Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 627/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_627/2012, 9C_636/2012

Urteil vom 17. Oktober 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Verfahrensbeteiligte
9C_627/2012
S.________,
Beschwerdeführer,

und

9C_636/2012
G.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse Promea, Ifangstrasse 8, 8952 Schlieren,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerden gegen die Entscheide des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 10. Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
S.________ ist Kommanditär mit einer Kommanditsumme von Fr. 1'000.- (bis 8.
Februar 2005 mit einer Summe von Fr. 50'000.-) und seine Ehefrau G.________
unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft "X.________ &
Co" mit Sitz in Z.________. Gestützt auf eine Steuermeldung vom 8. Oktober 2008
erfasste die Ausgleichskasse Promea S.________ für die Beitragsperiode 2001 als
Selbstständigerwerbenden und erhob aufgrund eines beitragspflichtigen
Einkommens von Fr. 68'100.- einen persönlichen Beitrag (inkl.
Verwaltungskosten) von Fr. 6'534.- sowie Zinsen von Fr. 1'905.75 (Verfügungen
vom 31. Oktober 2008). Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 6. März 2009
fest.
Nachdem die Ausgleichskasse gegenüber G.________ zunächst für die
Beitragsperiode 2001 mangels selbstständigen Erwerbseinkommens keine Beiträge
erhoben hatte (Verfügung vom 31. Oktober 2008), setzte sie mit Verfügung vom
24. April 2009 das beitragspflichtige Einkommen der G.________ für das Jahr
2001 ebenfalls auf Fr. 68'100.- fest. Auf Einsprache hin sistierte sie das
Einspracheverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Beschwerdeverfahrens
ihres Ehemannes.

B.
Die von S.________ gegen den Einspracheentscheid vom 6. März 2009 erhobene
Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom
30. März 2010 ab. Die daraufhin eingereichte Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hiess die II. sozialrechtliche Abteilung
des Bundesgerichts mit Urteil vom 12. August 2010 teilweise gut und wies die
Sache in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des
Einspracheentscheides vom 6. März 2009 an die Ausgleichskasse Promea zurück,
damit diese den Anteil des Beschwerdeführers am Gewinn der
Kommanditgesellschaft X.________ & Co für das Jahr 2001 ermittle und danach
über die Höhe der Beiträge neu verfüge.

C.
Mit Verfügung vom 4. Februar 2011 erliess die Ausgleichskasse gegenüber
S.________ eine neue Beitragsverfügung, worin sie seine Beiträge ermessensweise
aufgrund der Hälfte des in der Steuermeldung enthaltenen Einkommens aus der
Kommanditgesellschaft festsetzte. Dementsprechend hob die Ausgleichskasse
gegenüber G.________ die Sistierung des Einspracheverfahrens auf und erliess am
4. Februar 2011 einen Einspracheentscheid, worin sie in teilweiser Gutheissung
der Einsprache die Beiträge auf der andern Hälfte des Gesellschaftseinkommens
erhob. Die von S.________ gegen seine Verfügung erhobene Einsprache wies die
Ausgleichskasse mit Entscheid vom 5. April 2011 ab.

D.
Die hiegegen von S.________ und G.________ erhobenen Beschwerden wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheiden vom 10. Juli 2012 ab.

E.
Mit je separater Eingabe führen S.________ und G.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides sei die Sache an die Ausgleichskasse zur neuen
Ermittlung der Beiträge zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Da den beiden Beschwerden derselbe Sachverhalt zugrunde liegt und die Höhe der
Beitragspflicht der beiden Beschwerdeführenden für die Einkünfte aus der
Kommanditgesellschaft gegenseitig voneinander abhängig sind, sind die beiden
Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 133 IV
215 E. 1 S. 217, 128 V 124 E. 1 S. 126 mit Hinweisen).

2.
2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von
Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (
BGE 134 IV 36 E. 1.4.1 S. 39). Die entsprechende Rüge prüft das Bundesgericht
nur insoweit, als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert
begründet worden ist.

3.
3.1 Das kantonale Gericht hielt in tatsächlicher Hinsicht verbindlich fest, die
Ausgleichskasse habe den beiden Beschwerdeführenden mit zwei separaten
Schreiben vom 1. Oktober 2010 mitgeteilt, das Steueramt sei zur Aufteilung der
gemeldeten Beiträge nicht in der Lage, weshalb sie unter Hinweis auf die
Mitwirkungspflicht gebeten würden, die Aufteilung des vom Steueramt gemeldeten
Einkommens von Fr. 66'732.- und des gemeldeten Eigenkapitals von Fr. 1'779.-
mitzuteilen. Daraufhin hätten die beiden Beitragspflichtigen mitgeteilt, leider
seien die fraglichen Unterlagen der Gesellschaft für das Jahr 2001 infolge
ausserordentlicher Umstände nicht mehr greifbar. Die Anfrage könne daher nicht
beantwortet werden. Mit zwei weiteren separaten Schreiben vom 3. Januar 2011
habe die Ausgleichskasse den Ehegatten sodann die Gelegenheit gegeben, einen
begründeten Antrag zu stellen, wie die Aufteilung vorgenommen werden solle. In
ihren separaten Antworten vom 16. Januar 2011 hätten die Ehegatten lediglich
auf frühere Unterlagen verwiesen und mitgeteilt, aus der ganzen
Gerichtskorrespondenz gehe deutlich hervor, was Sache sei. Wiederholungen
erübrigten sich. In der Folge habe die Ausgleichskasse die vom Bundesgericht
geforderte Aufteilung ermessensweise vorgenommen und habe das Einkommen von Fr.
66'732.- sowie das Eigenkapital von Fr. 1'779.- hälftig aufgeteilt. Gestützt
darauf kam das kantonale Gericht zum Schluss, da die Steuerverwaltung nicht in
der Lage sei, eine nachvollziehbare Aufteilung des Gewinns vorzunehmen und die
beiden Beschwerdeführenden auch nach zweimaliger Anfrage durch die
Ausgleichskasse nicht bereit oder ebenfalls nicht in der Lage gewesen seien,
diesbezügliche Angaben zu machen, erscheine es als sachgerecht, die von der
Steuerbehörde gemeldeten Zahlen ermessensweise auf die Ehegatten je hälftig
aufzuteilen.

3.2 In den beiden, nahezu gleichlautenden Beschwerden wird nicht dargelegt,
inwiefern die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts offensichtlich
unrichtig oder in Verletzung von Bundesrecht erfolgt wäre. Ebenso wenig wird
dargelegt, inwiefern Ausgleichskasse und kantonales Gericht mit der
ermessensweisen hälftigen Aufteilung der von der Steuerbehörde gemeldeten und
im Übrigen unbestrittenen Zahlen Bundesrecht verletzt haben sollten. Nachdem
die beiden Vorinstanzen im Anschluss an das erste bundesgerichtliche Urteil vom
12. August 2010 versucht haben, den Sachverhalt abzuklären, insbesondere beim
Konkursamt, und die Beschwerdeführenden nicht willens oder nicht in der Lage
waren, sachdienliche Angaben zur Aufteilung der Einkommen zu machen, hat die
Ausgleichskasse zu Recht die Beiträge ermessensweise festgelegt. Die
Einwendungen, soweit sie überhaupt sachbezüglich sind, sind nicht geeignet, den
vorinstanzlichen Entscheid als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Gerichtskosten den beiden
Beschwerdeführenden je zur Hälfte auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 9C_627/2012 und 9C_636/2012 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerden werden abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'800.- werden den beiden Beschwerdeführenden je zur
Hälfte auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Oktober 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer