Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 778/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_778/2012

Urteil vom 5. April 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Attinger.

Verfahrensbeteiligte
P.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Gehring,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse SAK, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Altersrente, Berechnung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III,
vom 17. August 2012.

Sachverhalt:

A.
Der am 30. Mai 1945 geborene P.________ verheiratete sich 1973 mit A.________,
welche im Jahre 1999 verstarb. Seit 2008 ist er in zweiter Ehe mit der 1974
geborenen E.________ verheiratet. Mit Verfügung vom 7. Mai 2010 und
Einspracheentscheid vom 1. September 2010 sprach ihm die Schweizerische
Ausgleichskasse mit Wirkung ab 1. Juni 2010 eine ordentliche Altersrente in der
Höhe von Fr. 1933.- pro Monat zu. Diese Rente beruht auf der Vollrentenskala 44
und einem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 56'088.-.

B.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 17. August 2012 ab.

C.
P.________ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Zusprechung
einer höheren Altersrente.

Erwägungen:

1.
Vorliegend ist streitig, ob dem Beschwerdeführer im Rahmen der
Altersrentenberechnung der sog. Verwitwetenzuschlag und die Übergangsgutschrift
für verwitwete Personen hätten gewährt werden müssen und ob ihm Ausgleichskasse
und Vorinstanz für die Kalenderjahre seiner ersten Ehe zu Recht bloss die
Hälfte der von ihm erzielten Erwerbseinkommen anrechneten.

2.
2.1 Laut dem am 1. Januar 1997 im Zuge der 10. AHV-Revision in Kraft getretenen
Art. 29quinquies Abs. 3 AHVG werden Einkommen, welche die Ehegatten während der
Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben, geteilt und je zur Hälfte den
beiden Ehegatten angerechnet; die Einkommensteilung wird vorgenommen, wenn
beide Ehegatten rentenberechtigt sind (lit. a), wenn eine verwitwete Person
Anspruch auf eine Altersrente hat (lit. b) oder bei Auflösung der Ehe durch
Scheidung (lit. c).

Neben der Anrechnung von Erziehungs- und Betreuungsgutschriften (neue Art.
29sexies und 29septies AHVG) stellte insbesondere der Übergang vom
Ehepaarrenten- zum zivilstandsunabhängigen Individualrentenkonzept (ersatzlose
Aufhebung von altArt. 22 AHVG) einen Schwerpunkt der 10. AHV-Revision dar. Den
Kern dieses neuen Rentenberechnungssystems markierte das Einkommenssplitting
gemäss Art. 29quinquies Abs. 3-5 AHVG. Nach dessen Grundgedanken - wie er im
ersten Satz von Abs. 3 der genannten Bestimmung zum Ausdruck kommt - sollen die
während der Ehe erzielten beitragspflichtigen Einkommen hälftig geteilt und den
beiden Ehegatten gegenseitig im individuellen Konto gutgeschrieben werden. Wie
sich sodann aus den lit. a-c dieser Vorschrift ergibt, ist die
Einkommensteilung sowohl bei weiter bestehender als auch bei (durch Tod oder
Scheidung) aufgelöster Ehe vorzunehmen. Unter Berücksichtigung dieser
Prinzipien kann der - dem Zufall unterworfene - Zivilstand einer (früher)
verwitweten Person im Zeitpunkt des Altersrentenfalles keine Rolle spielen. Nur
diese Auslegung der lit. b von Art. 29quinquies Abs. 3 AHVG entspricht der
Regelungsabsicht des Gesetzgebers, wie sie durch die zugehörigen Materialien
dokumentiert wird (BGE 126 V 57 E. 4 S. 59 f. mit Hinweis auf AB 1993 N 254 f.,
1994 S 549, 559 und 597 sowie N 1355; vgl. auch Ueli Kieser, Alters- und
Hinterlassenenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl.
2007, S. 1323 Rz. 367; derselbe, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in:
Murer/Stauffer [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum
Sozialversicherungsrecht, 3. Aufl. 2012, S. 260).

2.2 Verwitwete Bezügerinnen und Bezüger von Altersrenten haben Anspruch auf
einen Zuschlag von 20 % zu ihrer Rente; Rente und Zuschlag dürfen den
Höchstbetrag der Altersrente nicht übersteigen (Art. 35bis AHVG). Nach dem
Rechtssinn dieser Bestimmung, wie er sich ebenfalls eindeutig aus der
Regelungsabsicht des Gesetzgebers ableiten lässt, setzt der sog.
Verwitwetenzuschlag den entsprechenden aktuellen Zivilstand der
rentenberechtigten Person voraus, weshalb er früher verwitweten, nunmehr erneut
verheirateten Altersrentenbezügerinnen und -bezügern nicht gewährt werden kann
(BGE 128 V 5 E. 3b S. 8; 126 V 57 E. 6 S. 60 mit Hinweis auf AB 1994 S 552 f.,
562 und 606 sowie N 1357 ff.; vgl. auch Ueli Kieser, a.a.O., S. 282). Dieselben
Überlegungen gelten auch mit Bezug auf die Übergangsgutschrift, wie sie gemäss
lit. c Abs. 2 der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision u.a. bei der
Berechnung der Altersrente von verwitweten Personen unter bestimmten
Voraussetzungen berücksichtigt wird. Die Übergangsgutschrift wird ebenfalls nur
Verwitweten im eigentlichen Sinne dieses Zivilstandes gewährt (d.h.
Rentenberechtigten, deren Ehe durch Tod aufgelöst wurde und die sich bis zum
Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr verheiratet haben; Urteil H 123/01 des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 5. April 2002 E. 2b).

3.
3.1 Weil der früher verwitwete Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Entstehung des
Anspruchs auf Altersrente bereits wieder verheiratet war, haben Ausgleichskasse
und Vorinstanz die während der ersten Ehe erzielten Einkommen hälftig geteilt
und beiden Ehegatten gegenseitig angerechnet, hingegen weder den 20%igen
Verwitwetenzuschlag gewährt noch die Übergangsgutschrift für verwitwete
Personen berücksichtigt. Diese Rentenberechnung entspricht der hievor
dargelegten (E. 2.1 und 2.2), seit Inkrafttreten der 10. AHV-Revision am 1.
Januar 1997 ständig geübten Gerichts- und Verwaltungspaxis. Für eine Änderung
der Rechtsprechung besteht kein Anlass, zumal sich eine solche grundsätzlich
nur begründen liesse, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis,
veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspräche
(BGE 138 II 162 E. 2.3 S. 166; 138 III 270 E. 2.2.2 S. 273; 359 E. 6.1 S. 361;
137 III 352 E. 4.6 S. 360; 137 V 133 E. 6.1 S. 137; 210 E. 3.4.2 S. 252; 282 E.
4.2 S. 291; 314 E. 2.2 Ingress S. 316). Die in der Beschwerdeschrift
schlagwortartig erhobenen Einwendungen, wonach die bisherige Rechtsprechung die
"Einheit des Zivilstandes" und die Rechtsgleichheit verletze, zu einer
"Diskriminierung der wiederverheirateten Personen" führe und in willkürlicher
Weise bewirke, dass der Beschwerdeführer "für seine Wiederverheiratung
abgestraft" werde, sind jedenfalls nicht geeignet, eine bessere Erkenntnis des
Gesetzeszwecks zu vermitteln. Dasselbe gilt für die nicht näher begründeten
Ausführungen, die bundesgerichtliche Interpretation von Art. 35bis AHVG
widerspreche "dem Gesetzeszweck der Förderung der Ehe sowie dem
verfassungsmässigen Recht auf Abschluss der Ehe und dem Willkürverbot".

3.2 Gerade unter dem Blickwinkel der Rechtsgleichheit ist es im Rahmen des
seinerzeit neu eingeführten Individualrentenkonzepts geboten, grundsätzlich
sämtliche während der Kalenderjahre einer Ehe erzielten beitragspflichtigen
Einkommen (sei es bei verheirateten, verwitweten oder geschiedenen
Versicherten) spätestens mit Eintritt des zweiten Versicherungsfalls dem
Splitting zu unterwerfen (Art. 29quinquies Abs. 3 lit. a-c AHVG). Dies scheint
der Beschwerdeführer zu verkennen, wenn er geltend macht, dass "die Regeln für
verheiratete Versicherte zur Anwendung kommen müssten und die Beiträge nicht zu
splitten wären". Er blendet auch aus, dass sich die Teilung und gegenseitige
hälftige Anrechnung der während der Ehejahre erzielten Einkommen für verwitwete
Personen (je nach Höhe der vom andern Ehegatten zugesplitteten Beträge)
durchaus auch günstig (oder ausgeglichen) auswirken kann. Der letztinstanzlich
erhobene Vorwurf, Verwaltung und kantonales Gericht hätten bei der Berechnung
seiner Altersrente eine "Gesamtschau sämtlicher Aspekte" vermissen lassen und
den "systematischen Zusammenhang zwischen den in Frage kommenden
Gesetzesbestimmungen" vernachlässigt, fällt auf den Beschwerdeführer zurück.
Indem er nämlich bemängelt, dass er als früherer Witwer und nunmehr wieder
Verheirateter "die Nachteile des Splittings in Kauf nehmen" müsse, ohne "von
den vom Gesetzgeber vorgesehenen Kompensationsmechanismen" profitieren zu
können (gemeint sind Verwitwetenzuschlag und Übergangsgutschrift für verwitwete
Personen), übersieht er, dass er nach den rein schematischen Grundsätzen des
geltenden Rentenberechnungssystems gar keiner Kompensation ("für die
splittingbedingte Schlechterstellung von [ehemals] verwitweten Versicherten")
bedarf: Als (wiederum) verheirateter Rentenbezüger profitiert er im Rahmen der
ehelichen Gemeinschaft entweder vom Erwerbseinkommen seiner Ehefrau (solange
sie das Rentenalter noch nicht erreicht hat) oder aber von deren (ebenfalls
individuell ermittelten) Altersrente. Schliesslich lässt der Umstand, dass der
Beschwerdeführer den Grossteil seiner rentenbildenden Beiträge im Rahmen der
freiwilligen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung geleistet hat
und deshalb nicht in den Genuss gleichzeitiger paritätischer
Arbeitgeberbeiträge gelangte, die von Ausgleichskasse und Vorinstanz in
Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung vorgenommene Auslegung der
streitigen Gesetzesbestimmungen keineswegs "als besonders stossend" erscheinen
(wie in der Beschwerdeschrift geltend gemacht wird). In derselben Situation
befinden sich nämlich auch Selbständigerwerbende (Art. 8 f. AHVG) und
Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber (Art. 6 AHVG), welche ihrer
Beitragspflicht im Rahmen der obligatorischen Versicherung nachkommen.

4.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. April 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Attinger