Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 337/2012
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_337/2012

Urteil vom 9. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
M.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Invalidenrente; Valideneinkommen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12.
April 2012.

Sachverhalt:

A.
M.________ meldete sich im Februar 2008 (ein zweites Mal) bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen und beruflichen
Abklärungen (u.a. Gutachten des Instituts X.________ vom 1. März 2011) und nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle Bern mit Verfügung
vom 28. Dezember 2011 den Anspruch der Versicherten auf eine Invalidenrente.

B.
Die Beschwerde der M.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 12. April 2012 ab.

C.
M.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Rechtsbegehren, der Entscheid vom 12. April 2012 sei aufzuheben, nach
ergänzenden medizinischen Abklärungen ihr Rentenanspruch neu zu prüfen und ihr
bei der Arbeitssuche zu helfen.

Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale
Verwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz hat die Frage der Arbeitsvermittlung (Art. 18 IVG) mangels
Anfechtungsgegenstand (BGE 125 V 413 E. 1a S. 414) nicht geprüft. Die
Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern dies Recht verletzt (Art. 41 Abs.
2 BGG). Auf ihr Begehren um Hilfe bei der Arbeitssuche ist somit nicht
einzutreten. Die erstmals vor Bundesgericht erhobene Rüge der Befangenheit des
Dr. med. Gerber vom regionalen ärztlichen Dienst der IV-Stelle ist verspätet
(Urteil 9C_842/2010 vom 26. Januar 2011 E. 1).

2.
Die Beschwerdeführerin wiederholt weitgehend und teilweise wortwörtlich, was
sie bereits in der vorinstanzlichen Beschwerde vorgebracht hat. Darauf ist
nicht weiter einzugehen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1-2.3 S. 245 ff.), ebenso
nicht auf ihre Vorbringen, soweit sie nicht auf die vorinstanzlichen Erwägungen
Bezug nehmen oder sich mit diesen nicht rechtsgenüglich auseinandersetzen (Art.
41 Abs. 1 und 2 BGG). Dies betrifft insbesondere auch die Einwendungen gegen
das von der Vorinstanz im Rahmen der gemischten Methode der
Invaliditätsbemessung (Art. 28a Abs. 3 IVG; BGE 125 V 146 E. 2a-c S. 148 ff.)
ermittelte Invalideneinkommen. Darauf könnte im Übrigen nicht abgestellt
werden, weil es insofern offensichtlich unrichtig berechnet worden ist, als
neben dem Status als im Gesundheitsfall zu 70 % Teilerwerbstätige zusätzlich
die gesundheitlich bedingte Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit von 30 %
berücksichtigt wurde. Dies widerspricht der Rechtsprechung, wonach Validen- und
Invalideneinkommen im zeitlichen Rahmen der ohne Gesundheitsschaden
(voraussichtlich dauernd) ausgeübten Teilerwerbstätigkeit zu bestimmen sind (
BGE 125 V 146 E. 2b in fine S. 150; Urteil 8C_384/2010 vom 12. Dezember 2011 E.
10.1). Im Ergebnis ist die Vorinstanz bei der Ermittlung des erwerblichen
Invaliditätsgrades von einer Arbeitsunfähigkeit von 51 % ([1 - 0,7 x 0,7] x
100%) ausgegangen. Im Folgenden zu prüfen ist einzig das Valideneinkommen.

3.
3.1 Das von der Vorinstanz angenommene Einkommen ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung von Fr. 48'394.10 entspricht der Summe aus dem 1998 bei einem
Arbeitspensum von 70 % erzielten Verdienst von Fr. 37'800.- (12 x Fr. 3'150.-)
gemäss IK-Eintragung und dem Durchschnitt der Beteiligungsbeiträge für die
Jahre 1998 bis 2000 von Fr. 4'597.-, angepasst an die Nominallohnentwicklung
1999-2007 für Frauen im Sektor "Unterrichtswesen; Gesundheits- und Sozialwesen;
sonstige öffentliche Dienstleistungen; persönliche Dienstleistungen" (vgl.
Statistisches Lexikon der Schweiz, T1.2.93_I). Das kantonale Gericht hatte
schon im Entscheid vom 3. Oktober 2003 das Valideneinkommen auf den gleichen
Grundlagen ermittelt. In der dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde
hatte die Versicherte geltend gemacht, das Arbeitspensum von 60-80 % sei auf
ärztliches Anraten hin ab 1. September 1999 auf 50 % reduziert worden. Das
Eidg. Versicherungsgericht stellte in E. 5.2 seines Urteils I 690/03 vom 5.
Juli 2004 fest, die Beschwerdeführerin habe ab September 1999 ihren
Beschäftigungsgrad auf 50 % reduziert, was indessen nicht entscheidrelevant
war. Den nämlichen Einwand bringt sie auch in diesem Verfahren wieder vor. Es
kann offenbleiben, ob es sich dabei um eine unzulässige neue Tatsache nach Art.
99 Abs. 1 BGG handelt.

3.2
3.2.1 Wird für die Bestimmung des Valideneinkommens im Sinne der
Beschwerdeführerin auf die erwerblichen Verhältnisse ab 1. September 1999
abgestellt, ergibt sich bei einem Verdienst von Fr. 2'900.- im Monat gemäss
Fragebogen Arbeitgeber vom 31. August 2001 hochgerechnet auf ein 70 %-Pensum
ein Einkommen von Fr. 48'720.- (12 x [Fr. 2'900.- x 7/5]). Dazu kommen die
1998-2000 durchschnittlich ausbezahlten Beteiligungsbeiträge von Fr. 4'597.-.
Daraus resultiert ein an die Nominallohnentwicklung 1999-2007 angepasstes
Valideneinkommen von Fr. 60'159.-.
3.2.2 Wird zugunsten der Beschwerdeführerin dem auf der Grundlage der
Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2006 des Bundesamtes für Statistik (LSE
06) zu ermittelnden Invalideneinkommen das Anforderungsniveau 4 zugrundegelegt,
ergibt sich unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung 2006/07 der
Betrag von Fr. 35'722.30 (12 x Fr. 4'019.- x 41,7/40 x 0,7 x 1,015 ; vgl. LSE
06 S. 25 und BGE 124 V 321). Daraus resultiert eine Erwerbsunfähigkeit von
40,62 % ([Fr. 60'159.- - Fr. 35'722.30]/Fr. 60'159.- x 100 %) und zusammen mit
der gesundheitlich bedingten Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 18 %
ein Invaliditätsgrad von 34 % (0,7 x 40,62 % + 0,3 x 18 %; zum Runden BGE 130 V
121), was für den Anspruch auf eine Invalidenrente nicht ausreicht (Art. 28
Abs. 2 IVG). Daran änderte nichts, wenn unter dem Titel Wechselwirkungen
zwischen erwerblichem Bereich und Haushalt von einer um 15 % höheren
Einschränkung in diesem Aufgabenbereich ausgegangen würde (vgl. BGE 134 V 9 und
Urteil 8C_729/2009 vom 30. November 2009 E. 4.4).

4.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe die Auskunft erhalten, dass eine
Umschulung zu Lasten der Invalidenversicherung ausser Betracht falle, da sie
nur ein Teilzeitpensum suche. Da Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art nicht
Prozessthema sind, ist auf das Vorbringen nicht weiter einzugehen. Immerhin ist
in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 190/01
vom 6. Dezember 2001 E. 2 hinzuweisen, wonach der erforderliche
Mindestinvaliditätsgrad von 20 % für den Umschulungsanspruch im Rahmen der
gemischten Bemessungsmethode einzig im Erwerbsbereich - nicht aber im Rahmen
der Gesamtinvalidität - erfüllt sein muss.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. Juli 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Fessler