Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 428/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_428/2012

Urteil vom 1. März 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
T.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans Rudolf Gantenbein,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203
Genf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. April 2012.

Sachverhalt:
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde der 1963 geborenen T.________
gegen eine Verfügung der IV-Stelle für Versicherte im Ausland vom 9. April 2009
ab (Entscheid vom 2. April 2012).
T.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
wegen Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte zu prüfen, ob die IV-Stelle mit strittiger
Verfügung zu Recht davon ausgegangen war, es liege bei der Beschwerdeführerin
keine rentenbegründende Invalidität vor. Die Vorinstanz würdigte die vom
medizinischen Dienst der IV-Stelle eingeholten Gutachten des Neurologen Dr.
G.________, vom 17. Februar 2009 und des Psychiaters Dr. H.________, vom 23.
Februar 2009. Deren Beurteilung der medizinischen Situation sei schlüssig und
stimme im Wesentlichen mit den Ergebnissen eines neurologischen und
psychiatrischen Gutachtens der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt
vom 21. September 2007 (Frau Dr. S.________) überein. Auch wenn die Gutachter
das Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin unterschiedlich beurteilten, sei
doch eine ausreichend sichere Einschätzung der Restarbeitsfähigkeit sowohl im
angestammten Beruf (im Gastgewerbe) als auch in leidensangepassten Tätigkeiten
möglich. Der psychiatrische Sachverständige erkläre, aufgrund einer
rezidivierenden depressiven Störung sei die Beschwerdeführerin in der Ausübung
des Berufs einer Bardame zu 20 Prozent eingeschränkt; die Restarbeitsfähigkeit
könne aus krankheitsfremden Gründen nicht ausgeschöpft werden. Derweil bestehe
aus neurologischer Sicht trotz diagnostizierter Migräne insbesondere im
kaufmännischen Bereich (nach nicht krankheitsbedingter Einarbeitungszeit von
etwa zwei Jahren) eine vollständige Arbeitsfähigkeit; hingegen sei die
bisherige Tätigkeit (mit Nachtarbeit) wegen der Migräne ungünstig. Eine Arbeit,
die - wie letztere - regelmässig anfallsauslösende Faktoren mit sich bringe,
sei unzumutbar. Dies treffe aber nicht für alle (namentlich nicht für untertags
verrichtbare) Tätigkeiten im Gastgewerbe zu. Insgesamt sei überwiegend
wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf
aus neurologischen Gründen vollständig arbeitsunfähig sei. In
leidensangepassten Tätigkeiten hingegen betrage die Einschränkung aus
psychiatrischen Gründen nur 20 Prozent. Eine zusätzliche Begutachtung erübrige
sich. Da Validen- und Invalideneinkommen auf derselben Grundlage festzustellen
seien, entspreche der Invaliditätsgrad dem Umfang der Arbeitsunfähigkeit. Somit
bestehe kein Anspruch auf eine Invalidenrente.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin erneuert die schon vorinstanzlich erhobene Rüge,
ihre Mitwirkungsrechte hinsichtlich der beiden entscheidungswesentlichen
medizinischen Gutachten der Dres. H.________ und G.________ seien nicht
gewahrt. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu Recht erkannt, dass eine im
Verwaltungsverfahren geschehene Verletzung des rechtlichen Gehörs im
Beschwerdeverfahren geheilt worden ist (E. 3.4 des angefochtenen Entscheids;
dazu BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204). Ebenso hat sich die Vorinstanz mit den
Arztberichten der Psychiaterin Dr. Z.________, vom 5. Oktober 2009 und des
Neurologen Dr. P.________, vom 15. Oktober 2009 auseinandergesetzt, welche die
Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme vom 27. Oktober 2009 eingereicht
hatte. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stützte das
Bundesverwaltungsgericht seinen Schluss, diese Berichte stellten den Beweiswert
der Administrativgutachten nicht in Frage, keineswegs nur auf deren
Urheberschaft (behandelnde Fachärzte); vielmehr nahm es auch eine
inhaltsbezogene Würdigung der Beweismittel vor. Weiter wies die Vorinstanz
darauf hin, dass die fraglichen Berichte - in welchen teilweise neu
eingetretene Änderungen des Gesundheitszustandes geschildert werden - keine
Rückschlüsse auf den hier massgebenden Betrachtungszeitraum (bis zur strittigen
Verfügung vom 9. April 2009) erlauben (vgl. dort E. 2.4 und 5.2.4).
Schliesslich ist nicht ersichtlich, inwiefern an der Zuverlässigkeit und
Schlüssigkeit der beiden monodisziplinären Administrativgutachten auch nur
relativ geringe Zweifel bestehen sollten, welche - im Falle einer sinngemässen
Anwendbarkeit der Kautelen gemäss BGE 137 V 210 - die Anordnung einer (neuen)
Begutachtung rechtfertigen könnten (vgl. SVR 2013 IV Nr. 6 S. 13 E. 1.3 und
1.4, 9C_148/2012; SVR 2012 IV Nr. 32 S. 127 E. 3.3 in fine, 9C_776/2010).

3.2 Hinsichtlich des Einkommensvergleichs zur Bemessung der Invalidität (Art.
16 ATSG) macht die Beschwerdeführerin geltend, sie hätte durchaus noch einige
Jahre als Bardame arbeiten und dabei ein Valideneinkommen (mutmassliches Gehalt
ohne Gesundheitsschaden) von Fr. 6'500.- erzielen können. Werde dieser Betrag
einem Invalideneinkommen von Fr. 3'200.- (80 Prozent von rund Fr. 4'000.-; vgl.
Lohnstrukturerhebung 2008 des Bundesamts für Statistik, Privater Sektor,
Tabelle A1, Sektor 3, Anforderungsniveau 4, Frauen) gegenübergestellt, so
ergebe sich daraus ein Invaliditätsgrad von etwa 50 Prozent. Die
Beschwerdeführerin leitet das Valideneinkommen indessen von einem Lohn ab, den
sie aufgrund eines lediglich auf vier Monate befristeten (Saison-)Vertrags bei
zudem sechs Arbeitstagen pro Woche erzielte (Arbeitsvertrag mit der M.________
AG, vom 31. Mai 2005). Dieser Einkommensansatz taugt nicht als
Bemessungsgrundlage für ein dauerhaft erzielbares Valideneinkommen. Es ist auch
kein anderer Grund ersichtlich, weshalb die auf konkreter Beweiswürdigung
beruhende vorinstanzliche Feststellung, beide Vergleichseinkommen seien im
Ansatz gleich hoch, das Bundesgericht nicht binden sollte (vgl. SVR 2009 IV Nr.
34 S. 95 E. 1.2, 9C_24/2009; oben E. 1).

3.3 Insgesamt ist das vorinstanzliche Erkenntnis, es sei für die Zeit bis zum
Abschluss des Verwaltungsverfahrens (9. April 2009) ein nicht
rentenbegründender Invaliditätsgrad von 20 Prozent ausgewiesen,
bundesrechtskonform. Für die Folgezeit bleibt der Beschwerdeführerin das
Neuanmelderecht gemäss Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV gewahrt.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. März 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Traub