Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 82/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_82/2012

Urteil vom 21. März 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Borella, Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Verfahrensbeteiligte
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Burkhardt und/oder Rechtsanwältin
Valentina Demi,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 29. November 2011.

Sachverhalt:

A.
A.________, französischer Staatsangehöriger und wohnhaft in der Schweiz, ist
seit Januar 1999 bei der Ausgleichskasse des Kantons Zürich als selbstständig
Erwerbender erfasst. In den Jahren 2005 bis 2007 arbeitete er in Sofia,
Bulgarien, für die niederländische Firma X.________ mit Sitz in den
Niederlanden. Gestützt auf Meldungen des kantonalen Steueramtes vom 20.
September 2008 erliess die Ausgleichskasse des Kantons Zürich am 26. September
2008 drei Beitragsverfügungen für selbstständig Erwerbende sowie eine
Verzugszinsverfügung für die Jahre 2005 bis 2007. Mit Einsprache machte
A.________ geltend, er sei als Arbeitnehmer in Bulgarien tätig gewesen und
unterliege daher nicht der Beitragspflicht. Mit Einspracheentscheid vom 23.
April 2010 wies die Ausgleichskasse die Einsprache ab, hob indessen die
Beitragsverfügungen für selbstständig Erwerbende vom 26. September 2008 auf und
verfügte am 7. Mai 2010 für die Jahre 2005 bis 2007 eine Beitragspflicht als
Arbeitnehmer ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber samt Verzugszinsberechnung.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. November 2011 in dem Sinne gut, als es den
Einspracheentscheid vom 23. April 2010 aufhob mit der Feststellung, dass der
Beschwerdeführer für die Jahre 2005 bis 2007 in der Schweiz nicht
AHV-beitragspflichtig ist.

C.
Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der vorinstanzliche
Entscheid sei aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 23. April 2010 sei
wieder herzustellen.
Das kantonale Gericht verzichtet auf eine Stellungnahme. A.________ beantragt
die Abweisung, soweit darauf einzutreten ist, das Bundesamt für
Sozialversicherungen die Gutheissung der Beschwerde. Der Beschwerdegegner lässt
am 20. August 2012 eine weitere Eingabe einreichen.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von
Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (
BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht
nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert
begründet worden ist.

2.
2.1 Gemäss Art. 1a Abs. 1 lit. a AHVG sind natürliche Personen mit Wohnsitz in
der Schweiz in der AHV obligatorisch versichert. Gemäss Art. 4 AHVG werden die
Beiträge der erwerbstätigen Versicherten in Prozenten des Einkommens aus
unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit festgesetzt (Abs. 1).
Die Beiträge der Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber werden laut
Art. 6 Abs. 1 AHVG ebenfalls in Prozenten des massgebenden Lohnes festgesetzt.

2.2 Am 1. Juni 2002 ist das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft
und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR
0.142.112.681) in Kraft getreten. Nach Art. 1 Abs. 1 des auf der Grundlage des
Art. 8 FZA ausgearbeiteten und Bestandteil des Abkommens bildenden (Art. 15
FZA) Anhangs II ("Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit") FZA in
Verbindung mit Abschnitt A dieses Anhangs wenden die Vertragsparteien
untereinander insbesondere die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.
Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer
und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der
Gemeinschaft zu- und abwandern (kurz: VO Nr. 1408/71; SR 0.831.109.268.1), und
die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die
Durchführung der VO (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der
sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren
Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (kurz: VO
Nr. 574/72; SR 0.831.109.268.11), oder gleichwertige Vorschriften an. Die VO
Nr. 1408/71 gilt unter anderem auch für Rechtsvorschriften über Zweige der
sozialen Sicherheit, die Leistungen bei Alter und an Hinterbliebene betreffen
(Art. 4 Abs. 1 lit. c und d). Die entsprechenden Bestimmungen finden in der
Alters- und Hinterlassenenversicherung durch den Verweis in Art. 153a Abs. 1
lit. a AHVG Anwendung.

2.3 Titel II der Verordnung Nr. 1408/71 (Art. 13 bis 17a) enthält allgemeine
Kollisionsregeln zur Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften. Dabei
legt Art. 13 Abs. 1 den kollisionsrechtlichen Grundsatz der Einheitlichkeit der
anwendbaren Rechtsvorschriften nach den Regeln gemäss Art. 13 Abs. 2 bis Art.
17a in dem Sinne fest, dass für jede betroffene Person die Rechtsvorschriften
nur eines Mitgliedstaates massgebend sind (BGE 138 V 533 E. 3.1 S. 537 und 258
E. 4.2 S. 263 f. mit Hinweis). Ausnahmen vorbehalten, gilt für Arbeitnehmende
das Beschäftigungslandprinzip. Dies trifft auch dann zu, wenn sie im Gebiet
eines anderen Mitgliedstaates wohnen oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen,
das sie beschäftigt, den Wohn- oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen
Mitgliedstaates hat (Grundsatz der lex loci laboris; Art. 13 Abs. 2 lit. a der
Verordnung Nr. 1408/71; BGE 138 V 533 E. 3.1 S. 537 und 258 E.4.2 S. 263 f. mit
Hinweis). Eine Ausnahme ist unter anderem vorgesehen für eine Person, die in
mehreren Mitgliedstaaten abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist.
Handelt es sich hierbei um eine Person, die nicht als Mitglied des fahrenden
oder fliegenden Personals eines Unternehmens beschäftigt ist, unterliegt sie
den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet sie wohnt, wenn
sie ihre Tätigkeit zum Teil im Gebiet dieses Staates ausübt oder wenn sie für
mehrere Unternehmen oder mehrere Arbeitgeber tätig ist, die ihren Sitz oder
Wohnsitz im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten haben (Art. 14 Abs. 2 lit. b/
i). Sodann unterliegt sie den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dessen
Gebiet das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw. der sie beschäftigt,
seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie nicht im Gebiet eines Mitgliedstaates
wohnt, in denen sie ihre Tätigkeiten ausübt (Art. 14 Abs. 2 lit. b/ii).

3.
3.1 Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdegegner falle als französischer
Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz grundsätzlich in den persönlichen
Geltungsbereich des FZA sowie der Verordnungen, auf die das Abkommen verweist.
Am 1. Juni 2009 habe das FZA eine räumliche Ausdehnung zufolge des Beitritts
von Rumänien und Bulgarien erfahren. Die Tätigkeit des Beschwerdegegners übe
dieser für einen niederländischen Arbeitgeber in Bulgarien aus, das in der
fraglichen Zeitspanne 2005 bis 2007 (noch) kein Mitglied-, sondern ein
Drittstaat gewesen sei. Eine solche Konstellation sei vom Bundesgericht noch
nie entschieden worden; in BGE 134 V 428 habe es sich zwar ebenfalls um ein
räumliches Dreiecksverhältnis gehandelt, wobei es sich dort bei sämtlichen
Staaten um Mitgliedstaaten gehandelt habe. Eine vergleichbare Konstellation
habe indes der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) in der
Rechtssache C-60/93 Aldewereld entschieden. Dort sei ein Wanderarbeiter zwar
von einem Unternehmen aus der Gemeinschaft eingestellt worden, aber nicht auf
dem Gebiet der Gemeinschaft tätig gewesen. Der EuGH sei von einer Lücke in der
Verordnung 1408/71 ausgegangen, weil die Verordnung sich nicht auf einen
Wanderarbeiter beziehe, der zwar von einem Unternehmen aus der Gemeinschaft
eingestellt werde, aber nicht im Gebiet der Gemeinschaft tätig sei. In einer
solchen Situation seien der Wohnsitz des Arbeitnehmers oder der Ort, an dem der
Arbeitgeber ansässig sei, die einzigen möglichen Anknüpfungspunkte. Der EuGH
entschied sich als Anknüpfungspunkt für die Anwendung der Rechtsvorschriften
desjenigen Staates, in dem der Arbeitgeber ansässig sei. Übertragen auf den
vorliegenden Fall bedeute dies, so die Würdigung der Vorinstanz, dass der
Beschwerdegegner der schweizerischen Beitragspflicht nicht unterstellt sei.

3.2 Die Ausgleichskasse führte aus, der Beschwerdegegner habe als
unselbstständiger Arbeitnehmer der niederländischen Unternehmung in Bulgarien
gearbeitet; es liege keine Entsendung im Sinne des Freizügigkeitsabkommens vor,
denn Bulgarien sei zur strittigen Zeit nicht Mitgliedstaat gewesen. Der
Beschwerdegegner sei nicht der niederländischen Sozialversicherung unterstellt
gewesen; dies gehe aus den in der Einsprache ins Recht gelegten Lohnausweisen
hervor. Dort seien Zahlungen an die ARRCO ("association pour le régime de
retraite complémentaire des salariés") und AGIRC (Association générale des
institutions de retraite des cadres") ausgewiesen; das seien französische
Zusatzpflichtrentenversicherungen, welche die Grundrenten ergänzten.
Entsprechend sei für die Frage, welchem Sozialversicherungsrecht der
Beschwerdegegner unterstellt sei, einzig das Verhältnis zwischen der Schweiz
und Bulgarien massgeblich. Deshalb sei das FZA nicht anwendbar, und in der
Folge könne auch der als Parallelfall angerufene Fall Aldewereld des EuGH nicht
Grundlage für den vorliegenden Rechtsstreit sein. Der Beschwerdegegner habe nie
in den Niederlanden gearbeitet und sei auch nie der niederländischen
Sozialversicherung angeschlossen gewesen. Auch das am 1. Dezember 2007 in Kraft
getretene Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und Bulgarien sei
nicht anwendbar, da diesem nur schweizerische und bulgarische Bürger
unterstellt seien.

3.3 Das Bundesamt für Sozialversicherungen macht in seiner Stellungnahme wie
die Ausgleichskasse geltend, der Beschwerdegegner sei durch seine Tätigkeit für
die niederländische Unternehmung X.________ nicht der niederländischen
Sozialversicherung angeschlossen gewesen. Die Lohnabzüge würden von der
niederländischen Arbeitgeberin ausdrücklich in jährlichen Bestätigungen
ausgeführt, wobei es sich um eine freiwillige Versicherung Frankreichs handle.
Die niederländische Arbeitgeberin des Beschwerdegegners habe diejenigen
Beiträge übernommen, die der Beschwerdegegner selber in seinem Heimatland
Frankreich freiwillig hätte bezahlen können. Es liege somit keine unzumutbare
Doppelversicherung vor, weshalb sich eine Anlehnung an die EuGH-Entscheidung in
der Rechtssache Aldewereld verbiete. Dort habe zur Vermeidung einer
Doppelversicherung eine Entscheidung zugunsten der Rechtsvorschriften am Sitz
der Arbeitgeberin gefällt werden müssen, denn, so jener Entscheid, eine
doppelte Beitragspflicht würde einer Grundzielsetzung des Abkommens
entgegenstehen und sei daher zu vermeiden. Zwischen den Niederlanden und
Bulgarien würde im Übrigen kein Sozialversicherungsabkommen bestehen. Selbst
für den letzten Monat der strittigen Beitragsperiode (Dezember 2007), in dem
das Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und Bulgarien in Kraft
getreten sei, gelte keine andere Regelung, weil gemäss Art. 3 Ziff. 3 in
Verbindung mit Art. 6 des Abkommens das Erwerbsortsprinzip für
Drittstaatsangehörige nicht gelte.

3.4 Der Beschwerdegegner lässt ausführen, als französischer Staatsangehöriger
mit Wohnsitz in der Schweiz falle er in den Anwendungsbereich des FZA und der
Verordnung 1408/71, weshalb sich die hier anwendbaren Rechtsvorschriften nach
Art. 13 ff. der Verordnung 1408/71 richten würden. Die Tätigkeit in einem
Drittstaat sei von der Verordnung 1408/71 jedoch nicht abgedeckt. Eine solche
Konstellation entspreche der Rechtssache Aldewereld des EuGH (C-60/93). Indem
das kantonale Gericht sich auf diese Entscheidung berufen habe, habe es kein
Bundesrecht verletzt. Die Vorinstanz habe für das Bundesgericht verbindlich,
das heisst nicht offensichtlich unrichtig festgestellt, dass der
Beschwerdegegner aus dem Arbeitsverhältnis mit der niederländischen
Unternehmung X.________ - nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben - sein
Einkommen generiert habe. Im übrigen könne die Beschwerdeführerin mit der Rüge,
dass dem Beschwerdegegner keine Beiträge für die niederländische
Sozialversicherung abgezogen worden seien, nichts zu ihren Gunsten ableiten.

4.
4.1 Die Parteien und die Vorinstanz sind sich - gestützt auf den Entscheid
Aldewereld des EuGH (C-60/93) - darin einig, dass die Koordinationsbestimmungen
der VO 1408/71 des FZA die hier vorliegende Konstellation, in der zwar sowohl
der Wohnsitz des Arbeitnehmers als auch der Sitz der Arbeitgeberin in
unterschiedlichen Mitgliedstaaten (bzw. dem Vertragsstaat Schweiz) liegen, der
Erwerbsort hingegen in einem Drittstaat liegt, nicht regeln. In den
massgeblichen Jahren 2005 bis 2007 war Bulgarien, wie die Vorinstanz ebenfalls
zutreffend erwog, noch nicht Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums.
Dass bei fehlender Regelung in den Koordinationsbestimmungen die Rechtsprechung
des EuGH als Leitlinie konsultiert wird, ist ebenfalls nicht bestritten und
entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. u.a. BGE 134 V 428 E. 5
S. 433, E. 8 S. 437, Art. 16 Abs. 2 FZA). Einer näheren Prüfung bedarf daher
die Rechtsfrage, ob der EuGH-Entscheid in der Rechtssache Aldewereld, wie die
Vorinstanz erwog, vorliegend richtungweisende Grundlage sein könnte.

4.2 Strittig war in jenem Entscheid die Frage, ob R.L. Aldewereld (auch) in den
Niederlanden Sozialversicherungsbeiträge bezahlen müsse. Er war
niederländischer Staatsangehöriger, der im Zeitpunkt seiner Anstellung durch
ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in den Niederlanden wohnte. Dieses
deutsche Unternehmen schickte ihn nach Thailand zur Arbeit. Wegen dieser
Tätigkeit war R.L. Aldewereld der deutschen Sozialversicherung unterstellt, die
entsprechenden Beiträge wurden ihm von Lohn abgezogen (Ziff. 3 und 4 des
Urteils vom 29. Juni 1994, C-60/93, Slg. 1994 I-02991). Der Gerichtshof führte
aus, dass "bei Fehlen einer Bestimmung, die sich ausdrücklich auf den Fall
einer Person in der Situation des Herrn Aldewereld bezieht, eine solche Person
nach dem System der Verordnung den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats
unterliegt, in dem der Arbeitgeber ansässig ist" (E. 25 des Entscheids). Die
Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die die Verwirklichung der Freizügigkeit
der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft bezwecken, würden es verbieten "dass von
einem Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnt und im Rahmen
eines Arbeitsverhältnisses mit einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen
Unternehmen ausschliesslich ausserhalb des Gebiets der Mitgliedstaaten
Tätigkeiten ausübt, aufgrund deren er nach den sozialen Rechtsvorschriften
dieses anderen Mitgliedstaats beitragspflichtig ist, Beiträge nach den sozialen
Rechtsvorschriften seines Wohnstaats erhoben werden." Mit anderen Worten: R.L.
Aldewereld ist der deutschen Sozialversicherung unterstellt; eine zweite
Unterstellung an seinem Wohnort läuft dem Zweck der Abkommen - Freizügigkeit
der Arbeitnehmer - zuwider, weshalb ausschliesslich der Sitz der Arbeitgeberin
Anknüpfungspunkt ist.

4.3 Der Beschwerdegegner untersteht sowohl in persönlicher als auch in
sachlicher Hinsicht der VO Nr. 1408/71. Dessen Art. 13 Abs. 1 hält als
Grundsatz fest, dass die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats anwendbar
sind (BGE 138 V 533 E. 3.1 S. 537 und 258 E. 4.2 S. 263 f. mit Hinweis).
Ausgehend von diesem Grundsatz ist der zuständige Mitgliedstaat zu ermitteln.
Der in der Schweiz wohnhafte Beschwerdegegner war in den Jahren 2005 bis 2007
für einen Arbeitgeber in den Niederlanden in einem Drittstaat (Bulgarien)
erwerbstätig. Wohnsitz des Arbeitnehmers und Sitz des Arbeitgebers befinden
sich in einem Abkommensstaat, während die unselbstständige Erwerbstätigkeit in
einem Drittstaat ausgeübt wurde. Diese Konstellation ist mit dem in der
Rechtssache Aldewereld (C-60/93) beurteilten Sachverhalt identisch. Im Urteil
Aldewereld hatte der Versicherte in einem Mitgliedsstaat Wohnsitz (Niederlande)
und war für einen in einem andern Mitgliedsstaat ansässigen Arbeitgeber
(Deutschland) in einem Drittstaat (Thailand) erwerbstätig. Der EuGH knüpfte für
die Koordination entscheidend auf den Sitz des Arbeitgebers an. Entgegen der
Auffassung des Bundesamtes für Sozialversicherungen ist das Urteil Aldewereld
nicht nur auf den Tatbestand der Entsendung (vgl. auch Art. 14 Abs. 1 VO 1408/
71) anwendbar. Die dem EuGH vorgelegte Rechtsfrage war generell formuliert
(Ziff. 8) und wurde generell beantwortet (Ziff. 26 des Urteils vom 29. Juni
1994, C-60/93; vgl. auch Ziff. 11). Im vorliegenden Fall ist daher mit der
Vorinstanz auf das Urteil in der Rechtssache Aldewereld (C-60/93) abzustellen.
Der Sitz des Arbeitgebers in den Niederlanden ist als Anknüpfungspunkt
naheliegender als der Wohnsitz des Beschwerdegegners in der Schweiz, der mit
dem Arbeitsverhältnis, dem Arbeitsort und dem Sitz des Arbeitgebers in keinem
Zusammenhang steht (Steinmeyer, in: Fuchs [Hrsg.], Europäisches Sozialrecht, 4.
Aufl., S. 173 N. 2 am Ende). Aus diesem Grund ist die Koordination zugunsten
der Niederlande vorzunehmen, deren System der sozialen Sicherheit Anwendung
findet. Denn nach Art. 14 Abs. 2 lit. b/ii VO 1408/71 in Verbindung mit dem
Urteil Aldewereld unterliegt eine Person den Rechtsvorschriften des
Mitgliedstaats, in dessen Gebiet das Unternehmen oder der Arbeitgeber, das bzw.
der sie beschäftigt, seinen Sitz oder Wohnsitz hat, sofern sie nicht im Gebiet
eines der Mitgliedstaaten wohnt, in denen sie die Tätigkeit ausübt. Für
Schweizer Recht verbleibt unter diesen Umständen kein Raum, und zwar unabhängig
davon, ob und wie die Niederlande als zuständiger Staat das Einkommen aus
Bulgarien behandelt. Ob und inwieweit der Beschwerdegegner in den Niederlanden
tatsächlich der Beitragspflicht untersteht, ist ohne Belang. Denn selbst wenn
die Niederlande als zuständiger Staat von einer Beitragspflicht für das in
Bulgarien erzielte Einkommen absieht, kann sich die Schweiz nicht über die
kollisionsrechtliche Regelung hinwegsetzen und die Beitragspflicht für sich
beanspruchen. Die Verordnung dient dazu, die im konkreten Fall anwendbare
Sozialrechtsordnung zu finden (Fuchs [Hrsg.], Europäisches Sozialrecht, 4.
Aufl., S. 19 N. 58), sie bezweckt hingegen nicht, in jedem Fall eine
Unterstellung unter eine Beitragspflicht vorzunehmen.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. März 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer