Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 736/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_736/2012

Urteil vom 20. September 2013

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Helfenstein.

Verfahrensbeteiligte
P.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana, Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 28. Juni 2012.

Sachverhalt:

A. 
Am 24. Oktober 2003 meldete sich die 1994 geborene P.________ zum Bezug von
IV-Leistungen vor dem 20. Altersjahr an. Die IV-Stelle übernahm mit Verfügung
vom 6. April 2004 Sonderschulmassnahmen (Sprachheilbehandlung gemäss
Therapieplan der Abklärungsstelle für Geburtsgebrechen, 1 - 3 Lektionen pro
Woche vom 1. März 2003 bis 28. Februar 2005). Die Schul-Oberstufe absolvierte
sie in einer Privatschule, welche zum überwiegenden Teil von der Stadt
X.________ finanziert wurde.

Am 3. Dezember 2009 ersuchte P.________ um Kostenübernahme für die Ausbildung
zur Kosmetikerin an der Berufsfachschule Y.________. Die IV-Stelle des Kantons
Zürich holte einen Schulbericht der Schule vom 12. Januar 2010, Akten des
schulpsychologischen Dienstes sowie einen Arztbericht der Frau Dr. med.
D.________ vom 21. Mai 2010 ein und veranlasste ein Gutachten des Dr. med.
L.________, Facharzt FMH für Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom 27. September
2010. Mit Vorbescheid vom 2. November 2010 stellte die IV-Stelle die Ablehnung
des Anspruchs auf berufliche Massnahmen (Kostenübernahme der erstmaligen
Ausbildung zur Kosmetikerin an der Berufsfachschule Y.________) in Aussicht,
weil gemäss den medizinischen und ihren Einschätzungen das Ausbildungsniveau
EFZ (Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis) zu anspruchsvoll sei. Sie hätten ihr
angeboten, Alternativen zu suchen, was sie abgelehnt habe. Auf den Einwand von
P.________ hin hielt die IV-Stelle mit Verfügung vom 24. Januar 2011 an der
Ablehnung des Leistungsbegehrens fest.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag, unter Aufhebung der Verfügung
vom 24. Januar 2011 sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr die Ausbildung zur
Kosmetikerin bei der Berufsfachschule Y.________ zu übernehmen und während der
Ausbildung ein Taggeld auszurichten, wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Juni 2012 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt P.________
beantragen, die IV-Stelle sei zu verpflichten, die Kosten für die
Erstausbildung zur Kosmetikerin zu übernehmen. Eventualiter sei sie zu
verpflichten, die Eignung der Berufsfachschule Y.________ für die
Erstausbildung nochmals zu prüfen und die Schulkosten zu übernehmen.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) und die IV-Stelle verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von
Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (
BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht
nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert
begründet worden ist. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es
kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550;
130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde
(Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen,
sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II
249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Dem kantonalen Gericht steht im Bereich der Beweiswürdigung ein
erheblicher Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das
Bundesgericht greift auf Beschwerde hin ein, wenn die Vorinstanz offensichtlich
unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich
ausser Acht lässt (zum Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5). Inwiefern
das kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der
Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261; zum
Ganzen: erwähntes Urteil 9C_592/2012 E. 1.2.3).

2. 

2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Versicherte Anspruch auf berufliche
Massnahmen im Rahmen der Übernahme der Kosten für die Ausbildung zur
Kosmetikerin an der Berufsfachschule Y.________ hat.

2.2. Die hiefür massgebenden Rechtsgrundlagen, namentlich die gesetzlichen
Bestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Begriff
der Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und
der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) werden im angefochtenen Entscheid
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu wiederholen ist Art. 16 Abs. 1
IVG, wonach Versicherte, die noch nicht erwerbstätig waren und denen infolge
Invalidität bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung in wesentlichem Umfange
zusätzliche Kosten entstehen, Anspruch auf Ersatz dieser Kosten haben, sofern
die Ausbildung den Fähigkeiten des Versicherten entspricht.

3. 
Die Beschwerdeführerin rügt, der angefochtene Entscheid beruhe auf einem
offensichtlich unrichtig festgestellten Sachverhalt (Art. 97 Abs. 1 BGG) und
auf einer willkürlichen Beweiswürdigung, weil die Vorinstanz das Gutachten des
Kinder- und Jugendpsychiaters Dr. med. L.________ vom 27. September 2010 nur
auszugsweise und zudem inhaltlich nicht korrekt zitiert / wiedergegeben habe
und dessen Würdigung willkürlich sei.

3.1. Die IV-Stelle hatte ihre abweisende Verfügung damit begründet, dass gemäss
den medizinischen und ihren Einschätzungen das Ausbildungsniveau EFZ zu
anspruchsvoll sei. Sie hätten der Versicherten angeboten, Alternativen zu
suchen, was sie abgelehnt habe. Gemäss den medizinischen Einschätzungen bestehe
eine ausgeprägte auditive Merk- und Differenzierungsstörung. Die Prognose für
eine Eingliederung in den Arbeitsprozess sei gut, falls die Versicherte eine
einfache Lehre bestehen könne. Gemäss Ausbildungsvoraussetzungen (einsehbar
unter www.berufsberatung.ch) sei die Ausbildung zur Kosmetikerin eine
anspruchsvolle Lehre mit einer hohen Anforderung an Auffassung,
Fremdsprachenkenntnisse usw. Die Rückmeldungen der Ausbildungsbetriebe, bei
denen die Versicherte sich beworben habe, bestätigten, dass ihr Schulniveau für
die gewünschte Aufbildung zu tief sei. Der daraus entstehende Druck wirke sich
zusätzlich negativ aus, was aus medizinischer Sicht unbedingt verhindert werden
sollte. Bei angepasstem Ausbildungsniveau könne gemäss medizinischer und
berufsberaterischer Einschätzung aber davon ausgegangen werden, dass die
Versicherte keinen speziell beschützenden Rahmen benötige und die Ausbildung
bestehen könne. Die Kosten würden nicht übernommen, da das Ausbildungsniveau
"nicht stimmig" sei.

3.2. Die Vorinstanz schützte den Standpunkt der IV-Stelle mit der Begründung,
der Gutachter Dr. med. L.________ habe in seinem Bericht vom 27. September 2010
eine einfache Aufmerksamkeitsstörung ohne soziale Auffälligkeiten (ICD-10
F90.0), eine niedrige Intelligenz mit sehr dissoziierten Intelligenzbereichen
und eine Anpassungsstörung mit hauptsächlichen Sorgen und Ängsten (ICD-10-
F43.23) diagnostiziert und sei zum Schluss gekommen, es sei fraglich, ob die
Beschwerdeführerin auf Grund ihrer eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten den
hohen schulischen Anforderungen der von ihr besuchten Berufsfachschule
gewachsen sei, da sie deutlich längere Zeit benötige, um den Stoff zu
bewältigen. Auf das Gutachten könne abgestellt werden, da es auf sorgfältigen
und umfassenden Untersuchungen samt testpsychologischen Abklärungen beruhe, die
geklagten Beschwerden berücksichtige, in Kenntnis der relevanten Vorakten
abgegeben worden sei und in seinen Beurteilungen nachvollzogen werden könne.
Demgegenüber könne die Einschätzung der Hausärztin und Psychotherapeutin,
wonach die Beschwerdeführerin wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung auf
den Besuch einer privaten Berufsfachschule angewiesen sei, nicht nachvollzogen
werden. Dass die Versicherte nach absolviertem erstem Semester durch die
Ausbildungsstätte als genügend und für den Beruf der Kosmetikerin geeignet
qualifiziert worden sei, verfange nicht, da doch dann das Vorliegen eines die
Erwerbsfähigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsschadens in Frage gestellt
würde.

3.3. Sowohl das Verfahren vor dem Versicherungsträger wie auch der kantonale
Sozialversicherungsprozess werden vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art.
43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; vgl. auch BGE 138 V 218 E. 6 S. 221). Danach
haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsgericht unter Mitwirkung der
Versicherten resp. der Parteien den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes
wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die
für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen
hinreichende Klarheit besteht (vgl. SVR 2013 UV Nr. 9 S. 29, 8C_592/2012 E. 5.1
f. mit Hinweisen).

3.4. Die Vorinstanz hat aus dem achtseitigen Bericht des Kinder- und
Jugendpsychiaters Dr. med. L.________ vom 27. September 2010, der die
verschiedenen Fragen der IV-Stelle ausführlich beantwortet und auch die
einzelnen Testungen differenziert wiedergegeben hat, lediglich einen Satz
zitiert, wonach es fraglich sei, ob die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer
eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten den hohen schulischen Anforderungen der
von ihr besuchten Berufsfachschule gewachsen sei, da sie deutlich längere Zeit
benötige, um den Stoff zu bewältigen. Bei der Würdigung von Arztberichten und
Gutachten ist das kantonale Gericht zwar nicht gehalten, in seinem Entscheid
alles lückenlos wiederzugeben. Seine Aufgabe ist jedoch, den Sachverhalt
insoweit vollständig darzustellen, dass alle entscheidwesentlichen Elemente
berücksichtigt werden. Daran mangelt es dem vorinstanzlichen Entscheid: Der
erwähnte einzig zitierte Satz wird unvollständig wiedergegeben, da es im
Gutachten heisst, es sei fraglich, ob die Beschwerdeführerin  ohne externe
Unterstützung auf Grund ihrer eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten den hohen
schulischen Anforderungen der von ihr besuchten Berufsfachschule gewachsen sei.
Diese knappe und in diesem Sinne unrichtige Feststellung der Vorinstanz wird
der ausführlichen Beurteilung durch den Gutachter nicht gerecht. Es geht daraus
weder hervor, dass sich der Gutachter einlässlich mit den Fähigkeiten der
Versicherten befasst hat, noch ist ansatzweise ersichtlich, welche Fragen die
IV-Stelle zur Beurteilung des Anspruchs gestellt und der Gutachter dann
beantwortet hat. Zudem lässt sich anhand des fraglichen Kurz-Zitats aus dem
Gutachten eine differenzierte Würdigung durch das Gericht weder nachvollziehen
noch erkennen, abgesehen davon, dass es zur Ablehnung eines Anspruchs mit Blick
auf das im Sozialversicherungsprozess erforderliche Beweismass der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125; Urteil 9C_752/
2008 vom 9. April 2009 E. 2.3.1 und 2.3.2) nicht genügt, wenn eine
Voraussetzung lediglich "fraglich" ist. Damit ist das Bundesgericht an die
Feststellungen des kantonalen Gerichts nicht gebunden (Art. 105 Abs. 2 BGG).

3.5. Der Gutachter führte aus, ob die bisherige Tätigkeit aus medizinischer
Sicht noch zumutbar sei, sei nicht eine Frage des zeitlichen Rahmens, sondern
ob die Versicherte genügend Unterstützung erhalte und der Belastung gewachsen
sei. Auf die Frage nach dem Bestehen einer verminderten Leistungsfähigkeit
erläuterte er, dass im kognitiven Bereich auf Grund der niedrigen Intelligenz
und der Konzentrationsschwierigkeiten von einer verminderten Leistungsfähigkeit
im schulischen Bereich auszugehen ist. Die Frage, in welchem Umfang (Stunden
pro Tag) und seit wann eine behinderungsangepasste Tätigkeit mit welchem
Belastungsprofil möglich sei, beantwortete der Gutachter damit, dass die
Versicherte keine behinderungsangepasste Tätigkeit brauche, sondern externe
Unterstützung, damit sie ins Arbeitsleben integriert werden könne. Zu möglichen
Eingliederungsmassnahmen führte er aus, auf Grund der Schwierigkeiten, die als
genuin zu betrachten seien und sich wenig verändert hätten, werde sich die Lage
der Versicherten wenig verändern. Psychotherapie und pharmakotherapeutische
Behandlung seien aber unumgänglich zur Stabilisierung der Patientin. Zum Grad
der Arbeitsfähigkeit im bisherigen Arbeitsverhältnis hielt er fest, die
Versicherte befinde sich in Ausbildung und sei nicht arbeitstätig. Die
Ausbildungsstätte sei eine private Kosmetikerinnen-Schule mit hohem Niveau. Die
Beschwerdeführerin zeige deutlich Symptome einer Anpassungsstörung mit sich
zunehmend verstärkendem Inhalt (Anspannung, übermässiges Sorgen, erhebliche
Selbstzweifel und Selbstunsicherheit). Auf Grund der hauptsächlichen
Schwierigkeiten in der verbalen Intelligenz und der Konzentrationsfähigkeit
brauche sie einen enormen Aufwand, um den Stoff bewältigen zu können. Zum Grad
der Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit gab der Gutachter an, es
erscheine fraglich, ob die Versicherte ohne externe Unterstützung der
schulischen Anforderung gewachsen sei. Sie brauchte deutlich länger Zeit, den
schulischen Stoff zu bewältigen (Lernbehinderung) und habe zusätzlich mit
grossem Einsatz und Unterstützung der Familie dies erreicht. Dies erhöhe aber
zunehmend die psychische Anspannung und belaste die ganze Familie erheblich.
Die Versicherte brauche neben Therapien intensive, externe Unterstützung
(Vermitteln von Lerntechniken). Zudem müsse mit einem kürzeren Arbeitstag
gerechnet werden. Die Schwierigkeiten der Versicherten seien genuin: Nur in
privaten Schulinstitutionen in kleinen Gruppen (Oberstufe, aktuell private
Kosmetikerinnenschule) könne die Versicherte integriert bleiben. Sie habe eine
enorme Arbeitsmotivation für die Lehre als Kosmetikerin, komme aber deutlich an
ihre Grenzen (verbale Intelligenz, Konzentrationsleistung und
Anpassungsleistung). Die schulischen Fertigkeiten könnten durch Psychotherapie
und Pharmakotherapie zwar stabilisiert werden, aber verbesserten die Situation
wohl nicht wesentlich. Ein Versuch mit Ritalin stehe noch aus. Berufliche
Massnahmen im Sinne von intensiver externer Unterstützung seien unumgänglich.
Jedoch könne auch dadurch nicht garantiert werden, ob die Versicherte die
Anforderungen einer Schule oder Lehre im öffentlichen Leben / in der freien
Wirtschaft meistern könne. Falls die Ausbildung gelinge, müsse sie am
Arbeitsplatz entlastet werden. Wie viele prozentuale Einbussen sie dann haben
werde, müsse man zu einem späteren Zeitpunkt nochmals eruieren (Eintritt ins
Berufsleben).
Schliesslich führte der Gutachter zur Frage des Bestehens eines sich auf die
Ausbildungs- und Arbeitsfähigkeit auswirkenden Gesundheitsschadens aus, bei der
Versicherten bestehe eine genuine Störung der Aufmerksamkeit / Konzentration
und eine Beeinträchtigung der Intelligenz in Teilbereichen. Dies führe zu einem
Gesundheitsschaden, der ihre zukünftige Arbeitsfähigkeit vermutlich
einschränken werde. Nach ihrer Ausbildung (erst vor kurzem begonnen) werde sich
zeigen, wie viel Prozent und in welchem Umfang die Versicherte in ihrem Beruf
leisten könne. Es sei auch unklar, ob die Ausbildungsfähigkeit genug gross sei,
um die aktuelle Ausbildung zu meistern. Auf Grund der Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsstörung werde die Versicherte Mühe haben, die Schule als
Kosmetikerin bewältigen zu können. Auch auf Grund der Lernschwierigkeiten
(Kognition) werde sie Schwierigkeiten haben im Verstehen und Umsetzen ihrer
Tätigkeit. Dies führe dazu, dass sie mehr Anleitung und Hilfe brauchen werde,
sowie auch einen kürzeren Arbeitstag. Die Ausbildung werde vorerst nicht in
einem geschützten Rahmen notwendig sein, die Versicherte werde aber eher
reduziert und ihren Anforderungen entsprechend arbeiten können. Die Versicherte
wirke sehr motiviert für die Ausbildung als Kosmetikerin. Sie habe soziale und
emotionale Fähigkeiten, die sie in ihrem Beruf einsetzen könne. Zudem sei sie
sozial gut integriert, unauffällig und könne sich adaptieren.

3.6. Der Gutachter spricht sich zwar nicht ausdrücklich für oder gegen die
Ausbildung zur Kosmetikerin an der Berufsfachschule Y.________ aus. Aus seinen
Ausführungen wird aber deutlich, dass die Versicherte mit den hohen
Anforderungen ihrer Ausbildung in einer Überforderungssituation steht, welche
sie bisher nur mit intensiver externer Unterstützung bewältigen konnte, aber
immer mehr an ihre Grenzen stösst, was ihrem Gesundheitszustand nicht
förderlich ist.

Damit entspricht die gewählte Ausbildung mit anerkanntem Lehrabschluss an der
Kosmetik-Fachschule nicht den Fähigkeiten der Versicherten, da sich diese in
einer dauernden Überforderungssituation befindet, welche nur durch zusätzliche
externe Unterstützung aufgefangen werden kann. Eine Anlehre (neu: EBA -
2-jährige berufliche Grundausbildung mit Berufsattest) hingegen, welche die
IV-Stelle als alternative Ausbildung vorgeschlagen hatte, ist mehr
praxisorientiert und auf eher praktisch begabte Schüler ausgerichtet, dauert
mit 2 Jahren weniger lange und erfordert weniger Schulstunden, was auf die
Fähigkeiten der Beschwerdeführerin besser zugeschnitten ist. Zudem wird mit
einer Anlehre dem zu beachtenden Grundsatz der Einfachheit und Zweckmässigkeit
Rechnung getragen. Schliesslich verfügt die Berufsfachschule Y.________ zu
entnehmen ist, über eine Klassengrösse von maximal 16 Personen, was ebenfalls
nicht auf die Bedürfnisse der Versicherten zugeschnitten ist. Im Ergebnis ist
der vorinstanzliche Entscheid deshalb zu bestätigen. Die Beschwerde ist
unbegründet.

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann entsprochen werden (Art.
64 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird jedoch ausdrücklich auf Art. 64
Abs. 4 BGG hingewiesen, wonach sie der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat,
wenn sie später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird der
Beschwerdeführerin Rechtsanwalt Ronald Pedergnana als Rechtsbeistand
beigegeben.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Rechtsanwalt Ronald Pedergnana wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung
von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. September 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Die Gerichtsschreiberin: Helfenstein

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