Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 346/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_346/2012

Urteil vom 31. Mai 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Haag,
Beschwerdeführerin,

gegen

Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt
im Bauhauptgewerbe (FAR),
Obstgartenstrasse 19, 8006 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge
(vorinstanzliches Verfahren; Parteientschädigung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 29. März 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a Am 15. Februar 2007 erhob die Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt im
Bauhauptgewerbe (Stiftung FAR) Klage gegen die B.________ AG mit dem
Rechtsbegehren, diese sei zu verpflichten, ihr für jeden unter den persönlichen
Geltungsbereich des Gesamtarbeitsvertrages für den flexiblen Altersrücktritt im
Bauhauptgewerbe (GAV FAR) fallenden Mitarbeiter 5,66 % der AHV-pflichtigen
Lohnsumme vom 19. April 2004 bis 31. Dezember 2004 sowie 5 % der
AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2005 bis 28. Juni 2006, jeweils nebst
Zins, zu bezahlen. Mit Entscheid vom 27. Oktober 2011 wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Sozialversicherungsrechtliche Kammer, die
Klage ab (Dispositiv-Ziffer 1) und sprach der Beklagten eine
Parteientschädigung von pauschal Fr. 8'000.- zu (Dispositiv-Ziffer 3).
A.b In teilweiser Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten der B.________ AG hob das Bundesgericht, II. sozialrechtliche
Abteilung, mit Urteil 9C_933/2011 vom 14. Februar 2012 Dispositiv-Ziffer 3 des
Entscheids vom 27. Oktober 2011 auf und wies die Sache an die Vorinstanz
zurück, damit sie im Sinne der Erwägungen die Parteientschädigung neu
festsetze.

B.
Mit Entscheid vom 29. März 2012 sprach das Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, der B.________ AG zulasten der Stiftung
FAR eine Parteientschädigung von ermessensweise Fr. 22'000.- (inklusive
Auslagen und Mehrwertsteuer) zu (Dispositiv-Ziffer 1).

C.
Die B.________ AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Rechtsbegehren, Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids vom 29. März 2012
sei aufzuheben und die Stiftung FAR zur Bezahlung einer Parteientschädigung von
Fr. 38'124.45 zu verpflichten; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen zwecks neuer Festlegung der Höhe der Entschädigung.

Erwägungen:

1.
Ob der angefochtene Parteikostenentscheid Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), kann lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel geprüft werden. Die
Anwendung des vorliegend einschlägigen § 9 Abs. 2 und 3 der zugerischen
Verordnung vom 30. August 1977 über die Kosten im Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht (BGS 162.12) muss zu einer Verfassungsverletzung führen,
wegen seiner Ausgestaltung oder aufgrund des Ergebnisses im konkreten Fall.
Dabei fällt praktisch nur das Willkürverbot in Betracht (Art. 9 BV; BGE 125 V
408 E. 3a S. 408 mit Hinweisen; SVR 2006 BVG Nr. 19 S. 66, B 41/04 E. 9.1.1 [in
BGE 132 V 127 nicht publiziert]; Seiler/von Werdt/Güngerich,
Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 21 und 22 zu Art. 95 BGG; Urteil 9C_933/
2011 vom 14. Februar 2012 E. 3.2).
Eine Entschädigung ist dann willkürlich, wenn sie eine Norm oder einen klaren
und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich mit
sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt oder in stossender Weise
dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 5, C 130/99 E.
4a; vgl. auch BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9 und BGE 125 V 408 E. 3a S. 409, je mit
Hinweisen). Zudem muss nicht nur die Begründung, sondern auch das Ergebnis
unhaltbar sein (BGE 132 V 13 E. 5.1 S. 17; Urteil 9C_569/2008 vom 1. Oktober
2008 E. 6.2.1).

2.
Gemäss der erwähnten kantonalen Vorschrift bemisst sich die Parteientschädigung
für das kantonale Klageverfahren nach dem Zeit- und Arbeitsaufwand sowie der
Wichtigkeit und Schwierigkeit der Sache. Im Wesentlichen mit der Begründung,
die sich stellende Rechtsfrage der Unterstellung unter den GAV FAR könne nicht
als besonders schwierig bezeichnet werden, da die in sachlicher Hinsicht
ordentlicherweise zuständigen Zivilgerichte sie bereits beantwortet hätten, hat
die Vorinstanz den Stundenansatz auf Fr. 250.- festgesetzt und den in der
Kostennote vom 2. September 2011 geltend gemachten zeitlichen Aufwand von
100,42 Stunden um 20 % gekürzt.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine vor Art. 9 BV nicht haltbare Anwendung von
§ 9 der zugerischen Verordnung über die Kosten im Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht. Sie bringt insoweit richtig vor, dass im Urteil 9C_933/2011
vom 14. Februar 2012 E. 4.3.2 die zivilgerichtlich rechtskräftig entschiedene
Frage der Unterstellung unter die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen
des Landesmantelvertrages für das Schweizerische Bauhauptgewerbe (LMV 2005 und
LMV 2006) nicht als von präjudizieller Bedeutung und die zu beurteilende Frage
der Unterstellung unter den GAV FAR als komplex, jedenfalls nicht leicht
bezeichnet wurde. Auch wurde in E. 4.2.2 und E. 4.3.1 festgehalten, dass weder
mit der Eingabe (Duplik) vom 22. März 2011 noch im Zusammenhang mit der
öffentlichen Verhandlung ein unnötig grosser Aufwand betrieben wurde. Ebenfalls
trifft zu, dass die Beschwerdegegnerin in der Eingabe vom 23. Dezember 2010
geltend gemacht hatte, beim FAR handle es sich um einen eigenständigen
Gesamtarbeitsvertrag, der nicht an den LMV gekoppelt sei. Die Frage der
Unterstellung unter den LMV sei daher nicht relevant. Schliesslich stellte die
Vorinstanz in E. 7 ihres Entscheids vom 27. Oktober 2011 fest, (auch) die
äusserst umfangreichen Ausführungen der Klägerin und die zahlreichen von ihr
eingereichten Unterlagen belegten, dass es sich bei der Frage der Unterstellung
unter den GAV FAR um komplizierte juristische Fragen handeln müsse.

3.2 Diese Vorbringen mögen die vorinstanzliche Begründung der Kürzung des
Anwaltshonorars gemäss Kostennote vom 2. September 2011 vielleicht als
diskutabel erscheinen lassen. Gleichwohl kann die beanstandete Festsetzung der
Parteientschädigung im Ergebnis, worauf es einzig ankommt (vorne E. 1), nicht
als willkürlich bezeichnet werden. Dies betrifft insbesondere die Einschätzung
des objektiv erforderlichen Aufwandes, welches Mass z.B. mit der 60seitigen
Duplik an die Vorinstanz und allein dafür fakturierten mehr als 36
Arbeitsstunden klar überschritten worden war. Der von der Vorinstanz gewährte
Stundenansatz von Fr. 250.- liegt im bundesrechtlichen Rahmen (vgl. z.B. Urteil
9C_331/2008 vom 4. September 2008 E. 3.3), verletzt keine kantonale Vorschrift
und entspricht konstanter kantonaler verwaltungsrechtlicher Praxis. Die
Beschwerdeführerin trägt keine Gründe vor, welche ein Abweichen davon zwingend
erfordert hätten. Es geht nicht um eine freie Tatsachenprüfung und auch nicht
um eine Angemessenheitskontrolle (E. 1). Mit den zugesprochenen Fr. 22'000.-
hat das kantonale Gericht die Beschwerdeführerin mit mehr als dem Doppelten des
maximalen Normalansatzes entschädigt (§ 9 Abs. 1 Kostenverordnung), welche
legislatorische Grundentscheidung es durchaus auch bei der Konkretisierung des
unbestimmten Rechtsbegriffs des ausserordentlichen Falles und der
entsprechenden Kriterien (§ 9 Abs. 2 und 3 Kostenverordnung) gebührend
mitberücksichtigen durfte.
Der vorinstanzliche Entscheid verletzt kein Bundesrecht.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'700.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. Mai 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Fessler