Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.270/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_270/2013

Urteil vom 22. Oktober 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, Eusebio, Chaix. Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Liebfrauenplatz 4, Postfach 1638, 1701
Freiburg,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Pierre-Henri Gapany.

Gegenstand
Verlängerung der Sicherheitshaft,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 29. Juli 2013 des Kantonsgerichts Freiburg,
Strafappellationshof.

Sachverhalt:

A. 
Am 22. April 2013 verurteilte das Strafgericht des Saanebezirks X.________
insbesondere wegen mehrfachen Betrugs und Vernachlässigung der
Unterhaltspflicht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 11 Monaten. Zur
Sicherung des Strafvollzugs versetzte es ihn für drei Monate in
Sicherheitshaft.

 Am 2. Mai 2013 erhob X.________ Berufung.

 Mit Verfügung vom 22. Juli 2013 verlängerte die Präsidentin des
Strafappellationshofs des Kantonsgerichts Freiburg die Sicherheitshaft um eine
Woche, d.h. bis zum 29. Juli 2013, und gab den Parteien Gelegenheit zur
Stellungnahme.

 X.________ beantragte seine Freilassung, die Staatsanwaltschaft die
Verlängerung der Sicherheitshaft bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens.

 Mit Verfügung vom 29. Juli 2013 ordnete die Präsidentin des
Strafappellationshofes die Entlassung von X.________ aus der Sicherheitshaft am
gleichen Tag an. Sie verpflichtete ihn, sich einmal wöchentlich bei der
Polizeistelle seines Wohnsitzes zu melden. Sie erwog, zwar seien der dringende
Tatverdacht und Fluchtgefahr gegeben. Die Haft sei jedoch nicht mehr
verhältnismässig.

B. 
Die Staatsanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, die
Verfügung der Präsidentin des Strafappellationshofes sei aufzuheben und über
X.________ Sicherheitshaft anzuordnen. Eventualiter sei die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen zur Prüfung der Voraussetzungen der Haft im Sinne der
Erwägungen.

C. 
Der Strafappellationshof hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

 X.________ hat sich vernehmen lassen. Er beantragt die Abweisung der
Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die Beschwerde
in Strafsachen gegeben.

 Die Vorinstanz hat nach Art. 233 StPO als einzige kantonale Instanz
entschieden. Die Beschwerde ist daher gemäss Art. 80 BGG zulässig.

 Die Staatsanwaltschaft ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 3 BGG zur
Beschwerde befugt. Sie hat ein aktuelles praktisches Interesse an der
Behandlung der Beschwerde (BGE 137 IV 87 E. 1 S. 88 f.).

 Art. 98 BGG, der eine Beschränkung der Beschwerdegründe vorsieht, ist hier
nicht anwendbar (BGE 137 IV 340 E. 2.4 S. 346).

 Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.
Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung könne sie die Freilassung des Beschuldigten bei Nichtanordnung
der Haft durch das Zwangsmassnahmengericht verhindern. Sie müsse dazu dem
Zwangsmassnahmengericht die Beschwerde an die kantonale Beschwerdeinstanz
sofort ankündigen und habe in der Folge drei Stunden Zeit zur Einreichung der
Beschwerde. Dabei bleibe der Beschuldigte in Haft, bis die Verfahrensleitung
der Beschwerdeinstanz superprovisorisch über die vorläufige Fortdauer der Haft
entscheiden könne. Das vom Bundesgericht umschriebene Vorgehen bei der
Anfechtung des Zwangsmassnahmenentscheids müsse auch in der vorliegenden
Konstellation gelten, wo die Staatsanwaltschaft gegen die Freilassung
Beschwerde in Strafsachen erheben könne. Das habe die Vorinstanz nicht
beachtet. Sie habe ihre Verfügung vom 29. Juli 2013 der Beschwerdeführerin
gleichentags um 15.16 Uhr per Fax zugestellt. Ebenfalls noch am gleichen Tag,
um 17.00 Uhr, sei der Beschwerdegegner aus der Haft entlassen worden. Die
Beschwerdeführerin habe somit nicht drei Stunden Zeit gehabt zur Einreichung
der Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag um aufschiebende Wirkung. Damit
sei eine wirksame Wahrnehmung des Beschwerderechts der Beschwerdeführerin nach
Art. 81 Abs. 1 BGG verhindert worden.

2.2. Nach der Rechtsprechung ist die Staatsanwaltschaft befugt, einen für sie
ungünstigen Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts in Haftsachen bei der
Beschwerdeinstanz anzufechten (BGE 138 IV 92 E. 3.2; 137 IV 87 E. 3; 22 E. 1).
Dieses Beschwerderecht muss die Staatsanwaltschaft wirksam wahrnehmen können.

2.2.1. Das Bundesgericht hat dazu festgehalten (BGE 138 IV 92 E. 3.2 f. S. 96
ff.; 148 E. 3.1 f. S. 150 f.; je mit Hinweisen), dass eine beschuldigte Person
gemäss Art. 226 Abs. 5 StPO unverzüglich freizulassen ist, wenn das
Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft nicht anordnet. Dieses Recht auf
unverzügliche Freilassung ergibt sich aus dem Grundrecht der persönlichen
Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), welches gestützt auf die Art. 31 BV und Art. 5
EMRK in strafrechtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen
eingeschränkt werden kann (s. auch Art. 36 BV). Verfügt das
Zwangsmassnahmengericht die sofortige Freilassung, obwohl nach Auffassung der
Staatsanwaltschaft ein Haftgrund nach Art. 221 StPO besteht, kann das die
Fortführung des Strafverfahrens indessen erschweren oder gar vereiteln. Um dies
zu verhindern, besteht ein Interesse, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen
ihrer Beschwerde an die Beschwerdeinstanz nach Art. 393 StPO zumindest
vorübergehend die Freilassung verhindern kann.

 Strafprozessuale Rechtsmittel haben nach Art. 387 StPO keine aufschiebende
Wirkung. Vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen der StPO oder Anordnungen
der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz. Diese trifft in Anwendung von
Art. 388 StPO die notwendigen und unaufschiebbaren verfahrensleitenden und
vorsorglichen Massnahmen. Hierzu gehört nach ausdrücklicher Vorschrift von Art.
388 lit. b StPO die Anordnung von Haft. Diese Bestimmungen sind grundsätzlich
geeignet, die Untersuchungshaft während des Beschwerdeverfahrens betreffend die
Haftentlassung aufrechtzuerhalten. Gewiss steht die lückenlose Weiterführung
der Untersuchungshaft in einem gewissen Gegensatz zur Pflicht, die beschuldigte
Person unverzüglich freizulassen, wenn das Zwangsmassnahmengericht die
Untersuchungshaft nicht anordnet (Art. 226 Abs. 5 StPO). Dennoch ist es zur
Gewährleistung des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft erforderlich, die
Freilassung des Beschuldigten aufzuschieben, bis die Beschwerdeinstanz über die
Fortdauer der Haft während des Beschwerdeverfahrens im Sinne von Art. 388 lit.
b StPO wenigstens superprovisorisch entscheiden kann.

 Vor dem Hintergrund des Anspruchs des Beschuldigten auf unverzügliche
Freilassung gemäss Art. 226 Abs. 5 StPO muss die Staatsanwaltschaft ihre
Beschwerde vor dem Zwangsmassnahmengericht indessen unmittelbar nach Kenntnis
des Haftentlassungsentscheids ankündigen und im Anschluss daran schriftlich
einreichen. In der Beschwerde sind auch die notwendigen und unaufschiebbaren
verfahrensleitenden und vorsorglichen Massnahmen zu beantragen (Art. 388 StPO).
Aus diesen Erfordernissen ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft in Verfahren
nach Art. 225 Abs. 1 StPO persönlich vertreten sein muss und sich nicht mit
schriftlichen Anträgen begnügen kann (vgl. Art. 225 Abs. 3 StPO). Die
Ankündigung hat zur Folge, dass die Haft nach dem Freilassungsentscheid des
Zwangsmassnahmengerichts bis zur sofortigen Beschwerdeerhebung durch die
Staatsanwaltschaft fortbesteht. Um dem Erfordernis der unverzüglichen
Beschwerdeerhebung im Anschluss an die Ankündigung nachzukommen, muss die
Staatsanwaltschaft spätestens drei Stunden nach der Ankündigung beim
Zwangsmassnahmengericht eine (wenigstens kurz) begründete Beschwerdeschrift
einreichen und darin die Aufrechterhaltung der Haft beantragen. Diesfalls ist
das Zwangsmassnahmengericht gehalten, den Beschuldigten weiter in Haft zu
belassen und die Beschwerde mit dem Dossier und seiner allfälligen
Stellungnahme verzugslos der Beschwerdeinstanz zu übermitteln.

2.2.2. Ein analoges Verfahren sieht die Strafprozessordnung für die
Aufrechterhaltung der Sicherheitshaft nach dem erstinstanzlichen Urteil vor:
Verfügt das Strafgericht die Freilassung des inhaftierten Beschuldigten, so
kann die Staatsanwaltschaft bei ihm zu Handen der Verfahrensleitung des
Berufungsgerichts die Fortsetzung der Untersuchungshaft beantragen (Art. 231
Abs. 2 Satz 1 StPO). Diesfalls bleibt der Beschuldigte bis zum Entscheid der
Verfahrensleitung des Berufungsgerichts einstweilen in Haft (Art. 231 Abs. 2
Satz 2 StPO). Diese Regelung gilt sowohl bei einem Freispruch als auch bei
einem Schuldspruch (Urteile 1B_525/2011 vom 13. Oktober 2011 E. 2.2 und 1B_600/
2011 vom 7. November 2011 E. 2.1) und zielt ebenfalls auf eine wirksame
Wahrnehmung des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft ab; sie ermöglicht der
Staatsanwaltschaft, die Freilassung eines Beschuldigten im Hinblick auf die
Einleitung eines Berufungsverfahrens einstweilen zu verhindern. Voraussetzung
ist auch in diesem Fall, dass die Staatsanwaltschaft die Haftbelassung
unverzüglich beantragt, was regelmässig ihre Anwesenheit bei der
Urteilseröffnung verlangt.

2.3.

2.3.1. Diese Vorgehensweisen beziehen sich indessen auf die in der
Schweizerischen Strafprozessordnung geregelte Strafverfolgung durch die
Strafbehörden des Bundes und der Kantone (Art. 1 Abs. 1 StPO). Das
Bundesgericht ist, im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft und dem
Strafappellationshof, keine solche Strafbehörde (Art. 12 und 13 StPO e
contrario). Für das vorliegende Verfahren der Beschwerde in Strafsachen ist
allein das Bundesgerichtsgesetz massgeblich. Die Rechtsprechung zum
Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft nach der Strafprozessordnung ist damit
auf das Verfahren der Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht nicht
anwendbar, weil dieses auf einer anderen gesetzlichen Grundlage - dem
Bundesgerichtsgesetz - beruht. Sie lässt sich auch nicht ohne Weiteres darauf
übertragen, weil die beiden Verfahrensordnungen im Blick auf die
unterschiedlichen Aufgaben der Gerichte verschieden ausgestaltet sind. So ist
etwa die Kognition des Bundesgerichts in Bezug auf Tatsachenfeststellungen nach
Art. 97 Abs. 1 BGG eingeschränkt, währenddem den Strafbehörden im
Beschwerdeverfahren nach Art. 393 Abs. 2 StPO eine umfassende Prüfungsbefugnis
zukommt. Weiter ist dem Bundesgericht als oberster rechtsprechender Behörde des
Bundes (Art. 188 Abs. 1 BV) insbesondere aufgetragen, die einheitliche und
sachgerechte Anwendung des Bundesrechts zu gewährleisten. Die Beschwerde in
Strafsachen der Staatsanwaltschaft ist deshalb ausschliesslich nach den Regeln
des Bundesgerichtsgesetzes zu behandeln.

2.3.2. Die Beschwerden nach dem Bundesgerichtsgesetz haben, von hier nicht
zutreffenden Ausnahmen abgesehen, keine aufschiebende Wirkung. Hingegen kann
der Instruktionsrichter von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei darüber
eine andere Anordnung treffen (Art. 103 BGG), allerdings erst nach Einreichung
einer Beschwerde (vgl. Ulrich Meyer in: Basler Kommentar zum BGG, 2. Aufl., N.
8 und 28 zu Art. 103). Daraus ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft die
Freilassung eines Beschuldigten im Anschluss an einen entsprechenden Entscheid
des Berufungsgerichts in der Regel nicht verhindern kann. Der Beschwerdegegner
war denn auch bei Eingang der Beschwerde in Strafsachen bereits aus der Haft
entlassen worden. Damit war der angefochtene Haftentlassungsentscheid der
Strafappellationshofpräsidentin vollzogen, die Frage eines Aufschubs stellt
sich im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht nicht.

2.3.3. In Frage kommt in einer solchen Konstellation der Erlass einer
vorsorglichen Massnahme durch den Instruktionsrichter. Dieser kann nach Art.
104 BGG von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei vorsorgliche Massnahmen
treffen, um den bestehenden Zustand zu erhalten oder bedrohte Interessen
einstweilen sicherzustellen.

 Die vorsorgliche Massnahme bezweckt die Erhaltung des bestehenden Zustandes
bzw. den Schutz bedrohter Interessen für die Dauer des bundesgerichtlichen
Verfahrens; sie hat rein vorläufigen Charakter und fällt mit dem Endentscheid
ohne weiteres dahin. Mit dem Entscheid über die vorsorgliche Massnahme soll der
Endentscheid weder vorweggenommen noch präjudiziert werden. Gestützt auf ein
Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen kann daher in der Regel nicht das
zugesprochen werden, was in der Hauptsache erreicht werden soll. So kann ein
Beschwerdeführer, der gegen die Fortführung der gegen ihn verhängten
Untersuchungs- oder Sicherheitshaft Beschwerde führt, in aller Regel nicht
erreichen, dass er für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens vorläufig
auf freien Fuss gesetzt wird (Urteil 1P.289/2004 vom 4. Juni 2004 E. 1).
Umgekehrt ist auch die Staatsanwaltschaft, die gegen die Haftentlassung eines
Untersuchungs- oder Sicherheitsgefangenen Beschwerde führt, grundsätzlich nicht
in der Lage, über eine vorsorgliche Massnahme die sofortige Wiederinhaftierung
des Entlassenen für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens zu erwirken.
Ein solche Anordnung könnte jedenfalls nur ausnahmsweise in besonders
gelagerten Fällen in Betracht fallen, wenn dies zum Schutz von unmittelbar
bedrohten, hochwertigen Interessen - etwa der öffentlichen Sicherheit bei
gefährlichen Gewalttätern - unabdingbar ist. Vorliegend braucht auf die
Voraussetzungen zur Annahme derartiger ausserordentlicher Fälle nicht näher
eingegangen zu werden.

 Eine solche Ausnahmesituation, die eine sofortige vorläufige
Wiederinhaftierung des wegen Betrugs und Vernachlässigung der Unterhaltspflicht
verurteilten Beschwerdegegners rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.

2.3.4. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie
den Beschwerdegegner noch am Tag ihres Entscheids freigelassen hat, ohne der
Beschwerdeführerin vorher Gelegenheit zu geben, dies mit Beschwerde in
Strafsachen ans Bundesgericht zu verhindern. Die Beschwerde ist in diesem Punkt
unbegründet.

3. 
Sicherheitshaft kann angeordnet werden, wenn ein dringender Tatverdacht in
Bezug auf ein Verbrechen oder Vergehen sowie Flucht-, Kollusions- oder
Wiederholungsgefahr besteht (Art. 221 Abs. 1 StPO).

Die Präsidentin des Strafappellationshofs hat in der Sache erwogen, der
Tatverdacht gegen den Beschwerdegegner sei aufgrund seiner erstinstanzlichen
Verurteilung wegen mehrfachen Betrugs und Vernachlässigung von
Unterstützungspflichten zu einer 11-monatigen unbedingten Freiheitsstrafe
erstellt. Der Beschwerdegegner habe zudem seit dem Beginn des Strafverfahrens
gegen ihn im Jahr 2008 keine geregelten Melde- und Wohnverhältnisse, was er,
trotz entsprechender Aufforderung der Staatsanwaltschaft, nicht in Ordnung
gebracht habe. Ebensowenig habe er sich darum gekümmert, die polizeilichen und
gerichtlichen Zustellungen abzuholen. Er sei zudem bereits vor seiner
Verhaftung keiner Arbeit mehr nachgegangen und habe beträchtliche Schulden.
Ungeachtet seiner Aussage, nunmehr wieder Kontakt zu seinen Kindern aufgenommen
zu haben, zu seiner Lebenspartnerin ziehen und sie heiraten zu wollen, bestehe
daher Fluchtgefahr. Allerdings befinde sich der Beschwerdegegner seit dem 22.
April 2013, d.h. seit rund drei Monaten, in Haft. Da mit einem Urteil des
Berufungsgerichts frühestens Ende 2013 gerechnet werden könne, drohe Überhaft,
weshalb der Beschwerdegegner aus Gründen der Verhältnismässigkeit aus der Haft
zu entlassen sei.

3.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Präsidentin des
Strafappellationshofs hätte die Haftgründe nach den im Urteilszeitpunkt
bestehenden Verhältnissen beurteilen müssen. Ende Juli 2013 habe sich der
Beschwerdegegner rund drei Monate in Haft befunden; zu diesem Zeitpunkt habe
daher im Hinblick auf die erstinstanzlich ausgefällte Freiheitsstrafe (noch
lange) keine Überhaft gedroht.

 Der Einwand trifft zwar zu. Allerdings erwog die Präsidentin im angefochtenen
Entscheid, mit dem Berufungsurteil sei nicht vor Ende 2013 zu rechnen, weshalb
der Beschwerdegegner aus Gründen der Verhältnismässigkeit ohnehin vor der
Berufungsverhandlung entlassen werden müsste. Die Beschwerdeführerin hält dem
entgegen, es sei mit dem Beschleunigungsgebot nicht zu vereinbaren, die
Berufungsverhandlung im vorliegenden, wenig umfangreichen Fall so spät
anzusetzen und mit diesem Zeitbedarf die drohende Überhaft zu begründen.

 Es ist davon auszugehen, dass die Präsidentin des Strafappellationshofs mit
der Geschäftslast und dem -gang ihres Hofs vertraut und in der Lage ist, eine
zuverlässige Prognose abzugeben, wann das Berufungsverfahren des
Beschwerdegegners abgeschlossen werden kann. Der von ihr für das
Berufungsverfahren veranschlagte Zeitbedarf ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden, nachdem sie darauf verzichtete, den Beschwerdegegner bis zur
Berufungsverhandlung in Haft zu behalten.

3.2. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, am 17. Dezember 2012 hätten
die Solothurner Strafverfolgungsbehörden gegen den Beschwerdegegner ein
Strafverfahren wegen gewerbsmässigen Betrugs etc. mit einer Deliktssumme von
rund Fr. 800'000.-- eröffnet. Berücksichtige man die in diesem Verfahren zu
erwartende erhebliche Zusatzstrafe, könne von drohender Überhaft keine Rede
sein. Die Präsidentin des Strafappellationshofs habe Bundesrecht verletzt,
indem sie bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Fortsetzung der
Sicherheitshaft das Solothurner Verfahren ausser Acht gelassen habe.

 Der Einwand ist unbegründet. Es ist Sache der Solothurner Behörden, gegen den
Beschwerdegegner gegebenenfalls Untersuchungshaft anzuordnen um
sicherzustellen, dass er, unabhängig vom Freiburger Verfahren und den darin
allenfalls ergehenden Haftentlassungsentscheiden, nicht freigelassen wird,
sondern für die Zwecke des Solothurner Verfahrens in Haft bleibt. Da im
Solothurner Verfahren jedenfalls nach dem Kenntnisstand des Bundesgerichts die
am 15. März 2013 bis zum 11. Juni 2013 angeordnete Untersuchungshaft nicht
verlängert wurde, konnte die Präsidentin des Strafappellationshofs die in
diesem Verfahren allenfalls zu erwartende Zusatzstrafe für die Beurteilung der
Verhältnismässigkeit der Sicherheitshaft im Freiburger Verfahren ohne
Verletzung von Bundesrecht ausser Acht lassen.

3.3. Zusammenfassend ist die Vorinstanz somit im angefochtenen Entscheid zum
Schluss gekommen, dass der allgemeine Haftgrund des Tatverdachts und
Fluchtgefahr bestehen. Letztere könne durch die Auferlegung einer Meldepflicht
ausreichend gebannt werden, weshalb es sich rechtfertige, den Beschwerdegegner
umgehend aus der Haft zu entlassen; deren Fortführung bis zur
Berufungsverhandlung wäre unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit
ohnehin problematisch. Damit hat sie kein Bundesrecht verletzt.

4. 
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind
keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Hingegen hat der Kanton Freiburg
dem Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG); damit wird dessen
Gesuch um amtliche Verteidigung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Es werden keine Kosten erhoben.

3. 
Der Kanton Freiburg hat dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von Fr.
1'000.-- zu bezahlen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg,
Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Oktober 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonajallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi

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