Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 915/2012
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_915/2012

Urteil vom 15. Mai 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Borella,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
S.________,
vertreten durch Fürsprecher Herbert Schober,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst,
St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin,

Personalversicherung Q.________,
vertreten durch lic. iur. E.________.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 19. September 2012.

Sachverhalt:

A.
S.________ bezog ab 1. Dezember 2000 eine halbe, ab 1. März 2001 eine ganze, ab
1. Oktober 2001 eine halbe und ab 1. Februar 2003 wiederum eine ganze Rente der
Invalidenversicherung (Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 26.
Januar 2004). Am xxx stürzte sie vom Pferd, wobei sie sich am Kopf verletzte.
2005, 2007 und 2008 gebar S.________ drei Kinder, was jeweils zur Ausrichtung
einer Kinderrente führte. Noch im selben Jahr nahm sie mit ihrer Familie
Wohnsitz im Kanton Thurgau.
Im März 2010 leitete die IV-Stelle des Kantons Thurgau ein Revisionsverfahren
zwecks Neuüberprüfung der Anspruchsberechtigung von S.________ ein. Dazu holte
sie u.a. den Abklärungsbericht Haushalt vom 2. September 2010 sowie das
Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) am Spital X.________ vom
1. Juli 2011 mit ergänzendem Bericht vom 12. September 2011 ein. Mit drei
Verfügungen vom 23. Februar 2012 setzte die IV-Stelle die ganze Rente ab 12.
September 2008 auf eine halbe Rente herab und hob diese auf Ende September 2011
auf. Mit einer weiteren Verfügung vom 5. April 2012 forderte sie zu viel
ausgerichtete Leistungen in der Höhe von insgesamt Fr. 75'251.- zurück.

B.
S.________ liess gegen alle Verfügungen beim Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau Beschwerde erheben und beantragen, die IV-Stelle sei zu verpflichten,
ihr auch ab 1. September 2008 und weiterhin eine ganze Invalidenrente
auszurichten und auf die Rückforderung sei nicht einzutreten, eventuell diese
abzuweisen, subeventuell sie zu erlassen.
Das angerufene Gericht als Versicherungsgericht vereinigte die Verfahren, holte
die Vernehmlassung der IV-Stelle ein, lud die Personalversicherung Q.________
bei und führte eine mündliche öffentliche Verhandlung durch. Mit Entscheid vom
19. September 2012 hiess es die Beschwerde betreffend Invalidenrente in dem
Sinne teilweise gut, als festgestellt wurde, dass bis 31. März 2012 Anspruch
auf eine ganze Rente bestehe (Dispositiv-Ziffer 1). Die Beschwerde betreffend
Rückforderung hiess es gut und hob die Verfügung vom 5. April 2012 auf
(Dispositiv-Ziffer 2).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S.________
beantragen, der Entscheid vom 19. September 2012 sei insoweit aufzuheben, als
die ganze Invalidenrente aufgehoben werde und es sei die IV-Stelle zu
verpflichten, auch ab April 2012 eine Rente auszurichten.
Das kantonale Verwaltungsgericht und die Personalversicherung Q.________
schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die IV-Stelle verweist auf den
angefochtenen Entscheid, ohne einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Der Rechtsvertreter von S.________ hat den Bericht der psychiatrischen Dienste
Y.________ vom 12. Dezember 2012 über die (tages-)stationäre Behandlung seiner
Mandantin vom xxx bis yyy 2012 in der Psychiatrischen Klinik Z.________
eingereicht.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin hat den Bericht über die nach Erlass des
vorinstanzlichen Entscheids durchgeführte psychiatrische Behandlung vom 19. bis
29. November 2012 eingereicht. Dieses Dokument hat aufgrund des Novenverbots
(Art. 99 Abs. 1 BGG) sowie der Bindung des Bundesgerichts an den vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG) und der Beschränkung der
Prüfung in tatsächlicher Hinsicht auf die in Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2
BGG festgelegten Beschwerdegründe unbeachtet zu bleiben (Urteil 9C_506/2012 vom
27. September 2012 E. 1 mit Hinweis).

2.
Streitgegenstand bildet die revisionsweise Aufhebung der mit Verfügung vom 26.
Januar 2004 zugesprochenen ganzen Rente gestützt auf Art. 17 Abs. 1 ATSG auf
Ende März 2012 gemäss dem insoweit nicht angefochtenen vorinstanzlichen
Entscheid. Dabei steht fest, dass bei der ursprünglichen Invaliditätsbemessung
davon ausgegangen worden war, die Versicherte wäre ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung vollerwerbstätig und es bestehe eine Arbeitsunfähigkeit von
100 % aus psychischen Gründen. Weiter ist unbestritten, dass Anlass zu einer
Rentenrevision grundsätzlich jede Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen
gibt, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu
beeinflussen, namentlich eine wesentliche Verschlechterung oder Verbesserung
des Gesundheitszustandes (SVR 2012 IV Nr. 36 S. 140, 9C_896/2011 E. 3.1 mit
Hinweisen), aber auch ein Wechsel des invalidenversicherungsrechtlichen Status
von Vollerwerbstätigkeit (100 %) zu Teilerwerbstätigkeit mit Aufgabenbereich
(Haushalt; Urteil 9C_848/2012 vom 14. Februar 2013 E. 2 mit Hinweis).

3.
Die Vorinstanz hat festgestellt, aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren
Abklärungsberichts Haushalt vom 2. September 2010 sei mit der IV-Stelle davon
auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit ab der Geburt des dritten Kindes 2008 zu 50 % im Erwerb und
zu 50 % im Haushalt tätig wäre. Dabei bestehe in diesem Aufgabenbereich keine
gesundheitlich bedingte Einschränkung. Gemäss dem MEDAS-Gutachten vom 1. Juli
2011 habe das orthopädische Belastbarkeitsprofil auch im Haushalt Gültigkeit.
Soweit die Beschwerdeführerin bei gewissen Arbeiten eingeschränkt sei, könnte
die notwendige Hilfestellung durch den Ehemann im Rahmen der
Schadenminderungspflicht geleistet werden. Sodann habe die IV-Stelle zu Recht
aufgrund der Expertise spätestens seit deren Erstellung eine massgebliche
Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes angenommen, wobei die
Restarbeitsfähigkeit rund 50 % (60 %-Pensum mit 20%iger Einschränkung der
Leistungsfähigkeit) betrage. Davon ausgehend hat die Vorinstanz in Anwendung
der gemischten Methode der Invaliditätsbemessung (Art. 28a Abs. 3 IVG; BGE 137
V 334 E. 3.1.3 und 3.2 S. 338; 125 V 146) einen Invaliditätsgrad von maximal 27
% (0,5 x 53,46 % + 0,5 x 0 %; zum Runden BGE 130 V 121) ermittelt, was für den
Anspruch auf eine Rente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG).

4.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Annahme einer Teilerwerbstätigkeit im
Gesundheitsfall und damit die Anwendung der gemischten Methode verletze
Bundesrecht. Die Gründung einer Familie (Geburt des ersten Kindes 2005, Heirat
2007) seien lediglich ein "Ersatzprogramm" gewesen für den als Folge des im
Dezember 2003 erlittenen zweiten Unfalles aus medizinischen Gründen endgültig
unmöglich gewordenen beruflichen Wiedereinstiegs. Die Statusfrage beurteile
sich daher nicht nach der heutigen Situation (Abklärung vor Ort vom 11. August
2010), sondern ausgehend vom Zeitpunkt des ersten Unfalles vom 4. Dezember
1999. Im Weitern berufe sich die Vorinstanz zur Begründung, weshalb sie ohne
gesundheitliche Beeinträchtigung lediglich teilzeitlich erwerbstätig wäre,
einzig auf die allgemeine Lebenserfahrung, ohne wesentliche Tatsachen zu
berücksichtigen oder diesbezügliche Abklärungen durchzuführen, was u.a. den
Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) verletze. So habe sie geltend
gemacht und dazu Beweisanträge gestellt, dass die Kinderbetreuung durch Dritte
auch bei voller Erwerbstätigkeit gesichert wäre. Ebenfalls habe die Vorinstanz
die Notwendigkeit voller Erwerbstätigkeit aus finanziellen Gründen als nicht
glaubhaft erachtet, ohne die beantragten Beweise abzunehmen und abzuklären, wer
in welchem Umfang die Kosten des Hauses wie finanziere. Das Einkommen ihres
Ehemannes allein reiche jedenfalls nicht aus. Schliesslich sei die
vorinstanzliche Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der beruflichen
Weiterbildung und deren Relevanz für die Statusfrage willkürlich.

4.1 Ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Umfang eine in einem
Aufgabenbereich tätige versicherte Person (Art. 5 Abs. 1 IVG in Verbindung mit
Art. 8 Abs. 3 ATSG) ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre
(Statusfrage), ergibt sich aus der Prüfung, was sie bei im Übrigen
unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung
bestünde. Entscheidend ist somit nicht, welches Ausmass der Erwerbstätigkeit
der versicherten Person im Gesundheitsfall zugemutet werden könnte, sondern in
welchem Pensum sie hypothetisch erwerbstätig wäre (BGE 133 V 504 E. 3.3 S. 507;
Urteil 9C_49/2008 vom 28. Juli 2008 E. 3.3; je mit Hinweisen). Bei im Haushalt
tätigen Versicherten im Besonderen (vgl. Art. 27 IVV) sind die persönlichen,
familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige
Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die
beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und
Begabungen zu berücksichtigen. Massgebend sind die Verhältnisse, wie sie sich
bis zum Erlass der Verfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische
Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-)Erwerbstätigkeit der im
Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 130 V 393 E. 3.3 S. 396; 125 V 146 E.
2c S. 150 mit Hinweisen; Urteil 9C_932/2011 vom 29. Mai 2012 E. 3.1.1).
Die auf eine Würdigung konkreter Umstände, nicht ausschliesslich auf die
allgemeine Lebenserfahrung oder auf arbeitsmarktliche Empirie gestützte
Festsetzung des hypothetischen Umfanges der Erwerbstätigkeit ohne
gesundheitliche Beeinträchtigung ist eine Tatfrage, welche das Bundesgericht
nur eingeschränkt überprüft (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; Urteile 9C_769/2012 vom
2. November 2012 E. 4 und 9C_922/2011 vom 29. Mai 2012 E. 3.1.2).
4.2
4.2.1 Für die Statusfrage grundsätzlich nicht von Bedeutung sind gesundheitlich
bedingte Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse. Zu denken ist hier
namentlich an die Reduktion des Arbeitspensums oder sogar die Aufgabe der
Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen. Vorliegend mag das
Unfallereignis vom 5. Dezember 2003 die Gründung einer Familie - gemäss
Beschwerdeführerin im Sinne eines "Ersatzprogrammes" - begünstigt haben.
Indessen kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf
der Dinge unter Berücksichtigung der menschlichen Natur nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, die Versicherte würde heute ohne
die beiden 1999 und 2003 erlittenen Unfälle nicht in einer Partnerschaft leben
oder jedenfalls keine Kinder haben (vgl. Urteil 4A_588/2011 vom 3. Mai 2012 E.
2.2.2 mit Hinweis). Die Vorbringen der Beschwerdeführerin, etwa zu den
Umständen, wie sie ihren späteren Ehemann kennenlernte und dass sie ungewollt
schwanger geworden sei etc., sind nicht geeignet, diesen Nachweis zu erbringen,
und sie geben auch nicht Anlass zu diesbezüglichen Abklärungen, was sich zu
ihren Ungunsten auswirkt (BGE 117 V 261 E. 3b S. 264; Urteil 8C_668/2012 vom
26. Februar 2013 E. 6.2). Schliesslich kann offenbleiben, ob sich bei einem
Mann in vergleichbarer Lage (Wahl der Familienoption nach gesundheitlich
bedingter Aufgabe der Erwerbstätigkeit, Ehefrau voll erwerbstätig auch nach
Geburt der Kinder) die Statusfrage gar nicht stellt, wie in der Beschwerde
geltend gemacht wird. Damit kann jedenfalls nicht eine Verletzung des
Gleichbehandlungsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) gerügt werden (Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; vgl. auch BGE 137 V 334, wonach die gemischte
Methode weder den Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art.
13 Abs. 1 BV und Art. 8 EMRK noch die Grundsätze der Gleichbehandlung und des
Diskriminierungsverbots gemäss Art. 8 BV verletzt).
4.2.2 Die Vorinstanz hat die Statusfrage entscheidwesentlich nach der
allgemeinen Lebenserfahrung entschieden. Danach ist mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine verheiratete Mutter mit drei
Kindern im Alter von vier, fünf und sieben Jahren und mit einem zu 100 %
arbeitenden Ehemann höchstens im Rahmen eines hälftigen Pensums erwerbstätig
ist. Worauf sich diese Aussage stützt, wird nicht gesagt, was die
Beschwerdeführerin sinngemäss als bundesrechtswidrig rügt. Sodann hat das
kantonale Versicherungsgericht nicht in Abrede gestellt, dass bei einer
Vollzeittätigkeit der Versicherten die Betreuung der Kinder durch Dritte
(Eltern, Schwiegereltern, Geschwister und Kollegen) sichergestellt wäre.
Ebenfalls von Bedeutung ist, dass nach Feststellung der Vorinstanz der Ehemann
der Versicherten flexible Arbeitszeiten hat und mittags zu Hause sein kann.
Die Vorinstanz hält es nicht für glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin und
ihre Familie finanziell auf eine 100%ige Erwerbstätigkeit der Mutter angewiesen
wären, weil sie in der Lage seien, ein relativ grosses 7 1/
2-Zimmer-Einfamilienhaus mit Garten zu bewohnen und zu unterhalten; ebenfalls
hätten sie einen 1 1/2-monatigen Auslandurlaub zu finanzieren vermocht.
Rechtlich entscheidend ist vielmehr die Frage, wie die Kosten des Hauses
(Hypothekarzins, Amortisationen, Unterhalt) und für den Lebensunterhalt der
fünfköpfigen Familie insgesamt finanziert werden. Gemäss dem Abklärungsbericht
Haushalt vom 2. September 2010 verdient der Ehemann zwischen Fr. 5'500.- und
Fr. 7'000.- netto (Provision) im Monat, was allein nicht reichen dürfte. Zu
berücksichtigen sind indessen auch die Leistungen der Invalidenversicherung,
der beruflichen Vorsorge und allenfalls der Unfallversicherung. 2009 betrugen
die monatlichen IV-Rentenbetreffnisse allein Fr. 4'696.-. Es ist zumindest
nicht auszuschliessen, dass erst die verschiedenen Ersatzeinkommen der
Beschwerdeführerin es ermöglichten, in einem eigenen Haus zu wohnen. Der
vorinstanzlich in erster Linie angenommene Verdienst ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung (Valideneinkommen) bei einem Arbeitspensum von 50 % beträgt
rund Fr. 41'000.- im Jahr, somit bedeutend weniger als die Leistungen aus
Sozialversicherung und beruflicher Vorsorge.
4.2.3 Für die Statusfrage nicht von entscheidender Bedeutung ist die berufliche
Entwicklung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit Q.________ AG.

4.3 Nach dem Gesagten, an dem die Vorbringen der am Verfahren teilnehmenden
Vorsorgeeinrichtung nichts ändern, beruht die vorinstanzliche Annahme einer
Erwerbstätigkeit von 50 % im Gesundheitsfall auf einem unvollständig
festgestellten Sachverhalt (Art. 95 lit. a BGG; BGE 135 II 369 E. 2.2 in fine
S. 373; Urteil 9C_176/2010 vom 4. Mai 2010 E. 3.3). Die IV-Stelle wird
ergänzende Abklärungen zur Statusfrage vorzunehmen haben. Bei der Festsetzung
des hypothetischen erwerblichen Arbeitspensums wird sie berücksichtigen, dass
eine Erwerbstätigkeit mindestens im zeitlichen Umfang, in dem während der
normalen betriebsüblichen Arbeitszeit die Betreuung der Kinder gewährleistet
ist, in Betracht kommt. Unter dem finanziellen Gesichtspunkt ist das
prozentuale Verhältnis zwischen den gesamten Lebenshaltungskosten der Familie
(einschliesslich Kosten des Hauses abzüglich Einkommen des Ehemannes)
einerseits und dem Valideneinkommen bei einer Erwerbstätigkeit von 100 %
andererseits ein Richtmass für den zeitlichen Umfang, in dem die
Beschwerdeführerin ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre.

5.
Für den Fall, dass nicht von einer ohne gesundheitliche Beeinträchtigung
ausgeübten Vollerwerbstätigkeit auszugehen ist, bestreitet die
Beschwerdeführerin, dass im Aufgabenbereich Haushalt keine
invalidenversicherungsrechtlich relevante Einschränkung bestehen soll. Ihre
Vorbringen vermögen indessen nicht darzutun, inwiefern diese rechtliche
Beurteilung der Vorinstanz auf einem offensichtlich unrichtig festgestellten
Sachverhalt oder willkürlicher, unhaltbarer (BGE 134 V 53 E. 4.3 S. 62; 131 I
153 E. 3 S. 157) Beweiswürdigung beruht (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit Art.
105 Abs. 2 BGG). Insbesondere ist davon auszugehen, dass im MEDAS-Gutachten vom
1. Juli 2011, auf welches das kantonale Gericht abgestellt hat, erwähnt worden
wäre, wenn aus neurologischer (und neuropsychologischer) Sicht die
Leistungsfähigkeit im Haushalt eingeschränkt wäre. In Bezug auf die zumutbare
Mithilfe des Ehemannes (Schadenminderungspflicht) sodann hat die Vorinstanz -
unwidersprochen - festgestellt, dieser habe flexible Arbeitszeiten, er könne
mittags zu Hause sein und er erledige namentlich alle schweren Arbeiten, auch
im Garten.

6.
Schliesslich bestreitet die Beschwerdeführerin, dass gemäss dem MEDAS-Gutachten
vom 1. Juli 2011 eine Arbeitsfähigkeit von 50 % bestehen soll (vorne E. 3).
Ihre Vorbringen sind indessen nicht stichhaltig. Vorab stellt sie nicht in
Abrede, dass sich ihr psychischer Gesundheitszustand im Vergleichszeitraum (26.
Januar 2004 bis 23. Februar 2012) erheblich verbessert hat. Ebenfalls
bestreitet sie nicht grundsätzlich, dass eine gewisse Adaption an das Leiden
stattgefunden hat. Soweit die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auch den
Angaben der Beschwerdeführerin gegenüber der Abklärungsperson Haushalt sowie
dem psychiatrischen Gutachter und der neurologischen Gutachterin der MEDAS
Bedeutung beigemessen hat, kann darin keine bundesrechtswidrige Beweiswürdigung
erblickt werden (vgl. Urteil 9C_953/2012 vom 5. April 2013 E. 3.1 in fine und
9C_769/2012 vom 2. November 2012 E. 1). Dies gilt auch insofern, als die
Vorinstanz - in Auseinandersetzung mit den neuropsychologischen Befunden - die
Beurteilung dieser beiden Experten als schlüssig erachtet hat. Die
diesbezügliche Kritik in der Beschwerde ist weitgehend appellatorischer Natur
und somit nicht zu hören (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).
Weiter ist auch die Kritik an dem von der Vorinstanz auf der Grundlage der
Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2010 des Bundesamtes für Statistik
ermittelten Invalideneinkommen (vgl. BGE 124 V 321) unbegründet. Die Vorbringen
betreffend einen - nicht vorgenommenen - Tabellenlohnabzug (BGE 126 V 75)
setzen sich mit den diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid nicht
auseinander, weshalb darauf nicht einzugehen ist (Urteil 4A_22/2008 vom 10.
April 2008 E. 1 mit Hinweisen). Soweit sich die Vorinstanz zu einzelnen
Kriterien nicht ausdrücklich geäussert hat, besteht auch bei freier Prüfung
kein Grund für einen Abzug. Dies betrifft insbesondere das Alter (vgl. dazu SVR
2000 IV Nr. 13 S. 37, I 377/98 E. 4c; ferner etwa SVR 2009 IV Nr. 27 S. 75,
9C_93/2008 E. 7.3 und 2003 IV Nr. 35 S. 107, I 462/02 E. 2.3 sowie Urteil des
Eidg. Versicherungsgerichts I 401/01 vom 4. April 2002 E. 4b). Rein
appellatorischer Natur sind auch die Vorbringen in der Beschwerde betreffend
die lange Abwesenheit der Versicherten vom Arbeitsmarkt sowie die Frage der
Selbsteingliederung (vgl. dazu Urteil 9C_848/2012 vom 14. Februar 2013 E. 5.1
und dortige Hinweise).
Ob allfällige Wechselwirkungen (verminderte Leistungsfähigkeit im erwerblichen
Bereich oder im Aufgabenbereich Haushalt infolge der Beanspruchung im jeweils
anderen Tätigkeitsfeld bestehen und bei der Invaliditätsbemessung zu
berücksichtigen sind (grundlegend BGE 134 V 9), kann nicht beurteilt werden,
solange die Statusfrage offen ist.

7.
Zusammenfassend kann der vorinstanzliche Entscheid bezüglich der Statusfrage
nicht bestätigt werden. Diesbezüglich sind ergänzende Abklärungen durch die
Beschwerdegegnerin erforderlich (vorne E. 4.3). Diese wird auch die Frage
allfälliger Wechselwirkungen zu prüfen haben. Im Übrigen ist die Beschwerde
unbegründet.

8.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten den Parteien je
zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat der
Beschwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG). Da die beigeladene Vorsorgeeinrichtung in ihrer
Vernehmlassung materiell gegen den Status der Versicherten als
Vollerwerbstätige Stellung genommen hat, rechtfertigt es sich, ihr einen Teil
der Verfahrenskosten zu Lasten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 19. September 2012 und die
Verfügungen der IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 23. Februar 2012 werden
aufgehoben. Die Sache wird zu weiterer Abklärung im Sinne der Erwägungen und
anschliessend neuer Verfügung über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine
Rente der Invalidenversicherung ab 1. April 2012 an die Verwaltung
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden zur Hälfte (Fr. 250.-) der
Beschwerdeführerin und zu je einem Viertel (Fr. 125.-) der Beschwerdegegnerin
und der Beigeladenen auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin und die Beigeladene haben die Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren anteilsmässig (im Verhältnis 3:1) mit Fr. 1'400.-
zu entschädigen.

4.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hat die Gerichtskosten und die
Parteientschädigung für das vorangegangene Verfahren neu entsprechend dem
Ausgang des bundesgerichtlichen Prozesses festzusetzen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Personalversicherung Q.________, dem
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Mai 2013
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Fessler

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben