Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.295/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_295/2013

Urteil vom 1. Oktober 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegnerin,

Staatsanwaltschaft Frauenfeld, St. Gallerstrasse 17, 8510 Frauenfeld.

Gegenstand
Strafverfahren; Wechsel der amtlichen Verteidigung,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 14. August 2013 des Präsidenten des
Obergerichts des Kantons Thurgau.

Sachverhalt:

A. 
Das Bezirksgericht Frauenfeld sprach den von Rechtsanwalt A.________, amtlich
verteidigten X.________ am 4. Juli 2012 in Bezug auf den Vorwurf der versuchten
vorsätzlichen Tötung zum Nachteil von Z.________ infolge Schuldunfähigkeit im
Sinn von Art. 19 Abs. 1 StGB von Schuld und Strafe frei. Es ordnete eine
stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 Abs. 3 StGB und, soweit
erforderlich, eine Zwangsbehandlung mit Medikamenten an.

 Rechtsanwalt A.________ meldete für X.________ Berufung an und stellte
insbesondere das Rechtsbegehren, gegen seinen Mandanten eine ambulante
therapeutische Massnahme nach Art. 63 StGB anzuordnen. Nach einer
krankheitsbedingten Verschiebung wurde die Berufungsverhandlung auf den 27. Mai
2013 angesetzt.

 Am 19. April 2013 bewilligte das Präsidium des Thurgauer Obergerichts
X.________, den amtlichen Verteidiger zu wechseln. Es entband Rechtsanwalt
A.________ von seinem Mandat und setzte Rechtsanwältin Y.________, als amtliche
Verteidigerin für das weitere Berufungsverfahren ein. Gleichzeitig verschob es
die Berufungsverhandlung auf einen späteren Zeitpunkt.

 Mit Eingabe vom 2. August 2013 ersuchte X.________ das Obergericht,
Rechtsanwältin Y.________ von ihrem Amt als amtliche Verteidigerin zu entbinden
und neu Rechtsanwalt Stephan Bernard, als amtlichen Verteidiger einzusetzen.

 Am 14. August 2013 wies der Präsident des Obergerichts das Gesuch um Wechsel
der Offizialverteidigung ab.

B. 
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diese obergerichtliche
Verfügung aufzuheben und das Gesuch um Wechsel des amtlichen Verteidigers zu
bewilligen, das Obergericht anzuweisen, die Ladung für die Berufungsverhandlung
vom 23. September 2013 abzunehmen und mit einer neuen Vorladung bis zum
Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens zuzuwarten, alles unter Kosten-
und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse. Eventuell sei ihm die
unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und Rechtsanwalt Stephan Bernard
als amtlicher Verteidiger einzusetzen.

C. 
Die Staatsanwaltschaft Frauenfeld verzichtet auf Vernehmlassung. Rechtsanwältin
Y.________ legt anstelle einer Vernehmlassung ein von ihr verfasstes Schreiben
an X.________ vom 24. Juni 2013 ins Recht. Das Obergericht beantragt, die
Beschwerde abzuweisen.

D. 
Am 10. September 2013 wies das präsidierende Mitglied der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung das Obergericht an, die Berufungsverhandlung
erst nach Abschluss des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens durchzuführen.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über den Wechsel des
amtlichen Verteidigers in einem Berufungsverfahren gegen ein Strafurteil;
dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen zulässig (Art. 78 Abs. 1, Art. 80
BGG). Er schliesst das Verfahren indessen nicht ab; es handelt sich mithin um
einen Zwischenentscheid, gegen den die Beschwerde zulässig ist, wenn er einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
bewirken könnte; die Anwendung von lit. b dieser Bestimmung fällt vorliegend
ausser Betracht.

 Die Ablehnung eines Gesuchs um einen Wechsel des amtlichen Verteidigers hat
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers in der Regel keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur zur Folge, sondern nur ausnahmsweise,
etwa wenn die bestehende amtliche Verteidigung materiell ungenügend ist (BGE
139 IV 113 E. 1.1; 135 I 261 E. 1.2; 126 I 207 E. 2b). Dies behauptet der
Beschwerdeführer zwar; seine Vorwürfe an die amtliche Verteidigerin sind
indessen objektiv unbegründet. Ihre Verteidigungstaktik, wie sie sie dem
Beschwerdeführer am 24. Juni 2013 darlegte und die hier nicht näher erläutert
wird, da sie dem Obergericht gegenüber nicht offengelegt werden soll, erscheint
im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer vorgegebene Ziel, die stationäre durch
eine ambulante Massnahme zu ersetzen, objektiv zweckmässig und sachgerecht;
eine (mehr) Erfolg versprechende Alternative ist jedenfalls nicht ersichtlich,
auch wenn er das nicht einsehen will. Der weitere Einwand, sie wende für das
Verfahren nicht genügend Zeit auf, ist ebenfalls unbegründet, insbesondere auch
weil sie noch keinen Anlass hatte, die Berufungsverhandlung abschliessend
vorzubereiten. Es sind somit zusammenfassend keinerlei Hinweise dafür
ersichtlich, dass der Beschwerdeführer von Rechtsanwältin Y.________ nicht
gehörig verteidigt wird. Auf die Beschwerde ist damit nicht einzutreten, weil
die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht erfüllt sind.

2. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung gestellt, welches indessen abzuweisen ist, da die Beschwerde
aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Frauenfeld und dem
Präsidenten des Obergerichts des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Oktober 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi

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