Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 695/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
9C_695/2012, 9C_729/2012

Urteil vom 19. Juni 2013

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Verfahrensbeteiligte
9C_695/2012
S.________,
vertreten durch Advokat Marcel Muff,
Beschwerdeführer,

gegen

BVG-Sammelstiftung Swiss Life,
General Guisan-Quai 40, 8002 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

Pensionskasse X.________,
vertreten durch Advokat Dr. Robert Sigl,
Sammelstiftung Vita,
c/o Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft AG,
Austrasse 46, 8045 Zürich,
Stiftung Abendrot,
Pensionskasse, Güterstrasse 133, 4053 Basel,
vertreten durch Advokatin Simone Emmel, 

und

9C_729/2012
Pensionskasse X.________,
vertreten durch Advokat Dr. Robert Sigl,
Beschwerdeführerin,

gegen

1.       S.________,
       vertreten durch Advokat Marcel Muff,
2.       B  VG-Sammelstiftung Swiss Life,
       General Guisan-Quai 40, 8002 Zürich,
Beschwerdegegner,

Sammelstiftung Vita,
c/o Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft AG,
Austrasse 46, 8045 Zürich,
Stiftung Abendrot,
Pensionskasse, Güterstrasse 133, 4053 Basel,
vertreten durch Advokatin Simone Emmel.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerden gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 10. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene S.________ war vom 1. Oktober 1999 bis 30. April 2004 bei der
A.________ AG angestellt. Dabei war er bei der damaligen Fondation collective
LPP Vaudoise Assurance (seit 9. Januar 2009: BVG-Sammelstiftung Swiss Life)
berufsvorsorgeversichert. Vom 1. Mai bis 10. September 2004 arbeitete er bei
der Firma B.________ AG. Er war bei der Pensionskasse X.________
berufsvorsorgeversichert. Vom 13. September 2004 bis 30. November 2005 war
S.________ bei der C.________ & Co. AG angestellt und in dieser Eigenschaft
berufsvorsorgeversichert. Die Arbeitgeberin hatte sich zur Durchführung der
beruflichen Vorsorge bis 31. Dezember 2004 der Sammelstiftung Vita und ab 1.
Januar 2005 der Stiftung Abendrot angeschlossen.
Im Juli 2006 meldete sich S.________ bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach Abklärung der gesundheitlichen und erwerblichen
Verhältnisse teilte die IV-Stelle Basel-Landschaft S.________ vorbescheidweise
am 14. Juli 2008 mit, dass er gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 94 % mit
Wirkung ab 1. November 2006 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente habe. Sowohl
S.________ als auch die Stiftung Abendrot (welcher als einziger
Vorsorgeeinrichtung der Vorbescheid ebenfalls zugestellt worden war) erhoben
Einwendungen. Nach weiteren medizinischen Abklärungen setzte die IV-Stelle den
Beginn der massgebenden Arbeitsunfähigkeit (bei unverändertem Invaliditätsgrad)
auf den 1. März 2004 und den Rentenbeginn zufolge verspäteter Anmeldung (am 17.
Juli 2006) auf den 1. Juli 2005 fest. Mit Wirkung ab 1. Juli 2005 sprach sie
S.________ eine ganze Invalidenrente zu (Verfügungen vom 16. Juni und 27. Juli
2009). Diese Verfügungen erwuchsen in Rechtskraft.

B.
S.________ liess Klage gegen die BVG-Sammelstiftung Swiss Life einreichen mit
dem Rechtsbegehren, diese (Ziffer 1) - eventualiter die Pensionskasse
X.________ (Ziffer 2), subeventualiter die Sammelstiftung Vita (Ziffer 3),
subsubeventualiter die Stiftung Abendrot (Ziffer 4) - sei zu verurteilen, ihm
mit Wirkung ab 1. Juli 2005 eine ganze Invalidenrente auf der Basis eines
Invaliditätsgrades von 94 %, zuzüglich Verzugszins zu 5 % auf jede fällig
gewordene Rente ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit auszurichten. In
verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte er die Beiladung der Pensionskasse
X.________, der Sammelstiftung Vita und der Stiftung Abendrot.
Das Kantonsgericht Basel-Stadt lud die drei Vorsorgeeinrichtungen zum Verfahren
bei (Verfügung vom 14. Januar 2011) und führte einen doppelten Schriftenwechsel
durch. Mit Entscheid (Rektifikat) vom 10. Mai 2012 wies es die Klage ab.

C.
Sowohl S.________ (Verfahren 9C_695/2012) als auch die Pensionskasse X.________
(Verfahren 9C_729/2012) erheben Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Entscheides.
S.________ lässt das Rechtsbegehren stellen, die BVG-Sammelstiftung Swiss Life
sei zu verpflichten, ihm mit Wirkung ab 1. Juli 2005 eine volle Invalidenrente
nach Art. 24 BVG auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 94 % auszurichten,
zuzüglich Verzugszins zu 5 % auf jede fällig gewordene Rente ab dem Zeitpunkt
der Fälligkeit. Eventualiter sei festzustellen, dass die Pensionskasse
X.________ (Beigeladene 1) verpflichtet ist, ihm mit Wirkung ab dem vom Gericht
bestimmten Zeitpunkt gemäss ihrem Reglement eine volle Invalidenrente nach Art.
24 BVG auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 94 % auszurichten, zuzüglich
Verzugszins zu 5 % auf jede fällig gewordene Rente ab dem Zeitpunkt der
Fälligkeit. Subeventualtier stellt er dasselbe Rechtsbegehren hinsichtlich der
Sammelstiftung Vita (Beigeladene 2) und subsubeventualiter hinsichtlich der
Stiftung Abendrot (Beigeladene 3). Die Verfahrenskosten seien der
BVG-Sammelstiftung Swiss Life aufzuerlegen und es sei ihm eine angemessene
Parteientschädigung zuzusprechen.
Die Pensionskasse X.________ lässt beantragen, es sei das klägerische
Rechtsbegehren gemäss Ziffer 1 der Klage gutzuheissen. Eventualiter sei die
Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen, dies alles unter
Kostenfolge zu Lasten der BVG-Sammelstiftung der Swiss Life bzw. des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft. Es sei ihr eine angemessene
Parteientschädigung zuzusprechen.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff.
BGG) kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer
von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE
130 III 136 E. 1.4 S. 140). Grundsätzlich prüft es nur die geltend gemachten
Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht
mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge
in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
Die Beschwerden richten sich gegen denselben letztinstanzlichen kantonalen
Entscheid, es liegt ihnen der nämliche Sachverhalt zugrunde, und es stellen
sich die gleichen Tat- und Rechtsfragen. Es rechtfertigt sich daher, die
Verfahren 9C_695/2012 und 9C_729/2012 zu vereinigen und in einem einzigen
Urteil zu erledigen (Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG; BGE 133 IV 215
E. 1 S. 217; 128 V 124 E. 1 S. 126).

3.
Die vom Versicherten gestellten Eventualbegehren zielen darauf ab, die
Leistungspflicht einer anderen als der klageweise ins Recht gefassten
BVG-Sammelstiftung Swiss Life feststellen zu lassen, um einen erneuten Prozess
zu vermeiden. Da indessen das Institut der Beiladung den Anfechtungs- und
Streitgegenstand - hier der Anspruch des S.________ gegenüber der
BVG-Sammelstiftung Swiss Life auf eine Invalidenrente nach BVG - nicht
erweitert (BGE 130 V 501), ist darüber (auch) letztinstanzlich nicht zu
befinden. In diesem Punkt ist die Rechtsvorkehr des Versicherten nicht
zulässig.

4.

4.1. Invalidenleistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge werden von
derjenigen Vorsorgeeinrichtung geschuldet, welcher der Ansprecher bei Eintritt
der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat,
angeschlossen war (Art. 23 lit. a BVG bzw. bis 31. Dezember 2004: Art. 23 BVG).
Die Leistungspflicht setzt einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang
zwischen der während der Dauer des Vorsorgeverhältnisses (einschliesslich der
Nachdeckungsfrist nach Art. 10 Abs. 3 BVG) bestandenen Arbeitsunfähigkeit
(Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf von zumindest
20 Prozent; Urteil 9C_127/2008 vom 11. August 2008 E. 2.3 mit Hinweisen, in:
SVR 2008 BVG Nr. 34 S. 143) und der allenfalls erst später eingetretenen
Invalidität voraus (BGE 136 V 65 E. 3.1 S. 68; 134 V 20 E. 3.2 S. 22; 130 V 270
E. 4.1 S. 275).
Der sachliche Konnex ist gegeben, wenn der Gesundheitsschaden, der zur
Arbeitsunfähigkeit geführt hat, im Wesentlichen der gleiche ist wie derjenige,
auf welchem die Erwerbsunfähigkeit beruht (BGE 134 V 20 E. 3.2 S. 22). Die
Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs setzt voraus, dass die versicherte
Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität
geführt hat, nicht während längerer Zeit wieder arbeitsfähig war (BGE 134 V 20
E. 3.2.1 S. 22 f. mit Hinweisen).

4.2. Entscheiderhebliche Feststellungen der Vorinstanz zur Art des
Gesundheitsschadens (Befund, Diagnose etc.) und zur Arbeitsfähigkeit, die
Ergebnis einer Beweiswürdigung sind, binden das Bundesgericht, soweit sie nicht
offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 BGG sowie Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE
132 V 393 E. 3.2 S. 397 f.). Dies gilt auch für den Zeitpunkt des Eintritts der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat (Art. 23 lit. a
BVG; Urteil 9C_182/2007 vom 7. Dezember 2007 E. 4.1.1, in: SVR 2008 BVG Nr. 31
S. 126). Frei überprüfbare Rechtsfrage ist dagegen, nach welchen
Gesichtspunkten die Entscheidung über den Zeitpunkt des Eintritts einer
rechtserheblichen Arbeitsunfähigkeit erfolgt (Urteil 9C_65/2008 vom 29. Oktober
2008 E. 2.2, in: SVR 2009 BVG Nr. 7 S. 22; Urteil 9C_670/2010 vom 23. Dezember
2010 E. 2).

5.
Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer an Schizophrenie
leidet. Streitig und zu prüfen ist, wann die rechtserhebliche
Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. Dabei besteht Einigkeit, dass im hier zu
beurteilenden Fall die Festsetzung der Invalidität durch die IV-Behörden für
die Organe der beruflichen Vorsorge nicht verbindlich ist.

6.

6.1. Die Vorinstanz wies die von S.________ gegen die BVG-Sammelstiftung Swiss
Life erhobene Klage ab mit der Begründung, es sei nicht mit dem erforderlichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass eine
berufsvorsorgerechtlich relevante Arbeitsunfähigkeit in der Zeit, in welcher
der Kläger bei ihr berufsvorsorgeversichert war, eingetreten sei. Die
psychischen Probleme, an welchen S.________ seit mindestens 2003 leide, seien
auch damals vorhanden gewesen. Ohne Zweifel habe die Erkrankung zu einer
invaliditätsbegründenden Arbeitsunfähigkeit geführt; unklar sei lediglich, wann
sich diese in relevanter Weise bemerkbar gemacht habe. In den Akten finde sich
kein Arztbericht aus der massgebenden Zeit, welcher darüber Aufschluss geben
könnte. Die nachträglich erstellten ärztlichen Bestätigungen genügten nicht, um
eine Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung auszulösen. Die Akten enthielten
keine Hinweise für eine Einbusse des Leistungsvermögens während des
Arbeitsverhältnisses mit der A.________ AG. Im Arbeitszeugnis fehlten
entsprechende Anhaltspunkte und Personalakten existierten nicht. Es sei
glaubhaft, dass S.________ sich - entgegen der Empfehlung der behandelnden
Ärzte - aus Existenzangst gewehrt habe, sich krankschreiben zu lassen, und es
sei vorstellbar, dass seine Leistungsfähigkeit in einem gewissen Mass reduziert
gewesen sei. Möglicherweise sei es S.________ gelungen, während des
Arbeitsverhältnisses den Anforderungen zu genügen. Es fehle ein stichhaltiger
Nachweis, dass er während der Dauer des Vorsorgeverhältnisses bei der
BVG-Sammelstiftung Swiss Life tatsächlich in seiner Leistungsfähigkeit
eingeschränkt gewesen sei.

Auf die beantragten weiteren Beweismassnahmen könne verzichtet werden, da von
ihnen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien. Eine Beeinträchtigung der
Arbeitsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen in der Zeit vom 1. Oktober 1999
bis 30. April 2004 sei weder bewiesen noch beweisbar. Die Folgen dieser
Beweislosigkeit habe der Versicherte zu tragen. Arbeitsrechtlich deutlich in
Erscheinung getreten und echtzeitlich nachgewiesen sei die Einbusse an
funktionellem Leistungsvermögen erst für die Zeit seiner Anstellung bei der
Firma B.________ AG. Es sei von einem Eintritt der relevanten
Arbeitsunfähigkeit am 29. Juni 2004 auszugehen, zu welchem Zeitpunkt er bei der
Pensionskasse X.________ versichert war. Über dieses ausserhalb des
Streitgegenstandes liegende Rechtsverhältnis, das die Feststellung einer nicht
eingeklagten Vorsorgeeinrichtung zum Gegenstand habe, könne indessen nicht
befunden werden.

6.2. Der Versicherte macht sinngemäss geltend, er sei ab 30. März 2004 (und
nicht ab 30. April 2004, wie im angefochtenen Entscheid fälschlicherweise
erwähnt) bei Dr. med. Z.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, in
psychiatrischer Behandlung gewesen. Der Bericht vom 1. April 2009, in welchem
Dr. med. Z.________ auch Auskunft zu seinem damaligen Gesundheitszustand
gegeben habe, sei beweismässig höher zu werten als ein nachträglich anhand der
Vorakten erstellter Bericht. Dass aus der Zeit von März/April 2004 kein
Arbeitsunfähigkeitszeugnis vorliege, sei allein darin begründet, dass er sich
aus Existenzangst keines ausstellen lassen wollte. Beweismässig sei offen, ob
Einbussen in der Arbeitsleistung bestanden, wobei wohl aufgrund des kurz
bevorstehenden Konkurses der A.________ AG Fehlleistungen einzelner
Arbeitnehmer auch nicht mehr mit besonderem Interesse registriert worden seien.
Die Ausführungen der Vorinstanz, wonach es ihm möglicherweise gelungen sei,
trotz seiner gravierenden Krankheit den Arbeitsanforderungen bei der A.________
AG zu genügen, seien spekulativ. Die Annahme widerspreche der Lebenserfahrung
und dem aktenkundigen Handlungsablauf in der fraglichen Zeit. Unter
Berücksichtigung aller wesentlichen Elemente sei der Beweis des Eintritts der
relevanten Arbeitsunfähigkeit spätestens im Zeitpunkt der ersten Konsultation
bei Dr. med. Z.________ erbracht.

6.3. Die Pensionskasse X.________ weist ebenfalls darauf hin, dass der
Versicherte bereits ab 30. März 2004 in psychiatrischer Behandlung war und Dr.
med. Z.________ echtzeitlich die gesundheitliche Beeinträchtigung habe
feststellen können; lediglich die förmliche Bescheinigung sei damals
unterblieben. Im Übrigen bestätige auch Dr. med. M.________, Innere Medizin
FMH, eine Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 5. bis 9. Januar 2004. Zu Unrecht
habe die Vorinstanz formal auf das Fehlen eines schriftlichen
Arbeitsunfähigkeitszeugnisses für die Zeit von Frühjahr 2004 abgestellt. Sie
hätte den Sachverhalt von sich aus mit geeigneten Massnahmen weiter abklären
müssen und hätte nicht auf die beantragten weiteren Beweismassnahmen
(Einvernahme des damaligen Vorgesetzten und des damaligen Personalchefs der
B.________ AG; Einholung eines psychiatrischen Gutachtens) verzichten dürfen.

7.

7.1. Zu prüfen ist, ob die vorinstanzliche Feststellung, wonach von einem
Eintritt der anspruchsrelevanten Arbeitsunfähigkeit am 29. Juni 2004 auszugehen
ist, vertretbar oder mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist. Nur im
letzten Fall ist sie letztinstanzlich nicht verbindlich (vgl. E. 1.1).

7.2. Zu Recht machen der Versicherte und die Beschwerde führende Pensionskasse
X.________ im Wesentlichen übereinstimmend geltend, den Ausführungen des Dr.
med. Z.________ vom 1. April 2009 dürfe nicht jeder Beweiswert abgesprochen
werden unter Hinweis darauf, dass es sich um eine retrospektive Beurteilung
handle. Wie sie richtig ausführen, war Dr. med. Z.________, da er den
Versicherten ab 30. März 2004 (und nicht etwa ab 30. April 2004, wie im
angefochtenen Entscheid irrtümlich erwähnt) behandelte, in der Lage, die
damaligen gesundheitlichen Einschränkungen echtzeitlich festzustellen. Indessen
sind ihre sich auf den Bericht des Dr. med. Z.________ stützenden Vorbringen
nicht geeignet, die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als
offensichtlich unrichtig oder sonst wie bundesrechtswidrig erscheinen zu
lassen:
Soweit Dr. med. Z.________ den Beginn der psychischen Erkrankung (chronische
halluzinatorische Psychose; Verdacht auf paranoide Schizophrenie) auf "Frühjahr
2003" festlegte, handelt es sich um den Zeitpunkt, als die Schizophrenie als
Leiden, das schliesslich die Invalidität bewirkte, erstmals fachärztlich
festgestellt wurde. Dieser Zeitpunkt ist indessen für den Eintritt der
berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit nicht entscheidend
(Urteil B 152/06 vom 11. Februar 2008 E. 4.3). Nichts abzuleiten vermag der
Versicherte auch aus der (auf Anfrage seines Rechtsvertreters ausgestellten)
Bestätigung des Dr. med. Z.________ vom 30. August 2010, wonach kein
Arbeitsunfähigkeitszeugnis ausgestellt worden sei, weil der Versicherte sich
aus Angst vor Stellenverlust dagegen gewehrt und um jeden Preis habe
weiterarbeiten wollen. Denn diese Ausführungen des Dr. med. Z.________ können
sich nicht auf März/April 2004, sondern erst auf die Folgezeit beziehen, weil
der Versicherte seinerseits das Arbeitsverhältnis bei der A.________ AG damals
bereits gekündigt hatte. Ebenfalls erst auf die folgenden Arbeitsverhältnisse
bei der B.________ AG und bei der C.________ & Co. AG - weil diese im
Unterschied zu jenem bei der A.________ AG nur von kurzer Dauer waren - trifft
es zu, wenn Dr. med. Z.________ abrupte Stellenwechsel als Hinweis auf
erhebliche Leistungseinbussen (wie sie bei diesen Arbeitsverhältnissen im
Übrigen auch aktenkundig sind) erwähnt.
Nichts anderes ergibt sich auch aus der von Dr. med. M.________ auf Anfrage des
damaligen Rechtsvertreters erstatteten Stellungnahme vom 30. August 2010,
wonach der Versicherte anlässlich der Konsultation vom 16. Juni 2003 über für
halluzinatorische Psychosen und Schizophrenie typische Beschwerden berichtet
habe, welche seit Dezember 2002 aufgetreten seien; er habe ihn erstmals vom 5.
bis 9. Januar 2004 und dann vom 4. bis 13. November 2005 als zu 100 %
arbeitsunfähig betrachtet. Denn die darin bestätigte fünftägige
Arbeitsunfähigkeit im Januar 2004 reicht nicht aus, um von einer erheblichen
Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit während der Dauer des damaligen
Vorsorgeverhältnisses auszugehen (vgl. Urteil B 152/06 vom 11. Februar 2008 E.
4.3).

7.3. Entgegen der Auffassung der Pensionskasse X.________ ist nicht zu
beanstanden, dass das kantonale Gericht auf die von ihr (in ihrer im
vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Vernehmlassung) beantragten
Beweismassnahmen verzichtet hat. Denn entscheidwesentliche Erkenntnisse zur
damaligen Arbeitsfähigkeit sind von einer nach Jahren angeordneten
psychiatrischen Begutachtung nicht zu erwarten. Ebenso wenig vermöchte die
Befragung des damaligen Vorgesetzten und des damaligen Personalchefs der
B.________ AG als Zeugen zur Falllösung beizutragen, da diese lediglich in der
Lage wären, Auskunft zu geben über ihre Wahrnehmung allfälliger (hier indessen
nicht entscheidender) Leistungseinbussen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses bei
der B.________ AG (ab 1. Mai 2004), nicht aber über den davorliegenden, das
Arbeitsverhältnis bei der A.________ AG betreffenden und hier allein
massgebenden Zeitraum.

7.4. Wenn die Vorinstanz bei dieser Aktenlage zusammenfassend zum Ergebnis
gelangt ist, der Eintritt einer berufsvorsorgerechtlich relevanten
Arbeitsunfähigkeit bei S.________ während seiner Anstellung bei der A.________
AG sei nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, ist dies nicht zu beanstanden. Zu Recht hat
das kantonale Gericht demnach mangels Erfüllens der Anspruchsvoraussetzungen
für berufsvorsorgerechtliche Invalidenleistungen gemäss Art. 23 BVG eine
Leistungspflicht der eingeklagten Vorsorgeeinrichtung, der BVG-Sammelstiftung
Swiss Life, verneint.

8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben S.________ und die Pensionskasse
X.________ die Gerichtskosten je hälftig zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
BVG-Sammelstiftung Swiss Life hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 9C_695/2012 und 9C_729/2012 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde des S.________ (Verfahren 9C_695/2012) wird abgewiesen, soweit
darauf einzutreten ist.

3.
Die Beschwerde der Pensionskasse X.________ (Verfahren 9C_729/2012) wird
abgewiesen.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer und der
Beschwerdeführerin je zur Hälfte auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Sammelstiftung Vita, der Stiftung
Abendrot, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Juni 2013
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann

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