Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 67/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C_67/2012 {T 0/2}

Urteil vom 4. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Attinger.

Verfahrensbeteiligte
I.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Ulrich Ziswiler,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente, Arbeitsunfähigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 30. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Die 1973 geborene I.________ war von Mai 1998 bis Juni 2003 bei der Firma
E.________ AG und anschliessend bis Ende Januar 2008 bei deren Nachfolgefirma
W.________ AG als Betriebsmitarbeiterin angestellt. Wegen Rückenbeschwerden
(Spondylolyse L5, Spondylolisthesis L5/S1) hatte sie sich bereits im Juni 2006
bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Nachdem ihr von
den Ärzten seit Oktober 2005 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt
worden war, unterzog sich die Versicherte am 17. Juni 2008 in der Klinik
S.________ einer Versteifungsoperation im unteren Bereich der Wirbelsäule
(intersomatische Fusion L5/S1). In der Folge nahm sie keine Erwerbstätigkeit
mehr auf. Mit Verfügung vom 10. März 2010 sprach die IV-Stelle des Kantons
Zürich I.________ rückwirkend ab 1. Oktober 2006 eine bis 31. März 2009
befristete ganze Invalidenrente zu.

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen die
Rentenbefristung eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 30. November 2011
ab.

C.
I.________ führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Rückweisung
der Sache an die Verwaltung zur ergänzenden Abklärung und anschliessenden neuen
Verfügung über den Rentenanspruch seit 1. April 2009. Zur Begründung verweist
sie auf neu eingereichte medizinische Unterlagen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.

D.
Im Anschluss an den Schriftenwechsel reicht I.________ weitere ärztliche
Berichte ein.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2 Im bundesgerichtlichen Verfahren dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur
so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Diese Bestimmung zielt auf Tatsachen ab, die erst
durch den angefochtenen vorinstanzlichen Entscheid rechtserheblich werden. So
darf sich die beschwerdeführende Person auf neue Tatsachen berufen, wenn sie
der Vorinstanz eine Verfahrensverletzung vorwirft. Dasselbe gilt, wenn sich der
Entscheid der Vorinstanz auf ein neues rechtliches Argument stützt, mit dem die
Parteien zuvor nicht konfrontiert worden waren. Schliesslich gehören dazu auch
Tatsachen, die erst für das bundesgerichtliche Verfahren erheblich werden, z.B.
die Einhaltung der Beschwerdefrist. Unzulässig ist hingegen das Vorbringen
neuer Tatsachen und Beweismittel, die bereits der Vorinstanz hätten
unterbreitet werden können (BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129). Vor
Bundes-gericht unzulässig ist ferner die Berufung auf Tatsachen oder
Beweismittel, die sich nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder die
danach entstanden sind (echte Noven; BGE 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f. mit
Hinweisen; zum Ganzen: Urteil 5A_115/2012 vom 20. April 2012 E. 4.2.2). +

2.
2.1 Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen über den Umfang des
Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG) und die Bemessung des Invaliditätsgrades
bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG [SR 830.1] in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1
IVG; BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348; 128 V 29 E. 1 S. 30; 104 V 135 E. 2a und b S.
136), zutreffend dargelegt. Hierauf wird verwiesen.

2.2 Für die richterliche Beurteilung eines Falles sind grundsätzlich die
tatsächlichen Verhältnisse zur Zeit des Erlasses der angefochtenen
Verwaltungsverfügung massgebend (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366 mit Hinweisen).
Tatsachen, die sich erst später verwirklichen, sind jedoch insoweit zu
berücksichtigen, als sie mit dem Streitgegenstand in engem Sachzusammenhang
stehen und geeignet sind, die Beurteilung im Zeitpunkt des Verfügungserlasses
zu beeinflussen (BGE 99 V 98 S. 102 mit Hinweisen).

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat - gestützt auf die medizinische Aktenlage - in
für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt (E. 1.1 hievor), dass
innert eines halben Jahres nach der Spondylodese vom 17. Juni 2008 eine
wesentliche Verbesserung der Rückenbeschwerden und der Arbeitsfähigkeit bei
leidensangepasster Tätigkeit eingetreten ist: Aufgrund der objektivierbaren
Wirbelsäulenbefunde waren der Beschwerdeführerin ab Dezember 2008 körperlich
wenig belastende, in wechselnder Position zu verrichtende Arbeiten wiederum in
einem Pensum von mindestens 70 % zumutbar (Berichte der Klinik S.________ vom
29. Oktober und 11. Dezember 2008). Soweit die Versicherte in der Beschwerde
ans Bundesgericht geltend macht, es sei noch vor Erlass der Rentenverfügung vom
10. März 2010 wiederum eine Verschlechterung der Rückensituation eingetreten,
ist ihr Einwand als neue Behauptung tatsächlicher Art nicht zu hören (E. 1.2
hievor). In der vorinstanzlichen Beschwerde hatte sie nämlich die bereits von
der IV-Stelle auf 70 % veranschlagte Arbeitsfähigkeit in einer geeigneten
Verweisungstätigkeit noch ausdrücklich anerkannt (und einzig den
Einkommensvergleich beanstandet).

3.2 Soweit die Beschwerdeführerin letztinstanzlich neue medizinische Berichte
einreicht, welche aus der Zeit vor dem angefochtenen kantonalen Entscheid vom
30. November 2011 stammen und eine gesundheitliche Verschlechterung nach Erlass
der streitigen Rentenverfügung vom 10. März 2010 belegen sollen, mag hier offen
bleiben, ob diese Beweismittel unter dem Blickwinkel des dargelegten
Novenverbots (vorstehende E. 1.2) zulässig sind. Selbst wenn sie zu
berücksichtigen wären und gestützt darauf von einer nach Verfügungserlass
eingetretenen Verminderung der Restarbeitsfähigkeit auszugehen wäre, könnte die
Versicherte daraus für das vorliegende Verfahren nichts zu ihren Gunsten
ableiten. Denn nach der unter E. 2.2 hievor dargelegten Rechtsprechung sind
hier lediglich die tatsächlichen Verhältnisse massgebend, wie sie sich bis zum
Erlass der Rentenverfügung entwickelt haben. Aus den nachgereichten neuen
ärztlichen Berichten aus der Zeit vor dem kantonalen Entscheid ergeben sich
nämlich keine nach Verfügungserlass eingetretene Tatsachen, die geeignet wären,
die angeführte Beurteilung im Verfügungszeitpunkt in anderm Lichte erscheinen
zu lassen.
Die letztinstanzlich eingereichten ärztlichen Stellungnahmen, welche nach dem
vorinstanzlichen Entscheid vom 30. November 2011 verfasst wurden, sind als
echte Noven im bundesgerichtlichen Verfahren unbeachtlich (E. 1.2 hievor in
fine).

4.
Aufgrund der im Dezember 2008 wiedergewonnenen 70%igen Arbeitsfähigkeit bei
leidensangepasster Erwerbstätigkeit ermittelten IV-Stelle und kantonales
Gericht einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad und befristeten deshalb
die ganze Invalidenrente auf den 31. März 2009 (vgl. Art. 88a Abs. 1 der
Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung [IVV; SR
831.201]). Dass die diesbezüglichen vorinstanzlichen Erwägungen
bundesrechtswidrig wären, ist nicht ersichtlich und bringt die
Beschwerdeführerin selber im letztinstanzlichen Verfahren nicht (mehr) vor.

5.
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Ausgleichskasse des
Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. Juli 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Attinger