Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 606/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C_606/2012 {T 0/2}

Urteil vom 14. Januar 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Verfahrensbeteiligte
Z.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Willi Füchslin,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom
12. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene Z.________ arbeitete bis 1996 im erlernten Beruf als Metzger
und übernahm alsdann von seinen Eltern das Restaurant B.________. Seine Ehefrau
arbeitet im selben Betrieb.

Auf Gesuch des Z.________ hin erteilte die IV-Stelle Schwyz im Jahre 1999
Kostengutsprache für die Versorgung mit Hörgeräten.

Ende Oktober 2010 meldete sich Z.________ erneut bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an, wobei er als gesund-heitliche Beeinträchtigung "Burnout"
angab. Die IV-Stelle prüfte die medizinischen und erwerblichen Verhältnisse,
wozu sie unter anderem einen Abklärungsbericht für Selbständigerwerbende (vom
22. November 2011) einholte. Vorbescheidsweise ermittelte sie einen
rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 30 %. Auf die von Z.________
erhobenen Einwände hin ersuchte die IV-Stelle die Fachperson für
selbständigerwerbende Versicherte um eine Stellungnahme, welche diese am 9.
Dezember 2011 erstattete. Mit Verfügung vom 27. Januar 2012 verneinte die
IV-Stelle den Anspruch auf eine Invalidenrente, da ein Invaliditätsgrad von 30
% vorliege.

B.
Beschwerdeweise liess Z.________ sinngemäss beantragen, die angefochtene
Verfügung sei aufzuheben und es sei ihm eine Rente zuzusprechen. Eventualiter
seien (durch das kantonale Gericht oder die IV-Stelle, an welche die Sache zu
diesem Zweck zurückzuweisen sei) ergänzende Abklärungen zu treffen. Mit
Entscheid vom 12. Juni 2012 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die
Beschwerde ab.

C.
Z.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegen-heiten führen
und das Rechtsbegehren stellen, der angefochtene Entscheid und die Verfügung
seien dahingehend abzuändern, dass ihm eine Invalidenrente zustehe.
Eventualiter sei die Sache zu ergänzenden Abklärungen an die IV-Stelle oder die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Rente der
Invalidenversicherung (Art. 28 IVG; Art. 16 ATSG). Während Vorinstanz und
IV-Stelle einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad ermitteln, stellt sich
der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, es sei ihm (mindestens) eine halbe
Invalidenrente zuzusprechen.

Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zusprache
einer Rente der Invalidenversicherung zutreffend und umfassend dargelegt.
Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Es steht fest und ist unbestritten, dass der Versicherte an einer
rezidivierenden depressiven Störung leidet. Da sich zu deren Schweregrad in den
Akten unterschiedliche Angaben (von leicht bis mittel) finden, hält der
Beschwerdeführer zusätzliche Abklärungen für angezeigt. Er macht eine
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes geltend.

3.2 Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Denn wie im
angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt, ist entscheidend, dass der
Beschwerdeführer unabhängig vom Schweregrad der depressiven Störung, welche
Frage Ermessenszüge aufweist (vgl. Urteil 9C_54/2009 vom 13. März 2009 E. 3.2),
und dem damit zusammenhängenden Aspekt, ob die Restarbeitsfähigkeit auf 50 oder
75 % zu veranschlagen ist, als selbständigerwerbender Koch und Wirt im eigenen
Gastwirtschaftsbetrieb sein verbliebenes Leistungsvermögen so einsetzen kann
und muss, dass die erwerblichen Einbussen möglichst gering ausfallen (vgl. dazu
E. 4 nachfolgend). Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die
Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung, welche Fragen tatsächlicher Natur
beschlägt und für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ist (BGE 137 V 64
E. 5.2 S. 69; vgl. E. 1 hiervor), von weiteren medizinischen Abklärungen
abgesehen hat.

4.
4.1 Die Vorinstanz erwog, aus dem Abklärungsbericht vom 22. November 2011
ergebe sich, dass der Versicherte weiterhin in der Lage sei, in seinem
Restaurationsbetrieb mittags und abends zu kochen, wobei er anschliessend
vermehrte Pausen oder Erholungszeit benötige. Nicht eingeschränkt sei auch die
bisherige Aufgabe, zusammen mit der ebenfalls im Betrieb tätigen Ehefrau den
Einkauf zu erledigen. Da sich die beiden Vergleichseinkommen (Valideneinkommen:
Fr. 47'017.-; Invalideneinkommen: Fr. 33'082.-) zuverlässig ermitteln liessen,
verzichtete die Vorinstanz schliesslich auf die Durchführung eines erwerblich
gewichteten Betätigungsvergleichs (ausserordentliches Bemessungsverfahren) und
ermittelte den Invaliditätsgrad gestützt auf die allgemeine Methode des
Einkommensvergleichs; diese führte zu einem rentenausschliessenden
Invaliditätsgrad von gerundet 30 %.

4.2 Zu Unrecht bringt der Beschwerdeführer vor, der Sachverhalt sei insofern
offensichtlich unrichtig festgestellt, als sich ganz klar aus den medizinischen
Akten ergebe, dass er nicht in der Lage sei, die bisherigen Arbeiten im eigenen
Restaurationsbetrieb weiterhin auszuführen, dies auch nicht mit vermehrten
Pausen. Denn diese Behauptung findet in den Arztberichten keine Stütze.
Unbehelflich ist sein pauschaler Hinweis auf "IV-Akten act. 24, 33, 41 und KB
3", welche beinahe hundert Seiten umfassen und nur vereinzelt überhaupt eine
Einschätzung der Arbeitsfähigkeit enthalten. Sodann ist selbst in dem die
Einschränkung grosszügig bemessenden Bericht der Fachstelle S.________ vom 29.
März 2012 nur die Rede davon, dass die Müdigkeits- und Erschöpfungsgefühle den
Versicherten nach kurzer Arbeitszeit zu oft stundenlangen Pausen zwingen
würden. Hinzu kommt, dass sich die Abklärungsperson bei der Einschätzung,
welche Aufgaben dem Beschwerdeführer noch möglich sind, auf dessen damalige,
erst später bestrittene Angaben stützte. Zudem bestätigte die Abklärungsperson
in der zusätzlich eingeholten Stellungnahme vom 9. Dezember 2011 auf Nachfrage
hin, dass sich der Versicherte klar dahingehend geäussert habe, dass es ihm
unter Einhaltung der gesundheitsbedingt eingeführten Ruhepausen von 0.5-2h nach
dem Mittagessen möglich sei, alle bisherigen Arbeiten ohne
Leistungseinschränkung weiterhin zu verrichten. Diese Einschätzung steht denn
auch im Einklang mit dem Bericht vom 29. März 2012. Bei dieser Sachlage ist
nicht zu beanstanden, dass Vorinstanz und IV-Stelle diesen Aussagen der ersten
Stunde mehr Gewicht beigemessen haben als den späteren, bewusst oder unbewusst
von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher oder anderer Art
beeinflussten (BGE 121 V 45 E. 1a S. 47; 115 V 133 E. 8c S. 143).

4.3 Korrekt ist sodann - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung
- auch die Anwendung der Einkommensvergleichsmethode. Zwar gelangt bei
Selbständigerwerbenden häufig der erwerblich gewichtete Betätigungsvergleich
zur Anwendung, weil dem ordentlichen Bemessungsverfahren (Einkommensvergleich)
die notwendige Grundlage entzogen ist, wenn auch nur eines der beiden
Vergleichseinkommen nicht ermittelt werden kann; dies trifft jedoch auch bei
Selbständigerwerbenden nicht ausnahmslos zu (vgl. Urteil I 782/03 vom 24. Mai
2006, in: RTiD 2006 II 214; Ulrich Meyer, Bundesgesetz über die
Invalidenversicherung, 2. Aufl. 2010, S. 299 f.).

Im hier zu beurteilenden Fall erlauben es die im Abklärungsbericht vom 22.
November 2011 aufgelisteten, sich auf die Buchhaltungsunterlagen stützenden
Kennzahlen der Geschäftsjahre 2004-2010 ohne weiteres, die beiden
Vergleichseinkommen hinreichend genau zu bestimmen. Denn aus den aktenkundigen
Faktoren der sieben Geschäftsjahre (wovon zwei [2004 und 2005] vor Eintritt des
Gesundheitsschadens liegen), mit welchen sich die Vorinstanz eingehend
auseinandergesetzt hat, ergibt sich, dass der gesundheitsbedingte teilweise
Ausfall des Beschwerdeführers durch die Erhöhung der Pensen der Angestellten
aufgefangen wurde.
4.3.1 Dass Vorinstanz und IV-Stelle gestützt auf diese Faktoren das
Valideneinkommen mit Fr. 47'017.- ermittelten, indem sie vom durchschnittlichen
Betriebsgewinn der Jahre 2004 (Fr. 41'641.-) und 2005 (Fr. 48'225.-) ausgingen
und diesen Wert auf das Jahr 2010 hochrechneten, ist nicht zu beanstanden. Zu
Unrecht macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang sinngemäss geltend,
die Jahre 2004 und 2005 könnten nicht als Grundlage herangezogen werden, weil
sich psychische Beeinträchtigungen schleichend entwickelten, so dass sein
Leistungsvermögen möglicherweise bereits in dieser Zeit eingeschränkt gewesen
sei. Denn nach den in den medizinischen Berichten (vgl. insbesondere
psychiatrisches Konsilium des Dr. med. A.________, Facharzt FMH für Psychiatrie
und Psycho-therapie, vom 11. Dezember 2007) wiedergegebenen Angaben des
Beschwerdeführers selbst ging es ihm stimmungsmässig über Jahre hinweg gut und
kam es erst um die Jahreswende 2006/2007 zu einem "Knick". Bei dieser Aktenlage
lässt sich ausschliessen, dass die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers
bereits in den Jahren 2004 und 2005 aus psychischen Gründen beeinträchtigt war.
Entgegen der in der Beschwerde geäusserten Auffassung ist auch der Beizug
statistischer Werte (wie der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik
[LSE]) nicht angezeigt. Denn auf diese wäre - als Abweichung vom Grundsatz,
dass das Valideneinkommen so konkret wie möglich zu ermitteln ist, weshalb in
der Regel auf das vor Eintritt des Gesundheitsschadens zuletzt tatsächlich
erzielte Einkommen abzustellen ist (BGE 135 V 58 E. 3.1 S. 59) - nur
zurückzugreifen, wenn sich das ohne gesundheitliche Beeinträchtigung
realisierbare Einkommen nicht hinreichend genau beziffern liesse, was hier
nicht der Fall ist.
4.3.2 Richtig ist auch die Festsetzung des Invalideneinkommens auf Fr.
33'082.-, welches sich aus den Geschäftszahlen nach Eintritt des
Gesundheitsschadens ableitet und um die im Abklärungsbericht im Einzelnen
aufgelisteten invaliditätsfremden Aspekte (Anhebung des Strompreises zufolge
Wechsel des Anbieters; URE [Unterhalt/Reparaturen/Ersatz]; Abschreibungen)
bereinigt wurde. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, stellt eine
Wiederholung des im kantonalen Verfahren Vorgebrachten dar. Seine Einwände hat
bereits die Vorinstanz mit überzeugender Begründung entkräftet. Der
entsprechenden Erwägung hat das Bundesgericht nichts beizufügen.
4.3.3 Bei dieser Sachlage ist auch der aus der Gegenüberstellung der beiden
Vergleichseinkommen resultierende, rentenausschliessende Invaliditätsgrad
rechtens.

5.
Die Kosten des Verfahrens hat der unterliegende Beschwerdeführer zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 14. Januar 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann