Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.252/2013
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_252/2013

Urteil vom 24. Januar 2014

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Vettiger,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, Kriminalpolizei, Binningerstrasse 21, 4001
Basel,
Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Stadt, Schützenmattstrasse 20, 4003
Basel.

Gegenstand
Haftentschädigung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt, Statthalterin, vom 24. Juni 2013.

Sachverhalt:

A.
Am 6. Juni 2013 nahm die Kantonspolizei Basel-Stadt den serbischen
Staatsangehörigen X.________ wegen des Verdachts der Vorbereitungshandlungen zu
Raub fest.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2013 versetzte ihn das Zwangsmassnahmengericht des
Kantons Basel-Stadt in Untersuchungshaft.
Dagegen erhob X.________ am 12. Juni 2013 Beschwerde beim Appellationsgericht
des Kantons Basel-Stadt. Er beantragte unter anderem die Feststellung, dass die
Untersuchungshaft rechtswidrig angeordnet worden sei; es sei ihm eine
Entschädigung und Genugtuung zuzusprechen.
Am 17. Juni 2013 entliess die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt
X.________ aus der Haft.
Gleichentags schrieb die Statthalterin des Appellationsgerichts das
Beschwerdeverfahren infolge Wegfalls des Anfechtungsgegenstandes ohne Kosten
ab.
Mit Eingabe vom 21. Juni 2013 an das Appellationsgericht beantragte X.________
unter anderem, die Verfügung der Statthalterin vom 17. Juni 2013 sei
aufzuheben; seine Beschwerde sei zu beurteilen, soweit er darin die
Feststellung der Widerrechtlichkeit der Haftanordnung und eine
Haftentschädigung verlangt habe.

B.
Am 24. Juni 2013 sprach die Statthalterin dem amtlichen Verteidiger eine
Entschädigung für den geltend gemachten Aufwand im Beschwerdeverfahren von 5
Stunden zu, was Fr. 900.-- (inklusive Auslagen) zuzüglich 8 % Mehrwertsteuer
von Fr. 72.-- ergab. Sodann verfügte die Statthalterin: "Die restlichen
Begehren werden abgewiesen oder es wird nicht auf sie eingetreten".
Die Statthalterin erwog, mit der Haftentlassung von X.________ sei dessen
aktuelles Rechtsschutzinteresse entfallen. Über eine Entschädigung wäre nur zu
entscheiden, wenn die Haft offensichtlich die Europäische
Menschenrechtskonvention verletzt hätte. Dies sei nicht der Fall. X.________
begründe seinen Anspruch mit Interpretationsüberlegungen zum Tatverdacht.
Sollte die Staatsanwaltschaft eine Verfahrenseinstellung beschliessen, hätte
sie über eine entsprechende Entschädigung zu befinden. Im Falle einer
Anklageerhebung und eines Freispruch wäre dies Sache des erstinstanzlichen
Gerichts. Würde die Statthalterin direkt über eine Entschädigung befinden,
ginge X.________ eine Instanz verloren. Die Zuständigkeit der Statthalterin zum
Entscheid über eine Entschädigung sei somit unter keinem Titel gegeben.

C.
Gegen die Verfügung der Statthalterin vom 24. Juni 2013 führt X.________
Beschwerde in Strafsachen mit verschiedenen Anträgen.

D.
Die Statthalterin hat Gegenbemerkungen eingereicht mit dem Antrag, die
Beschwerde abzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft hat sich ebenfalls vernehmen lassen. Sie beantragt, auf
die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen.
X.________ hat dazu Stellung genommen.

Erwägungen:

1.

1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die
Beschwerde in Strafsachen gegeben.

1.2. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die Beschwerde ist
nach Art. 80 BGG zulässig.

1.3. Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG
zur Beschwerde befugt.

1.4. Nach der Rechtsprechung muss der Beschwerdeführer - wenn das nicht ohne
Weiteres ersichtlich ist - darlegen, inwiefern ein anfechtbarer Entscheid nach
Art. 90 ff. BGG gegeben sein soll. Andernfalls genügt er seiner
Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG nicht und kann auf die
Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 134 II 120 E. 1 S. 121).
Der Beschwerdeführer macht keine Ausführungen zur Anfechtbarkeit des
vorinstanzlichen Entscheids. Es erscheint zweifelhaft, ob man annehmen kann, es
handle sich dabei offensichtlich um einen negativen Entscheid über die
Zuständigkeit und damit einen nach Art. 90 BGG anfechtbaren Endentscheid (vgl.
BGE 135 V 153 E. 1.3 S. 156; Urteil 9C_1000/2009 vom 6. Januar 2010 E. 1.2).
Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. Wollte man auf die
Beschwerde eintreten, wäre sie aus folgenden Erwägungen jedenfalls
unbehelflich.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Untersuchungshaft habe offensichtlich
Art. 5 EMRK verletzt, da es am dringenden Tatverdacht gefehlt habe. Damit hätte
die Vorinstanz nach der Rechtsprechung (BGE 136 I 274) über sein Gesuch um
Ausrichtung einer Haftentschädigung befinden müssen.

2.2. Die Vorinstanz verneint eine offensichtliche Verletzung der EMRK mit dem
Hinweis, der Beschwerdeführer beschränke sich auf "Interpretationsüberlegungen"
zum Tatverdacht.
Damit hat sich die Vorinstanz zwar kurz, unter den gegebenen Umständen aber -
wenn auch nur knapp - hinreichend zum Vorbringen des Beschwerdeführers
geäussert. Da dieses klar unbegründet war (dazu unten E. 2.3), musste sie dazu
keine längeren Ausführungen machen. Aus ihren Erwägungen geht hervor, dass sie
den Einwand des Beschwerdeführers zurückwies und seine Vorbringen höchstens für
geeignet hielt, den dringenden Tatverdacht als diskutabel erscheinen zu lassen.
Der Beschwerdeführer war in der Lage, den vorinstanzlichen Entscheid im
vorliegenden Punkt sachgerecht anzufechten. Unter diesen Umständen ist eine
Verletzung der Begründungspflicht durch die Vorinstanz und damit des Anspruchs
des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2
lit. c StPO) zu verneinen.

2.3. Nach dem Rapport der Polizei vom 6. Juni 2013 beobachtete diese am 3. und
4. Juni 2013, wie der Beschwerdeführer und sein serbischer Mitbeschuldigter,
die sich nach ihren Angaben ferienhalber in der Schweiz aufhielten, in Basel
bei verschiedenen Schmuckgeschäften nebst den Auslagen in den Schaufenstern die
Sicherungsvorkehren (Alarmanlagen) begutachteten und die Umgebung
auskundschafteten. Der Beschwerdeführer und der Mitbeschuldigte fielen dabei an
zwei aufeinanderfolgenden Tagen aufgrund ihres verdächtigen Verhaltens
verschiedenen Polizisten unabhängig voneinander auf. Anlässlich der
Durchsuchung der vom Beschwerdeführer benutzten Wohnung wurde unter anderem ein
Elektroschockgerät und ein Uhrenkatalog mit markierten Modellen beschlagnahmt.
Die Polizei stellte sodann in einem vom Beschwerdeführer benutzten Fahrzeug
einen Stahlstift sicher, der zum Einschlagen von Scheiben bzw. zum Brechen von
Sicherheitsglas verwendet werden kann.
Es bestanden damit konkrete Anhaltspunkte für die Annahme eines dringenden
Tatverdachts für Vorbereitungshandlungen zu Raub. Angesichts dessen kann nicht
gesagt werden, es habe offensichtlich an einem solchen Verdacht gefehlt; dies
umso weniger, als nach der Rechtsprechung die Anforderungen an den dringenden
Tatverdacht zu Beginn der Strafuntersuchung noch geringer sind (BGE 137 IV 122
E. 3.1 und 3.3 S. 126 f. mit Hinweis).
Der Argumentation des Beschwerdeführers ist damit die Grundlage entzogen.

3.
In der Beschwerde wird geltend gemacht, die von der Vorinstanz dem amtlichen
Verteidiger zugesprochene Entschädigung sei zu tief. Der Beschwerdeführer ist
mit Blick auf seine allfällige Rückerstattungspflicht nach Art. 135 Abs. 4 lit.
a StPO an einer möglichst tiefen Entschädigung interessiert. Ob man annehmen
kann, dass der Verteidiger im vorliegenden Punkt in eigenem Namen Beschwerde
führt, kann dahingestellt bleiben. Auf die Beschwerde kann insoweit schon
deshalb nicht eingetreten werden, weil nicht dargelegt wird, inwiefern der
vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzen soll. Die Beschwerde genügt im
vorliegenden Punkt den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG)
nicht.

4.
Die Beschwerde ist danach abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten
werden kann.
Da sie aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung gemäss Art. 64 BGG nicht bewilligt werden. Der Beschwerdeführer
trägt damit die Kosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft, dem
Zwangsmassnahmengericht und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt,
Statthalterin, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Januar 2014

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben