Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 343/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_343/2012

Urteil vom 11. Oktober 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
D.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Patrick Sutter,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Schwyz,
Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Rückerstattung),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 15. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Die IV-Stelle Schwyz sprach dem 1956 geborenen D.________ mit Verfügung vom 6.
September 2002 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Rente der
Invalidenversicherung - nebst Zusatzrenten für seine Ehefrau und die vier
Kinder - ab 1. August 2001 zu. Im August 2006 leitete die Verwaltung ein
Revisionsverfahren ein. U.a. holte sie in dessen Verlauf bei Dr. med.
M.________, Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie, die Gutachten vom
29. Januar 2006 (recte: 2007) und vom 9. Oktober 2008 ein und verpflichtete den
Versicherten zu einer stationären Behandlung, die vom 1. Oktober bis 9.
November 2007 in der psychiatrischen Klinik X.________ erfolgte (undatierter
Bericht). Anlässlich einer Abklärung vor Ort wurde eine Hilflosigkeit mittleren
Grades geltend gemacht (Abklärungsbericht Hilflosigkeit IV vom 22. Januar
2009). In der Folge veranlasste die IV-Stelle eine Überwachung des Versicherten
(Überwachungsberichte vom 24. Februar und 21. April 2010), worauf sie die
Rentenzahlungen sistierte (Verfügung vom 2. Juni 2010) und eine Begutachtung
des Versicherten durch das Institut W.________ anordnete. Bevor diese
durchgeführt werden konnte, erlitt der Versicherte am 5. September 2010
anlässlich einer Auseinandersetzung in einem bosnischen Kulturzentrum eine
Messerstichverletzung, die eine Hospitalisierung bis zum 16. September 2010 im
Spital Z.________ erforderte (Austrittsbericht vom 14. September 2010) und vom
10. bis 28. Oktober 2010 eine weitere stationäre Behandlung in der
psychiatrischen Klinik X.________ nach sich zog (Bericht vom 10. Dezember
2010). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens und namentlich gestützt auf
das Gutachten des Instituts W.________ vom 24. Januar 2011 hob die IV-Stelle
die Verfügung vom 6. September 2002 "im Rahmen einer prozessualen Revision
gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG" rückwirkend auf. Zudem forderte sie die "zu Unrecht
erwirkten Rentenleistungen [...] gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG fünf Jahre
rückwirkend (ab April 2006) [...], vorbehältlich einer längeren
Verjährungsfrist gemäss Strafrecht", zurück (Verfügung vom 17. Juni 2011). Die
Höhe des - auf den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 31. Mai 2010 entfallenden -
Rückforderungsbetrages legte sie mit Verfügung vom 22. Juni 2011 auf Fr.
140'587.- fest.

B.
Die dagegen erhobenen Beschwerden des D.________ wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Schwyz nach Vereinigung der Verfahren mit Entscheid vom 15. März
2012 ab.

C.
D.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit folgenden Anträgen:
"1. Der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei dem Versicherten ab
sofort und rückwirkend ab dem Datum der Sistierung die sistierte Rente in
unveränderter Höhe auszubezahlen.
2. Eventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und zur Ergänzung
des Sachverhaltes, zur Neuprüfung und zur erneuten Entscheidung an die
Vorinstanz bzw. an die IV-Stelle Schwyz zurückzuweisen.
3. Subeventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und dem
Versicherten die Rente ab Sistierungsdatum abzuerkennen. Die Rückforderung
früher ausgerichteter Rentenleistungen sei infolge Verwirkung vollumfänglich
abzuweisen."
Ferner lässt er um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen.
Die IV-Stelle, das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen).

2.
2.1
2.1.1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in
Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der
Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder
Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war (Art. 53 Abs.
1 ATSG; SR 830.1). Sie ist gestützt auf Art. 55 Abs. 1 ATSG nur innerhalb der
in Art. 67 VwVG enthaltenen Fristen zulässig. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist
eine relative 90-tägige Frist zu beachten, die mit der Entdeckung des
Revisionsgrundes zu laufen beginnt. Zudem gilt eine absolute zehnjährige Frist,
deren Lauf mit der Eröffnung des Entscheides einsetzt (SVR 2012 UV Nr. 17 S.
63, 8C_434/2011 E. 3 mit Hinweisen).
Weiter kann der Versicherungsträger jederzeit auf formell rechtskräftige
Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos
unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art.
53 Abs. 2 ATSG).
2.1.2 Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird nach Art. 17 Abs. 1 ATSG die Rente von Amtes
wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt
oder aufgehoben.

2.2 Stehen wie hier invalidenversicherungsrechtliche Aspekte zur Diskussion,
gilt es grundsätzlich, mit Wirkung ex nunc et pro futuro einen rechtskonformen
Zustand herzustellen. Die Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente erfolgt in
diesem Bereich daher in der Regel auf das Ende des der Zustellung der Verfügung
folgenden Monats. Rückwirkend wird die Rente nur herabgesetzt oder aufgehoben,
wenn die unrichtige Ausrichtung einer Leistung darauf zurückzuführen ist, dass
der Bezüger sie unrechtmässig erwirkt hat oder der ihm gemäss Artikel 77
zumutbaren Meldepflicht nicht nachgekommen ist (Art. 85 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 88bis Abs. 2 IVV [SR 831.201]; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl.
2009, N. 15 zu Art. 25 ATSG). Trifft dies zu, sind solcherart widerrechtlich
bezogene Leistungen gemäss den Vorgaben von Art. 25 ATSG zurückzuerstatten.

3.
In der Auffassung, dass die Observationsberichte und das Gutachten des
Instituts W.________ "neue erhebliche Tatsachen" aufzeigten, hat die Vorinstanz
darauf gestützt festgestellt, dass der Beschwerdeführer "heute" an keiner
invalidisierenden Krankheit leide und in angepasster Tätigkeit zu 100 %
arbeitsfähig sei. Im Zeitpunkt der Rentenzusprache im Jahre 2002 habe er nicht
an einer schweren psychischen Krankheit, sondern höchstens an einer leichten
Depression gelitten, die ebenfalls nicht invalidisierend gewesen sei; er habe
bereits damals ein aggravatorisches Verhalten gezeigt. Folglich hat sie die
rückwirkende Rentenaufhebung im Rahmen einer prozessualen Revision (Art. 53
Abs. 1 ATSG) bestätigt.
Das kantonale Gericht hat sodann in der revisionsweisen Rentenaufhebung einen
Rückkommenstitel in Bezug auf die ursprüngliche Rentenzusprache erblickt und
die Rückforderung der auf den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 31. Mai 2010
entfallenden Rentenbetreffnisse im Betrag von Fr. 140'587.- bestätigt.

4.
4.1
4.1.1 Ein Observationsbericht bildet für sich allein keine sichere Basis für
Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Gesundheitszustand und die
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person. Er kann diesbezüglich höchstens
Anhaltspunkte liefern oder Anlass zu Vermutungen geben. Sichere Kenntnis des
Sachverhalts kann in dieser Hinsicht erst die ärztliche Beurteilung des
Observationsmaterials liefern (vgl. BGE 8C_272/2011 vom 11. November 2011 E.
7.1 mit Hinweisen). Die relative 90-tägige Revisionsfrist (E. 2.1.1) beginnt
somit grundsätzlich erst zu laufen, wenn diese ärztliche Beurteilung vorliegt.
Die Verwaltung hat die erforderlichen medizinischen Abklärungen innert
angemessener Frist durchzuführen. Sie ist gehalten, die zusätzlichen
medizinischen Abklärungen mit dem erforderlichen und zumutbaren Einsatz zügig
voranzutreiben. Tut sie dies nicht, darf sich ihre Säumnis nicht zu ihren
Gunsten und zuungunsten der versicherten Person auswirken. In einem solchen
Fall ist der Beginn der relativen 90-tägigen Frist vielmehr auf den Zeitpunkt
festzusetzen, in welchem die Verwaltung ihre unvollständige Kenntnis mit dem
erforderlichen und zumutbaren Einsatz hätte hinreichend ergänzen können (SVR
2012 UV Nr. 17 S. 63, 8C_434/2011 E. 4.2 mit Hinweis und E. 6.2).
4.1.2 Die Ergebnisse der Observation lagen der IV-Stelle am 23. April 2010 vor.
Bereits am 7. Mai 2010 kam Dr. med. N.________ vom Regionalen Ärztlichen Dienst
(RAD) in seiner Stellungnahme zum Schluss, dass eine schwere Depression, wie
sie insbesondere Dr. med. M.________ diagnostiziert hatte, auszuschliessen sei
und höchstens eine solche von leichtem oder mittlerem Schweregrad vorliege.
Ausserdem gewinne man "doch den Eindruck, dass hier in Untersuchungssituationen
und/oder bei IV-Abklärungen schwerwiegend aggraviert" werde. Erst am 1. Juni
2010 schlug der RAD-Arzt eine "psychiatrische Begutachtung" durch das Institut
W.________ vor. Mit einer weiteren Verzögerung von rund zwei Wochen wurde am
14. Juni 2010 eine "interdisziplinäre Abklärung" in Auftrag gegeben. In der
Folge wurde die Untersuchung auf den 13. September 2010 angesetzt, sie konnte
indessen aufgrund des Vorfalls vom 5. September 2010 nicht an diesem Datum,
sondern erst am 8. November 2010 durchgeführt werden. Schliesslich traf das
Gutachten des Instituts W.________ am 25. Februar 2011 bei der IV-Stelle ein;
diese erliess die Revisionsverfügung am 17. Juni 2011.
4.1.3 Angesichts dieser Umstände ist bereits zweifelhaft, ob die Verwaltung die
Revisionsfrist (E. 2.1.1) einhielt. Die Frage kann indessen offen bleiben (vgl.
E. 4.3.3).
4.2
4.2.1 Für die Beurteilung der Arbeits(un)fähigkeit stützt sich die Verwaltung
und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und
gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Aufgabe
des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und
dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten
die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines
Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend
ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).
4.2.2 Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das
Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 1.1). Die
konkrete Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die
Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln (Art. 61
lit. c ATSG; vgl. auch BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352)
Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12.
Oktober 2007 E. 4 mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den
Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann
(E. 1.2).
4.3
4.3.1 Was den Zeitraum seit der Ende 2009 in Auftrag gegebenen Observation
anbelangt, genügt das Gutachten des Instituts W.________ sowohl in Bezug auf
den medizinischen Sachverhalt als auch auf die Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit den bundesrechtlichen Anforderungen (E. 4.2.1). Zwar gab der
psychiatrische Experte zu bedenken, dass die "demonstrierten Beschwerden [...]
mit einer schweren depressiven Störung durchaus vereinbar" seien. Er verwies
indessen auf das vor und zwischen den Untersuchungen gezeigte Verhalten, den im
Observations-Video festgehaltenen Zustand, die fehlende ambulante
psychiatrische Behandlung sowie die fehlende Nachweisbarkeit der behaupteten
Einnahme von Antidepressiva und legte somit einleuchtend dar, weshalb er keine
psychiatrische Diagnose stellte, sondern von einer "weitestgehenden
Inszenierung und Simulation" ausging und - abgesehen von einer vorübergehenden
Einschränkung im Zusammenhang mit der Messerstichverletzung - eine volle
Arbeitsfähigkeit attestierte. Weiter nahm der Gutachter nachvollziehbar
Stellung zu früheren medizinischen Einschätzungen, soweit diese für den hier
interessierenden Zeitraum überhaupt von Bedeutung sind. Auch die Stellungnahme
des Dr. med. O._______ vom 29. November 2011 vermag die Beweiskraft des
Gutachten des Instituts W.________ nicht zu erschüttern: Eine detaillierte(re)
Wiedergabe der Vorakten würde eine Doppelspurigkeit bedeuten, zumal die
IV-Stelle als Auftraggeberin über die - von den Gutachtern berücksichtigten -
Unterlagen verfügte. Die Experten haben auch nicht auf die Aussage des Sohnes
abgestellt, sondern diese in zulässiger Weise aus dem Überwachungsauftrag der
IV-Stelle zitiert. Das Einholen fremdanamnestischer Auskünfte liegt im
Ermessensspielraum der Gutachter (Urteile 9C_762/2010 vom 19. Oktober 2010 E.
3.1; 9C_482/2010 vom 21. September 2010 E. 4.1). Es ist auch nicht
widersprüchlich, dass der Psychiater eine unter der Inszenierung verborgene,
tatsächliche Restsymptomatik nicht gänzlich ausschloss, diese indessen als
"höchstens geringgradig" betrachtete. Schliesslich lässt sich die
Arbeitsfähigkeit resp. deren Einschränkung - soweit überhaupt von einem
Gesundheitsschaden auszugehen ist - nicht nur am Massstab einer detaillierten
Arbeitsplatzbeschreibung der bisherigen Tätigkeit schätzen, sondern auch
abstrakt formulieren, wie es hier für den orthopädischen Bereich geschah. Die
auf das Gutachten des Instituts W.________ gestützten vorinstanzlichen
Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit, soweit sie den
hier betrachteten Zeitraum betreffen, bleiben für das Bundesgericht verbindlich
(E. 1.1).
4.3.2 In Bezug auf die Feststellungen zum Gesundheitszustand in der Zeit vor
der Observation, insbesondere bei Rentenbeginn im August 2001 resp.
Rentenzusprache im September 2002, bildet das im Januar 2011 erstellte
Gutachten des Instituts W.________ hingegen keine genügende Grundlage. Die
Experten bezweifelten zwar, ob überhaupt jemals eine schwere depressive Störung
resp. eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aus psychischen Gründen vorlag.
Sie wiesen aber auch darauf hin, dass der Verlauf "naturgemäss schwankend sei"
und deshalb retrospektive psychiatrische Beurteilungen "immer mit einer
zusätzlichen Unsicherheit behaftet" seien. Ihre Einschätzung erachteten sie
daher selber erst ab der Observation als verlässlich. Auch der RAD-Arzt hielt
eine "retrospektiv andere Beurteilung" mit dem "Beweisgrad der Sicherheit oder
überwiegenden Wahrscheinlichkeit" nicht für machbar.
4.3.3 Aus den Ergebnissen der Observation lassen sich ebenfalls keine
Rückschlüsse auf den früheren Gesundheitszustand resp. die Arbeitsfähigkeit
ziehen (vgl. E. 4.1.1) und es fallen dafür auch keine anderen Unterlagen in
Betracht. Auch in Bezug auf das frühere soziale und sonstige Verhalten ergeben
sich aus der Überwachung insoweit keine stichhaltigen Folgerungen. Somit fehlt
es hinsichtlich der Verfügung vom 6. September 2002 an erheblichen neuen
Tatsachen oder Beweismitteln, weshalb darauf nicht auf der Grundlage einer
prozessualen Revision (Art. 53 Abs. 1 ATSG) zurückgekommen werden kann. Zudem
ist mangels einer entsprechenden medizinischen Basis die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung betreffend den Gesundheitszustand in der Zeit vor der
Observation zu korrigieren (E. 1.1 und 4.4.1).

4.4
4.4.1 Die Rentenzusprache erfolgte gemäss verbindlicher (E. 1.1)
vorinstanzlicher Feststellung gestützt auf den Bericht vom 29. Januar 2002 der
orthopädischen Universitätsklinik Y.________, den Bericht vom 27. März 2002 der
psychiatrischen Klinik X.________, wo der Beschwerdeführer bereits im März und
April 2002 während fünf resp. acht Tagen hospitalisiert war, sowie gestützt auf
das Gutachten vom 7. Mai 2002 der Fachstelle für Sozialpsychiatrie und
Psychotherapie. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass der Rentenanspruch in
erster Linie auf der Annahme eines psychischen (Schmerz-)Leidens und einer
daraus fliessenden vollständigen Arbeitsunfähigkeit beruhte. Diese Auffassung
wurde bestätigt durch die Gutachten des Dr. med. M.________ vom 29. Januar 2006
(recte: 2007) und vom 9. Oktober 2008 sowie durch den undatierten Bericht der
psychiatrischen Klinik X.________, wo der Versicherte 2007 erneut während mehr
als fünf Wochen stationär behandelt wurde. In den genannten Akten finden sich
keine Hinweise auf eine Aggravation oder gar Simulation. Unter diesem Umständen
besteht keine Veranlassung, vom Sachverhalt, wie er der Verfügung vom 6.
September 2002 zugrunde lag und vom Beschwerdeführer selber geltend gemacht
wird, abzuweichen.
4.4.2 Eine zweifellose Unrichtigkeit der Rentenzusprache (vgl. E. 2.1.1) ergibt
sich auch nicht unter dem Aspekt einer Rechtsverletzung: So erging namentlich
die Rechtsprechung von BGE 130 V 352, wonach eine invalidisierende Wirkung
einer somatoformen Schmerzstörung nur ausnahmsweise in Betracht fällt, erst
rund eineinhalb Jahre nach Erlass der Verfügung vom 6. September 2002, weshalb
sie damals noch nicht zwingend anzuwenden war.
4.4.3 Nach dem Gesagten fällt auch eine Wiederwägung der Verfügung vom 6.
September 2002 im Sinn von Art. 53 Abs. 2 ATSG nicht in Betracht.

4.5 Entsprechend den verbindlichen (E. 4.3.1) und neu getroffenen (E. 4.4.1)
Feststellungen hat sich indessen der Gesundheitszustand des Versicherten
spätestens seit der Überwachung erheblich verbessert. Es ist nicht ersichtlich
und wird auch nicht geltend gemacht, dass bei uneingeschränkter
Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit, wie sie seither anzunehmen ist, ein
rentenbegründender Invaliditätsgrad resultieren könnte. Die Rente ist somit im
Rahmen einer (materiellen) Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG (E. 2.1.2)
aufzuheben.

4.6 Was den Zeitpunkt der Rentenaufhebung anbelangt, ist entscheidend, ob der
Beschwerdeführer die Leistungen unrechtmässig erwirkte oder die ihm obliegende
Meldepflicht verletzte (E. 2.2). In Bezug auf diese - mit einer Strafdrohung
verbundene (Art. 70 IVG in Verbindung mit Art. 87 Abs. 1 und 5 AHVG) -
Tatbestände ist kein Strafverfahren aktenkundig. Wie dargelegt, ist zudem nicht
von einer ursprünglich rechtswidrigen Rentenzusprache auszugehen (vgl. E.
4.4.1); sodann betrifft die Meldepflicht nach dem Wortlaut von Art. 77 IVV zwar
explizit auch eine "wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes". Diese
Bestimmung kann jedoch - auch mit Blick auf Art. 31 Abs. 1 ATSG - in guten
Treuen nicht so verstanden werden, dass bei unterschiedlicher Auffassung über
den Gesundheitszustand die versicherte Person verpflichtet wäre, das von ihr
bestrittene Ergebnis der Begutachtung im Sinne einer Meldung an die Verwaltung
vorwegzunehmen. Dies gilt jedenfalls, soweit wie hier keine Anhaltspunkte für
eine Ausschöpfung der hinzugewonnenen Arbeitsfähigkeit bestehen. Nach Lage der
Akten ist kein Tatbestand von Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV erfüllt. Die
Invalidenrente ist daher im Sinne von Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV auf Ende
Juli 2011 aufzuheben.

4.7 Nachdem die IV-Stelle ihre Rentenzahlungen ab dem 2. Juni 2010 sistierte,
besteht kein Grund für eine Rückforderung. Im Gegenteil hat sie dem
Versicherten die auf den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis 31. Juli 2011
entfallenden Betreffnisse nachzuzahlen.

5.
Die Gerichtskosten sind den Parteien entsprechend dem Ausgang des Verfahrens
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat für das
bundesgerichtliche Verfahren Anspruch auf eine (reduzierte) Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 1 BGG).
Soweit dadurch nicht gegenstandslos geworden, kann dem Gesuch des
Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege entsprochen werden (Art. 64
Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135, 128 I 225 E. 2.5.3 S.
235). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht,
wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird,
wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 15. März 2012 und die Verfügungen
der IV-Stelle Schwyz vom 17. und 22. Juni 2011 werden aufgehoben, soweit damit
über den Rentenanspruch bis 31. Juli 2011 oder über die Rückerstattung von
Rentenleistungen entschieden wurde. Es wird festgestellt, dass der
Beschwerdeführer Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung bis
31. Juli 2011 hat. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Von den Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer Fr. 200.- und
der Beschwerdegegnerin Fr. 300.- auferlegt. Der Anteil des Beschwerdeführers
wird vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'800.- zu entschädigen.

5.
Rechtsanwalt Dr. iur. Patrick Sutter, Schwyz, wird als unentgeltlicher Anwalt
des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'000.-
ausgerichtet.

6.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
zurückgewiesen.

7.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. Oktober 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Dormann