Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 459/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_459/2012

Urteil vom 13. Februar 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichter Meyer,
nebenamtlicher Bundesrichter Weber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Verfahrensbeteiligte
K.________,
vertreten durch Rechtsanwalt A._____ B.______,
Beschwerdeführerin,

gegen

GastroSocial Pensionskasse,
Bahnhofstrasse 86, 5000 Aarau, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Isabelle
Vetter-Schreiber,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 20. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Die 1967 geborene K.________ ist seit Januar 2007 Bezügerin einer Rente der
Invalidenversicherung (Verfügungen der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 22.
April 2009). Die Sammelstiftung X.________, die Sammelstiftung Y.________ und
die GastroSocial Pensionskasse, bei welchen K.________ in den vergangenen
Jahren berufsvorsorgeversichert war, verneinten einen Anspruch auf Leistungen
der beruflichen Vorsorge.

B.
Die von K.________ gegen die Sammelstiftung X.________, die Sammelstiftung
Y.________ und die GastroSocial Pensionskasse am 9. Dezember 2010 eingereichte
Klage hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20.
März 2012 teilweise gut. Es verpflichtete die GastroSocial Pensionskasse,
K.________ die gesetzlich und reglementarisch vorgesehenen Leistungen für die
ab 12. März 2008 eingetretene Arbeitsunfähigkeit zu erbringen, nebst
Verzugszins für die geschuldeten Rentenbetreffnisse von 5 % ab 10. Dezember
2010. Im Übrigen wies es die Klage ab (Dispositiv-Ziffer 1). Es wurden keine
Gerichtskosten erhoben (Dispositiv-Ziffer 2). Weiter verpflichtete es die
GastroSocial Pensionskasse, K.________ die Hälfte ihrer Parteikosten in
richterlich festgesetzter Höhe von Fr. 500.- (einschliesslich Auslagen und
Mehrwertsteuer), somit Fr. 250.-, zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3).

C.
Mit Eingabe vom 24. Mai 2012 - gemäss den handschriftlichen Angaben auf dem
Couvert am 24. Mai 2012 um 22.50 Uhr der Post übergeben - erhebt Rechtsanwalt
A._____ B.______ für K.________ subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Er beantragt,
Dispositiv-Ziffer 3 des kantonalen Entscheides sei aufzuheben und die
GastroSocial Pensionskasse zu verpflichten, K.________ eine Parteientschädigung
von Fr. 2'500.- (einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die
Parteientschädigung neu festlege.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Die GastroSocial Pensionskasse, welche am 22. Mai 2012 gegen denselben
Entscheid Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht hat (Verfahren 9C_433/
2012), beantragt, in Gutheissung ihrer Beschwerde sei der kantonale Entscheid
aufzuheben und die Klage vom 9. Dezember 2010 ihr gegenüber vollumfänglich
abzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat keine Vernehmlassung
eingereicht.

Erwägungen:

1.
Rechtsanwalt A._____ B.______ hat ein auf S.________, eidg. dipl.
Sozialversicherungsexperte, lautendes Formular "Auftrag und Vollmacht", das von
K.________ am 22. Januar 2010 unterzeichnet worden war, als Vollmacht im Sinne
von Art. 40 Abs. 2 BGG eingereicht. Dieses Formular enthält eine
Substitutionsbefugnis, so dass S.________ grundsätzlich berechtigt wäre, die
auf ihn lautende Vollmacht respektive die daraus fliessenden Befugnisse zu
übertragen. Eine Substitutionserklärung des S.________ liegt indessen nicht
vor. Da jedoch bereits aus anderen Gründen auf die Beschwerde nicht einzutreten
ist, kann offenbleiben, ob die Substituierung hinreichend wäre.

2.
Gegen denselben vorinstanzlichen Entscheid erhob auch Rechtsanwalt Martin
Heuberger Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Verfahren
9C_442/2012). Seiner - laut dem auf dem Briefumschlag ersichtlichen Stempel der
Post in Aarau am 24. Mai 2012 um 20 Uhr übergebenen - Eingabe legte er eine von
K.________ am 24. Mai 2012 unterzeichnete Vollmacht bei. Rechtsanwalt Martin
Heuberger führt unter "Formelles" in Ziffer 1 der Beschwerdeschrift aus, dass
er seit dem 24. Mai 2012 gehörig bevollmächtigt und dem bisherigen Vertreter
von K.________ per heute (also per 24. Mai 2012) das Mandat entzogen worden
sei.

3.
Bei dieser Sachlage war Rechtsanwalt A._____ B.______ im massgebenden Zeitpunkt
nicht mehr berechtigt, für K.________ im Rahmen einer von S.________ an ihn
substituierten Bevollmächtigung Beschwerde zu erheben. Angesichts der klaren
Ausführungen in der Beschwerdeschrift von Rechtsanwalt Martin Heuberger und der
auf ihn lautenden Vollmacht vom 24. Mai 2012 muss Rechtsanwalt A._____ B.______
als vollmachtloser Stellvertreter betrachtet werden. Da Rechtsanwalt Martin
Heuberger in der Beschwerdeschrift vom 24. Mai 2012 (Verfahren 9C_442/2012)
keinen mit dem im vorliegenden Verfahren formulierten Rechtsbegehren
identischen Antrag stellt, sondern die Verneinung jeglicher Leistungspflicht
der GastroSocial Pensionskasse erreichen will, sofern eine der anderen
involvierten Vorsorgeeinrichtungen zur Leistungserbringung verpflichtet werden
kann (vgl. auch Verfahren 9C_433/2012), erübrigt sich auch eine Rückfrage bei
Rechtsanwalt A._____ B.______, ob ihn K.________ nur zur Erhebung einer
Beschwerde betreffend die Höhe der von der Vorinstanz zugesprochenen
Parteientschädigung bevollmächtigt hat. Vielmehr ist von einer vollmachtlosen
Stellvertretung auszugehen, die auch keiner nachträglichen Genehmigung (Art. 38
OR) zugänglich ist. Bei dieser Sachlage ist auf die von Rechtsanwalt A._____
B.______ erhobene Beschwerde mangels Vollmacht nicht einzutreten.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Da Rechtsanwalt A._____
B.______ die Beschwerdeerhebung vornahm, ohne dazu bevollmächtigt zu sein, sind
ihm und nicht K.________ die Kosten des vorliegenden Prozesses aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BGG). Rechtsanwalt A._____ B.______ hätte
schon bei Beachtung elementarster Sorgfaltspflichten erkennen müssen, dass er
sich ohne konkrete Rückfrage bei K.________ nicht auf eine vom 22. Januar 2010
datierende und nicht einmal auf ihn selber lautende Vollmacht berufen kann
(vgl. auch BGE 129 IV 206 E. 2 S. 207 f. mit Hinweisen [zu Art. 156 Abs. 6 OG];
Urteil 2C_923/2010 vom 1. Dezember 2010 E. 2.3 mit Hinweisen [zu Art. 66 Abs. 3
BGG]; Thomas Geiser, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011,
N. 24 zu Art. 66 BGG).
Die GastroSocial Pensionskasse hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die von Rechtsanwalt A._____ B.______ für K.________ erhobene Beschwerde
wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden Rechtsanwalt A._____ B.______
auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Februar 2013
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann