Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.144/2013
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_144/2013

Urteil vom 24. Juni 2013

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Eusebio,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Luca Barmettler,

gegen

Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln, Postfach 128, 8832 Wollerau.

Gegenstand
Übernahmeverfügung / Zuständigkeit,

Beschwerde gegen die Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz
vom 12. März 2013.

Sachverhalt:

A.
Am 24. Februar 2012 reichte der Gemeinderat Feusisberg bei der
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz Strafanzeige ein gegen Y.________ wegen
Urkundenfälschung im Sinn von Art. 251 StGB, gegen Organe der Z.________ AG
(insbesondere den Verwaltungsratspräsidenten A.________) wegen mehrfacher
Missachtung von Bauvorschriften und Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen im
Sinn von Art. 292 StGB sowie gegen X.________ wegen Ungehorsams gegen amtliche
Verfügungen im Sinn von Art. 292 StGB ein. X.________ warf er vor,
Räumlichkeiten der Gewerbeliegenschaft B.________ in Schindellegi als Mieter
rechtswidrig zu Wohnzwecken genutzt und diese Nutzung trotz behördlichem Verbot
weitergeführt zu haben. Y.________ und Organe der Z.________ AG sollen diese
Liegenschaft als Vertreter der Eigentümerin bzw. Vermieterin X.________
unzulässigerweise zu Wohnzwecken überlassen haben.
Am 17. Januar 2013 übernahm die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln das
Strafverfahren gegen X.________.
X.________ focht diese Übernahmeverfügung an mit dem Antrag, das Strafverfahren
sei von der Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz zu führen.
Am 12. März 2013 wies die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz die
Beschwerde ab.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diese Verfügung aufzuheben
und das Strafverfahren gegen ihn von der Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz
führen zu lassen.

C.
Die Oberstaatsanwaltschaft verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Oberstaatsanwaltschaft einen
Kompetenzstreit zwischen einem Beschuldigten und einer Untersuchungsbehörde
kantonal letztinstanzlich beurteilt. Dagegen steht nach der Praxis die
Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG ans Bundesgericht offen,
auch wenn die Oberstaatsanwaltschaft kein oberes Gericht im Sinn von Art. 80
Abs. 2 BGG ist (BGE 138 IV 214 E. 1). Der Beschwerdeführer war als Partei des
vorinstanzlichen Verfahrens und ist als Beschuldigter zur Beschwerde befugt
(Art. 81 Abs. 1 BGG). Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren
gegen den Beschwerdeführer nicht ab; es handelt sich vielmehr um einen
selbständig eröffneten Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinn von
Art. 92 Abs. 1 BGG. Dagegen ist die Beschwerde zulässig. Die weiteren
Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, womit auf die
Beschwerde einzutreten ist.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln habe seinen
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie die Übernahmeverfügung vom
17. Januar 2013 erlassen habe, ohne ihm vorgängig Gelegenheit gegeben zu haben,
dazu Stellung zu nehmen.
Diese Rüge erhob der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an die
Oberstaatsanwaltschaft nicht, weshalb sich diese dazu nicht geäussert hat; sie
war entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keineswegs verpflichtet, dies
von Amtes wegen zu tun. Nach Treu und Glauben muss der Beschwerdeführer den
Instanzenzug nicht nur prozessual durchlaufen, sondern auch materiell
erschöpfen (BGE 133 III 638 E. 2; Urteil 1C_163/2010 vom 13. April 2010, E. 5).
Dies hat er vorliegend unterlassen, weshalb sich die erstmals vor Bundesgericht
erhobene Gehörsverweigerungsrüge als unzulässig erweist.

3.

3.1. Nach § 56 Abs. 1 i.V.m. § 20 der kantonalen Justizverordnung vom 18.
November 2009 (JV) ist die kantonale Staatsanwaltschaft zuständig für die
Verfolgung von Verbrechen mit einem Deliktsbetrag von mindestens Fr. 12'000.--.
Bei Übertretungen führt die Staatsanwaltschaft des Bezirks das Verfahren (§ 65
Abs. 1 i.V.m. §§ 20 und 56 JV). Die Zuständigkeiten bleiben bestehen, auch wenn
sich nachträglich ergibt, dass eine andere Staatsanwaltschaft im Kanton
zuständig wäre (§§ 56 Abs. 2 und 65 Abs. 2 JV). Unabhängig von dieser
kantonalen Zuständigkeitsregelung sind nach dem in Art. 29 StPO festgelegten
Grundsatz der Verfahrenseinheit Straftaten u.a. dann durch die gleiche Behörde
gemeinsam zu verfolgen, wenn Mittäterschaft vorliegt (Abs. 1 lit. b).

3.2. Die Oberstaatsanwaltschaft hat im angefochtenen Entscheid erwogen, nach
der kantonalen Zuständigkeitsregelung sei die Staatsanwaltschaft Höfe
Einsiedeln für die Verfolgung des Beschwerdeführers, dem eine Übertretung
vorgeworfen werde, zuständig. Ihm und den in dieser Angelegenheit ebenfalls
beschuldigten Vertretern der Eigentümer- bzw. Vermieterschaft werde kein
mittäterschaftliches Handeln vorgeworfen, was nach Art. 29 StPO eine Trennung
der Verfahren ausschliessen würde. Die kantonale Staatsanwaltschaft habe nach
Eingang der polizeilichen Ermittlungen die Klärung der Gerichtsstandsfrage
eingeleitet, womit auch § 56 Abs. 2 JV der Übernahme des Verfahrens durch die
Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln nicht entgegenstehe.

3.3. Der Beschwerdeführer rügt wie schon vor der Vorinstanz, ihm und den
Vertretern der Eigentümerin bzw. Vermieterin würden gemeinschaftlich begangene
Delikte vorgeworfen, weshalb eine Trennung der Verfahren nach Art. 29 StPO
ausgeschlossen sei. Zudem verbiete auch § 56 Abs. 2 JV der kantonalen
Staatsanwaltschaft, ein bei ihr hängiges Verfahren abzutreten, wenn sich im
nachhinein erweise, dass eine andere Untersuchungsbehörde zuständig wäre. Die
Übernahme des Verfahrens gegen ihn durch die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln
sei damit bundesrechtwidrig.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer wird verdächtigt, sich über den vom Gemeinderat
Feusisberg am 1. September 2011 unter dem Hinweis auf Art. 292 StGB gegenüber
der Eigentümer- bzw. Vermieterschaft und verschiedenen Mietern verfügten
Nutzungsstopp für die Liegenschaft B.________ hinweggesetzt zu haben. Danach
hatte der Beschwerdeführer die von ihm gemieteten und zu Wohnzwecken genutzten
Räumlichkeiten fristgerecht zu verlassen, die Vermieterin bzw. Eigentümerin
dafür zu sorgen, dass die Räumlichkeiten ab dem Fristablauf nicht mehr zu
Wohnzwecken genutzt werden. Der Beschwerdeführer und die Eigentümer- bzw.
Vermieterschaft werden damit verdächtigt, sich je eigenständig über die ihnen
vom Gemeinderat Feusisberg am 1. September 2011 auferlegten Verpflichtungen
hinweggesetzt zu haben, es wird ihnen aber nicht vorgeworfen, gemeinsam - als
Mittäter, Gehilfen oder Anstifter - gehandelt zu haben. Der Beschwerdeführer
macht zwar geltend, es liege ein gemeinsamer Tatentschluss vor (Beschwerde
Ziff. 18 S. 13), behauptet aber nicht, sich mit der Eigentümer- bzw.
Vermieterschaft in irgendeiner Weise über die Missachtung des Nutzungsstopps
verständigt zu haben. Er spricht denn an anderer Stelle auch von einer
"Mittäterschaft im erweiterten Sinn", womit er selber offenkundig und zu Recht
nicht von einer (eigentlichen) Mittäterschaft ausgeht, die nach Art. 29 Abs. 1
lit. b StPO eine gemeinsame Verfolgung erheischen würde.

4.2. Den Einwand des Beschwerdeführers, die kantonale Staatsanwaltschaft habe
das Verfahren gegen ihn unter Verletzung von § 56 Abs. 2 JV an die
Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln abgetreten, hat die Oberstaatsanwaltschaft
bereits plausibel widerlegt. Vor allem aber macht er in diesem Zusammenhang
keine Bundesrechtsverletzung und damit keinen zulässigen Beschwerdegrund im
Sinn von Art. 95 BGG geltend.

4.3. Die Strafverfolgungsbehörden gehen somit nicht davon aus, dass der
Beschwerdeführer und die Vertreter der Eigentümer- bzw. Vermieterschaft die
ihnen vorgeworfenen Delikte in irgendeiner Weise gemeinsam begangen haben
könnten, und sie haben jedenfalls zurzeit auch keinen Anlass, das anzunehmen.
Die Oberstaatsanwaltschaft hat daher kein Bundesrecht verletzt, indem sie im
angefochtenen Entscheid die bei ihr angefochtene Übernahmeverfügung der
Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln schützte und es damit im Ergebnis zuliess,
dass die Verfahren gegen den Beschwerdeführer und die übrigen in dieser Sache
Beschuldigten von verschiedenen Behörden geführt werden. Die Rüge ist
unbegründet.

5.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln
und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Juni 2013

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi

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