Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.203/2013
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2013


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_203/2013

Urteil vom 7. Januar 2014

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Gossau.

Gegenstand
Verfahrenshandlungen des Staatsanwalts; amtliche Verteidigung,

Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 24.
April 2013.

Sachverhalt:

A.
Im Rahmen eines vom Untersuchungsamt Gossau geführten Strafverfahrens kam es am
Vormittag des 8. Februar 2013 zur Hafteröffnungseinvernahme. Rechtsanwalt
X.________ war amtlicher Verteidiger. Er wollte sich neben den Beschuldigten
setzen. Der Staatsanwalt forderte ihn auf, hinter dem Beschuldigten Platz zu
nehmen. Die Aussagen darüber, wie lange sich Rechtsanwalt X.________ weigerte,
dem nachzukommen, gehen auseinander. Der Staatsanwalt verwies Rechtsanwalt
X.________ in der Folge des Raumes und brach die Einvernahme ab. Am Nachmittag
des 8. Februar fand die Einvernahme in Anwesenheit von Rechtsanwalt X.________
statt. Dieser musste hinter dem Beschuldigten Platz nehmen.

B.
Am 18. Februar 2013 erhoben der Beschuldigte und Rechtsanwalt X.________ in
eigenem Namen Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen. Sie
beantragten unter anderem die Feststellung, dass die Wegweisung von
Rechtsanwalt X.________ und der (behauptete) Widerruf der amtlichen
Verteidigung am Morgen des 8. Februar 2013 rechtswidrig gewesen sei.
Am 24. April 2013 wies die Anklagekammer die Beschwerde ab, soweit sie darauf
eintrat.

C.
Rechtsanwalt X.________ führt in eigenem Namen Beschwerde in Strafsachen und
subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Er beantragt die Feststellung, dass seine
Wegweisung und der Widerruf der amtlichen Verteidigung rechtswidrig gewesen
sei, und stellt weitere Anträge.

D.
Die Anklagekammer und das Untersuchungsamt haben auf Vernehmlassung verzichtet.

E.
Mit Verfügung vom 1. Juli 2013 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen
Abteilung das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Über die vorliegende Beschwerde entscheidet gemäss Art. 29 Abs. 3 des
Reglements vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (SR 173.110.131) die I.
öffentlich-rechtliche Abteilung. Bundesrichter Oberholzer ist Mitglied der
Strafrechtlichen Abteilung. Das gegen diesen gestellte Ausstandsbegehren ist
daher gegenstandslos.

2.

2.1. Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab. Es
handelt sich um einen Zwischenentscheid.
Der Verfahrensgegenstand im Rechtsmittelverfahren wird durch die Anträge der
Beschwerdeführer bestimmt (BGE 135 II 22 E. 1.2.3 S. 26 mit Hinweis). Vor
Vorinstanz stellten der Beschuldigte und der Beschwerdeführer zahlreiche
Anträge. Damit richteten sie sich gegen die Verfahrensführung des
Staatsanwalts. Verfahrensgegenstand vor Vorinstanz war somit weder die Frage
des Ausstands noch der Zuständigkeit. Der angefochtene Entscheid stellt damit
einen "anderen Zwischenentscheid" nach Art. 93 BGG dar. Dagegen ist die
Beschwerde gemäss Absatz 1 dieser Bestimmung zulässig, a) wenn er einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann, oder b) wenn die Gutheissung der
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen
würde.
Diese Voraussetzungen dienen der Entlastung des Bundesgerichts. Es soll sich
möglichst nur einmal mit einem Fall befassen müssen. Sie sind deshalb strikt zu
handhaben (Urteil 1B_239/2013 vom 12. November 2013 E. 1.2.1 mit Hinweis).

2.2. Die Variante nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ausser Betracht.
Nach der Rechtsprechung muss es sich beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil
gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG im Bereich der Beschwerde in Strafsachen um
einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor,
wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht
mehr gänzlich behoben werden kann. Ein bloss tatsächlicher Nachteil wie die
Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 139 IV 113 E. 1
S. 115; 136 IV 92 E. 4 S. 95; je mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer muss - wenn das nicht offensichtlich ist - im Einzelnen
darlegen, inwiefern ihm ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher
Natur drohen soll. Andernfalls genügt er seiner Begründungspflicht nach Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG nicht (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 329; 136 IV 92 E. 4 S. 95; je
mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer äussert sich nicht substanziiert dazu, weshalb ihm der
angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher
Natur bewirken können soll. Das ist auch nicht offensichtlich. Soweit er die
Kostenverlegung rügt, kann diese mangels Anfechtbarkeit des Zwischenentscheids
im Hauptpunkt erst mit Beschwerde gegen den Endentscheid bzw. erst dannzumal
angefochten werden (BGE 135 III 329 E. 1.2 S. 331; Urteil 1B_108/2012 vom 19.
Juni 2012 E. 3.2 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde kann deshalb nicht
eingetreten werden.

3.
Der Beschwerdeführer hätte im Übrigen an der beantragten Feststellung, wonach
seine Wegweisung und der angebliche Widerruf der amtlichen Verteidigung am
Morgen des 8. Februar 2013 rechtswidrig gewesen sei, kein aktuelles praktisches
Interesse. Der Staatsanwalt brach die Einvernahme nach der Wegweisung des
Beschwerdeführers ab. Am Nachmittag des 8. Februar 2013 liess der Staatsanwalt
den Beschwerdeführer zu und dieser konnte in der Folge die amtliche
Verteidigung wie zuvor fortsetzen. Damit kam der Staatsanwalt auf die
Wegweisung und den Widerruf der amtlichen Verteidigung (sofern dieser - was die
Vorinstanz offen lässt - überhaupt erfolgt sein sollte) zurück, womit für den
Beschwerdeführer die Beschwer entfiel.
Ein Fall, in dem es sich gerechtfertigt hätte, auf das Erfordernis des
aktuellen praktischen Interesses zu verzichten, hätte hier nicht vorgelegen, da
der Beschwerdeführer keine Rechtsfragen aufwirft, an deren Beantwortung ein
öffentliches Interesse besteht (vgl. BGE 139 I 206 E. 1.1 S. 208 mit
Hinweisen).

4.
Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons St.
Gallen, Untersuchungsamt Gossau, und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Januar 2014
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben