Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 363/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_363/2012

Urteil vom 2. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Verfahrensbeteiligte
Aktiengesellschaft H.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Stiftung A.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III,
vom 1. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Aktiengesellschaft H.________ (H.________ AG), war bis 31. Dezember 2006
der Ausgleichskasse X.________ (X.________) angeschlossen. Mit Fragebogen zur
Anmeldung eines Betriebes vom 14. Dezember 2009 ersuchte sie die Stiftung
A.________ (Auffangeinrichtung), um Aufnahme in die Versicherung per 1. Januar
2010 und reichte am 21. Januar 2010 entsprechende Unterlagen ein. Die
Auffangeinrichtung teilte der H.________ AG am 14. April 2010 mit, ein
Anschluss - rückwirkend per 1. Januar 2007 - sei auf freiwilliger Basis nicht
mehr möglich, weil bereits mehrere Mitarbeiter ausgetreten und
Freizügigkeitsleistungen geschuldet seien. Mit Verfügung vom 16. Juli 2010
schloss sie die H.________ AG zur Durchführung der obligatorischen beruflichen
Vorsorge rückwirkend ab 1. Januar 2007 zwangsweise an (Ziffer 1 Dispositiv) und
stellte ihr Verfügungskosten (Fr. 450.-), Gebühren für die Durchführung des
Zwangsanschlusses (Fr. 375.-) sowie Kosten für die rückwirkende
Rechnungsstellung gemäss Kostenreglement in Rechnung (Fr. 100.- pro Person und
Jahr, im Minimum Fr. 200.-; Ziffer 2 Dispositiv).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der H.________ AG hiess das
Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 1. März 2012 teilweise gut und
änderte Dispositivziffer 2 der Verfügung vom 16. Juli 2010 insofern, als es die
H.________ AG verpflichtete, die Verfügungskosten in Höhe von Fr. 450.- und die
Gebühren für die Durchführung des Zwangsanschlusses (Fr. 375.-) zu bezahlen. Im
Übrigen wies es die Beschwerde ab.

C.
Die H.________ AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
und beantragt sinngemäss, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie
der Verfügung vom 16. Juli 2010 seien ihr die Kosten für den Zwangsanschluss zu
erlassen. Weiter seien entweder die Anschlussbedingungen der Auffangeinrichtung
an die zwingenden Bedingungen des Gesamtarbeitsvertrages für das Gastgewerbe
(L-GAV) anzupassen oder die Kontrollstelle des L-GAV sei zu verpflichten, die
Bedingungen der Auffangeinrichtung zu akzeptieren. Auf die Erhebung von
Gerichtskosten sei zu verzichten, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung
zu erteilen und es sei ein zweiter Schriftenwechsel durchzuführen.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob der Zwangsanschluss an die
Beschwerdegegnerin rückwirkend ab 1. Februar 2007 - mit den entsprechenden
Kostenfolgen - zu Recht erfolgt ist. Soweit die Beschwerdeführerin beantragt,
es seien entweder die Anschlussbedingungen an den L-GAV anzupassen oder die
Kontrollstelle des L-GAV sei zu verpflichten, die Bedingungen der
Beschwerdegegnerin zu akzeptieren, ist darauf bereits deshalb nicht
einzutreten, weil die Verfügung vom 16. Juli 2010 einzig den Zwangsanschluss
als solchen betrifft und die soeben angeführten Rügen nicht zum massgebenden
Anfechtungsgegenstand gehören (BGE 131 V 164 E. 2.1 S. 164 f., 130 V 501 E. 1.1
S. 502 mit Hinweisen).

2.2 Das Bundesverwaltungsgericht führte die massgebenden Bestimmungen und
Grundsätze zur obligatorischen Versicherung (Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1
BVG) und zum Anschluss an eine Vorsorgeeinrichtung (Art. 11 BVG) zutreffend an.
Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass in erster Linie der
Arbeitgeber, der den obligatorisch zu versichernden Arbeitnehmer beschäftigt,
für den Anschluss an eine Vorsorgeeinrichtung zu sorgen hat, weshalb dieser
sich selbst dann nicht aus der Verantwortung ziehen kann, wenn es die
Ausgleichskasse unterlässt, ihn (rechtzeitig) auf die Anschlusspflicht
aufmerksam zu machen (Urteil 2A_461/2006 vom 2. März 2007 E. 4.5 mit Hinweis).

3.
Die Vorinstanz stellte fest, die Beschwerdeführerin sei bis 31. Dezember 2006
bei der X.________ berufsvorsorgeversichert, in den Jahren 2007 bis und mit
2009 keiner Versicherung angeschlossen gewesen und habe sich erst mit Wirkung
ab 1. Januar 2010 bei der Auffangeinrichtung angemeldet, obwohl auch in der
dazwischen liegenden Zeitspanne BVG-pflichtige Arbeitnehmer beschäftigt worden
seien. Sie erwog, bereits aus diesem Grund sei ein Zwangsanschluss
gerechtfertigt, ohne dass geprüft werden müsste, ob schon Leistungsfälle
eingetreten wären und daher ein freiwilliger Anschluss ausser Betracht falle.
Die Beschwerdegegnerin habe den Zwangsanschluss in Ausübung ihres gesetzlichen
Auftrages vollzogen, im Einklang mit den Anschlussbedingungen, welche
intergrierenden Bestandteil der Verfügung bildeten sowie mit dem angehängten
Kostenreglement. Die damit verbundenen, der Beschwerdeführerin auferlegten
Kosten seien nicht zu beanstanden. Nicht korrekt sei hingegen die Auferlegung
der Kosten für die rückwirkende Rechnungsstellung, diese könnten erst im Rahmen
der (Beitrags-) Rechnungsstellung erhoben werden.

4.
Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2007 bis und mit
2009 keiner Vorsorgeeinrichtung angeschlossen war, obwohl sie BVG-pflichtige
Arbeitnehmer beschäftigte. Zwar brachte sie vor, sich verschiedentlich um
Anschluss an eine Vorsorgeeinrichtung bemüht, ohne jedoch eine Einrichtung
gefunden zu haben, welche die zwingenden Anforderungen des L-GAV erfüllt habe
und bereit gewesen wäre, sie anzuschliessen. Davon abgesehen, dass diese
Bemühungen gänzlich unbelegt geblieben sind, kam es jedenfalls nicht zum
Abschluss einer Anschlussvereinbarung. Dass die Vorinstanz den von der
Beschwerdegegnerin verfügten Zwangsanschluss unter diesen Umständen schützte,
verletzt Bundesrecht nicht. Der Beschwerdeführerin mussten die Schwierigkeiten,
eine Vorsorgeeinrichtung zu finden, deren Anschlussbedingungen den zwingenden
Vorgaben des L-GAV entsprechen, bereits kurze Zeit nach der Auflösung des
Anschlussvertrages mit der X.________ bewusst sein und sie hätte jedenfalls
nicht rund drei Jahre zuwarten dürfen, bevor sie sich um einen Anschluss bei
der Beschwerdegegnerin bemühte. Das Beitrittsgesuch (oder - alternativ - die
Errichtung einer eigenen Vorsorgeeinrichtung; vgl. Art. 11 Abs. 1 BVG) hätte
keinen Aufschub geduldet, sondern unverzüglich erfolgen müssen. Daran vermögen
allfällige Diskrepanzen zwischen den Anschlussbedingungen der
Beschwerdegegnerin (oder anderer Vorsorgeeinrichtungen) und den Vorgaben des
L-GAV nichts zu ändern. Für die daraus resultierenden Schwierigkeiten hätte
nach Abschluss einer Anschlussvereinbarung immer noch mit den Verantwortlichen
(der Kontrollstelle L-GAV, der Beschwerdegegnerin und allfälliger weiterer
betroffener Stellen) eine Lösung gesucht werden können (wie dies auch nach dem
nun verfügten Zwangsanschluss wohl erforderlich sein dürfte). Dass die
Beschwerdeführerin nach einer Versicherungslücke von annähernd drei Jahren
selbst um Aufnahme bei der Beschwerdegegnerin ersucht hatte, ändert - auch mit
Blick auf die unbestritten gebliebenen zwischenzeitlich eingetretenen
Vorsorgefälle - nichts an der Rechtmässigkeit des verfügten Zwangsanschlusses
(vgl. Art. 2 der Verordnung über die Ansprüche der Auffangeinrichtung der
beruflichen Vorsorge vom 28. August 1985; SR 831.434). Ein Schriftenwechsel ist
nicht erforderlich (Art. 102 Abs. 1 BGG).

5.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 Abs.
2 lit. a BGG abzuweisen. Für einen Verzicht auf die Erhebung von Gerichtskosten
besteht kein Anlass. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die
unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG).

6.
Mit dem sofortigen Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende
Wirkung gegenstandslos geworden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. Juli 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Bollinger Hammerle