Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 369/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_369/2012, 9C_370/2012

Urteil vom 2. November 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
9C_369/2012
G.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hebeisen,
Beschwerdeführer 1,

und

9C_370/2012
S.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Dufner,
Beschwerdeführer 2,

gegen

Ostschweizerische Ausgleichskasse für Handel und Industrie, Lindenstrasse 137,
9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerden gegen die Entscheide des Versicherungsgerichts des Kantons St.
Gallen
vom 1. März 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a G.________ und S.________ waren seit .... 2001 (Eintragung im
Handelsregister) Verwaltungsräte mit Kollektivunterschrift zu zweien der
X.________ AG (ab 21. Februar 2002: Y.________ AG) mit Sitz in .../SG. Ab 1.
April 2001 übernahm die Firma das operative Geschäft der Filialen der
Z.________ AG (bis 8. Februar 2001: X.________ AG) mit Sitz in .../TG sowie
später eröffneter Niederlassungen in A._________, B.________, C.________ und an
weiteren Orten. An der Erhebung der bundesrechtlichen
Sozialversicherungsbeiträge und der kantonalrechtlichen Beiträge im Rahmen der
jeweiligen Familienzulagenordnungen beteiligt waren ab 1. Januar 2001 u.a. die
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen, die Ostschweizerische Ausgleichskasse
für Handel und Industrie, Weinfelden, die Familienausgleichskasse der
Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell und der Textilindustrie, St.
Gallen und die Familienausgleichskasse der Industrie- und Handelskammer
Thurgau, Weinfelden. Ab 1. April 2001 war die Ostschweizerische
AHV-Ausgleichskasse für Handel und Industrie allein zuständig für den Bezug der
nach Bundesrecht geschuldeten Beiträge der Firma und ihrer
Zweigniederlassungen. Nach der Verlegung des Sitzes nach St. Gallen auf den 1.
Januar 2002 übernahm sie - geschäftsführend - auch den Bezug der
kantonalrechtlichen Beiträge der in den Kantonen St. Gallen und Thurgau
gelegenen Filialen.
A.b Am ... August 2002 wurde über die Y.________ AG der Konkurs eröffnet.
Nachdem die Ostschweizerische Ausgleichskasse für Handel und Industrie am 31.
März 2003 eine Forderung in der Höhe von Fr. 2'289'503.75 eingegeben hatte,
forderte sie mit Verfügungen vom 31. Juli 2003 und Einspracheentscheiden vom
29. Juni 2004 u.a. von G.________ und S.________ Schadenersatz von je Fr.
2'367'141.95 (abzüglich einer allfälligen Konkursdividende) in solidarischer
Haftbarkeit. Mit Entscheid vom 2. November 2005 hob das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen die angefochtenen Einspracheentscheide auf und wies die
Sache zur Abklärung und zu neuer Verfügung an die Ausgleichskasse zurück.
Mit Verfügungen vom 3. August 2007 verpflichtete die Ostschweizerische
Ausgleichskasse für Handel und Industrie G.________ und S.________, solidarisch
haftend, wiederum zur Bezahlung von Schadenersatz in der Höhe von je Fr.
2'367'141.95 (abzüglich einer allfälligen Konkursdividende). Dagegen liessen
die Betroffenen Einsprache erheben. Am 9. Juni 2009 wurden ihnen Akten zur
Einsichtnahme zugestellt. Mit Einspracheentscheiden vom 23. November 2009 hiess
die Ostschweizerische Ausgleichskasse für Handel und Industrie die Einsprachen
teilweise gut und setzte die Schadenersatzsumme neu auf Fr. 2'121'111.50 fest.

B.
Mit Entscheiden vom 1. März 2012 trat das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen auf die Beschwerden von G.________ und von S.________ nicht ein, soweit
die Schadenersatzforderung ungedeckte Beiträge an die Familienausgleichskasse
der Industrie- und Handelskammer Thurgau (da bemessen nach der
Familienzulagenordnung dieses Kantons) im Betrag von Fr. 106'513.60 betraf
(Dispositiv-Ziffer 1). Im Weitern hiess es unter Aufhebung der
Einspracheentscheide vom 23. November 2009 die Beschwerden in dem Sinne
teilweise gut, dass die Verbandsausgleichskasse angewiesen wurde, den
Schadensbetrag unter Ausserachtlassung der Lohnsumme von Fr. 18'699.20 und
unter Berücksichtigung einer Schadenersatz-Reduktion von 20 % im Sinne der
Erwägungen zu ermitteln und zu verfügen; im Übrigen wies es die Beschwerde ab
(Dispositiv-Ziffer 2).

C.
G.________ (Beschwerdeführer 1; Verfahren 9C_369/2012) und S.________
(Beschwerdeführer 2; Verfahren 9C_370/2012) haben je Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben mit dem selben Rechtsbegehren,
der Entscheid vom 1. März 2012 und der Einspracheentscheid vom 23. November
2009 seien aufzuheben und die Schadenersatzforderung über Fr. 2'121'111.50 (Fr.
2'011'947.90 [Bund], Fr. 2'650.- [Kanton St. Gallen], Fr. 106'513.60 [Kanton
Thurgau]) sei abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung und
zum Neuentscheid an die Vorinstanz oder an die Ausgleichskasse zurückzuweisen.
Die Ausgleichskasse beantragt die Abweisung beider Beschwerden, soweit darauf
eingetreten werden könne. Das kantonale Versicherungsgericht und das Bundesamt
für Sozialversicherungen haben in beiden Verfahren auf eine Vernehmlassung
verzichtet.
In einer - separaten - Eingabe haben G.________ und S.________ zu den
Ausführungen der Ausgleichskasse Stellung genommen, worauf diese repliziert
hat.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerden richten sich gegen zwei letztinstanzliche kantonale Entscheide,
deren Dispositiv und Begründung jedoch übereinstimmen. Es liegt ihnen im
Wesentlichen der selbe Sachverhalt zugrunde und es stellen sich in Bezug auf
die streitige Schadenersatzpflicht für entgangene Sozialversicherungsbeiträge
des Bundes und Beiträge nach dem st. gallischen Familienzulagenrecht sowie in
Bezug auf das vorinstanzliche Nichteintreten betreffend die
Schadenersatzpflicht für entgangene Beiträge nach dem thurgauischen
Familienzulagenrecht die gleichen Rechtsfragen, wobei Gegenpartei jeweils
dieselbe Ausgleichskasse ist. Es kommt dazu, dass die Rechtsbegehren identisch
sind und deren Begründung weitgehend praktisch wortwörtlich übereinstimmen. Es
rechtfertigt sich daher, die Verfahren 9C_369/2012 und 9C_370/2012 zu
vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 24 BZP in
Verbindung mit Art. 71 BGG und Urteil 9C_727/2008 vom 6. Mai 2009 E. 1).

2.
2.1 Der angefochtene Entscheid ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG,
soweit die Vorinstanz mangels örtlicher Zuständigkeit nicht auf die Frage der
Schadenersatzpflicht für unbezahlt gebliebene Beiträge an die
Familienausgleichskasse der Industrie- und Handelskammer Thurgau im Betrag von
Fr. 106'513.60 eingetreten ist (Dispositiv-Ziffer 1; BGE 135 V 153 E. 1.3 S.
156).

2.2 Ein Endentscheid nach Art. 90 BGG liegt materiell auch vor, soweit die
Vorinstanz eine Schadenersatzpflicht im Grundsatz bejaht und die Sache zur
Ermittlung des Schadensbetrages "unter Ausserachtlassung der Lohnsumme von Fr.
18'699.20 und unter Berücksichtigung einer Schadenersatz-Reduktion von 20 % im
Sinne der Erwägungen" und zu neuer Verfügung an die Beschwerdegegnerin
zurückgewiesen hat (Dispositiv-Ziffer 2). Dieser verbleibt diesbezüglich kein
Entscheidungsspielraum (Urteile 9C_171/2012 vom 23. Mai 2012 E. 3.1 und 9C_95/
2009 vom 7. September 2009 E. 1.2, je mit Hinweisen).

2.3 Die Vorinstanz hat in Bezug auf das in Dispositiv-Ziffer 2 Entschiedene
nicht danach differenziert, ob es um Schadenersatz nach aArt. 52 AHVG (seit 1.
Januar 2003: Art. 52 Abs. 1 AHVG) oder nach Art. 47 lit. d des st. gallischen
Kinderzulagengesetzes vom 11. April 1996 (KZG [sGS 371.1], in der bis 31.
Dezember 2008 gültig gewesenen Fassung) geht. Nach dieser Vorschrift werden die
Bestimmungen des AHVG über die Arbeitgeberhaftung und Schadenersatzpflicht
sinngemäss angewendet. aArt. 47 lit. d KZG bildet eine hinreichende gesetzliche
Grundlage für die Erhebung von Schadenersatz gestützt auf aArt. 52 AHVG (BGE
134 I 179 E. 6.3 S. 181 f.; SVR 2010 AHV Nr. 6 S. 19, 9C_780/2008 E. 5), welche
durch die Verweisung zum subsidiären kantonalen öffentlichen Recht wird und
nach dessen Regeln auszulegen und anzuwenden ist (Urteil 1C_195/2007 vom 17.
Dezember 2007 E. 4.1 mit Hinweisen; Urteil 9C_727/2008 vom 6. Mai 2009 E. 2).
Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin liegt in Bezug auf die
Schadenersatzpflicht für entgangene Beiträge nach st. gallischem Recht kein
(End-)Entscheid im Sinne von Art. 80 Abs. 1 BGG vor, da nach dem einschlägigen
kantonalen Recht dagegen Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht erhoben
werden könne.
Gemäss Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes vom 16. Mai 1965 über die St. Galler
Verwaltungsrechtspflege (sGS 951.1) beurteilt das Verwaltungsgericht u.a.
Beschwerden gegen Entscheide des Versicherungsgerichtes. Die Beschwerde ist
unzulässig, wenn das Versicherungsgericht als oberes Gericht entschieden hat.
Nach Art. 42 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes können beim
Versicherungsgericht namentlich Verfügungen und Einspracheentscheide
angefochten werden, gegen die nach dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechts (ATSG) Beschwerde erhoben werden kann (Abs. 1
lit. a). Es ist oberes Gericht, wenn das Bundesrecht eine einzige kantonale
Gerichtsinstanz vorschreibt (Abs. 2). Gemäss den einschlägigen
Verfahrensbestimmungen des ATSG (Art. 34 ff.) entscheidet das (örtlich
zuständige) kantonale Versicherungsgericht als einzige Instanz im Kanton über
Schadenersatzforderungen nach Art. 52 AHVG (vgl. Art. 49 und 52, Art. 56 Abs. 1
und Art. 57 ATSG). Dessen Entscheide können ans Bundesgericht weitergezogen
werden (Art. 62 Abs. 1 ATSG). Diese Verfahrensordnung gilt seit 1. Januar 2009
auch im Bereich des kantonalen Familienzulagenrechts. Art. 1 des auf diesen
Zeitpunkt in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über die
Familienzulagen (FamZG; SR 836.2) erklärt die Bestimmungen des ATSG von hier
nicht massgeblichen Ausnahmen abgesehen für anwendbar. Mangels anderslautender
Übergangsbestimmungen sind die Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes mit dem
Tag des Inkrafttretens sofort und in vollem Umfang wirksam und zu beachten (BGE
132 V 368 E. 2.1 S. 369; 129 V 113 E. 2.2. S. 115 mit Hinweisen; SVR 2009 UV
Nr. 9 S. 35, 8C_510/2007 E. 3.3). Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht
kein Anlass, da mit dem neuen Recht nicht eine grundlegend neue
Verfahrensordnung geschaffen wurde.
Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Entscheids ist somit ein (End-)
Entscheid nach Art. 80 Abs. 1 BGG auch soweit es um Schadenersatz für
entgangene Beiträge nach st. gallischem Kinderzulagenrecht geht.

2.4 Die Beschwerdegegnerin bringt vor, die Beschwerden seien unzulässig, soweit
erstmals der nach Konkurseröffnung angefallene Verzugszins von Fr. 30'591.25
bestritten werde. Dieser Einwand ist unbegründet. Die betreffenden
Verzugszinsen waren Teil der auf Fr. 2'121'111.50 festgesetzten
Schadenersatzforderung (Einspracheentscheid vom 23. November 2009), welche die
Beschwerdeführer als Ganzes vor Vorinstanz anfochten.

3.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Die Verletzung von kantonalem Recht muss in qualifizierter Form gerügt und
begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 I 201 E. 1 S. 203; 133 II 396 E.
3.1 S. 399; Urteile 9C_722/2007 vom 11. April 2008 E. 1.2 und 1C_195/2007 vom
17. Dezember 2007 E. 4.2). Dabei prüft das Bundesgericht lediglich, ob die
vorinstanzliche Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts zu einer
Verletzung von Bundesrecht oder Völkerrecht führt (Art. 95 lit. a und b BGG;
BGE 138 V 74 E. 2 S. 76), insbesondere gegen das Willkürverbot nach Art. 9 BV
verstösst (BGE 137 V 143 E. 1.2 S. 145).

4.
4.1 Die Vorinstanz hat ihr Nichteintreten auf die Beschwerden gegen die
Einspracheentscheide vom 23. November 2009, soweit Schadenersatz für entgangene
Beiträge nach thurgauischem Familienzulagenrecht betreffend, damit begründet,
es entspreche nicht dem Sinn von Art. 25 lit. c FamZG, dass sie materiell Recht
eines anderen Kantons anzuwenden habe. Diese Bestimmung wolle die Anwendung
verschiedener Rechtsordnungen gerade vermeiden. Die Beschwerdeführer rügen
diese Gesetzesauslegung als bundesrechtswidrig.

4.2 Gemäss Art. 25 lit. c FamZG gelten die Bestimmungen der AHV-Gesetzgebung
sinngemäss für die Haftung der Arbeitgeber (Art. 52 AHVG). Nach Abs. 5 dieser
Vorschrift ist in Abweichung von Art. 58 Abs. 1 ATSG für die Beschwerde das
Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen
Wohnsitz hat. Diese Verfahrensregelung ist im vorliegenden Zusammenhang von
untergeordneter Bedeutung. Mit dem Inkrafttreten von Art. 25 lit. c FamZG am 1.
Januar 2009 wurde eine eindeutige bundesrechtliche Grundlage für
Schadenersatzansprüche gegenüber Arbeitgebern und ihren Organen für entgangene
Beiträge nach kantonalem Familienzulagenrecht geschaffen (Ueli Kieser/Marco
Reichmuth, Bundesgesetz über die Familienzulagen [FamZG], Praxiskommentar,
2010, N. 18 zu Art. 25 FamZG). Er ist demnach materiell-rechtlicher Natur und
findet hier (noch) keine Anwendung (SVR 2010 AHV Nr. 6 S. 19, 9C_720/2008 E.
5.1 in fine mit Hinweis auf BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220). Dazu kommt, dass
Art. 25 lit. c FamZG lediglich sinngemäss auf Art. 52 AHVG verweist. Mit
anderen Worten darf nicht von dessen integralen und strikten Anwendbarkeit
ausgegangen werden. Vielmehr ist Art. 52 AHVG analog anzuwenden, wenn und
soweit dies mit den Besonderheiten des Familienzulagenrechts vereinbar ist.
Eine solche ist, dass es in weiten Bereichen nicht um die Anwendung von
Bundesrecht, sondern vor allem von kantonalem Recht geht. Dabei ist von
erheblicher Bedeutung, dass wegen des Territorialitätsprinzips ein
ausserkantonales Gericht grundsätzlich nicht über die Anwendung entsprechenden
kantonalen Rechts entscheiden kann (Kieser/Reichmuth, a.a.O., N. 5 zu Art. 22
FamZG).
Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Entscheids verletzt somit kein
Bundesrecht. Bei diesem Ergebnis braucht auf die Vorbringen betreffend die
fehlende gesetzliche Grundlage für eine Schadenersatzpflicht für entgangene
Beiträge nach thurgauischem Familienzulagenrecht sowie die diesbezüglich
fehlende Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin nicht eingegangen zu werden.

5.
Die Beschwerdeführer bestreiten die Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin,
soweit es um Schadenersatz für entgangene bundessozialversicherungsrechtliche
Beiträge der Zweigniederlassungen im Kanton Thurgau und in W._________ für die
Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2001 gehe. Darauf braucht mit Blick auf das
Ergebnis (vgl. E. 7.4 hinten) nicht näher eingegangen zu werden.

6.
6.1 Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihres Akteneinsichtsrechts (Art.
47 ATSG) und damit ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 42 ATSG). Sie
hätten im bisherigen Verfahrensverlauf trotz unzähliger Gesuche nie die
Möglichkeit gehabt, das gesamte Aktendossier einschliesslich sämtlicher Akten
aller beteiligten Ausgleichskassen und Familienausgleichskassen einzusehen, die
im Zusammenhang mit den Beitragserhebungen ab 1. Januar 2001 gegenüber der
Konkurs gegangenen Firma erstellt worden seien. Die Beschwerdegegnerin habe
willkürlich selektiv lediglich in jene Akten Einsicht gegeben, die sie nach
ihrem Gutdünken als für die Entscheidbegründung wesentlich eingestuft und zum
Beleg der Schadenersatzforderung bzw. der Beitragsausstände angeführt habe.
Dadurch sei die ausreichende Wahrnehmung ihrer Mitwirkungs- und
Verteidigungsrechte vereitelt worden.
Die Vorinstanz hat zu den nämlichen Vorbringen erwogen, die Beschwerdegegnerin
habe am 9. Juni 2009 den Rechtsvertretern der Beschwerdeführer sämtliche von
ihr für die Entscheidfindung verwendeten Akten zur Stellungnahme zugestellt.
Dabei habe sie gemäss ihren Angaben alle von ihr erstellten Kopien der Akten
des Konkursamtes ediert. Im Schreiben vom 9. Juni 2009 habe sie die
Zusammensetzung des Schadens dargelegt und bei den einzelnen Schadenspositionen
jeweils auf die herangezogenen Berechnungsgrundlagen verwiesen. Die Auflistung
des gesamten Schadens habe die Zusammenstellungen der bei den verschiedenen
Kassen bestehenden Ausstände zur Grundlage. Die Beschwerdeführer seien somit im
Besitz derjenigen Akten gewesen, auf die sich die Beschwerdegegnerin für die
Schadenersatzforderung gestützt habe bzw. die zum Beleg erforderlich gewesen
seien. Jedenfalls hätten bereits in einem früheren Verfahrensstadium zur
Verfügung gestellte Akten nicht ein zweites Mal zugestellt werden müssen.
Allfällige fehlende Akten seien bei der materiellen Prüfung der Begründetheit
der Schadenersatzforderung zu berücksichtigen. Eine Beweislosigkeit würde sich
zu Lasten der Beschwerdegegnerin auswirken.

6.2 Nach der Rechtsprechung folgt aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren und
dem rechtlichen Gehör das Recht der Parteien, Einsicht in die Akten eines
hängigen Verfahrens zu nehmen und sich dazu zu äussern (Art. 29 Abs. 1 und 2
BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Das Akteneinsichtsrecht bezieht sich grundsätzlich
auf sämtliche verfahrensbezogenen Akten; ausgenommen sind praxisgemäss rein
interne Akten, die ausschliesslich für die interne Meinungsbildung bestimmt
sind und denen kein Beweischarakter zukommt (BGE 125 II 473 E. 4a S. 474 f. mit
Hinweisen; Urteil 1C_50/2011 vom 11. August 2011 E. 2.2). Nicht erforderlich
ist, dass die Akten den Entscheid in der Sache tatsächlich beeinflussen
könnten. Die Einsicht in die Akten, die für ein bestimmtes Verfahren erstellt
oder beigezogen wurden, kann demnach nicht mit der Begründung verweigert
werden, die betreffenden Dokumente seien für den Verfahrensausgang belanglos;
vielmehr muss es dem Betroffenen selber überlassen sein, die Relevanz der Akten
zu beurteilen (BGE 132 V 387 E. 3.2 S. 389; SVR 2011 AHV Nr. 2 S. 4, 9C_1001/
2009 E. 4.1; Urteil 1C_88/2011 vom 15. Juni 2011 E. 3.4).

6.3 Nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz waren den Beschwerdeführern
am 9. Juni 2009 nicht sämtliche Akten zugestellt worden. Insbesondere fehlten
offenbar die Akten der einzelnen im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember
2001 am Beitragsbezug beteiligten Ausgleichskassen und Familienausgleichskassen
sowie die Unterlagen, die dem SUVA-Revisor für die Erstellung der
Jahresnachtragsabrechnung 2002 im Rahmen der Arbeitgeberkontrolle vom 29.
August 2002 zur Verfügung gestanden hatten (u.a. Lohnabrechnungen und
-bescheinigungen). So ist nach Darlegung der Beschwerdeführer unklar, ob zu
Unrecht bereits im April ausgerichtete Insolvenzentschädigung berücksichtigt
worden sei, für die eine Schadenersazforderung ausser Betracht falle. Ob die
nicht zugestellten Akten für die streitige Schadenersatzpflicht von Bedeutung
sind, kann nicht gesagt werden. Die Vorinstanz hat die betreffenden Unterlagen
nicht beigezogen. Die Frage kann jedoch offenbleiben. Unter dem Gesichtspunkt
des rechtlichen Gehörs wäre jedenfalls auf das wiederholt gestellte Begehren
hin Einsicht zu gewähren gewesen, da die fraglichen Akten ein wichtiges Element
im Entscheidfindungsprozess der Beschwerdegegnerin darstellen und nicht bloss
als ausschliesslich für die interne Meinungsbildung bestimmt bezeichnet werden
können (vorne E. 6.2). Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass - unabhängig von
einer Zurverfügungstellung in einem früheren Verfahrensstadium - gerade bei
umfangreichen Akten lediglich ein Einsichtsrecht am Ort, d.h. bei der
Ausgleichskasse, besteht. Der verfassungsmässige Anspruch vermittelt
grundsätzlich kein Recht auf Zusendung (Rhinow/ Koller/Kiss/Thurnherr/
Brühl-Moser, Öffentliches Prozessrecht, 2. Aufl. 2010, N. 336; BGE 122 I 109 E.
2b S. 112).
Eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts ist somit im Grundsatz zu bejahen,
insbesondere in Bezug auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001.
Eine umfassende Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids aus formellen Gründen
erweist sich jedoch aufgrund des Verfahrensausgangs (E. 7.4) nicht als
notwendig.

7.
7.1 Der Beschwerdegegnerin ist als Folge der Missachtung der Vorschriften
betreffend die Pflicht zur Abrechnung und Bezahlung der paritätischen Beiträge
(Art. 14 Abs. 1 AHVG und Art. 34 ff. AHVV) durch die Firma im Zeitraum vom 1.
Januar 2001 bis 9. August 2002 (Konkurseröffnung) ein Schaden entstanden. Das
ist unbestritten. Dieses widerrechtliche Verhalten ist der Firma und allenfalls
den Beschwerdeführern als ehemalige Verwaltungsräte in der Zeit vom 5. März
2001 bis 9. August 2002 (Konkurseröffnung) grundsätzlich als qualifiziertes
Verschulden zuzurechnen (BGE 121 V 243 E. 4b S. 244), was nach aArt. 52 AHVG
(seit 1. Januar 2003: Art. 52 Abs. 1 AHVG) die volle Schadenersatzpflicht nach
sich zieht (Urteil 9C_152/2009 vom 18. November 2009 E. 5.2), sofern der
Schaden in einem adäquaten Kausalzusammenhang damit steht, keine
Rechtfertigungs- oder Exkulpationsgründe gegeben sind (BGE 119 V 401 E. 4a S.
406; 108 V 199 E. 1 S. 201) und die Ausgleichskasse kein Mitverschulden trifft
(BGE 122 V 185; Urteil 9C_48/2010 vom 9. Juni 2010 E. 4; vgl. zu den
Haftungsvoraussetzungen bei im Pauschalverfahren erhobenen Akontobeiträgen SVR
2003 AHV Nr. 1 S. 1, H 204/01).

7.2 Der Umstand, dass der AHV wegen Verletzung von Vorschriften im Sinne von
Art. 52 Abs. 1 AHVG ein Schaden entstanden ist, erlaubt nicht den Schluss auf
ein qualifiziertes Verschulden seiner Organe (BGE 121 V 240 E. 5 S. 244). Bei
feststehender Widerrechtlichkeit gilt jedoch die Vermutung eines absichtlichen
oder grobfahrlässigen Verhaltens (BGE 108 V 183 E. 1b S. 187; Urteil 9C_228/
2008 vom 5. Februar 2009 E. 4.2.1). Es obliegt grundsätzlich dem Arbeitgeber
oder seinen Organen, Gründe zu behaupten, diesbezügliche Beweise zu liefern
oder zu beantragen, welche ein Verschulden im Sinne von Absicht oder
Grobfahrlässigkeit ausschliessen. Werden solche entlastende Umstände nicht
geltend gemacht oder nicht hinreichend substanziiert, sind solche nicht ohne
weiteres ersichtlich oder führen die Abklärungen zu keinem schlüssigen
Ergebnis, hat die ins Recht gefasste Person die Folgen der Beweislosigkeit zu
tragen (Marco Reichmuth, Die Haftung des Arbeitgebers und seiner Organe nach
Art. 52 AHVG, 2008, S. 177 ff.). Diese Regelung stösst sich nicht daran, dass
in Bezug auf die Haftungsvoraussetzungen grundsätzlich die Ausgleichskasse
beweisbelastet ist. Der massgebliche Art. 8 ZGB regelt nicht die
Beweiswürdigung und schliesst insbesondere eine antizipierende Beweiswürdigung
nicht aus (BGE 127 III 519 E. 2a S. 522; 126 III 315 E. 4a S. 317; Urteil
9C_535/2008 vom 3. Dezember 2008 E. 5.1). Das Vorstehende gilt auch in Bezug
auf allfällige Rechtfertigungs- oder Exkulpationsgründe (SVR 2011 AHV Nr. 13 S.
42, 9C_325/2010 E. 4.1).
Ob die Beschwerdeführer als verantwortliche Organe ihres in Konkurs gefallenen
Arbeitgebers ihren Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Bezahlung der
Sozialversicherungsbeiträge hinreichend nachgekommen sind, ist in Würdigung der
gesamten Umstände zu beurteilen (Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts und H
211/04 vom 17. März 2005 E. 6.1 und H 263/02 vom 6. Februar 2003 E. 4.3; Urteil
9C_647/2009 vom 15. April 2010 E. 4).
7.3
7.3.1 Die Vorinstanz hat ein widerrechtliches und schuldhaftes Verhalten der
Firma für die im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis ... August 2002
(Konkurseröffnung) unbezahlt gebliebenen Sozialversicherungsbeiträge (ohne
Beiträge nach thurgauischer Familienzulagengesetzgebung) bejaht. Die
Konkursitin habe erst am 27. September 2001 die Löhne der neu ab 1. April 2001
zusammen erfassten Filialen in den verschiedenen Kantonen gemeldet und damit
gegen ihre Abrechnungs- und Auskunftspflicht nach Art. 51 AHVG und Art. 35 Abs.
1 und 2 AHVV verstossen. Erst in diesem Zeitpunkt sei die Beschwerdegegnerin in
der Lage gewesen, provisorische Akonto-Beiträge festzusetzen. Ebenfalls habe
die Firma die Angaben für die definitive Abrechnung der Beiträge 2001 erst nach
Aufforderung und mit Verspätung Ende Februar 2002 eingereicht. Sodann seien
wegen Zahlungsrückständen im Mai 2001 Tilgungspläne für ausstehende Beiträge
für 2000 sowie Februar bis April 2001 erstellt worden. Die Beitragspauschalen
seien 2001 mit bis zu fünf Monaten Verspätung bezahlt worden, diejenige für
November sei offen und der Saldo gemäss Jahresrechnung 2001 vom 7. April 2002
abgesehen von einer verspäteten Teilzahlung vom 11. Juni 2002 unbeglichen
geblieben. Von den für 2002 geschuldeten Beiträgen sei lediglich ein geringer
Teil getilgt worden. Obschon die finanziellen Mittel weitgehend gefehlt hätten,
um die Beitragsschulden zu tilgen bzw. deren weiteres Anwachsen zu verhindern,
seien weiterhin Löhne ausbezahlt worden, ohne dass die Entrichtung der Beiträge
gesichert gewesen wäre. Trotz Mahnungen und Betreibungsandrohungen sei 2002 ein
Grossteil der Beitragsrechnungen nicht mehr beglichen worden. Das im Januar
2002 in die Firma geflossene Aktionärsdarlehen von 1.5 Mio. Franken habe zwar
auch zur Tilgung der damals bekannten Beitragsausstände gedient, sei jedoch
nicht zur Bezahlung der Beiträge für die laufenden Löhne verwendet worden.
Angesichts dieser Umstände sei von einem widerrechtlichen und grobfahrlässigen
Verhalten der Firma auszugehen.
7.3.2 Zum Verhalten der Beschwerdeführer hat die Vorinstanz erwogen, bei der
konkursiten Firma sei von einer mittelgrossen Unternehmung mit relativ
komplexen internen Abläufen und kurzfristig sich verändernden Gegebenheiten
auszugehen. Es habe daher - nach der Rechtsprechung (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts H 404/99 vom 13. Februar 2001 E. 3b) - nicht zu ihrem
Aufgabenbereich gehört, sich näher mit dem Zahlungsverkehr und insbesondere mit
der ordnungsgemässen Bezahlung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge zu
befassen. Dagegen seien sie verpflichtet gewesen, die Geschäftsführung zu
überwachen und bei Verdacht auf eine falsche oder unsorgfältige Ausübung der
Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse sogleich die erforderlichen
Abklärungen zu treffen (nötigenfalls durch Beizug von Sachverständigen) und
eine genaue und strenge Kontrolle hinsichtlich der Beobachtung gesetzlicher
Vorschriften auszuüben (vgl. Urteil 9C_289/2011 vom 8. Juli 2011 E. 4.2 mit
Hinweisen). Die Beschwerdeführer hätten zwar weder eine operative noch eine
geschäftsleitende Funktion ausgeübt, Beschwerdeführer 2 jedenfalls bis ca.
April 2002 nicht. Jedoch hätten sie sich regelmässig über den Geschäftsstand
informieren und nötigenfalls nähere Abklärungen und geeignete Massnahmen zur
Sicherstellung einer ordnungsgemässen Geschäftsführung, insbesondere der
Einhaltung der Verbindlichkeiten gegenüber der Ausgleichskasse treffen müssen.
Im Unterschied zur Firma hat die Vorinstanz den Beschwerdeführern nicht im
Sinne einer Feststellung zum Vorwurf gemacht, dass die Lohnsummenmeldung für
die Zeit ab 1. April 2001 erst am 27. September 2001 erfolgte und die Angaben
für die definitive Abrechnung der Beiträge 2001 erst nach Aufforderung und mit
Verspätung Ende Februar 2002 eingereicht wurden. Ebenfalls hat sie ihnen kein
pflichtwidriges Verhalten zur Last gelegt im Zusammenhang mit der Feststellung,
sowohl die beiden Buchhaltungsfirmen als auch der Verwaltungsrat hätten bei der
Finanzplanung im Herbst 2001 unerklärlicherweise vernachlässigte offene
Beiträge von 1.2 Mio. Franken nicht erkannt. Hingegen hätten die
Beschwerdeführer bei korrekter Ausübung ihrer Pflichten als Verwaltungsrat und
Wahrnehmung ihrer Überwachungs- und Kontrollpflichten spätestens bei Vorliegen
des Revisionsberichts 2001 vom 16. Februar 2002, ausweisend einen Jahresverlust
von rund 4 Mio. Franken, Verbindlichkeiten gegenüber der AHV von rund 1.2 Mio.
Franken sowie eine buchmässige Überschuldung, Massnahmen zur Beitragssicherung
und gegen das weitere Anwachsen der Beitragsschuld treffen müssen. Sie hätten
jedoch trotz der desolaten finanziellen Situation der Gesellschaft die weitere
Auszahlung von Löhnen zugelassen, ohne gleichzeitig die Beiträge abzuliefern
oder (durch Rückstellungen) zu sichern. Die ergriffenen Sanierungsmassnahmen
hätten in Anbetracht der Grössenordnung des Finanzbedarfs zum vornherein keine
oder nur eine völlig unzureichende Wirkung haben können. Es fehlten somit
Rechtfertigungs- und Exkulpationsgründe, weshalb die Haftungsvoraussetzungen
der Widerrechtlichkeit und des (grobfahrlässigen) Verschuldens zu bejahen
seien.
7.3.3 Aufgrund dieser vorinstanzlichen Erwägungen mussten die Beschwerdeführer
nicht schon vor dem Revisionsbericht vom 16. Februar 2002 Kenntnis von
Beitragsausständen in der Höhe von 1.2 Mio. Franken haben. Es ist daher
lediglich für die Zeit danach zu prüfen, ob ihnen ein haftungsrelevantes
widerrechtliches und schuldhaftes Verhalten im Sinne von Art. 52 Abs. 1 AHVG
bzw. aArt. 52 AHVG vorzuwerfen ist. Dabei erstreckt sich grundsätzlich die
Haftung betragsmässig auch auf die in diesem Zeitpunkt offenen Beiträge (vgl.
BGE 119 V 401 E. 4b S. 407 f.). Die Beschwerdegegnerin weist zwar insoweit
richtig darauf hin, dass nach unwidersprochen gebliebener Feststellung der
Vorinstanz bereits 2001 ein Liquiditätsengpass bestanden hatte, bedingt u.a.
durch eine Geschäftsausweitung (Eröffnung von drei weiteren Filialen). Im
Bericht der Revisionsstelle über die Erfolgsrechnung 1. Januar - 30. September
2001, den Liquiditätsstatus per 30. September 2001 und die Planerfolgsrechnung
Liquiditätsplan Oktober 2001 - Dezember 2002 wurde indessen festgehalten,
aufgrund der Planungsrechnungen sei ersichtlich, dass der Engpass 2002 wieder
beseitigt werden könne vorausgesetzt, die neuen Niederlassungen operierten
erfolgreich. Jedoch sei für eine gewisse Periode der Zufluss von zusätzlichen
Mitteln notwendig. In der Folge gelang es denn auch, Liquidität zu beschaffen.
Im Januar 2002 flossen 1.5 Mio. Franken in Form eines Aktionärsdarlehens in die
Firma; zudem erklärten Gläubiger für Guthaben von beinahe 2.5 Mio. Franken
Rangrücktritt (Revisionsbericht 2001 vom 16. Februar 2002). Es kommt dazu, dass
die Beschwerdegegnerin (auch) im Schreiben vom 27. Dezember 2001, worin sie die
Übertragung sämtlicher Belastungen, Gutschriften und Zahlungen des Jahres 2001
von den einzelnen Filialen auf das Konto des (operativen) Hauptsitzes St.
Gallen mitteilte, mit keinem Wort auf ausstehende Beiträge hingewiesen hatte.
Kenntnis von zusätzlichen grösseren Beitragsausständen spätestens in diesem
Zeitpunkt wäre indessen von grosser Bedeutung gewesen für die aufgrund des
Berichts über die Erfolgsrechnung 1. Januar - 30. September 2001, den
Liquiditätsstatus per 30. September 2001 und die Planerfolgsrechnung
Liquiditätsplan Oktober 2001 - Dezember 2002 in die Wege geleiteten
Sanierungsmassnahmen.
7.3.3.1 Wie die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig und somit für das
Bundesgericht verbindlich festgestellt hat, war die finanzielle Lage der Firma
im Februar 2002 desolat. Der Revisionsbericht 2001 vom 16. Februar 2002 wies
einen Jahresverlust von rund 4 Mio. Franken aus. Die Fortführung des
Unternehmens wurde wegen der ungenügenden Ertragslage sowie der bestehenden
Liquiditätsschwierigkeiten als ernsthaft gefährdet bezeichnet. Es wurde
festgehalten, dass die Gesellschaft buchmässig überschuldet sei. Von der
Benachrichtigung des Richters nach Art. 725 Abs. 2 OR sah der Verwaltungsrat
indessen ab u.a. mit Blick auf ein im Januar gewährtes Darlehen des
Hauptaktionärs L.________ in der Höhe von 2.5 Mio. Franken. Tatsächlich flossen
jedoch nur Fr. 1.5 Mio. in die Firma. Unter diesen Umständen fiel eine Tilgung
der bis dahin aufgelaufenen Ausstände, insbesondere die Begleichung der
Nachtragsabrechnung 2001 vom 7. April 2002 bis auf Weiteres grundsätzlich
ausser Betracht, was den Beschwerdeführern jedoch nicht angelastet werden kann
und wofür sie somit nicht einzustehen haben (BGE 119 V 401 E. 4b S. 408). Die
Frage eines von der Vorinstanz im Zusammenhang mit der Schadenersatzpflicht für
2001 im Umfang von 20 % bejahten Mitverschuldens der Beschwerdegegnerin ist
somit gegenstandslos und auf die dagegen vorgebrachten Einwendungen braucht
daher nicht eingegangen zu werden.
7.3.3.2 Hingegen gereicht ihnen zum unentschuldbaren Vorwurf, dass und soweit
zwar weiterhin Löhne ausbezahlt nicht aber Beiträge abgeliefert oder (durch
Rückstellungen) gesichert wurden. Dieses Verhalten der Firma haben sich die
Beschwerdeführer anrechnen zu lassen, hatte doch aufgrund des prekären
finanziellen Zustandes des Unternehmens und der ebenfalls bekannten hohen
Beitragsausstände die Entrichtung wenigstens der laufenden Beiträge erste
Priorität. Die Beschwerdeführer vermögen sich mit ihren Vorbringen nicht zu
entlasten. Namentlich durften sie nicht ohne weiteres von der unbedingten
Bereitschaft des Hauptaktionärs ausgehen, schon nach kurzer Zeit wieder Mittel
einzuschiessen. Dieser traf gemäss ihren Ausführungen den Grundsatzentscheid,
insgesamt 9 Mio. Franken zur Verfügung zu stellen, denn auch erst am 16. Juli
2002, nachdem sie eine eigene Unternehmensanalyse hatten erstellen lassen, und
nur unter der Bedingung einer teilweise neuen Führungsmannschaft. Zudem sollten
die Mittel nicht ausschliesslich in diese Firma fliessen, und es war von einer
Dauer der Sanierung von zehn Jahren die Rede. Unter diesen Umständen ist auch
der unerwartete Hinschied von L.________ am ... 2002 bedeutungslos und eine
Befragung der Witwe von L.________ zur Ernsthaftigkeit der damals zur
Diskussion gestandenen Investition könnte keine entscheidenden neuen
Erkenntnisse bringen, weshalb darauf zu verzichten ist.

7.4 Zusammenfassend besteht keine Schadenersatzpflicht für die Zeit vom 1.
Januar 2001 bis Ende Februar 2002. Hingegen ist die Haftung für die Zeit vom 1.
März 2002 bis zur Konkurseröffnung am 9. August 2002 mit der Vorinstanz
grundsätzlich zu bejahen. Die Höhe des Schadens hat die Beschwerdegegnerin nach
rechtskonformer Gewährung von Akteneinsicht, u.a. auch im Hinblick auf die
Frage, ob bei der Arbeitgeberkontrolle nur tatsächlich ausbezahlte Löhne und
nicht auch Insolvenzentschädigungen berücksichtigt wurden (vorne E. 6.3), neu
festzusetzen.

8.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend haben die Beschwerdegegnerin drei
Fünftel und die Beschwerdeführer zwei Fünftel der Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese haben Anspruch auf eine Parteientschädigung nach
Massgabe ihres Obsiegens (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 9C_369/2012 und 9C_370/2012 werden vereinigt.

2.
Die Beschwerden werden teilweise gutgeheissen. Die Entscheide des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 1. März 2012 und die
Einspracheentscheide der Beschwerdegegnerin vom 23. November 2009 werden
aufgehoben. Es wird festgestellt, dass keine Schadenersatzpflicht für die Zeit
vom 1. Januar 2001 bis Ende Februar 2002 besteht; mit Bezug auf die Zeit ab 1.
März 2002 wird die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen, damit sie im
Sinne von E. 7.4 verfahre und den Schaden neu festsetze. Im Übrigen werden die
Beschwerden abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

3.
Von den Gerichtskosten von Fr. 20'000.- werden den Beschwerdeführern Fr.
8'000.- und der Beschwerdegegnerin Fr. 12'000.- auferlegt.

4.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit je Fr. 2'000.- zu entschädigen.

5.
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat die Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens neu festzusetzen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. November 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Fessler