verbalen und
körperlichen Auseinandersetzungen geprägt, die aber bisher nicht zur Trennung
geführt haben, obwohl die Polizei bereits mehrmals wegen häuslicher Gewalt zu
ihnen ausrücken musste. Die Lebensgefährtin, die aus Costa Rica stammt und 2011
mit dem Beschwerdeführer in die Schweiz gekommen ist, geht keiner
Erwerbstätigkeit nach, sondern kümmert sich um die gemeinsame Tochter und den
Haushalt. Sie versteht kein Deutsch, hat offenbar wenig Kontakt zu
Aussenstehenden und verfügt nicht über eigenes Geld. Sie ist bzw. war -
jedenfalls nach ihrer Einschätzung - vom Beschwerdeführer völlig abhängig. Für
diesen, dem auch von der Polizei eine beträchtliche Aggressivität bescheinigt
wird, wäre es daher verlockend und naheliegend, in Freiheit seine
Lebensgefährtin unter Druck zu setzen, um sie zur (wahrheitswidrigen) Rücknahme
ihrer Vorwürfe zu bewegen. Ein solches Vorhaben wäre auch aussichtsreich,
nachdem die von der Lebensgefährtin erhobenen Vorwürfe bisher teilweise im
Vagen geblieben sind und sie einen Teil von ihnen auch schon wieder
zurückgezogen oder jedenfalls nicht bestätigt hat. Die Beweislage ist noch
keineswegs gesichert und Kollusion daher möglich. Das Obergericht hat
Kollusionsgefahr zu Recht bejaht.

2.3. In zeitlicher Hinsicht ist die Fortführung der Haft bis zum 9. Oktober
2013 - sie wird dannzumal 6 Monate gedauert haben - nicht zu beanstanden. Der
Beschwerdeführer behauptet zu Recht nicht, ihre Dauer komme bereits in grosse
Nähe der für den Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe. Er macht nur
geltend, die Staatsanwaltschaft treibe das Verfahren nicht mit der für
Haftfälle gebotenen Beschleunigung voran. So habe sie etwa zwei Monate nichts
unternommen, um ihn zu befragen, weil er es gewagt habe, die Verfügung des
Zwangsmassnahmengerichts anzufechten.

 Es trifft zu, dass die Staatsanwaltschaft in einem Haftfall das Verfahren nach
Möglichkeit auch in der Zeit zügig vorantreiben muss, in der
Rechtsmittelverfahren gegen die Fortführung der Untersuchungshaft hängig sind.
Verzögerungen sind aber teilweise unausweichlich, etwa wenn die Strafakten im
Haftprüfungsverfahren benötigt werden und die Staatsanwaltschaft die
Untersuchung ohne sie nicht weiterführen kann. Auch wenn die Staatsanwaltschaft
nach der Auffassung des Beschwerdeführers aber die Einvernahmen (allzu)
schleppend anberaumt haben sollte, so sind jedenfalls keine schwerwiegenden
Verletzungen des Beschleunigungsgebots erkennbar, die allein geeignet wären,
die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft in Frage zu stellen und damit im
vorliegenden Verfahren geprüft werden müssten (vgl. BGE 137 IV 92 E. 3.1, 118
E. 2.1; 128 I 149 E. 2.2). Die Rüge, das Beschleunigungsgebot sei verletzt, ist
insofern unbegründet. Das Obergericht hat die Staatsanwaltschaft zudem im
angefochtenen Entscheid bereits zu einer beförderlichen Verfahrensführung
angehalten (S. 6 E. 1.4 2. Absatz); es kann davon ausgegangen werden, dass sie
dieser Forderung nachkommt.

2.4. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Kollusionsgefahr könne durch
eine mildere Ersatzmassnahme gebannt werden, und das ist auch nicht
ersichtlich.

3. 
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den bescheidenen
finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der
Kosten Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten
und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. September 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi

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