Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 687/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_687/2012; 9C_691/2012

Urteil vom 1. Mai 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Borella, Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
9C_687/2012
Pensionskasse des Bundes PUBLICA, Eigerstrasse 57, 3007 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Friedauer,
Beschwerdegegnerin,

und

9C_691/2012
B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Friedauer,
Beschwerdeführerin,

gegen

Pensionskasse des Bundes PUBLICA, Eigerstrasse 57, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge
(Altersleistung; Besitzstandsgarantie),

Beschwerden gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom
5. Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
B.________ arbeitete seit 1998 im Bundesamt X.________. Sie war bei der
Pensionskasse des Bundes PKB (seit 1. März 2001: Pensionskasse des Bundes
PUBLICA; nachfolgend: Publica) berufsvorsorgeversichert. Diese vollzog auf den
1. Juli 2008 den Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Im selben Monat
teilte die Publica der Versicherten mit, sie habe nach Artikel 25
PUBLICA-Gesetz Anspruch auf eine Besitzstandsgarantie. Ihre garantierte
jährliche Altersrente betrage Fr. 56'371.30. Ende Februar 2009 ging B.________
in Pension. Entsprechend ihrem Gesuch um Kapitalauszahlung vom 23. November
2008 richtete ihr die Publica ab 1. März 2009 eine jährliche Altersrente von
Fr. 30'005.40 sowie eine einmalige Kapitalabfindung in der Höhe von Fr.
278'703.90 aus.

B.
Am 20. Juli 2011 liess B.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Klage gegen die Publica einreichen mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, die
Beklagte sei zu verpflichten, ihr eine zusätzliche Kapitalauszahlung in der
Höhe von Fr. 84'378.20, eventualiter von Fr. 44'385.10 auszurichten und diese
mit Wirkung ab dem heutigen Datum mit 5 % zu verzinsen.

Die Publica beantragte in ihrer Antwort die Abweisung der Klage. Im Rahmen des
zweiten Schriftenwechsels hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest.

Mit Entscheid vom 5. Juli 2012 hiess die Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung des bernischen Verwaltungsgerichts die Klage teilweise gut. Es wies
die Publica an, der Klägerin eine zusätzliche Kapitalabfindung von Fr.
21'285.60 zuzüglich Zins von 3 % vom 5. März 2009 bis 31. Dezember 2011 und von
2,5 % ab 1. Januar 2012 auszurichten. Im Übrigen wies es die Klage ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Publica,
der Entscheid vom 5. Juli 2012 sei aufzuheben und die Klage vollumfänglich
abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das kantonale
Gericht zurückzuweisen.

B.________ hat ebenfalls Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
eingereicht mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 5. Juli 2012 sei insoweit
aufzuheben, als ihr nicht mehr als Fr. 21'285.60 zugesprochen worden seien, und
die Publica sei zu verpflichten, eine zusätzliche Kapitalzahlung von Fr.
63'092.60, eventualiter von Fr. 23'099.50 auszurichten, zuzüglich Zins von 3 %
vom 5. März 2009 bis 31. Dezember 2011 und von 2,5 % ab 1. Januar 2012 auf den
nachzuzahlenden Beträgen.
B.________ (im Verfahren 9C_687/2012) und die Publica (im Verfahren 9C_691/
2012) beantragen jeweils die Abweisung der Beschwerde der Gegenpartei. Das
kantonale Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben
auf eine Stellungnahme bzw. auf eine Vernehmlassung verzichtet.

In einer weiteren Eingabe hat sich B.________ zur Vernehmlassung der Publica
geäussert.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerden richten sich gegen denselben letztinstanzlichen kantonalen
Entscheid, es liegt ihnen der nämliche Sachverhalt zu Grunde, und es stellen
sich die gleichen Tat- und Rechtsfragen. Es rechtfertigt sich daher, die
Verfahren 9C_687/2012 und 9C_691/2012 zu vereinigen und in einem einzigen
Urteil zu erledigen (Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG sowie Urteile
9C_369/2012 vom 2. November 2012 E. 1 und 8C_384/2010 vom 12. Dezember 2011 E.
1).

2.
Die Publica beantragt vorsorglich den Ausstand aller Gerichtsschreiber und
Gerichtsschreiberinnen (vgl. Art. 34 Abs. 1 lit. a BGG), die der
Übergangsgeneration gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 2006
über die Pensionskasse des Bundes (PUBLICA-Gesetz [SR 172.222.1], in Kraft
getreten am 1. Juli 2008 [AS 2008 577]) angehören, d.h. am 1. Juli 2008 das
55., aber noch nicht das 65. Altersjahr vollendet hatten. B.________ hat keine
Einwendungen gegen das Ausstandsbegehren erhoben. Diesem wird - ohne Prüfung
seiner Begründetheit - entsprochen, zumal der im Rubrum aufgeführte
Gerichtsschreiber nicht unter die Übergangsregelung von Art. 25 PUBLICA-Gesetz
fällt.

3.
Art. 25 PUBLICA-Gesetz lautet wie folgt: "Alle aktiven Versicherten, die im
Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes das 55., aber noch nicht das 65.
Altersjahr vollendet haben, haben Anspruch auf eine statische
Besitzstandsgarantie im Umfang von 95 Prozent der nach bisherigem Recht im
Alter von 62 Jahren erreichbaren Altersrente, mindestens aber auf die
Altersleistungen nach diesem Gesetz. Erfolgt die freiwillige vorzeitige
Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr, so wird der garantierte
Anspruch versicherungsmathematisch gekürzt. Die aus der Besitzstandsgarantie
resultierenden Kosten trägt PUBLICA."

B.________ gehört der Übergangsgeneration im Sinne von Art. 25 PUBLICA-Gesetz
an, was unbestritten ist.

4.
4.1 Die Vorinstanz ist aufgrund des Wortlauts (Anspruch auf
"Besitzstandsgarantie" nicht auf "Altersrente") sowie der Materialien
(Botschaft vom 23. September 2005 über die Pensionskasse des Bundes
[PUBLICA-Gesetz und Änderung des PKB-Gesetzes]; BBl 2005 5829 ff.) zum Ergebnis
gelangt, Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz bezwecke die Wahrung des
leistungsmässigen Status der Übergangsgeneration und beschränke sich damit
nicht auf eine Garantie der altrechtlichen Rente. Die Garantie komme unabhängig
davon zum Tragen, ob die versicherte Person die Altersrente oder den
(teilweisen) Kapitalbezug gewählt habe (vgl. Art. 39 und Art. 40 des
Vorsorgereglements vom 15. Juni 2007 für die Angestellten und die
Rentenbeziehenden des Vorsorgewerks Bund [VRAB; SR 172.220.141.1]). Hingegen
erfolge die in Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz vorgesehene - gerade deshalb
gesondert geregelte - versicherungsmathematische Kürzung des garantierten
Besitzstandes bei einer vorzeitigen Pensionierung vor dem Alter 62 nach dem
neuen, seit 1. Januar 2008 geltenden Recht.
Das Auslegungsergebnis hat die Vorinstanz rechnerisch wie folgt umgesetzt:
(1) Nach bisherigem Recht berechnete jährliche Altersrente bei Rücktritt im
Alter 62 (62 Jahre und 0 Monate [62/0]):
Fr. 56'371.30
(95 % von Fr. 59'317.- [zuzüglich Fr. 20.15 aus dem Ergänzungsplan]).
(2) Altersguthaben im Zeitpunkt der vorzeitigen Pensionierung Ende Februar 2009
im Alter 60/2 (Eintritt Versicherungsfall am 1. März 2009; Urteil 9C_769/2009
vom 9. April 2010 E. 3.2):
Fr. 811'879.50
Berechnung:
- Reglementarisch mögliches bzw. effektiv vorhandenes Altersguthaben im Alter
60/2 (gemäss Schreiben der Publica vom 7. Oktober 2010, ausgehend vom
Altersguthaben von Fr. 720'809.60 am 1. Juli 2008; inkl. Ergänzungsplan): Fr.
754'273.10;
- Reglementarisch mögliches Altersguthaben im Alter 62/0 am 1. Januar 2011: Fr.
864'275.50
- Zur Finanzierung der statisch garantierten altrechtlichen Altersrente im
Alter 62/0 benötigtes Altersguthaben: Fr. 925'637.10;
- Differenzbetrag (Fr. 61'361.60) diskontiert mit technischem Zinssatz 3,5 %
auf den Rücktrittszeitpunkt 60/2 (Garantiekapital): Fr. 57'606.40;
Altersguthaben im Rücktrittszeitpunkt (Fr. 754'273.10 + Fr. 57'606.40).

(3) Höhe der Kapitalabfindung bei einer ausbezahlten jährlichen Altersrente von
Fr. 30'005.40:
Fr. 299'989.50.
Berechnung:
- Mit dem Altersguthaben im Zeitpunkt der vorzeitigen Pensionierung Ende
Februar 2009 von Fr. 811'879.50 finanzierbare (volle) Altersrente (bei einem
Umwandlungssatz von 5,861666 % [Anhang 3 VRAB]): Fr. 47'589.65;
- Einmalig auszubezahlendes Kapital ([Fr. 47'589.65 - Fr. 30'005.40]/ Fr.
47'589.65] x Fr. 811'879.50).

4.2 Die Berechnung der Höhe der einmaligen Kapitalabfindung der Publica
unterscheidet sich in einem einzigen Punkt von derjenigen der Vorinstanz: In
Schritt (3) wird an Stelle des Altersguthabens im Rücktrittszeitpunkt (Fr.
811'879.50) das reglementarisch mögliche bzw. das effektiv vorhandene
Altersguthaben im Alter 60/2 (Fr. 754'273.10) verwendet. Daraus ergibt sich die
Summe von Fr. 278'703.90. Die Publica begründet diese Differenz im Wesentlichen
damit, dass nach zutreffender Gesetzesauslegung lediglich die Altersrente,
nicht jedoch der Kapitalbezug unter die Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz
1 PUBLICA-Gesetz falle.

4.3 B.________ wiederum vertritt im Gegensatz zu Vorinstanz und Publica den
Standpunkt, dass auch die in Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz vorgesehene
versicherungsmathematische Kürzung bei freiwilliger vorzeitiger Pensionierung
vor dem vollendeten 62. Altersjahr von der Besitzstandsgarantie in Satz 1
erfasst werde und somit ebenfalls nach bisherigem Recht vorzunehmen sei. Ihre
Berechnung sieht wie folgt aus:
(1) Garantierte jährliche Altersrente bei Pensionierung im Alter 62/0:
Fr. 56'371.30.
(2) Garantierte jährliche Altersrente bei Rücktritt mit Alter 60/2:
Fr. 51'283.85
(berechnet unter Berücksichtigung der Kürzung wegen vorzeitigem Rücktritt um
4,4 % [Art. 33 Abs. 4 der Verordnung vom 25. April 2001 über die Versicherung
im Kernplan der Pensionskasse des Bundes (PKBV 1; AS 2001 2327), in Kraft
gestanden bis Ende Juni 2008] und der statischen Besitzstandsgarantie von 95
%).

(3) Höhe des Kapitalbezugs bei einer ausbezahlten jährlichen Altersrente von
Fr. 30'005.40:
Fr. 363'081.70
([Fr. 51'283.85 - Fr. 30'005.40] x 1/0,05861666 (Umwandlungssatz gemäss Anhang
3 VRAB)).
Für den Fall, dass die versicherungsmathematische Kürzung nach Art. 25 Satz 2
PUBLICA-Gesetz nicht nach dem alten Recht vorzunehmen sei, ist nach Auffassung
von B.________ die vorinstanzliche Berechnung zu modifizieren, sodass sich ein
Kapital von Fr. 323'088.61 (ausgegangen von einer garantierten jährlichen
Altersrente von Fr. 48'939.45) ergebe.

5.
5.1 PUBLICA-Gesetz, PKBV 1 und VRAB sind öffentlich-rechtliche Erlasse. Deren
Bestimmungen, insbesondere Art. 25 PUBLICA-Gesetz, sind somit nach den Regeln
der Gesetzesauslegung zu interpretieren (BGE 138 V 98 E. 5.1 S. 102; 133 V 314
E. 4.1 S. 316 mit Hinweisen). Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Ist der Text
nicht ganz klar und sind verschiedene Deutungen möglich, sind weitere
Auslegungselemente heranzuziehen, neben der Entstehungsgeschichte der Norm, wie
sich namentlich aus den Materialien ergibt, deren Zweck sowie die Bedeutung,
die ihr im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Lediglich dann kann allein
auf den Wortlaut abgestellt werden, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich
richtige Lösung ergibt. Sind mehrere Interpretationen denkbar, soll jene
gewählt werden, welche die verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten
berücksichtigt (BGE 138 II 107 E. 5.2 S. 107 f.; 138 V 17 E. 4.2 S. 20; 131 III
33 E. 2 S. 35; je mit Hinweisen).

5.2 Der Wortlaut von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz spricht vom Anspruch auf
eine Besitzstandsgarantie. Der Anspruch bezieht sich somit nicht unmittelbar
auf die Altersrente nach bisherigem Recht, wie die Vorinstanz insoweit richtig
erkannt hat. Die bei der Auslegung ebenfalls zu berücksichtigende Überschrift
zu dieser Bestimmung "Garantie der Altersrenten für die Übergangsgeneration"
zeigt indessen, wie die fragliche Wendung zu verstehen ist. Danach besteht für
den genannten Versichertenkreis eine statische Besitzstandsgarantie im Umfang
von 95 Prozent der nach bisherigem Recht im Alter von 62 Jahren erreichbaren
Altersrente (vgl. auch Urteil 9C_769/2009 vom 9. April 2010 E. 4.1). Mit
anderen Worten ist dieser Anspruch Gegenstand der Besitzstandsgarantie. Dieses
Verständnis ergibt sich auch aus der bundesrätlichen Botschaft, wo etwa von
betragsmässig garantiertem Besitzstand bzw. garantierter Rente die Rede ist
(BBl 2005 5879 zu Art. 26 und 5914 Ziff. 4.1.1.6). Dabei bedeutet statische
Besitzstandsgarantie, dass die (nach bisherigem Recht erreichbare) Altersrente
grundsätzlich aufgrund des zuletzt (ab 1. Januar 2008) ausbezahlten Lohnes
festgesetzt wird (BBl, a.a.O.; Art. 13 Abs. 1 und Art. 32 f. PKBV 1; SVR 2010
BVG Nr. 29 S. 112, 9C_869/2009 E. 2.3). Dass Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz von
erreichbarer und nicht von erworbener Altersrente spricht, wie in Art. 32 und
Art. 33 Abs. 3 PKBV 1, ist damit zu erklären, dass es diesen mit dem
Leistungsprimat eng verknüpften Begriff im neuen System des Beitragsprimats
nicht mehr gibt.

5.3 Aus dem Vorstehenden kann indessen nicht gefolgert werden, dass die
Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz nur und soweit gilt,
als eine Altersrente bezogen wird, die (altrechtliche) einmalige
Kapitalabfindung gemäss Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 mithin nicht darunter fällt.
Gegenteils widerspräche es dem Grundgedanken der Garantie (Schutz der
Erwartungshaltung insbesondere der aktiven Versicherten der
Übergangsgeneration, mit 62 Jahren und 40 Versicherungsjahren mit vollem
Rentengenuss in Pension gehen zu können; BBl 2005 5879 zu Art. 26; vgl. auch AB
2006 N 825 [Votum Heim]), diesbezüglich nach der Form des Bezugs der
Altersleistung zu unterscheiden. Laut Botschaft sollen "die beim Inkrafttreten
dieses Gesetzes 55-, aber noch nicht 65-jährigen Versicherten noch von den
geltenden günstigeren Modalitäten des vorzeitigen Altersrücktritts
einschliesslich der Überbrückungsrente Gebrauch machen können" (BBl 2005 5879
zu Art. 26). Der Kapitalbezug ist eine solche Modalität des Rentenanspruchs
(Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 74/03 vom 29. März 2004 E. 3.3.2),
auf die sich die Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz somit
ebenfalls erstreckt. Die Kapitalabfindung nach Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 entspricht
denn auch wertmässig dem nicht bezogenen Teil der Altersrente, berechnet anhand
der versicherungstechnischen Unterlagen der Pensionskasse. Im Übrigen räumt
auch die Publica ein, dass in der Botschaft die Begriffe Altersrenten und
Altersleistungen, worunter nach bisherigem und nach neuem Recht sowohl die
Altersrente als auch die Kapitalabfindung fallen (vgl. Überschriften 5. Kapitel
2. Abschnitt [Art. 32 ff. PKBV 1] und Art. 33 und 35 PKBV 1 sowie 6. Kapitel 1.
Abschnitt [Art. 36 ff. VRAB] und Art. 39 f. VRAB), nicht immer präzise
verwendet werden.
Schliesslich fehlen Anhaltspunkte, dass die bereits nach bisherigem Recht
bestehende Möglichkeit eines Kapitalbezugs (bis höchstens die Hälfte der
Altersrente; Art. 35 Abs. 1 PKBV 1) im Rahmen von Art. 25 PUBLICA-Gesetz
eingeschränkt werden sollte, wie auch die Vorinstanz festgestellt hat. Nach dem
Berechnungsmodell der Publica führt nun aber jeder Kapitalbezug wertmässig zu
einer Verschlechterung in dem Sinne, dass das Garantiekapital bei der
Ermittlung der garantierten Altersrente, nicht aber bei der Bestimmung der Höhe
des Kapitals berücksichtigt wird. Dieses bemisst sich nach dem effektiv
vorhandenen Altersguthaben im Zeitpunkt der (vorzeitigen) Pensionierung und
kann selbst bei einem Rücktritt im Alter 62 nicht mehr betragen (vorne E. 4.1
und 4.2). Damit werden die Versicherten der Übergangsgeneration in ihrer
Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Bezugsform der Altersleistungen (Altersrente,
Kapitalabfindung) eingeschränkt, was nicht dem gesetzgeberischen Willen
entspricht. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kosten der
Besitzstandsgarantie nach Art. 25 PUBLICA-Gesetz, welche gemäss Satz 3 von der
Publica zu tragen sind, ein ständiges Thema im Gesetzgebungsverfahren waren.
Dabei ging es indessen ausschliesslich um die Ausgestaltung der Garantie,
statisch oder dynamisch (Berücksichtigung der Lohnerhöhungen [infolge
Stufenanstiegs, Beförderung, Teuerungszulagen und allgemeiner
Reallohnerhöhungen] bis zur vorzeitigen Pensionierung; SVR 2010 BVG Nr. 29 S.
112, 9C_869/2009 E. 2.3), sowie um den Umfang des Anspruchs, 95 oder 100
Prozent (Protokolle der vorberatenden Staatspolitischen Kommissionen von
National- und Ständerat vom 26./27. Januar, 23./24. Februar, 30./31. März und
19./20. Oktober 2006; BBl 2005 5879 zu Art. 26 und 5914 Ziff. 4.1.1.6; AB 2006
N 824 f.). Die für die Finanzierung der Übergangsregelung von Art. 25
PUBLICA-Gesetz an sich ebenfalls bedeutsame Frage, ob bei der
Besitzstandsgarantie nach der Bezugsform (Altersrente, Kapitalabfindung) zu
differenzieren sei, war demgegenüber kein Diskussionsthema.

5.4 Die Publica bringt vor, im Unterschied zur geltenden Regelung (Art. 40 Abs.
2 VRAB) habe unter dem früheren Recht höchstens die Hälfte der Altersrente als
Kapitalabfindung bezogen werden können (Art. 35 Abs. 1 PKBV 1). Die Auslegung
von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz durch die Vorinstanz habe zur Folge, dass
eine versicherte Person nach dem nun anwendbaren neuen Recht einen Kapitalbezug
von 100 % tätigen und sich den ganzen Garantiebetrag bar ausbezahlen lassen
könnte. Damit ergäbe sich eine Konstellation, die nach Leistungsprimat nie
möglich gewesen sei. Indessen besteht - nach dem bisher Gesagten folgerichtig -
eine Besitzstandsgarantie lediglich im Rahmen von Art. 35 Abs. 1 PKBV 1, d.h.
bei einem Kapitalbezug von höchstens der Hälfte der Altersrente, was auch hier
zur Diskussion steht. Im Übrigen gehen die Vorinstanz und auch die Parteien bei
ihren Berechnungen von der nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz garantierten (im
Alter 62 erreichbaren, um 5 % gekürzten) Altersrente aus (vorne E. 4.1-3).

Im Weitern verweist die Publica auf Art. 107 VRAB ("Wiederbeschäftigung von
Bezügerinnen und Bezügern einer überführten Altersrente") und Art. 108 VRAB
("Garantie nach Artikel 25 PUBLICA-Gesetz"). Indessen vermag sie nicht
überzeugend darzutun, inwiefern unter Berücksichtigung des Ergebnisses der
Auslegung von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz eine (möglichst) rechtsgleiche
Behandlung der weiterbeschäftigten Bezüger einer Altersrente und der Personen,
welche ein Kapital mit Garantie bezogen haben, soweit diesbezüglich überhaupt
sachliche Identität angenommen werden kann, nicht möglich sein soll. Die
Gesetzmässigkeit von Art. 107 Abs. 3 und Art. 108 Abs. 2 VRAB im Besonderen
steht im Übrigen nicht auf dem Prüfstand. Schliesslich ergibt sich nichts zu
Gunsten der Publica daraus, dass nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz die
Versicherten der Übergangsgeneration mindestens Anspruch auf die
Altersleistungen nach diesem Gesetz haben. Gegenteils spricht dies dafür, dass
bei einem teilweisen Kapitalbezug die Rente und das Kapital unter die
Besitzstandsgarantie fallen. Mit Altersleistungen sind begrifflich Altersrente
und/oder Kapitalabfindung gemeint (vorne E. 5.3).

5.5 Die Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz gilt somit
nicht nur und soweit, als eine Altersrente bezogen wird, sondern kommt auch bei
einem teilweisen Kapitalbezug im Rahmen von Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 zum Tragen.

6.
6.1 Gemäss Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz ist der in Satz 1 garantierte Anspruch
bei freiwilliger vorzeitiger Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr
versicherungsmathematisch zu kürzen. Nach welchem Recht und wie die Kürzung
vorzunehmen ist, wird nicht gesagt.
6.1.1 Nach Auffassung der Vorinstanz hat der Gesetzgeber dadurch, dass er die
Kürzung im zweiten Satz besonders geregelt hat, ohne weiteres klargestellt,
dass sie gerade nicht Bestandteil des im ersten Satz garantierten Besitzstandes
ist, mithin nicht nach altem Recht erfolgt. Da es in dem nach dem
Beitragsprimat ausgestalteten Vorsorgereglement (VRAB) systembedingt an einer
Kürzungsmöglichkeit fehle, sei daher mit Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz eigens
eine (neurechtliche) Grundlage dafür geschaffen worden.
6.1.2 Die Publica weist in ihrer Vernehmlassung (im Verfahren 9C_691/2012)
darauf hin, die von ihr vorgenommene versicherungsmathematische Kürzung sei
eine Berechnungsmethode, die vom Pensionskassenexperten für den in Art. 25
PUBLICA-Gesetz genannten Fall ausgearbeitet worden sei.
6.1.3 B.________ vertritt den Standpunkt, die Kürzung sei nach bisherigem
Recht, d.h. nach Massgabe von Art. 33 Abs. 4 PBKV 1 vorzunehmen (offengelassen
im Urteil 9C_769/2009 vom 9. April 2010 E. 4.2). Nach dieser Bestimmung wird
die Altersrente bzw. der Betrag der erworbenen Altersrente im Zeitpunkt der
Pensionierung um 0,2 Prozent pro Monat vor Alter 62 gekürzt. Die
Berechnungsmethode der Publica führe zu einer überproportionalen Kürzung der
garantierten Altersrente bei vorzeitiger Pensionierung vor Alter 62. Sie sei
von den Betroffenen auch nicht nachvollziehbar, da die Berechnung des zwischen
dem Zeitpunkt der Pensionierung und dem Alter 62 geäufneten Altersguthabens
ebenso wie die Diskontierung des Garantiekapitals ein sachfremdes dynamisches
Element enthielten (Projektionszinssatz bzw. technischer Zinssatz von 3,5 %,
fiktive Lohnerhöhung von 1,5 %). Daraus resultiere eine kleinere Altersrente,
was aufgrund der statischen Besitzstandsgarantie im Beitragsprimat umgekehrt
sein sollte. Die von der Publica angewendete Methode der
versicherungsmathematischen Kürzung nach Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz sei
zudem weder den am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten bekannt gewesen noch
jemals irgendwo publiziert worden. Sie lasse sich nicht auf eine gesetzliche
Grundlage stützen.

6.2 Im Urteil 9C_690/2012 vom 5. April 2013 hat das Bundesgericht entschieden,
dass (auch) die versicherungsmathematische Kürzung des garantierten Anspruchs
(von 95 Prozent der nach bisherigem Recht im Alter von 62 Jahren erreichbaren
Altersrente) gemäss Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz nach dem bisherigem Recht
vorzunehmen ist. Anwendbar ist somit Art. 33 Abs. 4 PBKV 1. Nach dieser bis 30.
Juni 2008 in Kraft gestandenen Vorschrift ist die Altersrente bzw. der Betrag
der erworbenen Altersrente bei Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr
um 0,2 Prozent pro Monat vor Alter 62 zu kürzen. Es kann an dieser Stelle auf
die bundesgerichtlichen Ausführungen in E. 5 des Urteils 9C_690/2012 vom 5.
April 2013 verwiesen werden. Es besteht aufgrund der Vorbringen der Parteien
kein Anlass zu Ergänzungen oder Präzisierungen.

7.
B.________ ist somit in beiden streitigen Punkten Recht zu geben. Ihre auf das
obige Ergebnis gestützte Berechnung der Höhe der Kapitalabfindung, ergebend Fr.
363'081.70 (vorne E. 4.3), als solche wird von der Publica nicht bestritten.
Sie hat demnach Anspruch auf ein zusätzliches Kapital von Fr. 63'092.60
zuzüglich eines Zinses, berechnet nach den vorinstanzlich festgesetzten
Modalitäten (Zinssatz und Dauer).

8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Publica die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG) und B.________ eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art.
68 Abs. 2 BGG). Dieser steht es im Übrigen frei, eine höhere
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren bei der Vorinstanz zu
beantragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 9C_687/2012 und 9C_691/2012 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerde im Verfahren 9C_687/2012 wird abgewiesen.

3.
Die Beschwerde im Verfahren 9C_691/2012 wird gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung,
vom 5. Juli 2012 wird aufgehoben und die Publica verpflichtet, B.________ eine
zusätzliche Kapitalzahlung von Fr. 63'092.60 auszurichten, zuzüglich Zins von 3
% vom 5. März 2009 bis 31. Dezember 2011 und von 2,5 % ab 1. Januar 2012 auf
dem nachzuzahlenden Betrag.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Publica auferlegt.

5.
Die Publica hat B.________ mit Fr. 4'200.- für das bundesgerichtliche Verfahren
zu entschädigen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Mai 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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