Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.173/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_173/2013

Urteil vom 29. Mai 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Franziska
Ryser-Zwygart

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28,
4502 Solothurn.

Gegenstand
Sicherheitshaft,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 18. April 2013 des Vizepräsidenten der
Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn.

Sachverhalt:

A.
A.a Am 31. Mai/1. Juni 2012 verurteilte das Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt
X.________ erstinstanzlich unter anderem wegen versuchter vorsätzlicher Tötung
(infolge des Angriffs mit einem Messer), mehrfachen Diebstahls, mehrfachen
versuchten Raubes und weiteren Straftatbeständen zu einer Freiheitsstrafe von
fünf Jahren und sechs Monaten. Insbesondere weil diese Straftaten im
Zusammenhang mit der Abhängigkeit von X.________ von Betäubungsmitteln stehen,
ordnete das Gericht zugleich eine stationäre therapeutische (psychiatrische)
Massnahme nach Art. 59 Abs. 3 StGB an. X.________ focht dieses Urteil mit
Berufung an, namentlich mit der Begründung, bei dem ihr vorgeworfenen
Tötungsversuch in Notwehr gehandelt zu haben.
Zur Sicherung des Strafvollzugs bis zum Eintritt in den Massnahmenvollzug
ordnete das Amtsgericht überdies gleichzeitig die Fortführung folgender
Massnahmen an, die bereits früher vom Haftgericht strafprozessual verfügt
worden waren: Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe unter Wahrnehmung der
vereinbarten Termine und Einhaltung von Weisungen, psychotherapeutische
Behandlung, Befolgung der Methadonabgabe.
A.b Am 2. Juli 2012 ordnete der Präsident des Amtsgerichts
Bucheggberg-Wasseramt die Festnahme von X.________ an. Diese wurde am 6. Juli
2012 verhaftet. Am 8. Juli 2012 beschloss das Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt
die Anordnung von Sicherheitshaft, ohne deren Dauer zeitlich festzulegen. Mit
Urteil vom 24. Juli 2012 hiess das Obergericht des Kantons Solothurn,
Beschwerdekammer, eine dagegen erhobene Beschwerde von X.________ hinsichtlich
der Frage der Geltungsdauer gut, wies sie im Übrigen aber ab. Am 12. September
2012 hiess das Bundesgericht eine dagegen eingereichte Beschwerde gut, soweit
es darauf eintrat, hob das Urteil des Obergerichts auf und ordnete an,
X.________ sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Im Wesentlichen wurde
dies damit begründet, der Widerruf von Ersatzmassnahmen und deren Ersetzung
durch Sicherheitshaft setzten neue Umstände voraus, die sich nach der Anordnung
der Ersatzmassnahmen ergeben hätten und die eine erneute Inhaftierung
erforderten. Solche neuen Umstände lägen nicht vor. Ergänzend hielt das
Bundesgericht fest, die Anordnung von Sicherheitshaft falle jedoch wieder in
Betracht, sollte sich X.________ nicht strikt an ihre Auflagen halten oder
sonst ein - genügend erstelltes - Risikoverhalten zeigen (Urteil 1B_473/2012).

B.
B.a Nachdem X.________ mehrmals Termine bei der Bewährungshilfe sowie beim
Psychiater nicht eingehalten hatte, wurde sie mit Verfügungen des Obergerichts
vom 19. November und 6. Dezember 2012 verwarnt und es wurde ihr in Aussicht
gestellt, dass sie erneut in Sicherheitshaft genommen werden könnte, falls sie
sich nicht zuverlässig an die Auflagen halte. Am 9. April 2013 informierte die
Bewährungshilfe das Obergericht darüber, dass X.________ keinen Sinn mehr sehe,
die Bewährungshilfe weiterzuführen. Mit Mail vom gleichen Tag teilte X.________
dem Obergericht sinngemäss dasselbe mit. Das Obergericht antwortete, sie müsse
sich strikt an die Auflagen halten, ansonsten Sicherheitshaft angeordnet werde.
Im Verlaufsbericht vom 12. April 2013 hielt der behandelnde Psychiater fest,
X.________ habe nur fünf von elf Terminen eingehalten, weshalb eine weitere
Zusammenarbeit nicht erwünscht sei. Eine ambulante psychiatrische Behandlung
mache aus seiner Sicht ohnehin keinen Sinn mehr. Zu begrüssen wäre vielmehr
eine stationäre Suchtbehandlung. Immerhin gebe es keine Hinweise auf akute
Selbst- oder Fremdgefährdung.
B.b Am 17. April ordnete die Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn
die Festnahme von X.________ an. Nachdem sie am 18. April 2013 festgenommen
worden war, verfügte noch am gleichen Tag das Gerichtspräsidium der Strafkammer
des Obergerichts die Sicherheitshaft über X.________.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 3. Mai 2013 an das Bundesgericht beantragt
X.________, die Verfügung der Strafkammer des Obergerichts vom 18. April 2013
aufzuheben, die am 31. Mai/1. Juni 2012 angeordneten Ersatzmassnahmen
weiterzuführen und sie umgehend aus der Sicherheitshaft zu entlassen. Überdies
ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Zur Begründung
wird im Wesentlichen die offensichtlich unrichtige Feststellung des
Sachverhalts durch die Vorinstanz sowie ein Verstoss gegen Art. 237 StPO und
Art. 31 BV geltend gemacht.

D.
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht haben auf Stellungnahmen verzichtet.
Beide weisen darauf hin, dass die Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht auf
den 17. Mai 2013 angesetzt sei.

E.
X.________ hat auf weitere Äusserungen verzichtet.

F.
Am 23. Mai 2013 ging beim Bundesgericht die Faxkopie eines Beschlusses der
Strafkammer des Obergerichts vom gleichen Tag ein, wonach über X.________
zusammen mit der Urteilseröffnung in der Sache Sicherheitshaft angeordnet wird.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid hat den Widerruf strafprozessualer
Ersatzmassnahmen unter gleichzeitiger Anordnung von Sicherheitshaft während des
Verfahrens vor dem Berufungsgericht zum Gegenstand (vgl. Art. 232 und 237
StPO). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG offen.
Der angefochtene Entscheid ist kantonal letztinstanzlich (Art. 232 Abs. 2
zweiter Satz StPO i.V.m. Art. 80 BGG). Die Beschwerdeführerin nahm vor der
Vorinstanz am Verfahren teil und ist als direkt betroffene Adressatin des
angefochtenen Entscheides nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt.

1.2 Zwar wurde die Haftgrundlage und die hier angefochtene Verfügung inzwischen
durch den neuen Entscheid des Obergerichts vom 23. Mai 2013 abgelöst. Die
Beschwerdeführerin hat die Beschwerde aber nicht zurückgezogen, und sie hat,
nicht zuletzt mit Blick darauf, dass sie sich weiterhin in Haft befindet,
grundsätzlich weiterhin ein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Prüfung der
Frage, ob die Haftanordnung bzw. die Sicherheitshaft vom 18. April bis zum 23.
Mai 2013 bundesrechtskonform erfolgte. Auf die Beschwerde ist daher insoweit
einzutreten (vgl. BGE 137 IV 177 E. 2.1 S. 178 f.; 136 I 274 E. 1.3 S. 276 f.;
Urteil des Bundesgerichts 1B_103/2013 vom 27. März 2013 E. 1). Streitobjekt ist
allerdings nur die Haftverfügung vom 18. April 2013. Zur neuen Haftanordnung
vom 23. Mai 2013 hat sich das Bundesgericht nicht zu äussern, was freilich auch
die Beschwerdeführerin nicht geltend macht.

1.3 Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft
die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf
Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und
begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die
Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S 254 mit Hinweisen). Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde
(Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder
beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1
und Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Nach Art. 232 StPO lässt die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die in
Haft zu setzende Person unverzüglich vorführen und hört sie an, wenn sich erst
während des Verfahrens vor dem Berufungsgericht Haftgründe ergeben (Abs. 1).
Sie entscheidet innert 48 Stunden seit der Zuführung über die Anordnung der
Haft (Abs. 2 erster Satz).

2.2 Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO setzt die ernsthafte Befürchtung voraus, dass
die beschuldigte Person durch Delikte bestimmter Schwere die Sicherheit anderer
erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Strafen verübt
hat. Drohen müssen Verbrechen oder schwere Vergehen (BGE 137 IV 84 E. 3.2 S. 85
f.). Die Begehung der in Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO genannten Delikte muss
ernsthaft zu befürchten sein. Erforderlich ist eine sehr ungünstige
Rückfallprognose; dabei sind insbesondere die Häufigkeit und Intensität der
untersuchten Delikte sowie die einschlägigen Vorstrafen zu berücksichtigen (BGE
137 IV 84 E. 3.2 S. 86).

2.3 Das zuständige Gericht ordnet gemäss Art. 237 Abs. 1 StPO an Stelle der
Haft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck
erfüllen. Ersatzmassnahmen fallen bei Fortsetzungsgefahr dann in Betracht, wenn
die Wiederholungsgefahr zwar gegeben ist, das Risiko eines Rückfalles sich aber
durch ein milderes Mittel als die Haft massgeblich beschränken lässt (vgl. etwa
BGE 137 IV 122). Nach Art. 237 Abs. 5 StPO kann das Gericht die
Ersatzmassnahmen jederzeit widerrufen, andere Ersatzmassnahmen oder die
Sicherheitshaft anordnen, wenn neue Umstände dies erfordern oder die
beschuldigte Person die ihr gemachten Auflagen nicht erfüllt (vgl. das Urteil
des Bundesgerichts in gleicher Sache 1B_473/2012 vom 12. September 2012 E.
2.2).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine offensichtlich unrichtige
Feststellung des Sachverhalts. Die Vorinstanz sei von einem dringenden
Tatverdacht ausgegangen. Ein solcher liege aber nicht vor, da sie in Notwehr
gehandelt und mithin gar nicht delinquiert habe. Überdies sei die
Gefahrensituation im Vergleich zum bundesgerichtlichen Urteil vom 12. September
2012 unverändert.

3.2 Eine offensichtlich unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung
liegt vor, wenn diese widersprüchlich oder aktenwidrig ist oder auf einem
offensichtlichen Versehen beruht bzw. klarerweise den tatsächlichen
Verhältnissen widerspricht.

3.3 Keine der bisher zuständigen Behörden hat bis anhin am dringenden
Tatverdacht und an den grundsätzlichen Haftvoraussetzungen gezweifelt. Im
Urteil 1B_473/2012 vom 12. September 2012 in gleicher Sache hielt das
Bundesgericht in E. 2.3 ausdrücklich fest, weder die Voraussetzung eines
dringenden Tatverdachts noch die weiteren grundsätzlichen Voraussetzungen der
Anordnung von sichernden Massnahmen aufgrund von Fortsetzungsgefahr seien
strittig. Weshalb dies heute anders sein sollte, ist nicht ersichtlich;
jedenfalls liegt darin keine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung, wenn die Vorinstanz insofern grundsätzlich weiterhin
von derselben Sachlage ausgeht. Auch was die Feststellungen des Obergerichts
zur weiteren Entwicklung seit dem letzten bundesgerichtlichen Urteil in der
Sache betrifft, bestehen keine Hinweise auf Aktenwidrigkeit oder auf andere
Gründe für offensichtliche Fehlerhaftigkeit. Im Gegenteil bestätigt die
Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift die Darstellung der Abläufe im
Wesentlichen selbst, wie sie sich im Übrigen aus den Akten ergeben, soweit
diese dem Bundesgericht vorliegen. Im Grunde genommen genügt es, auf die
Sachlage abzustellen, soweit diese von der Vorinstanz und der
Beschwerdeführerin übereinstimmend dargestellt wird. Unterschiede ergeben sich
hingegen bei deren rechtlicher Würdigung.

4.
4.1 Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen Art. 237 StPO und Art. 31
BV. Die Beschwerdeführerin macht dazu geltend, die Haft sei gesetzwidrig, weil
die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt seien, und sei überdies
unverhältnismässig und liege nicht im öffentlichen Interesse. Die beiden Rügen,
so wie sie von der Beschwerdeführerin begründet und vorgetragen werden,
erweisen sich inhaltlich als deckungsgleich.

4.2 Nach Art. 237 Abs. 5 StPO können Ersatzmassnahmen dann widerrufen werden,
wenn neue Umstände dies erfordern oder die beschuldigte Person die ihr
gemachten Auflagen nicht erfüllt. Bei beiden Tatbeständen sind letztlich neue
Entwicklungen nötig. Bis zum Zeitpunkt des ersten bundesgerichtlichen Urteils
in der vorliegenden Sache (1B_473/2012 vom 12. September 2012) hatte sich die
Beschwerdeführerin an ihre Auflagen gehalten, und es lagen keine massgeblichen
neuen Umstände vor, die zu einer Neueinschätzung der Risikolage zu führen
vermochten, weshalb das Bundesgericht den Widerruf der Ersatzmassnahmen und die
Anordnung von Sicherheitshaft damals als unzulässig beurteilte. Inzwischen hat
sich die tatsächliche Ausgangslage jedoch entscheidend verändert.

4.3 Der Beschwerdeführerin wurden als Ersatzmassnahmen für Haft auferlegt, mit
der Bewährungshilfe zusammenzuarbeiten unter Wahrnehmung der vereinbarten
Termine und Einhaltung von Weisungen, eine psychotherapeutische Behandlung zu
absolvieren und die Methadonabgabe beim behandelnden Arzt zu befolgen. Die
Beschwerdeführerin hat wiederholt und in erheblicher Anzahl Termine bei der
Bewährungshilfe und beim behandelnden Psychiater verpasst. Zwar hat sie sich
regelmässig zumindest nachträglich dafür entschuldigt, doch ist angesichts der
Zahl verpasster Termine sowie der verschiedenen vorgebrachten Gründe nicht zu
übersehen, dass es sich um eine stetige Entwicklung handelte, die letztlich auf
einer ungenügenden Bereitschaft zur Zusammenarbeit beruhte. Schliesslich teilte
die Beschwerdeführerin selbst mit, nicht mehr mit der ihr zugewiesenen
Bewährungshelferin zusammenarbeiten zu wollen, und der Therapeut erachtete die
Fortführung der Therapie aus seiner Sicht als wenig sinnvoll und schlug vor,
diese abzubrechen. Wohl dauerten diese Massnahmen nunmehr schon seit einiger
Zeit an, der Beschwerdeführerin wäre es aber ohne weiteres zumutbar gewesen,
die Massnahmen bis zum seit längerem bekannten Zeitpunkt der Hauptverhandlung
vor dem Berufungsgericht weiterzuführen. Die Beschwerdeführerin wurde vom
Obergericht durch zwei förmliche Warnungen und durch mindestens ein
zusätzliches Mail auf ihre Verpflichtungen und die möglichen Folgen bei
Nichtbeachtung der Auflagen hingewiesen. Sie hat trotzdem auch danach noch
wiederholt Termine mit kaum überprüfbaren vor- oder nachgeschobenen Gründen
verpasst. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz davon ausging,
die Ersatzmassnahmen seien wegen des Verhaltens der Beschwerdeführerin
gescheitert bzw. diese habe sich nicht an die ihr insofern gemachten Auflagen
gehalten.

4.4 Die Beschwerdeführerin macht geltend, kein Sicherheitsrisiko darzustellen.
Sie beruft sich dazu auf die Aussage ihres Psychotherapeuten, es gebe keine
Hinweise auf eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung. Die Verwendung des Wortes
"akut" belegt jedoch, dass sich diese Aussage auf eine Einschätzung des
damaligen Zustands mit Wirkung von kurzfristiger Dauer beschränkte. Daraus
lässt sich daher nicht ableiten, die grundsätzliche Würdigung des
Risikopotenzials der Beschwerdeführerin, wie sie im früheren Verfahren erfolgt
ist, habe sich insgesamt erheblich geändert oder sei auch nur wesentlich zu
relativieren. Entscheidend ist vielmehr weiterhin die Einschätzung, wonach sich
die von der Beschwerdeführerin ausgehende Gefahr in einer für die Allgemeinheit
erträglichen und zumutbaren Weise nur durch eine konsequente Beachtung der
Ersatzmassnahmen limitieren lässt, solange keine stationäre Behandlung
stattfindet. Eine solche erachtet auch der Therapeut als weiterhin
erforderlich. Dafür ist (bzw. war) aber im eigentlichen Strafverfahren zu
entscheiden. Da sich die Beschwerdeführerin gerade nicht konsequent an die
Ersatzmassnahmen hält (bzw. im hier massgeblichen Zeitraum vor dem
angefochtenen Entscheid hielt) und selbst sogar bekundete, sie einstellen zu
wollen, besteht keine genügende Risikobeschränkung.

4.5 Durch welche anderen geeigneten Massnahmen die bisherigen ersetzt werden
könnten, was das Gesetz an sich zulassen würde (vgl. den Wortlaut von Art. 237
Abs. 5 StPO), legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Der Hinweis auf einen
eventuellen Therapeutenwechsel für die ambulante Therapie erscheint angesichts
des kurzen verbleibenden Zeitraumes bis zur Hauptverhandlung und der durch ihr
Verhalten offenbarten negativen Einstellung zur bisherigen Therapieform wenig
sinnvoll.

4.6 Die verfügte Haft findet mithin in Art. 237 StPO ihre Grundlage und liegt
im öffentlichen Sicherheitsinteresse. Sie ist angesichts der Sachlage und
insbesondere mit Blick auf die beschränkte Gültigkeit des Hafttitels für die
bis zur Hauptverhandlung verbleibende Dauer von einem Monat und fünf Tagen auch
nicht unverhältnismässig. Der angefochtene Entscheid verstösst daher nicht
gegen Art. 237 StPO und Art. 31 BV.

5.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
Der unterliegenden bedürftigen Beschwerdeführerin, deren Begehren nicht von
vornherein aussichtslos erscheinen, ist antragsgemäss für das
bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
zu bewilligen. Demnach sind keine Kosten zu erheben, und es ist ihrer
Rechtsvertreterin eine angemessene Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse
auszurichten (Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren
wird gutgeheissen und es wird der Beschwerdeführerin Rechtsanwältin Dr.
Franziska Ryser-Zwygart als unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Rechtsanwältin Dr. Franziska Ryser-Zwygart wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Solothurn und dem Präsidium der Strafkammer des Obergerichts des Kantons
Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Mai 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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