Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 564/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_564/2012

Urteil vom 12. September 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
D.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Q.________,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Schwyz,
Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 16. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 9. Juli 2012 stellte die Post dem Bundesgericht am Standort Luzern ein Paket
ohne Absender mit dem Vermerk "Unfrankiert aus Paketeinwurf ... 4.7.12" zu. Die
Annahme der Sendung wurde verweigert.

B.
Am 12. Juli 2012 (Poststempel) reichte Rechtsanwältin Q.________ namens und im
Auftrag von D.________ eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ein gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons
Schwyz vom 16. Mai 2012 betreffend die Aufhebung und Rückforderung der
Invalidenrente sowie der Hilflosenentschädigung. Im Begleitschreiben führte sie
unter Hinweis auf den beigelegten Auszug aus dem elektronischen Suchsystem
"Track & Trace" der Post aus, die Beschwerde sei fristgerecht am 4. Juli 2012
aufgegeben, in der Zwischenzeit jedoch retourniert worden. Sie werde daher
nochmals eingereicht.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit
freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 135 II 94 E. 1 S. 96; Urteil
9C_959/2009 vom 19. Februar 2010 E. 2.1).

2.
Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der
vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art. 100 Abs. 1
BGG). Die Eingabe muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht
oder zu dessen Handen u.a. der Schweizerischen Post übergeben werden (Art. 48
Abs. 1 BGG). Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung, die
mit Gewissheit feststehen und nicht bloss überwiegend wahrscheinlich sein muss
(Kathrin Amstutz/Peter Arnold, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2.
Aufl. 2011, S. 562 N. 8 zu Art. 48 BGG mit Hinweis auf BGE 119 V 7 E. 3c S. 9
f.), trägt der oder die Rechtsuchende (Art. 8 ZGB; Urteil 2C_265/2008 vom 9.
April 2008 E. 2.2.2 mit Hinweisen und Urteil 5A_163/2007 vom 2. August 2007).

2.1 In tatsächlicher Hinsicht steht aufgrund der Suchergebnisse der Post
("Track & Trace") fest, dass das Paket, auf das in der Eingabe vom 12. Juli
2012 Bezug genommen wird, am 4. Juli 2012, 00.00 Uhr, somit kurz vor bzw. mit
Ablauf der Rechtsmittelfrist, in Z.________ über den Paketeinwurf aufgegeben
worden war. Die Sendung war an das Bundesgericht adressiert; sie war jedoch
nicht frankiert und trug keinen Absender. Das Gericht verweigerte die Annahme.
In der Folge öffnete die Post das Paket und sandte es an den nunmehr bekannten
Absender zurück (vgl. Ziff. 2.4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
"Postdienstleistungen" [AGB-Post, Ausgabe April 2012]).
2.2
2.2.1 Das Bundesgericht verweigerte die Annahme des am 4. Juli 2012 bei der
Post aufgegebenen Pakets. Gemäss Ziff. 2.2.4 der AGB-Post werden bei
unbekanntem Absender nicht oder zu wenig bezahlte Portokosten (hier: Fr. 9.-)
beim Empfänger erhoben. Solche Kosten bilden jedoch nicht Teil der zu
bevorschussenden Gerichtskosten und Barauslagen (vgl. Art. 62 f. BGG und Thomas
Geiser, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, a.a.O., S. 738 N. 4 f. zu
Art. 65 BGG), rechtfertigen daher auch nicht die Ansetzung einer Nachfrist
(Art. 62 Abs. 3 BGG).
2.2.2 Beweisthema ist somit, ob das am letzten Tag der Frist am 4. Juli 2012
bei der Post aufgegebene Paket die am 12. Juli 2012 und damit verspätet
eingereichte Beschwerde enthielt. Trifft dies zu, ist von der Rechtzeitigkeit
des Rechtsmittels auszugehen. Welches der Inhalt der bei der Post über den
Paketeinwurf aufgegebenen Sendung war, ist und bleibt jedoch unbekannt. Es
lässt sich daher auch nicht überprüfen, ob es sich bei der zweiten Eingabe um
die gleiche Rechtsschrift handelt oder ob in der Zwischenzeit Änderungen
vorgenommen wurden. Unter diesen Umständen die Rechtzeitigkeit zu bejahen,
liefe im Ergebnis auf eine gesetzwidrige Erstreckung der Beschwerdefrist hinaus
(Art. 47 Abs. 1 BGG).
Die Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 16. Mai 2012 hat somit zufolge Beweislosigkeit zu Lasten des
Beschwerdeführers (vorne E. 2) als verspätet zu gelten.

3.
Eine Wiederherstellung der Frist gestützt auf Art. 50 BGG fällt ausser
Betracht. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat in ihrer Eingabe vom
12. Juli 2012 nicht dargelegt, inwiefern sie unverschuldeterweise davon
abgehalten wurde, fristgerecht in rechtswahrender Weise zu handeln.

4.
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache ist die Frage der aufschiebenden
Wirkung der Beschwerde gegenstandslos.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde von vornherein
aussichtslos war (Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. September 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Fessler