Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 559/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C_559/2012 {T 0/2}

Urteil vom 27. November 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella,
Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Verfahrensbeteiligte
F.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Györffy,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse
13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 16. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
F.________, geboren 1975, gelernter Maler, meldete sich am 19. Mai 2008 unter
Angabe unfallbedingter Beschwerden am rechten Handgelenk bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug ("Massnahmen für die berufliche
Eingliederung") an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau wies das
Leistungsbegehren mit Verfügung vom 7. Oktober 2008 ab. Die dagegen erhobene
Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom
18. März 2009 bezüglich des Anspruchs auf Berufsberatung und Arbeitsvermittlung
teilweise gut und wies das Begehren auf Umschulung ab. In der Folge gewährte
die IV-Stelle F.________ Arbeitsvermittlung. Sie schloss sie mit Mitteilung vom
19. April 2010 erfolglos ab.
Am 15. September 2010 meldete sich F.________ erneut bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Er gab an, unter krankheits- und
unfallbedingten somatischen und psychischen Problemen zu leiden. Die IV-Stelle
trat auf das neue Gesuch ein und beauftragte im Rahmen der medizinischen
Abklärung das Institut X.________ mit einer polydisziplinären Abklärung
(Gutachten vom 24. Oktober 2011). Mit Vorbescheiden vom 3. November 2011 und
Verfügungen vom 9. Februar 2012 verneinte sie den Anspruch auf berufliche
Massnahmen und auf eine Invalidenrente (Invaliditätsgrad von 30 %). Zudem
lehnte sie das Gesuch um Bewilligung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im
Vorbescheidverfahren ab.

B.
F.________ liess beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau Beschwerde erheben
und beantragen, die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihm eine ganze
Invalidenrente auszurichten; eventualiter habe sie ihm geeignete berufliche
Massnahmen zu ermöglichen; zudem habe sie für den Aufwand des Rechtsvertreters
im Vorbescheidverfahren aufzukommen. Das Gericht wies die Beschwerde mit
Entscheid vom 16. Mai 2012 ab.

C.
F.________ lässt hiegegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
führen. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die
IV-Stelle zur Ausrichtung einer ganzen Rente zu verpflichten; eventualiter sei
sie anzuhalten, ihm eine geeignete berufliche Massnahme zu ermöglichen;
eventualiter sei die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen und zum
Neuentscheid an die Vorinstanz, subeventualiter an die IV-Stelle,
zurückzuweisen. Die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihm die unentgeltliche
Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren zu bewilligen und für den Aufwand
des Rechtsvertreters im Vorbescheidverfahren aufzukommen. Zudem ersucht er um
Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung vor Bundesgericht.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beurteilung von Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Art. 82 ff. BGG) liegt der Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesen kann das Bundesgericht von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG;
vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Zu den Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95
lit. a BGG gehören auch die unvollständige Feststellung der rechtserheblichen
Tatsachen und die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als einer
wesentlichen Verfahrensvorschrift (Urteil 9C_53/2008 vom 18. Februar 2009 E.
1.3 mit Hinweisen).

1.2 Die vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand, d.h. die
Befunderhebung, die gestützt darauf gestellte Diagnose und die ärztliche
Stellungnahme zum noch vorhandenen Leistungsvermögen oder (bei psychischen
Gesundheitsschäden) zur Verfügbarkeit von Ressourcen der versicherten Person
sowie die aufgrund der medizini-schen Untersuchungen gerichtlich konstatierte
Arbeits(un)fähigkeit betreffen Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398), welche
sich nach der in E. 1.1 dargelegten Regelung der Kognition einer Überprüfung
durch das Bundesgericht weitgehend entziehen und die es seiner Urteilsfindung
zugrunde zu legen hat. Die konkrete Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine
Tatfrage dar (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_740/2010 vom 29. September
2011 E. 2.2).

1.3 Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG sowie die Anforderungen an den
Beweiswert ärztlicher Unterlagen Rechtsfrage (Urteil 8C_215/2012 vom 11. Juli
2012 E. 2), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden
Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE
133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1
BGG).

1.4 Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen
Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die
geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten (Anamnese)
abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen Situation und
Zusammenhänge einleuchtet und die Schlussfolgerungen des Arztes begründet sind
(BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Auf einen diesen Anforderungen an sich genügenden
ärztlichen Bericht darf jedoch dann nicht abgestellt werden, wenn Umstände
vorliegen, die in objektiver Weise und nicht bloss aufgrund des subjektiven
Empfindens der Partei geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit und
Unvoreingenommenheit des Verfassers zu erwecken (BGE 137 V 210 E. 6.1.2 S. 267;
132 V 93 E. 7.1 S. 109 mit Hinweis; Urteil 9C_1061/2009 vom 11. März 2010 E.
4.1; Urteil 9C_104/2012 vom 12. September 2012 E. 3.1). Was die Berichte
behandelnder Ärzte betrifft, so gilt der Grundsatz, dass diese aufgrund der
auftragsrechtlichen Vertrauensstellung zum Patienten mit Vorbehalt zu würdigen
sind (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353). Dies gilt für den allgemein
praktizierenden Hausarzt wie den behandelnden Spezialarzt (Urteil I 655/05 vom
20. März 2006 E. 5.4 mit Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz wende mit ihren Einschätzungen und
ihrer Argumentation die Grundsätze bezüglich des Beweiswerts eines ärztlichen
Berichts oder Gutachtens falsch an. Dies gelte namentlich für die Frage, wie
die Berichte der behandelnden Ärzte zu berücksichtigen seien bzw. wie sie der
Annahme entgegenstünden, dem Gutachten des Instituts X.________ komme
genügender Beweiswert zu. Indem die Vorinstanz angenommen habe, die
Einschätzung des Instituts X.________ treffe zu, obwohl diesem effektiv kein
genügender Beweiswert zukomme, und ihr gewichtige Berichte der behandelnden
Ärzte entgegenstünden, habe die Vorinstanz überdies den Untersuchungsgrundsatz
verletzt. Er wirft der Vorinstanz in diesem Zusammenhang vor, sie hätte bei der
Würdigung des Beweiswerts des Gutachtens berücksichtigen müssen, dass das
Institut X.________ aufgrund materieller Fehlanreize und mangels effektiver
Absicherung der erforderlichen Neutralität und Objektivität die Einseitigkeit
der Beurteilung zugunsten der Versicherer zum Geschäftsmodell gemacht habe.
Belegt werde dies namentlich auch durch Vorkommnisse um einen der Leiter des
Instituts X.________. Dieser habe in einer Reihe von Fällen Teilgutachten ohne
Rücksprache mit den Teilgutachtern und durchwegs zulasten der versicherten
Person abgeändert. Die Vorinstanz hätte darum zum Ergebnis kommen müssen, dass
auch aufgrund der beschriebenen Problematik und unter Beachtung des Grundsatzes
des fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK nicht auf das Gutachten des Instituts
X.________ abgestellt werden könne, da es nicht die erforderliche Gewähr für
Neutralität und Objektivität biete.
Zunächst ist festzustellen, dass der erwähnte Leiter des Instituts X.________
bei der Erstellung des vorliegenden Gutachtens gar nicht beteiligt war. Zudem
hat das Bundesgericht mit Urteil 9C_113/2012 vom 14. März 2012 E. 2.1
festgehalten, dass der regelmässige Beizug eines Gutachters oder einer
Begutachtungsinstitution durch den Versicherungsträger, die Anzahl der beim
selben Arzt in Auftrag gegebenen Gutachten und Berichte sowie das daraus
resultierende Honorarvolumen für sich allein genommen nicht zum Ausstand
führen. Ohnehin ist auf die MEDAS - als Institution - die Rechtsprechung
sinngemäss anwendbar, wonach nur die für eine Behörde tätigen Personen, nicht
die Behörde als solche, befangen sein können (BGE 137 V 210 E. 1.3.3 S. 226 mit
Hinweisen). Es wäre nicht verhältnismässig, wenn nach den alten Regeln (d.h.
vor BGE 137 V 210) bereits eingeholte Gutachten (hier rund ein Vierteljahr
zuvor am 5. April 2011) ungeachtet ihrer jeweiligen Überzeugungskraft den
Beweiswert einbüssten. Bildet ein nach altem Standard in Auftrag gegebenes
Gutachten die massgebende Entscheidungsgrundlage, so ist diesem Umstand
allenfalls bei der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen (Urteil 9C_113/2012 vom
14. März 2012 E. 4 mit Hinweis). Auch nach der Rechtsprechung von BGE 137 V 210
waren somit keine Weiterungen geboten; der gerügte Verstoss gegen das Recht auf
ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) ist nicht auszumachen.

3.
3.1 Das polydisziplinäre (internistisch-psychiatrisch-orthopädische) Gutachten
des Instituts X.________ vom 24. Oktober 2011 attestierte dem Beschwerdeführer
mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit eine rezidivierende depressive Störung,
gegenwärtig leichte bis mittelgradige Episode mit Symptomen einer
posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F33.0/F33.1/F43.1) und chronische
Beschwerden am dominanten rechten Handgelenk (ICD-10 T92.2/Z98.8). Als
Diagnosen ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit waren u.a. eine Störung durch
Alkohol, schädlicher Gebrauch (ICD-10 F10.1), sowie eine anhaltende somatoforme
Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) angegeben. Die depressive Störung sei verbunden
mit Verstimmungen, Antriebsstörung, Schlafstörungen, vermindertem Selbstwert
mit negativen Zukunftsperspektiven in Bezug auf die gesundheitliche Situation
und eine berufliche Tätigkeit, Symptomen einer posttraumatischen
Belastungsstörung mit wiederholten Erinnerungen an traumatisierende Erlebnisse
im Bosnienkrieg, Albträumen sowie einer Schmerzsymptomatik im Bewegungsapparat,
die sich bei deutlich ausgeprägten psychosozialen und emotionalen
Belastungsfaktoren durch somatische Befunde nicht hinreichend erklären lasse.
Der Verlauf sei chronisch und werde vor allem auch durch die deutlich
ausgeprägte Krankheitsüberzeugung mitbestimmt. Die Prognose sei deshalb
ungünstig. Der Beschwerdeführer sei in der angestammten Tätigkeit als Maler und
in jeder anderen körperlich schweren Beschäftigung vollständig arbeitsunfähig.
In körperlich leichten bis mittelschweren leidensadaptierten Tätigkeiten sei
die Arbeitsfähigkeit zwar aus Sicht des Bewegungsapparates zeitlich und
leistungsmässig uneingeschränkt, jedoch bestehe aufgrund der rezidivierenden
depressiven Störung mit Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung
eine Einschränkung von 30 %. Aus polydisziplinärer Sicht sei somit für
körperlich leichte bis mittelschwere adaptierte Tätigkeiten eine im
Vollschichtpensum mit erhöhtem Pausenbedarf und reduziertem Rendement
umsetzbare Arbeits- und Leistungsfähigkeit von 70 % gegeben.

3.2 Vonseiten der behandelnden Ärzteschaft wurden die Verhältnisse wie folgt
eingeschätzt: In den Berichten der Klinik L.________ vom 14. August 2010 und 4.
Februar 2011 wurden eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung mit
phasenweise mittelgradiger bis schwerer depressiver Komorbidität (ICD-10
F43.1), der Verlust eines nahen Angehörigen in der Kindheit (ICD-10 Z61.0),
eine negativ veränderte Struktur der Familienbeziehungen in der Kindheit
(ICD-10 Z61.2), Betroffensein von Katastrophen, Krieg und sonstigen
Feindseligkeiten (ICD-10 Z65.5) sowie ein Zustand nach zweifach versuchter
vorsätzlicher Selbstbeschädigung durch absichtlich verursachten Autounfall
(ICD-10 X82) diagnostiziert. Aktuell könne sich der Patient von jeglicher
Suizidalität distanzieren und gebe ein glaubwürdiges Non-Suizidversprechen ab.
Bezüglich der traumatisierenden Erlebnisse bestünden auditive und visuelle
Intrusionen (= Wiedererinnern und Wiedererleben von psychotraumatischen
Ereignissen), dissoziative Episoden, Hyperarousal (= Übererregung), Nervosität,
eine ausgeprägte Hypervigilanz sowie auch eine ausgeprägte konstriktive (=
"einschnürende") Symptomatik. Der Patient gebe an, phasenweise unter inneren
Leeregefühlen zu leiden, auch werde er ständig von Gedanken und Gefühlen
überflutet. Er sei krankheitseinsichtig.
Die psychiatrisch erstbehandelnde Ärztin Frau Dr. med. M.________, Psychiatrie
und Psychotherapie FMH, bestätigte im Bericht vom 9. Januar 2011 die im Bericht
der Klinik L.________ gestellten Diagnosen. Sie äusserte sich nicht zur
Arbeitsfähigkeit ihres früheren Patienten, gab aber an, dass ihm unbedingt die
Möglichkeit zur beruflichen Eingliederung gegeben werden sollte.
Dr. med. H.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, gab im Bericht vom 15.
März 2012 an, der Versicherte leide unter einer komplexen posttraumatischen
Belastungsstörung. Dies entspreche beim Versicherten der ICD-10-Diagnose einer
andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0). Komorbid
bestehe eine mindestens mittelschwere bis schwere depressive Episode (ICD-10
F32.1-2). Die Syndrome würden sich in ihrer Symptomatik überlappen. Eine
andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung gehe häufig aus einer
posttraumatischen Belastungsstörung hervor. Symptome derselben seien beim
Patienten nach wie vor festzustellen (Wiedererleben traumatisierender
Ereignisse, Vermeidung und Übererregung). Ein zusätzliches und belastendes
Symptom sei eine ständig vorhandene chronische Suizidalität. Deswegen sei er
auch schon hospitalisiert gewesen (Klinik L.________). Der Patient sei
psychiatrisch schwer krank und 100 % erwerbsunfähig. Das Gutachten des
Instituts X.________ erfasse den Patienten diagnostisch nur unzureichend und es
sei nicht nachvollziehbar, dass aus psychischer Sicht lediglich eine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit um 30 % habe erkannt werden können.

4.
4.1 Für den Beschwerdeführer ist hinsichtlich des von ihm bestrittenen
Beweiswertes des Gutachtens der Umstand erstaunlich, dass das Institut
X.________ offenkundig die im Zeitpunkt der Exploration bestehende Suizidalität
nicht erkannt habe, sei doch ausgeführt worden, Hinweise für eine akute
Suizidalität bestünden nicht. Der Versicherte habe damals schon zwei
Suizidversuche hinter sich gehabt und nur drei Wochen nach der Begutachtung sei
ihm aufgrund chronischer Suizidalität fürsorgerisch die Freiheit entzogen
worden. Er verweist auf das am 29. September 2011 durch den Amtsarzt Dr. med.
W.________, Allgemeine Medizin FMH, ausgefüllte Formular, in welchem als Grund
der dringlichen Einweisung die Gefährdung durch chronische Suizidalität
angegeben wurde.

4.2 Die Einweisung vom September 2011 wurde von der IV-Stelle in ihrer
Gesamtbeurteilung mitberücksichtigt. Aus der - auch vom Beschwerdeführer in
keinen Sachverhaltszusammenhang gestellten - Angabe im Formular lässt sich
nichts zum Beweiswert des Gutachtens ableiten; es wird nur dokumentiert, dass
der Amtsarzt im Moment des Ausfüllens des Formulars davon überzeugt war, es
bestehe beim Versicherten die Gefahr einer gesundheitlichen Selbstschädigung.
Weiterführende fachärztlich-psychiatrische Dokumente fehlen. Wohl wies Dr. med.
H.________ in seinem Bericht vom 15. März 2012 auf eine ständig vorhandene,
chronische Suizidalität hin. Indes hat auch das Institut X.________ die
passiven Sterbewünsche des Beschwerdeführers in ihre Überlegungen
miteinbezogen. Die Berichte der Klinik L.________ - worauf Dr. med. H.________
Bezug nahm (vgl. E. 3.2 Abs. 3) - gehen nicht darüber hinaus, lässt sich ihnen
doch eine explizite Distanzierung von jeglicher Suizidalität entnehmen. Was die
- erstmals anfangs 2011 - rapportierten Suizidversuche betrifft, erhellt aus
den Akten, dass es sich um zwei Auto-Selbstunfälle ca. 2005/2006 unter
Alkoholeinfluss ohne Verletzungsfolge gehandelt haben soll.
Soweit Diskrepanzen in der medizinischen Beurteilung bestehen - während die
Experten des Instituts X.________eine leichte bis mittelgradige depressive
Störung mit Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung
diagnostizierten, benannten die behandelnden Ärzte eine phasenweise
mittelgradige bis schwere Depression und eine chronifizierte komplexe
posttraumatische Belastungsstörung (so etwa die Berichte der Frau Dr. med.
M.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 9. Januar 2011 und der
Klinik L.________ vom 4. Februar 2011) - ist in Übereinstimmung mit dem
kantonalen Gericht festzuhalten, dass es wegen der unterschiedlichen Natur von
Behandlungsauftrag des therapeutisch tätigen (Fach-)Arztes und
Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten medizinischen Experten nicht
geboten ist, ein Administrativ- oder Gerichtsgutachten stets in Frage zu
stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden
Ärzte zu anderen Einschätzungen gelangen als eine MEDAS (BGE 124 I 170 E. 4 S.
175). Vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine klärende Ergänzung des
medizinischen Dossiers oder direkt eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil
die behandelnden Ärzte wichtige, nicht rein subjektiver ärztlicher
Interpretation entspringende Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung
unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (Urteil 9C_252/2012 vom 7. September
2012 E. 8.4 mit Hinweisen). Hier ist solches nicht gegeben. Gerade die für eine
mögliche Traumatisierung des Beschwerdeführers verantwortlichen
Kriegserlebnisse der Jahre 1993/94 haben die Experten des Instituts X.________
wiederholt, unter verschiedenen Aspekten und so wie berichtet berücksichtigt
und gewürdigt. Sie haben überzeugend begründet, dass und warum aus
medizinischer Sicht die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung
nicht als eigenständige Diagnose gestellt werden kann. Der Beschwerdeführer
gibt die entsprechende gutachterliche Aussage allzu stark verkürzt wieder, denn
es wurde dort ausdrücklich festgehalten, dass, wenn die Latenzzeit länger als
sechs Monate sei, nach der ICD-10-Kodifizierung diese Diagnose nur gestellt
werden soll, wenn die Symptomatik typisch sei und nicht gleichzeitig eine
affektive Störung diagnostiziert werden könne. Die traumatischen Erinnerungen
müssten sich ausserdem am Tag oder in den Träumen aufdrängen und so sein, als
ob das Ereignis stattfinde. Auch komme es typischerweise zu einer deutlichen
emotionalen Abstumpfung oder zu Phasen von Erregtheit. Dies alles sei beim
Exploranden nicht deutlich der Fall. Der Alkoholmissbrauch verstärke die
affektive Symptomatik. Im Vordergrund stehe bei ihm die rezidivierende
depressive Störung, die sich ab 2009/10 verstärkt habe und sich seither
einschränkend auf die Arbeitsfähigkeit auswirke. Vor allem seien hier auch die
Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Der Explorand erhalte gegenwärtig
kein Antidepressivum verordnet. Eine anhaltende gänzliche Arbeitsunfähigkeit
könne nicht begründet werden. Der Verlauf sei durch eine deutlich ausgeprägte
Krankheitsüberzeugung mitbestimmt.

4.3 Nach dem Gesagten ist das Gutachten des Instituts X.________ schlüssig und
nachvollziehbar und erfüllt die gestellten Anforderungen (vorne E. 1.4). Die
Vorbringen des Versicherten, soweit sie nicht als appellatorische Kritik an der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung unbeachtlich sind, vermögen keine
Bundesrechtswidrigkeit (Art. 97 Abs. 1 und Art. 95 lit. a BGG) des
angefochtenen Entscheides darzutun. Wie die Vorinstanz richtig erwogen hat,
sind keine Anzeichen für eine Falschbegutachtung oder eine mangelnde
Unabhängigkeit gegeben; es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die
Begutachtung nicht lege artis durchgeführt wurde. Die Vorinstanz hat ohne
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes in zulässiger antizipierender
Beweiswürdigung (vgl. BGE 137 V 64 E. 5.2 S. 69; 136 I 229 E. 5.3 S. 236) auf
weitere Abklärungen verzichtet. Nachdem die Festlegung der Vergleichseinkommen
bei der Bemessung des Invaliditätsgrades unangefochten geblieben ist, kann die
Ablehnung des Rentenanspruchs mit Recht geschützt werden.

5.
Die verfügungsweise Ablehnung des Anspruchs auf berufliche Massnahmen hat die
Vorinstanz mit der Feststellung bestätigt, ein Eingliederungswille des
Beschwerdeführers sei in keiner Weise ersichtlich. Dieser stelle sich auf den
Standpunkt, nicht mehr arbeitsfähig zu sein. Darum seien die
Leistungsanforderungen gemäss den Art. 8 Abs. 1 und 15 ff. IVG nicht erfüllt.
Da die Erwerbsfähigkeit durch berufliche Massnahmen nicht verbessert werden
könnte, bestehe keine Veranlassung, solche näher zu prüfen. Die Feststellung
eines fehlenden Eingliederungswillens ist für das Bundesgericht verbindlich (E.
1). Fehlt die subjektive Eingliederungsfähigkeit, besteht von vornherein kein
Anspruch auf berufliche Massnahmen (Urteil 9C_6/2008 vom 6. Juni 2008 E. 3 in
fine).

6.
6.1 Der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren
(Art. 37 Abs. 4 ATSG) setzt die Bedürftigkeit der gesuchstellenden Partei, die
fehlende Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren (vgl. dazu BGE 129 I 129 E.
2.3.1 S. 135 mit Hinweisen) sowie die sachliche Gebotenheit des Beizugs eines
Anwalts voraus (BGE 132 V 200 E. 4.1 S. 200 f. und E. 5.1.3 S. 204; vgl. auch
Art. 29 Abs. 3 BV). Im Vorbescheidverfahren besteht ein Anspruch auf
anwaltliche Verbeiständung nur in Ausnahmefällen, in denen ein Rechtsanwalt
beigezogen wird, weil schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen dies als
notwendig erscheinen lassen und eine Verbeiständung durch Verbandsvertreter,
Fürsorger oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen nicht in
Betracht fällt (BGE 132 V 200 E. 4.1 S. 201).

6.2 Die Vorinstanz sah keinen Grund für die Notwendigkeit einer anwaltlichen
Vertretung im Vorbescheidverfahren. Die Kritik am Vorbescheid habe sich im
Wesentlichen in grundsätzlichen Ausführungen zur Problematik von
MEDAS-Gutachten erschöpft. Konkret sei lediglich gerügt worden, dass nicht auf
die behandelnden Ärzte abgestellt worden sei. Beides hätte jedoch der
Versicherte alleine geltend machen können, habe er sich doch anlässlich einer
früheren Beschwerde auch klar ausgedrückt.
Es trifft zu, dass die nach der Rechtsprechung an eine unentgeltliche
Verbeiständung im Vorbescheidverfahren gestellten Voraussetzungen (E. 7.1) hier
nicht erfüllt waren. Weder stellten sich besondere oder seit BGE 137 V 210 noch
umstrittene Rechtsfragen. Die Streitsache unterschied sich nicht von einer
durchschnittlichen Versicherungsangelegenheit. Die anwaltliche Stellungnahme
führte vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens denn auch zu keinerlei
verfahrensmässigen Weiterungen. Hier die unentgeltliche Verbeiständung zu
gewähren, liefe der gesetzlichen Konzeption zuwider, die von einem "sehr
strengen Massstab" ausgeht (Urteil 9C_991/2008 vom 18. Mai 2009, E. 4.4.1 mit
Hinweis auf BGE 132 V 200 E. 5.1.3 S. 204). Im Hinblick auf den
Verfügungserlass waren beim Versicherten (noch) keine differenzierten
Kenntnisse der Rechtsprechung notwendig. Zwar ist richtig, dass die geforderte
ganze Rente für ihn von erheblicher Bedeutung war, dies trifft jedoch bei
Sozialversicherungsleistungen regelmässig zu (vgl. Urteil 9C_161/2011 vom 3.
Mai 2011 E. 3.4). Das Abstellen auf das finanzielle Moment hätte zur Folge,
dass der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung in praktisch allen oder
zumindest den meisten Vorbescheidverfahren bejaht werden müsste; dies käme
einem generellen Anspruch auf einen unentgeltlichen anwaltlichen Vertreter im
Verwaltungsverfahren gleich und widerspräche der gesetzlichen Konzeption (vgl.
Urteile 9C_165/2009 vom 7. August 2008 E. 1.2; I 113/07 vom 21. März 2007 und I
746/06 vom 8. November 2006 E. 4.2).

7.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege wird entsprochen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Er hat der Gerichtskasse
Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Rechtsanwalt Viktor Györffy, Zürich, wird als unentgeltlicher Anwalt des
Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.-
ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. November 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Schmutz