Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 521/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_521/2012

Urteil vom 17. Januar 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

H.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Robert Baumann,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 11. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
Die 1960 geborene H.________ meldete sich im März 2001 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügungen vom 15. Juni 2007
sprach ihr die IV-Stelle des Kantons St. Gallen eine halbe Invalidenrente ab 1.
Februar 2005 zu. Nach einem ersten Beschwerdeverfahren, weiteren Abklärungen
und Durchführung des Vorbescheidverfahrens ermittelte sie einen
Invaliditätsgrad von 53 % und bestätigte mit Verfügung vom 26. Juli 2010 den
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente ab 1. Februar 2005.

B.
Mit Beschwerde beantragte H.________ spätestens ab 1. September 2000 eine ganze
Invalidenrente; die IV-Stelle ersuchte um Feststellung, dass die Versicherte
keinen Rentenanspruch habe. In teilweiser Gutheissung des Rechtsmittels sprach
das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen der Versicherten mit Entscheid
vom 11. Juni 2012 eine halbe Invalidenrente ab 1. Februar 2004 zu.

C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Antrag, in Aufhebung des Entscheides vom 11. Juni 2012 sei festzustellen,
dass die Versicherte keinen Rentenanspruch habe.

H.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das kantonale Gericht
und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Die IV-Stelle ist zur Beschwerde legitimiert, auch wenn sie mit der
Verfügung vom 26. Juli 2010 den Anspruch auf eine (Teil-)Rente noch bejahte (
BGE 138 V 339 E. 2 S. 340 ff.).

1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat dem Gutachten der MEDAS vom 20. November 2009 in Bezug auf
sowohl den medizinischen Sachverhalt als auch die Arbeitsfähigkeitsschätzung
Beweiskraft beigemessen. Gestützt darauf hat sie festgestellt, mit dem
"Dazukommen des psychiatrischen Leidens" im Februar 2004 habe sich eine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit für eine adaptierte Tätigkeit von 50 %
ergeben. Dies führte nach ihrer Auffassung zu einer Erwerbsunfähigkeit im
Umfang von 55 resp. 57,5 % und folglich zum Anspruch auf eine halbe
Invalidenrente. Den Rentenbeginn hat sie auf den gleichen Zeitpunkt gelegt,
weil die Versicherte während des Wartejahres (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG in der
bis 31. Dezember 2007 geltenden resp. Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG in der seither
geltenden Fassung) in der angestammten Tätigkeit vollständig arbeitsunfähig
gewesen sei.

Streitig und zu prüfen ist lediglich die (Rechts-)Frage, ob das psychische
Leiden der Beschwerdegegnerin mit Blick auf die Rechtsprechung von BGE 130 V
352 eine auch rechtlich relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bewirkt
(zur Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen BGE 137 V 64 E. 1.2 S. 65 f.).

3.
3.1
3.1.1 Somatoforme Schmerzstörungen und ähnliche aetiologisch-pathogenetisch
unerklärliche syndromale Leidenszustände vermögen in der Regel keine lang
dauernde, zu einer Invalidität im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG führende
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zu bewirken (BGE 136 V 279 E. 3 S. 280 ff.;
130 V 352 E. 2.2.2 und 2.2.3 S. 353 f.; 132 V 65; 131 V 49; 130 V 396). Die -
nur in Ausnahmefällen anzunehmende - Unzumutbarkeit eines Wiedereinstiegs in
den Arbeitsprozess setzt das Vorliegen einer mitwirkenden, psychisch
ausgewiesenen Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und
Dauer oder aber das Vorhandensein anderer qualifizierter, mit gewisser
Intensität und Konstanz erfüllter Kriterien wie chronische körperliche
Begleiterkrankungen und mehrjähriger Krankheitsverlauf bei unveränderter oder
progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission, ein ausgewiesener
sozialer Rückzug in allen Belangen des Lebens, ein verfestigter, therapeutisch
nicht mehr angehbarer innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten,
psychisch aber entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn)
oder schliesslich unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent
durchgeführter Behandlungsbemühungen (auch mit unterschiedlichem
therapeutischem Ansatz) und gescheiterte Rehabilitationsmassnahmen bei
vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der versicherten Person voraus (BGE
130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 f.). Je mehr dieser Kriterien zutreffen und je
ausgeprägter sich die entsprechenden Befunde darstellen, desto eher sind die
Voraussetzungen für eine zumutbare Willensanstrengung zu verneinen (BGE 137 V
64 E. 4.1 S. 67 f.; 131 V 49 E. 1.2 S. 50 f. mit Hinweisen).
3.1.2 Auch wenn eine invalidisierende Wirkung einer mittelschweren depressiven
Störung nicht von vornherein auszuschliessen ist, bedingt deren Annahme
jedenfalls, dass es sich dabei nicht bloss um die Begleiterscheinung einer
Schmerzkrankheit handelt (vgl. in Bezug auf mittelgradige depressive Episoden
Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E.4.2.2.1 mit Hinweisen), sondern um ein
selbstständiges, vom psychogenen Schmerzsyndrom losgelöstes depressives Leiden
(Urteil 9C_869/2011 vom 18. April 2012 E. 4.5; SVR 2008 IV Nr. 1 S. 1, I 176/06
E. 5.2). Fehlt es daran, ist nach der Rechtsprechung in der Regel keine
invalidisierende Wirkung des Gesundheitsschadens anzunehmen (BGE 137 V 64; 130
V 352).
3.2
3.2.1 Für die Beurteilung der Arbeits(un)fähigkeit stützt sich die Verwaltung
und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und
gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Aufgabe
des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und
dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten
die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines
Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend
ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).
3.2.2 Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG [SR 830.1])
darf sich die Verwaltung - und im Streitfall das Gericht - weder über die (den
beweisrechtlichen Anforderungen genügenden) medizinischen
Tatsachenfeststellungen hinwegsetzen noch sich die ärztlichen Einschätzungen
und Schlussfolgerungen zur (Rest-)Arbeitsfähigkeit unbesehen ihrer konkreten
sozialversicherungsrechtlichen Relevanz und Tragweite zu eigen machen. Die
rechtsanwendenden Behörden haben diesfalls mit besonderer Sorgfalt zu prüfen,
ob die ärztliche Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit auch invaliditätsfremde
Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle
Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt, die vom sozialversicherungsrechtlichen
Standpunkt aus unbeachtlich sind (vgl. BGE 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355 f.; 127 V
294 E. 5a S. 299; SVR 2012 IV Nr. 22 S. 95, 8C_302/2011 E. 2.5.1). Wo
psychosoziale Einflüsse das Bild prägen, ist bei der Annahme einer
rentenbegründenden Invalidität Zurückhaltung geboten (vgl. BGE 127 V 294 E. 5a
S. 299; Urteile 9C_2010/2012 vom 9. Juli 2012 E. 3.3.2; 9C_1041/2010 vom 30.
März 2011 E. 5.1).

4.
4.1 Im Gutachten der MEDAS vom 20. November 2009 wurden folgende Diagnosen mit
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt:
"- Mittelgradige depressive Störung mit somatischem Syndrom bei verschiedenen
psychosozialen Belastungen
- Chronisches cervicocephales Syndrom mit vielen vegetativen Begleitbeschwerden
- Funktionelle Beschwerden an beiden Armen und Händen mit Schwächegefühlen und
Hyposensibilitätsgefühl im linken Arm
- Status nach handchirurgischem Eingriff wegen Tenovaginitis der
Daumenbeugersehne 05/00 und der Zeigefingerbeugersehne 03/01 sowie erneut 04/02
mit subjektiver Krafteinbusse, objektiv normale Beweglichkeit der genannten
Finger".
Das kantonale Gericht hat dementsprechend zutreffend (E. 1) festgestellt, dass
im massgeblichen Zeitraum psychische Faktoren im Vordergrund gestanden hätten.
Ebenso trifft der vorinstanzliche Hinweis, eine depressive Störung stelle
"indessen keinen pathogenetisch (ätiologisch) unklaren syndromalen Zustand dar,
bei welchem die Rechtsprechung zu den somatoformen Schmerzstörungen zur
Anwendung gelangen würde", im Grundsatz zu (SVR 2012 IV Nr. 22 S. 95, 8C_302/
2011 E. 2.4). Die Vorinstanz hat aber nicht festgestellt, dass die von den
MEDAS-Experten attestierte Arbeitsunfähigkeit im Wesentlichen lediglich auf dem
depressiven Leiden beruhen soll, und eine solche Feststellung wäre auch nicht
haltbar (E. 1.2), zumal dies in klarem Widerspruch zur oben erwähnten
Diagnoseliste stände (vgl. dazu auch E. 4.2). Soweit das kantonale Gericht
angenommen zu haben scheint, die Anwendbarkeit der Rechtsprechung gemäss E.
3.1.1 sei aufgrund der diagnostizierten Depression von vornherein
ausgeschlossen, kann ihm nicht beigepflichtet werden.

4.2 Aus den medizinischen Unterlagen, insbesondere dem MEDAS-Gutachten vom 20.
November 2009, geht hervor, dass die gesundheitlichen Probleme der Versicherten
in erheblichem Ausmass mit Eintritt des Handleidens im September 1999 ihren
Anfang nahmen. Nachdem zwischen Mai 2000 und April 2002 handchirurgische
Eingriffe erfolgten, verblieben ihr an Armen und Händen funktionelle
Beschwerden und reaktive Schmerzen, für die kein somatisches Korrelat vorliegt.
Die als cervicocephales Syndrom diagnostizierten Kopf- und Nackenschmerzen sind
gemäss Angaben der Versicherten - allerdings vorerst ohne nachhaltigen Einfluss
auf die Arbeitsfähigkeit - bereits seit ca. 1981 vorhanden und scheinen sich ab
Ende 2003 verstärkt zu haben; auch sie liessen sich indessen - trotz
diesbezüglich gezielter Untersuchungen - nicht durch entsprechende Befunde
objektivieren. Unter diesen Umständen ist klar von einem psychischen,
syndromalen (Schmerz-)Leiden auszugehen, welches an den Vorgaben gemäss E.
3.1.1 zu messen ist (BGE 137 V 64 E. 4.3 S. 69).

4.3 Infolge einer beruflichen Abklärung wurde für angepasste Tätigkeiten - d.h.
"bei körperlich und die Hände nur leichter belastenden" Arbeiten - eine
uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit attestiert (Schlussbericht BEFAS vom 7.
Oktober 2002). Ab Februar 2004 begab sich die Versicherte in psychiatrische
Behandlung, wo erstmals eine depressive Störung festgestellt wurde. Zur Frage,
ob es sich bei dieser um einen Begleitumstand des syndromalen (Schmerz-)Leidens
oder um eine davon losgelöste, selbstständige depressive Beeinträchtigung
handelt (E. 3.1.2), äusserten sich die MEDAS-Experten in den Gutachten vom 13.
April 2006 und vom 20. November 2009 weder explizit noch indirekt. Aus dem
Umstand, dass die MEDAS-Gutachter 2006 eine depressive Störung ohne, 2009
hingegen mit somatischem Syndrom diagnostizierten, lässt sich nichts ableiten,
lag doch laut verbindlicher (E. 1.2) vorinstanzlicher Feststellung bei der
zweiten Untersuchung ein weitgehend unveränderter Zustand vor.
In den medizinischen Unterlagen finden sich indessen klare Anhaltspunkte dafür,
dass die Diagnosen in engem Zusammenhang stehen: Symptome einer Depression
wurden erstmals mit dem Bericht der behandelnden Psychiaterin vom 19. Februar
2004 aktenkundig, nachdem das Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt ausschliesslich
von der Handproblematik geprägt war, obwohl die Versicherte nach eigenen
Angaben bereits seit Jahren unter Kopfschmerzen gelitten hatte. Deren
Verschlimmerung scheint gleichzeitig mit der depressiven Entwicklung eingesetzt
zu haben. Zudem scheinen sowohl die Depression als auch die weiteren
psychiatrischen Diagnosen weitgehend auf sozialen Problemen und somit
grundsätzlich invaliditätsfremden Faktoren zu beruhen: So liess die Versicherte
im Schreiben an die IV-Stelle vom 19. Februar 2004 darauf hinweisen, dass zur
gesundheitlichen Verschlechterung "insbesondere auch die sehr schwierige
finanzielle Situation beigetragen" habe, was die behandelnde Psychiaterin im
Bericht vom 6. Juni 2004 bestätigte. Diese verwies zudem auf die Überforderung
der alleinerziehenden Mutter durch die Erziehung des Sohnes und dessen
schulische Probleme (Berichte vom 8. September 2007 und 4. September 2009). Der
psychiatrische MEDAS-Experte nannte Aspekte wie "intellektuelle
Leistungsfähigkeit, Schulbildung, Scheidung, schwieriges Einzelkind, Rolle der
alleinerziehenden Mutter, wenig integriert, kulturelle Eigenschaften"; in Bezug
auf die Prognose hielten die Gutachter Faktoren wie "Emigrationsproblematik,
bescheidene Deutsch- und Schulkenntnisse, vieljährige Arbeitsabstinenz, starke
Selbstlimitierung, schwierige soziale Verhältnisse und subjektive
Krankheitsüberzeugung" für bedeutsam.

Unter diesen Umständen wäre selbst dann, wenn ein selbstständiges depressives
Leiden vorläge, dafür im konkreten Fall nicht von einer
sozialversicherungsrechtlich relevanten Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
auszugehen (Urteil 9C_210/2012 vom 9. Juli 2012 E. 4.2 mit Hinweisen), zumal in
den MEDAS-Gutachten auch nicht ansatzweise dargelegt wurde und auch sonst nicht
nachvollziehbar ist (vgl. E. 3.2.1), weshalb trotz Ausklammerung der genannten
Gegebenheiten eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % resultieren sollte.

4.4 Was die Morbiditätskriterien gemäss E. 3.1.1 anbelangt, lassen sich die
fehlenden vorinstanzlichen Feststellungen ergänzen (E. 1.2). Die Depression als
allfällige psychische Komorbidität bewirkt nach dem Gesagten keine relevante
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Es liegt auch keine erhebliche körperliche
Begleiterkrankung vor, zumal es an einem somatischen Korrelat für das
syndromale Leiden fehlt (vgl. Urteile 9C_540/2012 vom 17. Dezember 2012 E.
3.3.2; 9C_709/2009 vom 14. Dezember 2009 E. 4.1). Gemäss MEDAS-Gutachten vom
20. November 2009 berichtete die Versicherte von regelmässigen Kontakten mit
der Schwester und deren Familie sowie mit einer Nachbarsfamilie; ein sozialer
Rückzug in allen Belangen ist daher auszuschliessen. Laut psychiatrischem
Gutachten fand die Beschwerdegegnerin durch ihre Krankheit "eine Rolle im
Helfernetz". Damit ist klar ein rechtlich unbeachtlicher sekundärer
Krankheitsgewinn (BGE 130 V 352 E. 3.3.2 S. 359) erstellt. Zwar liegt ein
mehrjähriger Krankheitsverlauf mit unbefriedigenden Behandlungsergebnissen vor,
aber immerhin empfahlen die Gutachter die Fortführung der psychiatrischen
Behandlung.

Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung dieser Tatsachen gibt es keine
hinreichenden Gründe, dem syndromalen psychischen Leiden ausnahmsweise
invalidisierende Wirkung beizumessen. Die Beschwerde ist begründet.

5.
Mit diesem Ergebnis wird die Beschwerdegegnerin schlechter gestellt als mit der
Verfügung vom 26. Juli 2010. Ein Verfahren nach Art. 61 lit. d Satz 2 ATSG ist
nicht aktenkundig. Die Sache ist daher zu dessen Durchführung an die Vorinstanz
zurückzuweisen (BGE 138 V 339 E. 2.3.2.2 und E. 6 S. 343).

6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. Juni 2012 wird aufgehoben
und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne von E. 5
verfahre.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Januar 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Die Gerichtsschreiberin: Dormann