Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 372/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_372/2012

Urteil vom 12. Februar 2013
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Verfahrensbeteiligte
P.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau,
St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
14. März 2012.

Sachverhalt:

A.
P.________ (geboren 1959) bezog seit 1. Juli 2004 eine halbe Invalidenrente,
welche mit Verfügungen vom 12. Juni und vom 21. Juli 2009 ab 1. Januar 2008 auf
eine Dreiviertelsrente erhöht wurde. Im Rahmen eines im März 2011 eingeleiteten
Revisionsverfahrens hielt die IV-Stelle des Kantons Thurgau nach Abklärungen in
medizinischer und beruflicher Hinsicht mit Verfügung vom 11. November 2011 an
der Dreiviertelsrente fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau mit Entscheid vom 14. März 2012 ab.

C.
P.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr ab August
2011 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache an die
IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese ergänzende Abklärungen treffe und
anschliessend neu verfüge.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Rüge hin oder von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2
BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die
Beschwerde führende Person genau darzulegen. Dazu genügt es nicht, einen von
den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu
behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1
S. 356; SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44, 9C_779/2010 E. 1.1.2 [nicht publ. in: BGE
137 V 446]).

Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig,
wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Diese Grundsätze
gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteile 9C_999/2010 vom
14. Februar 2011 E. 1 und 9C_735/2010 vom 21. Oktober 2010 E. 3; SVR 2012 BVG
Nr. 11 S. 44, 9C_779/2010 E. 1.1.1).

1.2 Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen
Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die
geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten (Anamnese)
abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen Situation und
Zusammenhänge einleuchtet und die Schlussfolgerungen begründet sind (BGE 125 V
351 E. 3a S. 352). Der Arzt muss über die notwendigen fachlichen
Qualifikationen verfügen (Urteil 9C_736/2009 vom 26. Januar 2010 E. 2.1).
Untersuchungsberichte regionaler ärztlicher Dienste können, sofern sie diesen
Anforderungen genügen, einen vergleichbaren Beweiswert wie ein Gutachten haben
(Art. 49 Abs. 2 IVV; BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219; 135 V 254 E. 3.3.2 S. 257;
Urteil 9C_999/2010 vom 14. Februar 2011 E. 5.1.2).

1.3 Dem Sachgericht steht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher
Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf
Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere
offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder
solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum
Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 mit Hinweisen S. 5). Inwiefern das
kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde
klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend
begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E.
2.2 mit Hinweis S. 246).

2.
2.1 Das kantonale Gericht ist zum Schluss gelangt, aufgrund der medizinischen
Unterlagen lasse sich keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit ableiten. Eine Kraftlosigkeit im linken Arm
bestehe seit der ersten Anmeldung im September 1997 und eine Druckdolenz des
Nervus medialis und radialis am Ellbogen sei bereits von Dr. med G.________ im
Dezember 2004 attestiert worden. Anlässlich der Abklärungen an der MEDAS im
Jahr 2009 hätten die neurodynamischen Funktionsuntersuchungen des rechten Armes
denn auch einen erheblichen Dehnschmerz vor allem für den Medianus und deutlich
für den Radialis und Ulnaris ergeben und es sei ein Lymphoedem festgestellt
worden. Weshalb sich aus der aktuellen Schwellung des linken Unterschenkels
eine bleibende Arbeitsunfähigkeit ergeben sollte, führe Dr. med. G.________
nicht weiter aus. Auch aus dem Bericht von Frau Dr. med. H.________ vom 7.
September 2011 lasse sich keine bleibende Verschlechterung ableiten. Wenn Frau
Dr. med. H.________ zudem ausführe, sie erachte die bereits durchgeführte
Reduktion des Arbeitspensums als medizinisch sinnvoll, so sei nicht
ersichtlich, welche Pensumsreduktion sie damit meine und sie beantworte auch in
keiner Weise die Frage, weshalb der Beschwerdeführerin ihre bereits stark
reduzierte hypothetische Arbeitsfähigkeit von 40 % nicht mehr zumutbar sein
sollte. Auch aus psychiatrischer Sicht lägen keine objektivierbaren Anzeichen
für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes vor. Dr. med. M.________,
Spezialärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, führe in ihrem Bericht
vom 28. September 2011 aber auch aus, dass die Versicherte auf die
Psychotherapie gut anspreche. Es bestehe eine chronifizierte Depression, die
ursprünglich durch die Migration und durch Verlusterlebnisse ausgelöst worden
sei. Bereits Dr. med. L.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und
Psychotherapie, halte in seinem Teilgutachten vom 11. Februar 2009 zudem fest,
dass die Arbeitsunfähigkeit zwar hauptsächlich somatisch begründet werde, die
psychische Überlagerung jedoch in der Gesamtbeurteilung berücksichtigt worden
sei. Indem Dr. med. M.________ die jetzige Arbeitssituation mit 20 % Präsenz
bei 100 % Leistung als optimal bezeichne, sei dies im Übrigen in keiner Weise
ein Hinweis auf eine Verschlechterung seit den Verfügungen vom 12. Juni 2009
und vom 21. Juli 2009. In dieser Hinsicht sei Dr. med. W.________ und
I.________ des Regionalen Ärztlichen Dienstes zuzustimmen, dass weder aus
somatischer noch aus psychiatrischer Sicht eine objektivierbare
Verschlechterung des Gesundheitszustandes ersichtlich oder ausgewiesen sei. Der
Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ihre Arbeitstätigkeit aus eigenem Antrieb
reduziert habe, komme kein Beweiswert zu, da invalidenversicherungsrechtlich
nicht die tatsächlich ausgeübte, sondern die hypothetisch zumutbare
Erwerbsfähigkeit von Bedeutung sei.

2.2 Im Lichte der eingangs erwähnten Beweisregeln und Grundsätze zur
Beweiswürdigung ist die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und die
entsprechende Beweiswürdigung nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG.
Das kantonale Gericht hat sich mit allen relevanten medizinischen Unterlagen
auseinandergesetzt und eingehend begründet, weshalb seit der Zusprechung einer
Dreiviertelsrente mit Verfügungen vom 12. Juni und 21. Juli 2009 keine
rentenrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten ist. Die
von der Beschwerdeführerin gestützt auf die Berichte des Dr. med. G.________,
Dr. med. H.________ und Dr. med. M.________ erhobenen Einwendungen ändern
allesamt nichts. Dr. med. G.________ hielt noch im Bericht vom 16. Mai 2011
gestützt auf eine Untersuchung vom 12. Mai 2011 die bisherige von der
Beschwerdeführerin ausgeübte Tätigkeit für maximal vier Stunden pro Tag mit
jeweils anschliessender eintägiger Ruhepause, d.h. dreimal wöchentlich, für
zumutbar. Im Bericht vom 19. August 2011 führte er aus, die
Restarbeitsfähigkeit von 30 % habe ab dem 18. Mai 2011 auf 20 % reduziert
werden müssen. Dr. med. H.________ erachtete im Bericht vom 7. September 2011
die bereits durchgeführte Reduktion des Arbeitspensums als medizinisch
sinnvoll. Die behandelnde Psychiaterin Dr. med. M.________ bezeichnete im
Bericht vom 28. September 2011 die jetzige Arbeitssituation mit 20 % Präsenz
bei 100 % Leistung für die Versicherte als "optimal". Mit all diesen
medizinischen Einschätzungen hat sich das kantonale Gericht auseinandergesetzt
und ist in willkürfreier Weise zum Schluss gekommen, dass sich der
Gesundheitszustand nicht verschlechtert hat und der Beschwerdeführerin die
Teilerwerbstätigkeit im bis Mitte Mai 2011 ausgeübten Umfang weiterhin zumutbar
gewesen wäre.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. Februar 2013

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer