Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.231/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_231/2013

Urteil vom 25. November 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Kantonales Untersuchungsamt,
Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, Beschwerdeführerin,

gegen

X.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Josephsohn.

Gegenstand
Entsiegelung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 4. Juni 2013 des Kantonalen
Zwangsmassnahmengerichts des Kantons St. Gallen.

Sachverhalt:

A. 
Am 15. Dezember 2009 erhob die Staatsanwaltschaft St. Gallen beim Kreisgericht
Werdenberg-Sarganserland Anklage gegen Rechtsanwalt X.________ wegen mehrfacher
Vergehen gegen das UWG (SR 241). X.________ wird verdächtigt, an der Kreation
von Massenaussendungen mit unlauterem und betrügerischem Inhalt, dem Auf- und
Ausbau eines Geschäftsmodells mit zahlreichen beteiligten Firmen zur Streuung
solcher Massenaussendungen in mehreren Ländern sowie an der Verschleierung der
Herkunft und des Mittelflusses der durch diese unlauteren und betrügerischen
Massenaussendungen erlangten Gelder aktiv mitgewirkt zu haben. Mit Entscheid
vom 7. Juni 2012 wies das Kreisgericht die Anklage an die Staatsanwaltschaft
zurück. Diese dehnte in der Folge das Strafverfahren gegen X.________ auf die
Tatbestände des gewerbsmässigen Betrugs und der qualifizierten Geldwäscherei
aus.

 Am 16. Oktober 2012 teilte Y.________, der ehemalige Chauffeur von X.________,
der Staatsanwaltschaft telefonisch mit, er verfüge über Daten, welche er von
seinem früheren Chef bekommen habe, um sie beiseite zu schaffen. Y.________
übermittelte daraufhin der Staatsanwaltschaft einen Internetlink, welcher den
Zugriff auf die auf einem Server gespeicherten Daten erlaubte. Nach einer
Grobsichtung und der Aussonderung der fallrelevant erscheinenden Daten
eröffnete die Staatsanwaltschaft X.________ den kompletten Datensatz sowie die
für die Eingliederung in die Akten vorgesehenen Daten. Mit Schreiben vom 22.
Januar 2013 verlangte X.________, die Unterlagen seien vollständig aus den
Untersuchungsakten zu entfernen und in Anwendung von Art. 248 StPO umgehend zu
versiegeln. Am 5. Februar 2013 versiegelte die Staatsanwaltschaft die
Datenträger und Ordner mit ausgedruckten Daten.

 Am 7. Februar 2013 stellte die Staatsanwaltschaft beim Kantonalen
Zwangsmassnahmengericht den Antrag auf Entsiegelung und Durchsuchung. Das
Kantonale Zwangsmassnahmengericht gewährte X.________ das rechtliche Gehör und
führte alsdann einen zweiten Schriftenwechsel durch. In tatsächlicher Hinsicht
führte X.________ im Wesentlichen aus, er habe die Daten Y.________ nicht
übergeben, sondern dieser habe sie deliktisch erworben, indem er heimlich
Kopien von den auf CD's gesicherten Klientendaten seiner Anwaltskanzlei
erstellt habe; die Original-CD's hätten sich jedoch immer in seinem Besitz
befunden. Y.________ habe ihn in der Folge zu erpressen versucht und zur
Bezahlung von Fr. 500'000.-- aufgefordert, ansonsten er die Daten der
Staatsanwaltschaft übermitteln werde. Gegen Y.________ laufe ein
Strafverfahren.

 Mit Entscheid vom 4. Juni 2013 lehnte das Kantonale Zwangsmassnahmengericht
das Ersuchen der Staatsanwaltschaft ab und verfügte die Herausgabe der
versiegelten Datenträger an X.________ und die Vernichtung der versiegelten
Ordner mit ausgedruckten Daten. Das Gericht erwog, es fehle an einem
hinreichenden Tatverdacht bezüglich der Vorwürfe der Vergehen gegen das UWG,
des gewerbsmässigen Betrugs und der qualifizierten Geldwäscherei.

B. 
Mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht vom 2. Juli 2013 beantragt
die Staatsanwaltschaft, der Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts
vom 4. Juni 2013 sei aufzuheben, und die versiegelten Gegenstände (Datenträger
und Ordner) seien zu entsiegeln und zur Aufnahme in die Akten freizugeben.
Eventualiter sei die Sache zur Durchführung des Entsiegelungsverfahrens an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

 Der Beschwerdegegner beantragt die Beschwerdeabweisung. Das Kantonale
Zwangsmassnahmengericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen gemäss Art. 78 ff. BGG sind erfüllt.
Insbesondere sind die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin (Art. 81
Abs. 1 BGG) und der drohende nicht wieder gutzumachende Rechtsnachteil (im
Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) zu bejahen. Der Strafverfolgungsbehörde
droht im Falle einer Verweigerung der Entsiegelung ein empfindlicher
Beweisverlust bei der Untersuchung schwerwiegender Delikte (vgl. Urteil 1B_517/
2012 vom 27. Februar 2013 E. 1 und 4).

2. 
Gemäss Art. 246 StPO dürfen Schriftstücke, Ton-, Bild- und andere
Aufzeichnungen, Datenträger sowie Anlagen zur Verarbeitung und Speicherung von
Informationen durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass sich darin
Informationen befinden, die der Beschlagnahme unterliegen. Art. 248 StPO
bestimmt, dass Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin
oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus
anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, zu
versiegeln sind und von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet
werden dürfen (Abs. 1). Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein
Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände
der berechtigten Person zurückgegeben (Abs. 2). Stellt sie ein
Entsiegelungsgesuch, so entscheidet darüber innerhalb eines Monats endgültig:
a. im Vorverfahren: das Zwangsmassnahmengericht; b. in den anderen Fällen: das
Gericht, bei dem der Fall hängig ist (Abs. 3). Das Gericht kann zur Prüfung des
Inhalts der Aufzeichnungen und Gegenstände eine sachverständige Person
beiziehen (Abs. 4).

 Nach Art. 248 Abs. 1 StPO sind somit Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach
Angaben des Inhabers nicht beschlagnahmt werden dürfen, zu versiegeln. Gemeint
sind damit die Beschlagnahmeverbote im Sinne von Art. 264 StPO. Gemäss Art. 264
Abs. 1 StPO dürfen nicht beschlagnahmt werden, ungeachtet des Orts, wo sie sich
befinden, und des Zeitpunkts, in welchem sie geschaffen worden sind: a.
Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit ihrer Verteidigung; b.
persönliche Aufzeichnungen und Korrespondenz der beschuldigten Person, wenn ihr
Interesse am Schutz der Persönlichkeit das Strafverfolgungsinteresse überwiegt;
c. Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr der beschuldigten Person mit
Personen, die nach den Art. 170-173 das Zeugnis verweigern können und im
gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt sind; d. Gegenstände und
Unterlagen aus dem Verkehr einer anderen Person mit ihrer Anwältin oder ihrem
Anwalt, sofern die Anwältin oder der Anwalt nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni
2000 (SR 935.61) zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist
und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist. Art. 264 Abs. 3
StPO bestimmt, dass die Strafbehörden nach den Vorschriften über die Siegelung
vorzugehen haben, wenn eine berechtigte Person geltend macht, eine
Beschlagnahme von Gegenständen und Vermögenswerten sei wegen eines Aussage-
oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht zulässig. Art.
264 Abs. 3 StPO verweist somit auf Art. 248 StPO.

 Gemäss Art. 171 Abs. 1 StPO, auf welchen Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO Bezug
nimmt, können (insbesondere) Rechtsanwälte und Verteidiger das Zeugnis über
Geheimnisse verweigern, die ihnen aufgrund ihres Berufs anvertraut worden sind
oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben.

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, Y.________ habe ihr die Unterlagen aus
eigener Initiative und freiwillig zur Verfügung gestellt, sodass kein
Zwangsmittel habe eingesetzt werden müssen. Demzufolge seien die Bestimmungen
über die Zwangsmassnahmen von Art. 196-298 StPO vorliegend nicht anwendbar.
Indem die Vorinstanz die Anwendbarkeit von Art. 248 Abs. 1 StPO sowie von Art.
264 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 StPO auf den Bereich der "Nicht-Zwangsmassnahmen"
ausgedehnt habe, habe sie Bundesrecht verletzt.

3.2. Die Vorinstanz hat erwogen, die Siegelung diene dem Schutz der Geheim- und
Privatsphäre vor ungerechtfertigten staatlichen Eingriffen. Ob die
Beschwerdeführerin Zwangsmittel habe anwenden müssen, um auf die Unterlagen
zugreifen zu können, oder ob ihr diese ohne ihr Zutun zugestellt worden seien,
spiele keine Rolle. Massgebend sei einzig, dass die betroffene Person gemäss
Art. 248 Abs. 1 StPO geltend mache, unter den Aufzeichnungen bzw. Gegenständen
befänden sich solche, die nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürften.
Dies sei vorliegend der Fall, da der Beschwerdegegner vorbringe, die der
Beschwerdeführerin von Y.________ übermittelten Daten enthielten seine gesamte
Anwaltskorrespondenz von sämtlichen Ende 2005 pendenten Mandaten. Es bestehe
daher die begründete Möglichkeit, dass zumindest ein Teil der Unterlagen einem
Beschlagnahmeverbot im Sinne von Art. 264 StPO unterliegen könnte. Die
Beschwerdeführerin habe die Aufzeichnungen demnach zu Recht versiegelt. Ob
diese tatsächlich nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürften, habe das
Zwangsmassnahmengericht zu entscheiden.

3.3. Zwangsmassnahmen sind Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die in
Grundrechte der Betroffenen eingreifen (vgl. Art. 196 StPO). Die Durchsuchung
von privaten Aufzeichnungen berührt das Recht auf Privatsphäre gemäss Art. 13
BV; sind Berufsgeheimnisse betroffen, wird überdies die Wirtschaftsfreiheit
nach Art. 27 BV tangiert. Grundrechtseingriffe sind gemäss Art. 36 BV nur
zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen
Interesse liegen, verhältnismässig sind und den Kerngehalt des Grundrechts
wahren. Mit Art. 197 StPO werden diese verfassungsmässigen Voraussetzungen der
Einschränkung von Freiheitsrechten wiederholt und für die strafprozessualen
Zwangsmassnahmen in dem Sinn konkretisiert, dass diese einen hinreichenden
Tatverdacht voraussetzen (vgl. Jonas Weber, Basler Kommentar StPO, 2011, Art.
197 N. 1).

3.4. Der Argumentation der Beschwerdeführerin, die Durchsuchung persönlicher
Aufzeichnungen und Datenträger stelle keinen Grundrechtseingriff bzw. keine
Zwangsmassnahme dar, wenn die Strafbehörde ohne Anwendung von Zwang in den
Besitz der Unterlagen gelangt sei, kann nicht gefolgt werden.

 Die Möglichkeit, Siegelung zu verlangen, besteht grundsätzlich bei jeglicher
Form der Durchsuchung. Insbesondere kann sich auch diejenige Person auf Art.
248 StPO berufen, die Aufzeichnungen infolge einer Editionsaufforderung
freiwillig herausgegeben hat (Olivier Thormann/Beat Brechbühl, Basler Kommentar
StPO, 2011, Art. 248 N. 4). Entscheidend ist, dass sich der Beschwerdegegner
gegen die Durchsuchung der Unterlagen zur Wehr setzt und geltend macht, dass
sich unter den Aufzeichnungen solche befinden, die nicht durchsucht oder
beschlagnahmt werden dürfen. Eine Durchsuchung von Aufzeichnungen gegen den
ausdrücklichen Willen des Betroffenen greift in dessen grundrechtlich
geschützte Privatsphäre ein; dies gilt unabhängig von der Art und Weise, wie
die Strafbehörde in den Besitz der Unterlagen gelangt ist. Anders entscheiden
hiesse, den Grundrechtsschutz auszuhöhlen, da die Strafbehörde diesfalls
sämtliche Unterlagen voraussetzungslos, d.h. insbesondere auch ohne Vorliegen
eines hinreichenden Tatverdachts, durchsuchen könnte und zwar selbst dann, wenn
der Geheimnisträger Opfer einer deliktischen Wegnahme geworden sein sollte.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach dem Wortlaut von Art. 248 Abs.
1 StPO sei einzig der Inhaber berechtigt, die Siegelung zu verlangen.
Gewahrsamsinhaber sei Y.________ gewesen. Der Beschwerdegegner habe die
tatsächliche Herrschaft über die Daten in dem Moment verloren, als er diese
Y.________ übergeben habe, damit dieser sie dem Zugriff der Strafbehörden
entziehe. Im Übrigen könne der Beschwerdegegner auch nicht als berechtigte
Person im Sinne von Art. 264 Abs. 3 StPO gelten, da mutmasslich strafbare
Handlungen vom anwaltlichen Berufsgeheimnis nicht geschützt seien. Die
Vorinstanz habe den Beschwerdegegner daher zu Unrecht als zur Stellung eines
selbstständigen Siegelungsantrags legitimiert erachtet.

4.2. Die Vorinstanz hat ausgeführt, nach dem Wortlaut von Art. 248 Abs. 1 StPO
sei einzig der Inhaber zur Einreichung eines Siegelungsantrags legitimiert.
Dies aber widerspreche Art. 264 StPO. Nach dieser Bestimmung bestehe für
bestimmte Unterlagen ein Beschlagnahmeverbot, ungeachtet des Orts, wo sich
diese befänden (Abs. 1). Die Unzulässigkeit der Beschlagnahme könne dabei von
jeder berechtigten Person geltend gemacht werden mit der Folge, dass alsdann
nach den Vorschriften über die Siegelung vorzugehen sei (Abs. 3). Legitimiert,
die Siegelung zu verlangen, seien daher auch Personen wie der beschuldigte
Beschwerdegegner, welche unabhängig der Besitzverhältnisse ein rechtlich
geschütztes Interesse an den Unterlagen oder der Geheimhaltung des Inhalts
hätten. Nur diese Auslegung werde dem Gedanken gerecht, dass zwischen Art. 248
und Art. 264 StPO Deckungsgleichheit bestehen sollte.

4.3. Umstritten ist mithin die Auslegung von Art. 248 Abs. 1 StPO.

4.3.1. Ein Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach
Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der
Basis einer teleologischen Verständnismethode auszulegen. Anzuknüpfen hat die
Auslegung an die ratio legis, die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht
nach den subjektiven Wertvorstellungen der Richter aufgegeben ist, sondern nach
den Vorgaben des Gesetzgebers. Die Auslegung des Gesetzes ist zwar nicht
entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf die
Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die damit erkennbar getroffenen
Wertentscheidungen auszurichten, da sich die Zweckbezogenheit des
rechtsstaatlichen Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt,
sondern aus den Absichten des Gesetzgebers abzuleiten ist, die es mit Hilfe der
herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln gilt. Die Gesetzesauslegung hat
sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut allein die
Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und
konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im
normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis mit Blick auf
die ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen
Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen
Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die
Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage
eine klare Antwort geben (statt vieler: BGE 133 III 175 E. 3.3.1 S. 178).

4.3.2. Nach dem deutschen und italienischen Wortlaut von Art. 248 Abs. 1 StPO
ist einzig der Inhaber (ital.: "detentore") berechtigt, sich gegen die
Durchsuchung zu wehren. Inhaber ist, wer den Gewahrsam im Sinne der
tatsächlichen Sachherrschaft über die Aufzeichnungen hat, bei elektronisch
gespeicherten Daten ist bzw. sind Inhaber der Gewahrsamsträger der
Datenverarbeitungsanlage und des elektronischen Speichermediums. In der
französischen Fassung hingegen wird - anders als in Art. 247 Abs. 1 und 3 StPO
- nicht von Inhaber (franz.: "détenteur") gesprochen, sondern der Begriff
Interessierter (franz.: "intéressé") verwendet.

 Ein Teil der Lehre erachtet unter Hinweis auf den deutschen Wortlaut der
Bestimmung, allerdings ohne Bezugnahme auf andere Auslegungsmethoden, einzig
den Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft als legitimiert, die Siegelung zu
verlangen (Thormann/Brechbühl, a.a.O., Art. 248 N. 6; Niklaus Schmid,
Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, Art. 248 N.
3; Niklaus Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, N.
1081; André Kuhn/Yvan Jeanneret, Précis de procédure pénale, 2013, S. 272, mit
Hinweis auf Thormann/Brechbühl, a.a.O.; vgl. ferner Laurent Moreillon/ Aude
Parein-Reymond, Code de procédure pénale, 2013, Art. 248 N. 6; Catherine
Chirazi, in: André Kuhn/Yvan Jeanneret, Commentaire romand, Code de procédure
pénale suisse, 2011, Art. 248 N. 3).

4.3.3. Die Botschaft des Bundesrats zu Art. 248 Abs. 1 StPO geht ähnlich dem
französischen Gesetzestext von einem weiteren Verständnis des Begriffs Inhaber
aus. Sie hält fest, dass die Person, in deren Händen sich die Aufzeichnungen
oder Gegenstände tatsächlich befinden (bspw. die Bank) oder die  rechtlich
berechtigt ist (bspw. der Inhaber des Bankkontos), als Inhaber gilt und einzig
vorzubringen hat, eine Durchsuchung oder Beschlagnahme sei wegen eines Aussage-
oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen (beispielsweise die
betreffenden Gegenstände enthielten Geheimnisse ohne Relevanz für das
Verfahren) unzulässig (Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts
vom 21. Dezember 2005, BBl 2006 1239). Die historische Auslegung spricht somit
dafür, dass nicht nur der Inhaber im eng verstandenen Sinne, sondern auch
derjenige, der "rechtlich berechtigt" ist, die Siegelung verlangen kann.

4.3.4. Unter systematischen und teleologischen Gesichtspunkten ist auf den
Zusammenhang zwischen Art. 248 Abs. 1 und Art. 264 Abs. 3 StPO sowie auf den
Sinn und Zweck der Siegelung näher einzugehen.

 Eine Durchsuchung erfolgt im Hinblick auf eine allfällige Beschlagnahme von
relevanten Aufzeichnungen. Durch die Siegelung als Sofortmassnahme soll
sichergestellt werden, dass von den Strafbehörden nichts durchsucht, zur
Kenntnis genommen oder sonst wie verwendet wird, was gemäss Art. 264 Abs. 1
StPO aus Geheimnisschutzgründen nicht beschlagnahmt werden darf. Da derartige
Beschlagnahmeverbote die Kenntnisnahme durch die Strafbehörde verhindern
sollen, sollte der Schutzbereich der Siegelung nach Art. 248 Abs. 1 StPO auf
jenen der Beschlagnahme nach den Anforderungen von Art. 264 Abs. 3 StPO
möglichst abgestimmt sein ( THOMAS MÜLLER / STEFAN GÄUMANN, Siegelung nach
Schweizerischer StPO, Anwaltsrevue 6-7/2012, S. 290; THORMANN / BRECHBÜHL,
a.a.O., Art. 248 N. 50; ANDREAS J. KELLER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber
[Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art.
248 N. 14). Dies aber wäre von vornherein nicht gewährleistet, wenn die
Beschwerdeberechtigung im Rahmen von Art. 248 Abs. 1 StPO auf den
Gewahrsamsinhaber der Aufzeichnungen beschränkt würde. In einem Fall wie dem zu
beurteilenden, in dem der Inhaber kein Interesse an der Siegelung hat, würde so
der berechtigten Person der wirksame Rechtsschutz verwehrt, da sie nicht
legitimiert wäre, unter Hinweis auf ein Beschlagnahmeverbot nach Art. 264 Abs.
1 StPO die Siegelung zu verlangen. Sie könnte allenfalls erst später, bei der
förmlichen Beschlagnahme, eine Siegelung erwirken, nachdem die Strafbehörde die
Aufzeichnungen schon im Detail gesichtet hätte. Art. 264 Abs. 1 StPO wurde im
Gesetzgebungsverfahren dahin gehend präzisiert, dass das Beschlagnahmeverbot
ungeachtet des Orts gilt, wo sich die Unterlagen befinden (vgl. AB 2007 N 990).
Gemäss Art. 264 Abs. 3 StPO kann jede (Geheimnis-) berechtigte Person die
Unzulässigkeit der Beschlagnahme geltend machen, womit die Strafbehörden nach
den Vorschriften über die Siegelung, d.h. nach Art. 248 StPO, vorzugehen haben.
Kommt es aber nicht auf den Auffindeort an, und umfasst der Kreis der
Antragssteller jede berechtigte Person, so können auch andere Personen als der
Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft geheimnisschutz- und
siegelungsberechtigt sein. Aus Art. 264 Abs. 3 StPO ergibt sich demnach, dass
die Befugnis, sich gegen eine Durchsuchung von Aufzeichnungen zu wehren, über
den Kreis der Gewahrsamsinhaber hinausgeht und auch Personen erfasst, die
unabhängig der Besitzverhältnisse ein rechtlich geschütztes Interesse an der
Geheimhaltung des Inhalts der Unterlagen haben können. Zum Zweck eines
wirksamen Geheimnisschutzes ist das Recht auf Siegelung gemäss Art. 248 Abs. 1
StPO daher auf die Berechtigung, sich nach Art. 264 Abs. 3 StPO gegen eine
Beschlagnahme zu wehren, abzustimmen (Keller, a.a.O., Art. 248 N. 6; gleicher
Meinung Müller/Gäumann, a.a.O., S. 291 f.; Peter Burckhardt/ Roland M. Ryser,
Die erweiterten Beschlagnahmeverbote zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses
insbesondere im neuen Strafverfahren, AJP 2013 S. 165; Bernhard Isenring/Martin
A. Kessler, Strafprozessuale "Bank-Editionen": Die Rechtlosigkeit des
Kontoinhabers und der beschuldigten Person, AJP 2012 S. 330 f.; in diesem Sinn
auch Jo Pitteloud, Code de procédure pénale suisse, Commentaire à l'usage des
practiciens, 2012, N. 568; Edy Mely, Commentario CPP, Art. 248 N. 4; vgl. zudem
Felix Bommer/Peter Goldschmid, Basler Kommentar StPO, 2011, Art. 264 N. 58, die
festhalten, mit Blick auf den Sinn und Zweck des Siegelungserfordernisses
könnten beschuldigte Personen auch dann die Siegelung verlangen, wenn die
Beschlagnahme von Gegenständen nicht in ihrer Herrschaftssphäre erfolgt sei).

4.3.5. Sind nach dieser Auslegung auch Geheimnisschutzberechtigte, die nicht
Gewahrsinhaber sind, legitimiert, einen Antrag auf Siegelung zu stellen, so
obliegt es der Strafbehörde, dafür zu sorgen, dass die Berechtigten dieses
Verfahrensrecht auch rechtzeitig und wirksam ausüben können. Wohl hat sie vor
einer Sicherstellung bloss den Inhaber von Aufzeichnungen zum Inhalt und zu
allfälligen Siegelungsgründen anzuhören (Art. 247 Abs. 1 StPO). Nach der
Entgegennahme bzw. Sicherstellung, noch vor der Durchsuchung der
Aufzeichnungen, hat sie aber von Amtes wegen weiteren Berechtigten zur Wahrung
des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 107 StPO) die Möglichkeit einzuräumen, ein
Siegelungsbegehren zu stellen (Müller/Gäumann, a.a.O., S. 292; Keller, a.a.O.,
Art. 248 N. 7). Als Geheimnisschutzberechtigte kommen, wie dargelegt, zur
Hauptsache die beschuldigte Person und Zeugnisverweigerungsberechtigte im Sinne
von Art. 170-173 StPO in Betracht (vgl. Art. 264 Abs. 1 StPO und E. 2 hiervor).
Im zu beurteilenden Fall steht die Durchsuchung von Datenträgern aus der
Anwaltskanzlei des beschuldigten Beschwerdegegners in Frage, weshalb
offensichtlich ist, dass dieser ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse
haben könnte.

4.3.6. Das vorstehend Erwogene erscheint auch aus weiteren
Rechtsschutzüberlegungen sachgerecht. Bei Entsiegelungen wird definitiv darüber
entschieden, ob die Geheimnisinteressen, welche von der berechtigten Person
angerufen werden, einer Durchsuchung durch die Strafbehörde entgegenstehen.
Insofern ist nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein drohender
nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG regelmässig gegeben; dies gilt insbesondere, wenn eine Verletzung des
Anwaltsgeheimnisses zur Diskussion steht (Urteil 1B_27/2012 vom 27. Juni 2012
E. 1 mit zahlreichen Hinweisen). Zudem hat das Bundesgericht in anderem
Zusammenhang festgehalten, dass es aus prozessökonomischen Gründen und zur
Vermeidung von Doppelspurigkeiten und Abgrenzungsproblemen sinnvoll ist, den
Anwendungsbereich des Siegelungsverfahrens weit zu fassen und sämtliche
Einwände gegen die Durchsuchung im Entsiegelungsverfahren zu prüfen, sofern es
dem Berechtigten im Ergebnis darum geht, die Einsichtnahme der Strafbehörde in
die Unterlagen und deren Verwertung zu verhindern. In allen diesen Fällen
gewährleistet das Siegelungsverfahren einen adäquaten Rechtsschutz und eine
möglichst frühzeitige Klärung der Rechtslage (Urteil 1B_117/2012 vom 26. März
2012 E. 3.3). Würde man die Befugnis, die Siegelung zu verlangen, auf den
Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft beschränken, so wäre - wenn es sich
nicht zugleich um einen Geheimnisschutzberechtigten handelte - ein
hinreichender Rechtsschutz kaum gewährleistet. Hätte der Inhaber kein
Siegelungsinteresse, so käme es gar nicht bzw. erst im Zuge einer Beschlagnahme
und damit möglicherweise zu spät (vgl. E. 4.3.4 hiervor) zu einem
Entsiegelungsverfahren. Selbst wenn der Inhaber der Sachherrschaft aber die
Siegelung verlangen würde, könnte er gegen eine Entsiegelung trotz nicht wieder
gutzumachendem Nachteil für den Geheimnisschutzberechtigten nicht mit
strafrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht gelangen, sofern ihm selbst
nicht auch ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG drohen würde. Der Geheimnisschutzberechtigte wäre ebenfalls nicht
beschwerdebefugt, da er am vorangehenden Verfahren nicht beteiligt gewesen wäre
bzw. werden musste (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG). Diese Konsequenzen sind nach
Möglichkeit zu vermeiden.

 Zur Gewährleistung des Rechtsschutzes und aus prozessökonomischen Gründen ist
es auch im vorliegenden Verfahren angezeigt, die berechtigte Person, welche
nicht gleichzeitig Inhaberin der Aufzeichnungen ist, bereits im
Siegelungsverfahren zu beteiligen und nicht auf das Beschlagnahmeverfahren zu
verweisen. Dies liegt nicht nur im Interesse der berechtigten Person, sondern
auch in demjenigen der Strafbehörde, da hierdurch verhindert wird, dass diese
Unterlagen durchsucht, die sie möglicherweise aufgrund eines
Beschlagnahmeverbots nicht beschlagnahmen und nicht als Beweis verwerten kann.

4.3.7. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin steht diese Auslegung von
Art. 248 Abs. 1 StPO nicht im Widerspruch zur bisherigen bundesgerichtlichen
Rechtsprechung.

 Das Bundesgericht hat die Legitimationsfrage bislang noch nicht ausdrücklich
entschieden. Immerhin hat es aber im Urteil 1B_136/ 2012 vom 25. September 2012
E. 4.4 erwogen, dass sowohl Art. 264 Abs. 3 StPO als auch Art. 248 Abs. 1 StPO
das Siegelungsverfahren vorsehen, wenn die betroffene  berechtigte Person sich
auf ein Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht beruft. Im Urteil 1B_309/2012
E. 5.11 (in: Pra 2013 Nr. 19 S. 157) hat das Bundesgericht neben anderen
Verfahrensbeteiligten auch einen Rechtsanwalt als legitimiert erachtet, für
nicht in seiner Anwaltskanzlei, sondern in den Geschäftsräumlichkeiten zweier
Firmen sichergestellte Anwaltskorrespondenz die Siegelung zu verlangen.

 Aus den beiden in der Beschwerde (S. 6) angeführten Bundesgerichtsurteilen
kann die Beschwerdeführerin demgegenüber nichts für ihre Position ableiten. Im
zur Publikation vorgesehenen Urteil 1B_637/ 2012 vom 8. Mai 2013 musste die
Frage, ob auch ein Nicht-Inhaber berechtigt ist, die Siegelung zu verlangen,
nicht entschieden werden. Im Urteil 1B_567/2012 vom 26. Februar 2013 hat das
Bundesgericht erwogen, der Beschuldigte sei als Kontoinhaber von der
beantragten Entsiegelung und Durchsuchung immerhin mittelbar betroffen. Soweit
er eigene Geheimhaltungsinteressen, insbesondere Privat- und Berufsgeheimnisse
anrufe, die einer Entsiegelung entgegenstehen könnten, sei sein schutzwürdiges
Interesse an der Beschwerdeführung grundsätzlich zu bejahen (vgl. Urteil 1B_567
/2012 vom 26. Februar 2013 E. 1.1). Da die Inhaberin (eine Bank) die Siegelung
verlangt hatte und gestützt darauf das Entsiegelungsverfahren (unter
Beteiligung des Beschuldigten) durchgeführt wurde, bildete die Frage, ob der
Beschuldigte legitimiert gewesen wäre, selbstständig die Siegelung zu
verlangen, nicht Streitgegenstand.

4.3.8. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat schliesslich die
Tatsache, dass der Beschwerdegegner selbst beschuldigt ist und sich deshalb
insoweit nicht mit Erfolg auf das Zeugnisverweigerungsrecht gemäss Art. 171
Abs. 1 StPO berufen kann, nicht zur Folge, dass ihm die Legitimation
abzusprechen ist.

 Eine beschuldigte Person kann nach dem Gesagten die Siegelung verlangen (vgl.
Bommer/Goldschmid, a.a.O., und hierzu E. 4.3.4 hiervor) und das blosse
Geltendmachen schutzwürdiger Geheimnisse genügt, dass die Strafbehörde die
Unterlagen zu versiegeln hat, was vorliegend auch geschehen ist. Die
Beschwerdeführerin ist mithin korrekt vorgegangen. Das Zwangsmassnahmengericht
hat alsdann auf Gesuch der Strafbehörde hin im Entsiegelungsverfahren zu
entscheiden, ob bzw. inwieweit einer Entsiegelung tatsächlich schützenswerte
Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen (vgl. Thormann/Brechbühl, a.a.O., Art.
248 N. 7, mit Hinweis auf BGE 121 I 240 E. 1 S. 241 ff.; siehe auch E. 6.4
hiernach). Einen hinreichenden Tatverdacht vorausgesetzt, dürfen die
Aufzeichnungen eines beschuldigten Rechtsanwalts so weit durchsucht werden, als
dadurch das Berufsgeheimnis als gesetzlich geschütztes Klientengeheimnis
unbeteiligter Dritter nicht verletzt wird. Die Durchsuchung ist mithin nur
unter Wahrung der durch das Anwaltsgeheimnis geschützten Kundengeheimnisse
zulässig, was zum Beispiel durch Unkenntlichmachen der Namen der Klienten oder
Ersatz derselben durch Codes geschehen kann (Keller, a.a.O., Art. 248 N. 35 f.,
mit Hinweis auf BGE 132 IV 63 E. 4.6 S. 67 f.).

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen Treu und Glauben
respektive das Fairness-Gebot und eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör. Das Entsiegelungsgesuch habe sie am 7. Februar 2013
gestellt, und der Beschwerdegegner habe am 1. März 2013 hierzu Stellung
genommen. Ihre Replik datiere vom 22. März 2013. Diese Eingabe habe die
Vorinstanz dem Beschwerdegegner am 27. März 2013 mit der Bemerkung zur
Vernehmlassung zugestellt, nach Eingang seiner Duplik werde "das Verfahren
voraussichtlich mit einer Triage (im Beisein der Beteiligten) fortgesetzt". Die
Beschwerdeführerin betont, aufgrund dieser Feststellung habe sie damit rechnen
dürfen, dass die Vorinstanz den hinreichenden Tatverdacht bejahen werde. Indem
die Vorinstanz nach Eingang der Duplik des Beschwerdegegners vom 10. Mai 2013
das Entsiegelungsgesuch mit der Begründung abgewiesen habe, es fehle ein
hinreichender Tatverdacht, sei sie treuwidrig vorgegangen und habe zugleich
ihren Gehörsanspruch missachtet.

5.2. Die Argumentation der Beschwerdeführerin ist nicht stichhaltig. Die
Vorinstanz hat einen doppelten Schriftenwechsel durchgeführt, sodass sich die
Beschwerdeführerin hinreichend äussern konnte. Diese hat (als nicht
beschuldigte Person) von vornherein keinen Anspruch auf das letzte Wort, und es
hat sich vorliegend für die Vorinstanz angesichts des im Strafverfahren
geltenden Beschleunigungsgebots (Art. 5 StPO) auch nicht aufgedrängt, einen
weiteren Schriftenwechsel anzuordnen oder eine mündliche Verhandlung
durchzuführen. Eine Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf
rechtliches Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 107 StPO sowie Art. 29 Abs. 2
BV) liegt damit nicht vor. Ebenso wenig kann der Vorinstanz ein Verstoss gegen
den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO sowie Art. 9 BV)
angelastet werden. Die Ankündigung, das Verfahren werde  voraussichtlich mit
einer Triage (im Beisein der Beteiligten) fortgesetzt, bedeutet eine zulässige
provisorische Einschätzung der Prozesslage. Hieraus kann die Beschwerdeführerin
nichts zu ihren Gunsten ableiten. Im Übrigen erfolgten diese Ausführungen der
Vorinstanz erst nach Eingang der Replik der Beschwerdeführerin, sodass auch
nicht gesagt werden kann, diese habe sich wegen des Hinweises in ihren Eingaben
mit einem blossen Verweis auf die Anklageschrift begnügen und auf eine
Erörterung des Tatverdachts verzichten dürfen (siehe hierzu sogleich E. 6).

6. 
In der Sache ist das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts (vgl. Art. 197
Abs. 1 lit. b StPO) umstritten.

6.1. Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland wies die von der
Beschwerdeführerin am 15. Dezember 2009 gegen den Beschwerdegegner wegen
mehrfacher Vergehen gegen das UWG erhobene Anklage mit Entscheid vom 7. Juni
2012 an die Beschwerdeführerin zurück. Die Rückweisung wurde damit begründet,
aus der Anklageschrift gehe nicht in genügend spezifizierter und klarer Weise
hervor, wer wann wo und was gemacht habe, das strafbar sein könnte; es sei bei
jedem einzelnen der als Mittäter oder Gehilfen Beschuldigten klar darzulegen,
welches Verhalten als Täterschaft oder als Teilnahme betrachtet werde. Zur
Ergänzung gehöre auch, die offensichtlich falschen Aktenhinweise in der
Anklageschrift zu korrigieren. In der Folge dehnte die Beschwerdeführerin die
Strafuntersuchung gegen den Beschwerdegegner auf die Tatbestände des
gewerbsmässigen Betrugs und der qualifizierten Geldwäscherei aus (vgl. auch
Sachverhalt lit. A. hiervor).

6.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz habe den hinreichenden
Tatverdacht zu Unrecht verneint. Die Anklageschrift vom 15. Dezember 2009, auf
welche sie zur Begründung des Tatverdachts verwiesen habe, gebe ein umfassendes
Bild des Ende 2009 bestehenden und seither unveränderten Kenntnis- und
Aktenstands. Dass das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland die Anklageschrift
mit Entscheid vom 7. Juni 2012 zurückgewiesen habe, weil eine klare Zuordnung
von Beschuldigten zu konkreten Tathandlungen fehle und einige Aktenhinweise
unvollständig seien, hindere die Bedeutung und den Wert der Anklageschrift
nicht derart, dass sie als "non-valeur" bezeichnet werden müsste. Dass 2009
einzig UWG-Widerhandlungen angeklagt worden seien, stehe einer Ausdehnung der
Strafverfolgung auf die Tatbestände des gewerbsmässigen Betrugs und der
qualifizierten Geldwäscherei nicht entgegen. Die Vorinstanz wäre verpflichtet
gewesen, den in der Anklageschrift dargestellten Sachverhalt (S. 40-64)
ordentlich auf die geltend gemachten Tatbestände zu überprüfen.

6.3. Die Vorinstanz hat erwogen, die Beschwerdeführerin habe im
Entsiegelungsgesuch vom 7. Februar 2013 zur Begründung des Tatverdachts
pauschal auf die rund 200-seitige Anklageschrift vom 15. Dezember 2009
verwiesen. Es erscheine äusserst fraglich, ob die Beschwerdeführerin hierdurch
ihrer Substanziierungspflicht genügt habe. Jedenfalls aber reiche ein
pauschaler Verweis auf eine Anklageschrift dann nicht aus, wenn diese wie im zu
beurteilenden Fall aufgrund erheblicher formeller und inhaltlicher Mängel
zurückgewiesen worden sei.

 Hinzu komme, dass das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland die
Beschwerdeführerin im Entscheid vom 7. Juni 2012 darauf hingewiesen habe, dass
sich in Bezug auf die zur Anklage gebrachten Handlungen die Frage der
Verjährung stelle; ein Einwand, den nun auch der Beschwerdegegner vorbringe.
Die Beschwerdeführerin habe sich im Entsiegelungsgesuch vom 7. Februar 2013 zu
diesem Aspekt nicht geäussert. Eine summarische Prüfung ergebe, dass sich die
dem Beschwerdegegner in der Anklage vorgeworfenen UWG-Vergehen auf den Zeitraum
vom 2. Juli 2003 bis zum 16. Mai 2006 erstreckten, womit allfällige Taten seit
dem 16. Mai 2013 absolut verjährt seien.

 Schliesslich seien aus dem in der Anklageschrift vom 15. Dezember 2009
umschriebenen Sachverhalt keine Anhaltspunkte ersichtlich, inwiefern sich der
Beschwerdegegner des gewerbsmässigen Betrugs und der qualifizierten
Geldwäscherei schuldig gemacht haben sollte. Die Beschwerdeführerin habe sich
im Rahmen der Ausarbeitung der rund 200-seitigen Anklageschrift intensiv mit
den möglichen strafbaren Handlungen des Beschwerdegegners beschäftigt und hätte
die fraglichen Tatbestände zweifellos zur Anklage gebracht, wenn hinreichende
Verdachtsgründe bestanden hätten.

6.4. Ein Entsiegelungsgesuch ist zu begründen. Zur Darlegung eines
hinreichenden Tatverdachts muss ein Sachverhalt ausreichend detailliert
umschrieben werden, damit eine Subsumption unter einen oder allenfalls (auch
alternativ) unter mehrere Tatbestände des Strafrechts überhaupt nachvollziehbar
vorgenommen werden kann. Hierzu müssen ausreichende Beweismittel oder Indizien
angegeben und vorgelegt werden, die diesen Sachverhalt stützen. Ein bloss
pauschaler Hinweis auf eingereichte Akten reicht nicht aus. Im
Entsiegelungsgesuch für Aufzeichnungen eines Berufsgeheimnisträgers muss durch
die Strafbehörde zudem aufgezeigt werden, inwiefern eine Durchsuchung vor dem
Anwaltsgeheimnis standhält, in welchem Ausmass der Anwalt selbst in die
untersuchten strafbaren Vorgänge verwickelt sein könnte und warum die Akten für
die Untersuchung relevant sein sollen (vgl. Keller, a.a.O., Art. 248 N. 39 f.).
Im Entsiegelungsverfahren klärt das Gericht vorerst, ob die allgemeinen
Voraussetzungen für eine Durchsuchung im Grundsatz gegeben sind (konkreter
Tatverdacht, kein absolut geschütztes Geheimnis, Verhältnismässigkeit,
potenzielle Tauglichkeit etc.). Sofern dies bejaht wird, ist in einem zweiten
Schritt zu prüfen, ob keine schützenswerten Geheimhaltungsinteressen einer
Entsiegelung entgegenstehen. Bei der gerichtlichen Überprüfung eines
Entsiegelungsgesuchs sind die Verdachtsgründe aufgrund der vorläufigen (prima
facie legal erhobenen) Untersuchungsergebnisse zu würdigen (Keller, a.a.O.,
Art. 248 N. 44).

6.5. Die Ausführungen der Vorinstanz sind zutreffend. Mit ihrem pauschalen
Verweis auf die als mangelhaft zurückgewiesene Anklage vom 15. Dezember 2009
ist die Beschwerdeführerin ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen. Das
Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts ist aber auch nicht derart
offenkundig, dass er nicht näher dargelegt zu werden brauchte.

 Stellt sich die Frage, ob Prozesshindernisse wie die Verjährung einem
Strafverfahren entgegenstehen, ist bei der Abklärung des hinreichenden
Tatverdachts eine summarische Prüfung vorzunehmen. Steht mit grosser
Wahrscheinlichkeit fest, dass ein Delikt verjährt ist, erweist sich die
Anordnung von Zwangsmassnahmen als nicht gerechtfertigt (Markus Hug, in:
Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen
Strafprozessordnung [StPO], 2010, Art. 197 N. 9). Die letzte dem
Beschwerdegegner in der Anklageschrift vom 15. Dezember 2009 vorgeworfene
Tathandlung datiert vom 16. Mai 2006. Die absolute Verjährungsfrist beträgt
sieben Jahre (vgl. Art. 23 UWG i.V.m. Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB), womit die
Verjährung mutmasslich am 16. Mai 2013 eingetreten ist. Dies wird von der
Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.

 Vielmehr bringt die Beschwerdeführerin einzig vor, aus der Anklageschrift vom
15. Dezember 2009 ergebe sich ein hinreichender Tatverdacht in Bezug auf die
Tatbestände des gewerbsmässigen Betrugs und der qualifizierten Geldwäscherei.
Dies aber ist nicht der Fall. Die Beschwerdeführerin räumt ein, seit der
Anklageerhebung hätten sich keine neuen Erkenntnisse ergeben. Die Tatbestände
des gewerbsmässigen Betrugs und der qualifizierten Geldwäscherei bildeten
jedoch nicht Gegenstand der Anklage, da die Beschwerdeführerin damals offenbar
davon ausging, es fehle an einem die Anklageerhebung rechtfertigenden
Tatverdacht. Dementsprechend wurden denn auch die einzelnen Tatbestandsmerkmale
in der Anklage nicht thematisiert, weshalb sich ein hinreichender Tatverdacht
nicht mit dem blossen Hinweis auf die Anklageschrift vom 15. Dezember 2009
begründen lässt.

7. 
Die Beschwerde ist abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch
um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Gerichtskosten sind keine zu erheben
(Art. 66 Abs. 4 BGG). Die Beschwerdeführerin hat dem anwaltlich vertretenen
Beschwerdegegner eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton St. Gallen (Staatsanwaltschaft) hat dem Beschwerdegegner eine
Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonalen Zwangsmassnahmengericht des
Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. November 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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